Kündigung - Beteiligung der SBV (Kündigung)

Hendrik1, Niedersachsen, Tuesday, 04.04.2017, 13:42 (vor 2578 Tagen) @ Hans-Peter-Semmler

Moin Moin Hans-Peter,

ich kann die Entscheidung des BIH überhaupt nicht nachvollziehen.

Im Gesetzestext steht der Satz in folgendem Zusammenhang:

§ 95,2 SGB IX Der Arbeitgeber hat die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören; er hat ihr die getroffene Entscheidung unverzüglich mitzuteilen. Die Durchführung oder Vollziehung einer ohne Beteiligung nach Satz 1 getroffenen Entscheidung ist auszusetzen, die Beteiligung ist innerhalb von sieben Tagen nachzuholen; sodann ist endgültig zu entscheiden. Die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen, die der Arbeitgeber ohne eine Beteiligung nach Satz 1 ausspricht, ist unwirksam.

Der Arbeitgeber hat uns also vor einer Entscheidung anzuhören, das heißt auch vor der Entscheidung zu kündigen. Daher muss aus meiner Sicht die Beteiligung der SBV vor dem Kündigungsverfahren des Integrationsamts liegen.

Hierzu steht im Standardkommentar von Dau/Düwell/Joussen (4. Auflage) auf Seite 837 unten unter b) Umfang und Zeitpunkt " Deshalb muss sie auch unverzüglich erfolgen, damit die SBV noch die zu treffende Entscheidung durch das Äußern von Bedenken oder Einbringen von Anregungen beeinflussen kann." (Randnummer 43) Unter Randnummer 50 steht dort "Unter dem Begriff der Entscheidung wird man Maßnahmen wie Eingruppierung, Umgruppierung, Umschulung (.....) Kündigung, Abmahnung und Versetzung in den einstweiligen Ruhestand zu verstehen haben."

Wird die Zustimmung zur Kündigung beim Integrationsamt beantragt und die SBV erst danach angehört, hat der Arbeitgeber sich seine Meinung bereits gebildet und die SBV hat weniger Chancen, als bei frühzeitiger Beteiligung, diese durch Gegenvorschläge zu durchbrechen. Deswegen soll die Anhörung der SBV ja auch vor dieser Entscheidung liegen.

Zudem läuft eine Anhörung der SBV nach oder während der Beteiligung des Integrationsamts auch dem § 84,1 SGB IX zuwider, in dem steht, dass bereits wenn das Arbeitsverhältnis in einem Stadium ist, wo es gefährdet sein kann, frühzeitig und bei Eintreten dieses Zustands ein Gespräch mit Integrationsamt SBV und Personalvertretung zu führen ist, um die Bedrohung möglichst abzuwenden und das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Bei langandauernden Problemen im Arbeitsverhältnis ist daher immer zu prüfen, ob hier der Arbeitgeber nicht im Vorfeld gegen seine gesetzliche Verpflichtung gegenüber den Schwerbehinderten verstoßen hat und daher auch eine Kündigung aus Sicht der SBV ungerechtfertigt erscheint. Hierauf würde ich als SBV immer verweisen, wenn der Arbeitgeber eine Kündigung anstrebt, ohne ein Präventionsverfahren durchgeführt zu haben.

Daher komme ich für mich zu dem Schluss, dass aus dem Gesetzestext klar und eindeutig hervorgeht, dass nur eine Anhörung vor dem Antrag des Arbeitgebers an das Integrationsamt zur Zustimmung zur Kündigung gesetzeskonform ist.

Liebe Grüße

Hendrik


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