Vorstellungsgespräch und Zuständigkeit SBV bei beantragter SB (Allgemeines)

MatthiasNRW, Tuesday, 02.05.2017, 16:01 (vor 2543 Tagen) @ Cebulon

Mit Blick auf den ersten Teil der Frage finde ich die richtige Lösung nicht ganz so einfach. Falls Zweifel bestehen, könnten möglicherweise Ansprüche auf Schadenersatz wegen Diskriminierung im Bewerbungsverfahren infrage kommen.


Hallo, hast Du denn irgendwelche aktuelle Literatur oder Urteile zum AGG/SGB IX, die Deine Zweifel stützen? Ich sehe weit und breit keinen konkreten Ansatz für Schadensersatzanspruch bei Nichteinladung. Auch keine Pflicht der Dienststelle zur Einladung eines behinderten Bewerbers ohne Gleichstellung. Ebenso kein Anhaltspunkt für Verfahrensdiskriminierung und keinen für Entschädigungsanspruch. Gruß, Cebulon

Hallo,

aufgrund eines kurzen Urlaubes etwas verspätet die Antwort.

a) Kündigung bei chronischer Hepatitis-C-Erkrankung, kein anerkannter GdB, Behinderungsbegriff des AGG erfüllt, Schadenersatz zuerkannt (ArbG Detmold vom 28.04.2014, 3 Ca 1293/13 - Berufung vor dem LAG endete mit einem Vergleich)

b) Kündigung bei symptomloser HIV-Infektion, GdB von 10, Behinderungsbegriff des AGG erfüllt, fehlerhaft vom LAG nicht erkannt - an das LAG zurückverwiesen (BAG vom 19.12.2013, 6 AZR 190/12)

Zum Behinderungsbegriff möchte ich auf die ausführliche Begründung des BAG ab der Rn. 56 verweisen.

Kurze Auszüge:
"Eine Behinderung iSd. § 1 AGG liegt unter Berücksichtigung des maßgeblichen supranationalen Rechts vor, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit eines Menschen langfristig eingeschränkt ist und dadurch - in Wechselwirkung mit verschiedenen sozialen Kontextfaktoren (Barrieren) - seine Teilhabe an der Gesellschaft, wozu auch die Teilhabe am Berufsleben gehört, substantiell beeinträchtigt sein kann. Auf einen bestimmten GdB kommt es nicht an (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 32)." (Rn. 57)

Der Behinderungsbegriff des AGG ist weiter zu fassen, als der maßgebliche Behinderungsbegriff für Verfahrensregelungen aus dem SGB IX (z. B. Einladungspflicht öffentlicher Arbeitgeber).

Sofern eine Behinderung im Sinne des AGG vorliegt, kann eine Diskriminierung durch Nichteinladung oder Kündigung und daraus resultierend ein Anspruch auf Schadenersatz vorliegen. Wie in meinem Ausgangsposting verweise ich ausdrücklich auf "es kann eine Diskriminierung vorliegen" - dazu gibt die Beschreibung (aus welchem Grund die Bewerbering nicht eingeladen wurde) zum Fall jedoch nicht genügend Hinweise.

Ein pauschales "Nein" zur Frage der Einladung halte ich weiterhin für falsch. Falls die Bewerberin grundsätzlich geeignet für die Stelle war, würde mich interessieren, welchen sachlichen Grund es dafür gab, ihr keine weitere Chance im Verfahren einzuräumen. Wäre die Bewerberin eingeladen worden, wenn sie die Erkrankung nicht erwähnt hätte?

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Gruß
Matthias


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