Nach langer Krankheit ausgesteuert (Antragstellung / Widerspruch)

albarracin, Baden-Württemberg, Saturday, 16.09.2017, 22:37 (vor 2386 Tagen) @ Hans

Hallo,

um ALG 1 nach Aussteuerung zu erhalten, muß nicht zwingend ein Rentenantrag gestellt werden.

Besteht die AU über die 78. KW hinweg fort, kann auch ALG 1 auf Grundlage des § 138 SGB III beantragt werden:
http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_3/__138.html

Entgegen dem Wortlaut des § 138 Abs. 1 Nr. 1 besteht "Beschäftigungslosigkeit" auch (juristisch "fingiert")dann, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht, dieses aber wegen Krankheit nicht erfüllt werden kann.

Allerdings sind dabei einige Dinge zu beachten:

1.
Der AA darf unter keinen Umständen eine AU-Bescheinigung vorgelegt werden. Das versuchen aber so manche "Kundenbetreuer" der AA zu provozieren, um einen Ablehnungsgrund zu haben.
Dem bestehenden AG muß aber die AU weiter durch Bescheinigung nachgewiesen werden.

2.
Der AN muß sich "im Rahmen seiner Restleistungsfähigkeit" dem allgemeinen Arbeitsmarkt für mindestens 15 Stunden/Woche zur Verfügung stellen.

3.
Das bestehende Arbeitsverhältnis endet durch die Arbeitslosmeldung nicht !

4.
Die AA wird in aller Regel ein Gutachten des MdA veranlassen, der die Restleistungsfähigkeit überprüft. Das ALG 1 darf aber nicht vom Ergebnis des Gutachtens abhängig gemacht werden. Fällt das Gutachten negativ aus, fordert die AA den Antragsteller zur Stellung eines Reha-Antrages gem. § 145 SGB III
http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_3/__145.html
auf, der ggfs. vom Rentenversicherungsträger gem. § 116 SGB VI
http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_6/__116.html
als Rentenantrag "umgedeutet" werden kann. In diesem Fall muß ALG 1 als "Nahtlosigkeitsleistung" gem. § 145 SGB III bis zur Entscheidung über den Umgedeuteten Antrag weitergewährt werden.

5.
Wird keine Erwerbsminderung festgestellt, richtet sich die Bezugsdauer des ALG 1 nach § 147 SGB III
http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_3/__147.html

6.
Normalerweise wird man von der AA in Ruhe gelassen, wenn keine Erwerbsminderung vorliegt.
Aber selbst wenn ein Vermittlungsvorschlag kommen sollte, darf der AN natürlich den potentiell neuen AG über gesundheitliche Einschränkungen aufklären.

Sofern grundsätzlich eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit beim bisherigen AG möglich ist, ist der Antrag nach § 138 SGB III trotz aller möglichen Schikanen und Tricksereien der AA demjenigen nach § 145 SGB III (Nahtlosigkeit bei Rentenantrag) vorzuziehen, da das ALG 1 idR deutlich höher ist als eine Erwerbsminderungsrente.

--
&Tschüß

Wolfgang


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