Behörde kennt seine eigene Zuständigkeit nicht!!!!! (Allgemeines)

rollo, Thursday, 30.05.2013, 12:54 (vor 3998 Tagen)

Hallo liebe Mitstreiter,

folgende Begebenheit muss ich Euch einfach mal mitteilen.
Nach personellen Veränderungen in der Führungetage meines AG hat sich die Zusammenarbeit zwischen AG und SBV sehr verschlechtert. Seit dem wird die SBV grundsätzlich "ignoriert". Verstöße gegen z.B. §95. Abs. 2 oder § 81 Abs. 1 sind an der Tagesordnung. Vorgelegte Gesetzestexte bzw. Gerichtsurteile werden ebenso nicht in Betracht gezogen oder mindestens inhaltlich so "verdreht", dass wir in der betroffenen Sache keinen gemeinsamen Nenner finden können.
Um Verstöße gegen die §§ 95 und 81 ahnden zu können, eignet sich der § 156 (Ordnungswidrigkeiten) normaler Weise sehr gut. Meine diesbezüglichen (neuen) Erfahrungen zeigen aber leider etwas anderes.
Die örtliche Agentur für Arbeit ist lt. Gesetzestext für Ordnungswidrigkeiten zuständig. Nach einem sehr interessanten Gespräch mit dieser Behörde stellte sich heraus, dass nicht die örtliche sondern eine Agentur in einem anderen Bundesland zuständig sei. Fazit bzw. Orginalton aus dem Gespräch ist > "wir hatten hier so etwas noch nicht - bitte wenden sie sich an die Agentur in ....."
Ich nahm umgehend mit der Behörde Kontakt auf. Fazit bzw. Orginalton aus diesem telefonischen Gespräch > "also so etwas hatten wir noch nie auf dem Tisch, da muss ich mich erstmal erkundigen - auch die von ihnen genannten §§ sind mir soooo genau nicht bekannt"
Mir sind fast die Worte ausgegangen. Eine Behörde die für mindestens 3 Bundesländer im Bereich Ordnungswidrigkeiten zuständig ist, kennt nicht die Gesetze wonach sie handeln muss! Unglaublich
Bei einem weiteren Telefonat gab die Sachbearbeiterin bekannt, dass ihre Arbeitsagentur tatsächlich zuständig sei. Ich schöpfte schon ein bißchen Hoffnung. Im weiteren Verlauf stellte sich aber schnell heraus, dass, (Orginalton) "schicken sie mir die Einzelheiten der Ordnungswidrigkeit mal zu, ich werde dann mit ihrem AG sprechen um seine Sicht zu erfahren > dann stellt sich bestimmt schnell heraus, dass es nur ein Missverständnis ist", ich mir keine Mühe mehr machen muss ein OWI-Verfahren anzustreben.

Ist dass der ganz normale (Behörden)Wahnsinn>>>>>>oder brauch einfach nur Urlaub>

Viele Grüße
rollo

Behörde kennt seine eigene Zuständigkeit nicht!!!!!

hackenberger, Thursday, 30.05.2013, 13:35 (vor 3998 Tagen) @ rollo

Hallo Rollo,

zuständig sind nicht die örtl. Agenturen, sondern die für den Sitz des Betriebes zuständige Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen in Halle.

Ich habe ja auch schon darauf hingewiesen, dass man die Kontakte nicht erst suchen sollte wenn es ein Problem gibt sondern schon vorher einmal den Erstkontakt suchen. Damit man in Falle eines Falles weiß wo man sich hinwenden sollte.

Weiter ist es auch nicht einfach ein positives OWI-Verfahren umzusetzen. Oftmals reden die zuständigen Agenturen nur einmal mit dem AG. Der dann auch aus seiner Seicht darauf hinweist, dass alles optimal und gesetzmäßig läuft und er das Handeln der SchwbV nicht nachvollziehen kann.

Daher sollte man bei groben und wiederholten Verstößen des AG gegen das SGB IX auch via Anwalt ein Beschlussverfahren mit dem Ziel dem AG für den Fall der Wiederholung ein deutliches Bußgeld anzudrohen, einleiten.

PS: Man kann übrigens auch für OWI-Verfahren gem. § 156 Abs.1 Satz 9 SGB IX einen Anwalt nutzen/einschalten.

Weiter habe ich ja auch schon mehrfach darauf hingewiesen, dass man als SchwbV des öffentl. Dienstes sofern die "handelnden /nichthandelnden/ zuständigen Personen" Beamte sind man [link=http://www.schwbv.de/forum/index.php>id=12340]Disziplinarverfahren wegen Dienstvergehens[/link] gegen diese einleiten kann. Denn jede Missachtunge eines Gesetzes oder Verordnung ist hier ein Dienstvergehen.

Behörde kennt seine eigene Zuständigkeit nicht!!!!!

rollo, Friday, 31.05.2013, 06:36 (vor 3997 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard,

vielen Dank für die schnelle Reaktion auf mein Posting.

» zuständig sind nicht die örtl. Agenturen sondern die für den Sitz des
» Betriebes zuständige Regionalagentur.

Die örtliche Agentur ist auch in meinem Fall die für den Sitz des Betriebes zuständige Regionalagentur. Nur sind die einzelnen Abteilungen (OWI) der Agenturen aus organisatorischen Gründen in einer Agentur gebündelt worden, sodass jetzt eine Agentur in einem anderen Bundesland für unseren Betrieb für OWI-Verfahren zuständig ist.

» Ich habe ja auch schon darauf hingewiesen, dass man die Kontakte nicht erst
» suchen sollte wenn es ein Problem gibt sondern schon vorher einmal den
» Erstkontakt suchen.
» Damit man in Falle eines Falles weiß wo man sich hinwenden sollte.

Ich bin auch seit meinem Amtsantritt in Kontakt mit der zuständigen Behörde.

» Daher sollte man bei groben und wiederholten Verstößen des AG gegen das SGB
» IX auch via Anwalt ein Beschlussverfahren mit dem Ziel dem AG für den Fall
» der Wiederholung ein deutliches Bußgeld anzudrohen, einleiten.

Genau in diese Richtung gehen meine nächsten Schritte. Notfalls muss ich mich zusätzlich intensiv mit der Agentur ins Benehmen setzen. Aber dies werde ich erst mit einem Anwalt abklären.

» Weiter habe ich ja auch schon mehrfach darauf hingewiesen, dass man als
» SchwbV des öffentl. Dienstes sofern die "handelnden /nichthandelnden/
» zuständigen Personen" Beamte sind man
» [link=http://www.schwbv.de/forum/index.php>id=12340]Disziplinarverfahren
» wegen Dienstvergehens[/link] gegen diese einleiten kann. Denn jede
» Missachtunge eines Gesetzes oder Verordnung ist hier ein Dienstvergehen.

Das trifft bei uns nicht zu. Es gibt nur sehr wenige Beamte, die aber in diesem Fall nicht involviert sind.

Viele Grüße aus dem sehr verregneten "Grünen Herzen Deutschlands"

rollo

Behörde kennt seine eigene Zuständigkeit nicht!!!!!

WoBi, Friday, 31.05.2013, 08:59 (vor 3997 Tagen) @ rollo

Hallo rollo,

deine Erfahrungen decken sich mit den von Prof. Düwell in der Anhörung in der 125. Sitzung des Ausschuss für Arbeit und Soziales am 25. Februar 2013 getätigten Feststellung als Sachverständiger im Bundestag.

Dort führte Prof. Düwell aus:
"Und jetzt kommt noch, eben weil man weiß, dass nicht alle Menschen hilfreich
und gut sind - sonst bräuchte man keine Radarfallen -, nicht wie jetzt vom BDA behauptet wurde, eine Strafvorschrift, sondern eine Ordnungswidrigkeitsvorschrift ins Spiel. Nach § 156 Absatz 1 Nr. 1 SGB IX wird der mit einem Bußgeld geahndet, der fahrlässig oder vorsätzlich seine Beschäftigungspflicht nicht erfüllt. Zählt man die, die ihre Beschäftigungspflicht im Laufe der letzten 40 Jahre nicht erfüllt haben, zusammen, sind das über eine Million Arbeitgeber, gegen die Bußgeldverfahren hätten eingeleitet werden müssen. Setzen wir mal den Bußgelddruck der Bundesagentur dagegen, dann können wir an einer Hand die Zahl der tatsächlichen eingeleiteten Ordnungswidrigkeitsverfahren abzählen. Es ist damit tatsächlich so, dass die rechtsirrige Auffassung, man könne sich freikaufen, die Normativität des Faktischen ist. Wo kein Verwaltungsdruck ausgeübt wird, da entsteht ein rechtsfreier Raum. Aber ich will die BA hier nicht angreifen. Die BA ist in einer unglücklichen Situation. Sie muss vermitteln, mit Arbeitgebern gut zusammen kooperieren, deswegen ist sie nicht die geeignete Stelle für die Wahrnehmung dieses staatlichen Wächteramtes. Da muss eine andere Stelle dran, insbesondere die Finanzkontrolle Schwarzarbeit, die nach der AÜG Reform schon eine Arbeitsmarktinspektion geworden ist."

http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2013/42801695_kw09_pa_arbeit_soziales

Die Agentur für Arbeit ist an einer guten Beziehung zu den Arbeitgebern interessiert und nicht an der Durchführung von Ordnungswidrigkeitsverfahren. Selbst bei Anzeigen konmmt im Erstfall nur eine Brief an die Arbeitgeber heraus. Der Vorschlag von Prof. Düwell mit dem Zoll ist interessant.

--
Gruß
Wolfgang

Behörde kennt seine eigene Zuständigkeit nicht!!!!!

hackenberger, Friday, 31.05.2013, 09:26 (vor 3997 Tagen) @ WoBi

Hallo Wolfgang,


nur zur Vervollständigung.

Diese Aussagen von Prof. Düwell stimmen, doch sie betreffen § 156 Absatz 1 Nr. 1 SGB IX. Hier müsste/sollte die AfA von Amtswegen handeln.

Auch ist hier wie von Prof. Düwell richtig beschieben, die AfA in einer unglücklichen Stellung. Daher sollte dieses dringend von den AfA weg zu einer anderen Behörde. Möglich wäre hier der Zoll, der ja schon in anderen Fällen Ordnungsstrafen verhängen kann.

Bei § 156 Absatz 1 Nr. 9 SGB IX, also dem Thema von Rollo, müsste/sollte die AfA auf Antrag der SchwbV handeln. Doch auch hier ist es halt leider wirklich nicht einfach ein Verfahren mit der Verhängung eines OWI abzuschließen.

Ganz wichtig hier ist, man muss dem SB der AfA es verständlich und nachvollziehbar darstellen, wo wie welche Verstöße mit welchen Folgen erfolgten. Hier ist es auch daher stets wichtig, möglichst Nachteile für die Betroffenen aus diesen Verstößen zu belegen.

Bedeutet daher auch eine "Fleißarbeit" der SchwbV die negativen Folgen aus den Verstößen für "außenstehende Dritte" verständlich und nachvollziehbar darzustellen.

Ich selbst hatte an einem Antrag 4 Wochen gearbeitet und stets Klärungsgespräche/ Abstimmungen mit dem zuständigen SB der AfA geführt. So erging auch am Ende ein OWI. Da Erstverstoß in Höhe von 500,- €.

Denn, wenn nur die Rechte der SchwbV verletzt/missachtet werden, ohne dass sich daraus Nachteile für die Betroffenen ergeben, sehen es die Agenturen meist nicht als so schlimm an.

Behörde kennt seine eigene Zuständigkeit nicht!!!!!

rollo, Friday, 31.05.2013, 13:36 (vor 3997 Tagen) @ WoBi

Hallo Wolfgang,

vielen Dank für Deinen interessanten Beitrag. Auf der einen Seite bin ich ein wenig beruhigt, dass es noch weitere Personen gibt die sich ebenso wie ich gegen diese Zustände währen möchten, andererseits macht mich der Umstand,das dass der "Normalzustand" ist, sehr betroffen.

» Die Agentur für Arbeit ist an einer guten Beziehung zu den Arbeitgebern
» interessiert und nicht an der Durchführung von
» Ordnungswidrigkeitsverfahren. Selbst bei Anzeigen konmmt im Erstfall nur
» eine Brief an die Arbeitgeber heraus.

Ich möchte auch nicht generell ein Schwert gegen die Bundesagentur für Arbeit heben, sondern mein Unverständnis gegen die Arbeitsweise der zuständigen Sachbearbeiter zum Ausdruck bringen. Wenn ich als Sachbearbeiter für OWI-Verfahren nicht den § 156 aus dem SGB IX kenne, kann ich meiner Tätigkeit nicht gerecht werden.

Ich wünsche allen Usern ein schönes Wochenende.

Viele Grüße aus dem mitterweile überschwemmten "Grünen Herzen Deutschlands"

rollo

Behörde kennt seine eigene Zuständigkeit nicht!!!!!

albarracin, Baden-Württemberg, Friday, 31.05.2013, 15:40 (vor 3997 Tagen) @ rollo

Hallo Rollo,

Du solltest aber nicht übersehen, daß Du noch eine Sanktionsmöglichkeit hast - und zwar eine ziemliche "starke":

Auch im Personalvertretungsrecht sind für Streitigkeiten der SBV mit dem AG aus § 95 SGB IX die Arbeitsgerichte zuständig gem. § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG:
[link=http://]http://www.gesetze-im-internet.de/arbgg/__2a.html[/link]

Die sind idR sehr wohl bereit, dem AG unter Androhung eines durchaus spürbaren Ordnungsgeldes für die zukunft Auflagen zur Einhaltung der Rechte der SBV zu machen.
Und die dafür notwendigen Anwaltskosten hat der AG ebenfalls zu tragen

--
&Tschüß

Wolfgang

Behörde kennt seine eigene Zuständigkeit nicht!!!!!

Apanatshi, Bayern, Wednesday, 19.06.2013, 11:46 (vor 3978 Tagen) @ rollo

Hallo Rollo,

ähnliche Erfahrungen habe ich auch schon gemacht.ansprechpartner war glaube ich damals die zuständige Behörde in Bayreuth. Auch ich war damals wohl die erste die eine anzeige wg.Ordnungswidrigkeit gestellt hat. Das Verfahren lief dann zwar nach einigem Zögern, wurde aber letztendlich eingestellt, da der Arbeitgeber eingelenkt hat und das Versprechen abgab, zukünftig seinen Aufgaben nachzukommen. Was in der folge auch lange funktioniert hat - bis wieder Personalwechsel anstand. Dann begann die Überzeugungsarbeit aufs Neue.
Beim nächsten Mal würde ich eine Ordnungswidrigkeit nicht mehr anzeigen, sondern eher je nach Fall ein Beschlussverfahren androhen.
Leider stehen in unserem schönen SGB IX viele schöne Regeln, die aber teilweise in der Praxis nicht lebbar sind oder die ausführenden Organe sich eher als sehr konfliktscheu verhalten. Das macht uns SBVs, besonders wenn man viele Menschen zu betreuen hat und vor allem keine Freistellung hat die Arbeit um so schwerer. Kein Wunder auch, dass viele SBVs irgendwann das Handtuch werfen. Möglicherweise ist das ja politisch auch gewollt. Aktive SBVs reduzieren indirekt Steuereinnahmen und fallen auch den Rehaträgern, wie z.B. RV zur Last, wenn sie versuchen alle Möglichkeiten, die das SGB IX hergibt auszuschöpfen. Daher ist das SGB IX in vielen Dingen auch sehr unkonkret beläßt vieles auch bei Kannbestimmungen.
Trotzdem bleib am Ball, solange Du die Kraft und den Atem zum kämpfen hast.

Gruß Apanatshi
(seit 25 Jahren im Amt):-D

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