Bewerb. Schwerbeh. OHNE SBV Bet., HR verweigert SBV Teilnahme an Ausw. (Einstellung)

alandhae, Göttingen, Monday, 09.09.2013, 14:48 (vor 3886 Tagen)

Auf eine freie Stelle bei uns hat sich u.a. ein schwer behinderter Bewerber gemeldet, hat aber die Beteiligung der SBV explizit ausgeschlossen.

Nun steht HR auf dem Standpunkt, weil der Bewerber die Beteiligung explizit ausgeschlossen hat, dürfe ich erst dann alle Bewerbungsunterlagen einsehen, wenn sich ein weiterer schwer behinderter Bewerber meldet, der die SBV beteiligen will.

Ich habe bei HR die Ausführungen von Bernhard Hackenberger http://www.schwbv.de/forum/board_entry.php>id=14561#p14562 angeführt:

Die Erwiderung der Gegenseite:

"diesem Umkehrschluss können wir leider nicht folgen. Wir stehen daher nach wie vor zu der Aussage aus der Mail vom (...). Diese Vorgehensweise entspricht dem Wortlaut des § 81 Abs. 1 Satz 10 SGB IX. Selbstverständlich räumen wir Ihnen die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Bewerbungsunterlagen aller Bewerber und der Teilnahme an den Auswahlgesprächen ein, sobald ein schwerbehinderter Bewerber im konkreten Ausschreibungsverfahren Ihre Beteiligung nicht ausschließt bzw. wünscht."

Wie geht man in einem solchen Fall vor>

Gibt es Grundsatzurteile dazu, die ich zitieren kann>
Rechtsberatung einholen>
Klagen>

Vielen Dank

Andreas

Bewerb. Schwerbeh. OHNE SBV Bet., HR verweigert SBV Teilnahme an Ausw.

albarracin, Baden-Württemberg, Monday, 09.09.2013, 16:05 (vor 3886 Tagen) @ alandhae

Hallo,

mE hat Deine Personalabteilung vollkommen richtig gehandelt, wenn der einzige schwerbehinderte Bewerber die SBV-Teilnahme ausdrücklich abgelehnt hat.
Dann ist die SBV aus den Vorstellungsgesprächen komplett `raus.
Nichts anderes hat übrigens Bernhard im von Dir verlinkten Posting geschrieben.

--
&Tschüß

Wolfgang

Bewerb. Schwerbeh. OHNE SBV Bet., HR verweigert SBV Teilnahme an Ausw.

ciralifan, Monday, 09.09.2013, 16:15 (vor 3886 Tagen) @ albarracin

» Hallo,
»
» mE hat Deine Personalabteilung vollkommen richtig gehandelt, wenn der
» einzige schwerbehinderte
Bewerber die SBV-Teilnahme ausdrücklich
» abgelehnt hat.
» Dann ist die SBV aus den Vorstellungsgesprächen komplett `raus.
» Nichts anderes hat übrigens Bernhard im von Dir verlinkten Posting
» geschrieben.

Sorry Wolfgang, Bernhard schieb dies:
2. Liegen Bewerbungen Schwerbehinderter vor, so hat die SchwbV das Teilnahmerecht an ALLEN Vorstellungsgesprächen. Also liegen 100 Bewerbungen vor und darunter befindet sich nur 1 Bewerbung eines Schwerbehinderten so hat die SchwbV das Teilnahmerecht an ALLEN 100 Vorstellungsgesprächen.

3. Nur Schwerbehinderte können die Teilnahme der SchwbV bei Vorstellungsgespräch ablehnen, Nichtbehinderte nicht. Bedeutet, gibt es 100 Bewerbungen und nur 1 Scherbehinderter ist dabei, so kann nur der 1 Schwerbehinderte die Teilnahme ablehnen, § 81 Abs. 1 Satz 10 SGB IX. Bedeutet bei allen anderen 99 ist die SchwbV dann dabei, da ja das Teilnahmerecht an allen Vorstellungsgesprächen durch die 1 Bewerbung gegeben ist. Das Gesetz besagt nicht, dass zumindest auch die Teilnahmen an 1 Vorstellungsgespräch mit einem Schwerbehinderten gegeben sein muss.

Dadurch ist die SBV nur aus dem einen Vorgang des SB Bewerbers raus.
An allen anderen kann und sollte man auch teilnehmen, allein schon um sich eine eigene Meinung / Vorstellung zu bilden.
Gruß...ciralifan

Bewerb. Schwerbeh. OHNE SBV Bet., HR verweigert SBV Teilnahme an Ausw.

hackenberger, Monday, 09.09.2013, 16:22 (vor 3886 Tagen) @ ciralifan

Hallo ciralifan,

hier hast Du etwas falsch verstanden. Das Einsichtsrecht dient ja zum Vergleich der Gleichbehandlung. Diese bedingt aber, dass es ein Grund/Anlass zum Vergleich gibt.

Also MUSS mindestens eine zu beachtende Bewerbung eines Schwerbehinderten vorliegen um dieses Recht auszulösen.

Wenn nur eine Bewerbung eines Schwerbehinderten vorliegt und der die Beteiligung der SchwbV ausschließt, liegen "quasi, gem SGB IX" keine mehr vor welche die Rechte der SchwbV gem § 81 Abs 1 SGB IX auslösen.

Bewerb. Schwerbeh. OHNE SBV Bet., HR verweigert SBV Teilnahme an Ausw.

hackenberger, Monday, 09.09.2013, 16:15 (vor 3886 Tagen) @ alandhae

Hallo,

ich hatte nicht geschrieben, dass bei Ablehung der Beteiligung der SchwbV durch den Bewerber weiterhin ein Einsichtsrecht in die Unterlagen besteht. Wenn es keine weiteren schwebehinderte Bewerber gibt, also auch nicht in die restlichen Unterlagen.

Ich kenne auch weder ein Urteil noch eine Kommentierung welche die Frage behandelt, darf ich als SchwbV auch nicht in die Unterlagen der schwerbehinderten Bewerbers einsehen, der die Beteiligung der SchwbV ablehnt>

Nun könnte man aber argumentieren, ich benötige die Einsicht um fesstellen zu können, ob wirklich der schwerbehinderte Bewerber von sich aus die Beteiligung ausdrücklich abgelehnt hat. Weiter, möchte ich ggf versuchen den Bewerber positiv von der Unterstützung durch die SchwbV zu überzeugen und der dann ggf seine Ablehung zurückzieht.

Sollte dieser Bewerber aber eingestellt werden, bleibt das Beteiligungsrecht der SchwbV gem. § 95 Abs 2 SGB IX.

Möglichkeit wäre, wenn man selbst schwerbehindert ist sich selbst auch zu bewerben. Dann gäbe es ja eine weitere Bewerbung eines Schwerbehinderten. Dann müsste der AG ggf missbräuchliche Bewerbung zur Umgehung des SGB IX belegen, beklagen.

Das auch bei eigener Betroffenheit die SchwbV zu beteiligen ist, hat das BAG ja erst kürzlich bestätigt.

Bewerb. Schwerbeh. OHNE SBV Bet., HR verweigert SBV Teilnahme an Ausw.

alandhae, Göttingen, Monday, 09.09.2013, 16:47 (vor 3885 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard,

dann hatte ich das falsch verstanden.

Gut, wenn jemand nicht über die Straße geholfen werden will, dann muss er selbst nach recht+links gucken.

Ich werde dann auch bei der Einstellung eines nicht behinderten auf dem Anhörungsbogen schreiben, dass der Bewerber keine Unterstützung wünschte.

Vielen Dank für die Klarstellung

Andreas

Bewerb. Schwerbeh. OHNE SBV Bet., HR verweigert SBV Teilnahme an Ausw.

WoBi, Monday, 09.09.2013, 17:59 (vor 3885 Tagen) @ alandhae

Hallo Zusammen,

ein schwerbehinderte Bewerber kann die Teilnahme der Schwerbehindertenvertretung während seines Vorstellungsgespräches ablehnen. Damit wird die weitere Erörterung seiner Bewerbung und die Teilnahme an seinem Vorstellungsgespräch ausgeschlossen. Eine Ablehung ist auch im späteren Verlauf der Bewerbung möglich. Muss also nicht gleich mit der Bewerbung erklärt werden. Nur die Arbeitgeberin darf nicht den Bewerber dazu auffordern oder dies durch seine Handlung als Wunsch vorgeben.

Nur zur Vollständigkeit: Nichtbehinderte Bewerber können die Anwesenheit der Schwerbehindertenvertretung nicht ablehnen.

Der persönliche und freie Wunsch der Nichtteilnahme eines schwerbehinderten Bewerbers entbindet nicht die Arbeitgeberin die Schwerbehindertenvertretung über den Bewerbungseingang nach § 81 Abs. 1 SGB IX zu unterrichten. Ebenso entbindet es nicht die Schwerbehindertenvertretung nach § 81 Abs. 2 SGB IX tätig zu werden, um eine mögliche Benachteiligung von behinderte Menschen zu vermeiden.

Eine der allgemeinen Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung ist nach § 95 Abs. 1 Punkt 1 SGB IX die Kontrolle der Einhaltung von Gesetzen durch die Arbeitgeberin durchzuführen, deshalb:

1) Soll eine Person (hier der Bewerber) auf die Amtsführung der Schwerbehindertenvertretung ( § 95 SGB IX ) im Ehrenamt einwirken können>

2) Wie sollte die Schwerbehindertenvertretung es ohne Vergleich sachlich begründen können, wenn sie mit einer beabsichtigten Entscheidung (hier Ablehung des einzigen schwerbehinderten Bewerbes) der Arbeitgeberin nicht einverstanden sein sollte und in die Erörterung bei Nichterfüllung der Bschäftigungspflicht gehen will>

--
Gruß
Wolfgang

Bewerb. Schwerbeh. OHNE SBV Bet., HR verweigert SBV Teilnahme an Ausw.

hackenberger, Monday, 09.09.2013, 19:23 (vor 3885 Tagen) @ WoBi

Hallo,

» 1) Soll eine Person (hier der Bewerber) auf die Amtsführung der
» Schwerbehindertenvertretung ( § 95 SGB IX ) im Ehrenamt einwirken können>
Nein und kann sie nicht. Sie kann die SchwbV nur aus dem Bewerbungsverfahren sie persönlich betreffend ausschließen. Dieses ist auch durchaus verständlich. Siehe nächste Antwort.

» 2) Wie sollte die Schwerbehindertenvertretung es ohne Vergleich sachlich
» begründen können, wenn sie mit einer beabsichtigten Entscheidung (hier
» Ablehung des einzigen schwerbehinderten Bewerbes) der Arbeitgeberin nicht
» einverstanden sein sollte und in die Erörterung bei Nichterfüllung der
» Bschäftigungspflicht gehen will>
Sie kann dann eben diese Person betreffend, nur auf Grund bekannter Fakten, ggf auch aus der Zusammenarbeit mit dem BR und der Teilnahme an dessen Gremien, handeln. Ggf dann auch keine Aussage bzw leere Stellungnahme.

Der Gesetzgeber hat hier eben, auch unter Beachtung der Persönlichkeitsrechte der schwerbehinderten Bewerber diesen hier, diese Möglichkeit bewusst eingeräumt. Diese gilt es nun zu beachten.

Letzlich, es darf und kann eben keiner gezwungen werden sich helfen zu lassen.

Durch dieses Recht eines Einzelnen, wird auch die Mandatswahrnahme der SchwbV nicht grundsätzlich und/ oder nachhaltig behindert.

Bewerb. Schwerbeh. OHNE SBV Bet., HR verweigert SBV Teilnahme an Ausw.

filialistin, Berlin, Wednesday, 11.09.2013, 10:01 (vor 3884 Tagen) @ hackenberger

Hallo zusammen,

hier wurde nach einem Kommentar gefragt, der diesen Fall behandelt.

Der Knittel-Kommentar bestätigt ciralifans Aussage:

"Die Schwerbehindertenvertretung hat weiterhin gem. § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX das Recht auf Teilnahme an Vorstellungsgesprächen und Einsicht in die entscheidungsrelevanten Teile der Bewerbungsunterlagen. Das bezieht sich auch auf Vorstellungsgespräche und Unterlagen nicht behinderter Bewerber, wenn diese um die Einstellung mit einem schwerbehinderten Menschen konkurrieren. Denn über die Eignung des schwerbehinderten Bewerbers kann sich die Schwerbehindertenvertretung nur im Vergleich aller Bewerber eine fundierte Meinung bilden (Müller-Wenner / Schorn § 95 Rdnr. 41; Hansen NZA 2001, 986 [988]; vgl. in diesem Sinne auch die Stellungnahme des BR zum RegE in BT-Drucks. 14/5531 S. 10 f. sowie den Bericht des BT-Ausschusses für AuS BT-Drucks. 14/5800 S. 30).

Die Schwerbehindertenvertretung ist bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen allerdings dann nicht zu beteiligen, wenn der Betroffene diese Beteiligung ausdrücklich ablehnt (Abs. 1 Satz 10). Eine solche Ablehnung berührt nicht die Beteiligungsrechte der betrieblichen Interessenvertretungen, da diese auch die Interessen anderer nicht schwerbehinderter Arbeitnehmer vertreten (Müller-Wenner / Schorn Rdnr. 28). Außerdem gilt stets das allgemeine Beteiligungsrecht der Schwerbehindertenvertretung gem. § 95 Abs. 2 SGB IX, da hier kein Ablehnungsgrund geregelt ist. Die Anhörungs- und Unterrichtungsrechte der Schwerbehindertenvertretung werden deshalb durch die Ablehnung eines einzelnen schwerbehinderten Bewerbers nicht ausgeschlossen. Er kann lediglich die Erörterung seiner Bewerbung durch diese und deren Teilnahme an seinem eigenen Vorstellungsgespräch ablehnen. Über eine solche behauptete Ablehnung kann die Schwerbehindertenvertretung gegebenenfalls vom Arbeitgeber einen Nachweis verlangen."

Mit freundlichen Grüßen,

filialistin

Bewerb. Schwerbeh. OHNE SBV Bet., HR verweigert SBV Teilnahme an Ausw.

hackenberger, Wednesday, 11.09.2013, 10:50 (vor 3884 Tagen) @ filialistin

Hallo "filialistin",

was Du hier schreibst stimmt alles. Es bedingt nur folgendes:
das Vorliegen einer Bewerbung eines Schwerbehinderten oder Gleichgestellten.

Dem war hier gegeben.

Doch dann geht es weiter. Hat der einzige schwerbehinderte Bewerber wie hier die Beteiligung der SchwbV abgelehnt, bleibt es bei der Info über das Vorliegen der Bewerbung. Aus dem weiteren Prozess der Vorstellungsgespräche ist dann die SchwbV heraus.
Die Rechte der Interessensvertretungen BR/PR bleiben unberührt.

Auch die Rechte der SchwbV gem. § 95 Abs. 2 SGB IX. Doch diese kommen nur zur Auswirkung wenn der AG den Schwerbehinderten einstellen möchte. Dann ist die SchwbV ab diesem Zeitpunkt entsprechend zu Beteiligen. Es ist ihr dann also Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Sie hat aber dann "mangels berechtigter Teilnahme, kein Recht der Teilnahme an Vorstellungsgesprächen und kein in Bewerbungsunterlagen während der lfd. Vorstellungsgesprächen".

Ist so auch klar und verständlich im LPK, 3 Auflage, § 81 Rn 96, letzter Satz nachlesbar, Kommentar von Franz Josef Düwell.

Auszug:
Die Schwerbehindertenvertretung ist nur dann nicht zu beteiligen, wenn der schwerbehinderte oder gleichgestellte behinderte Mensch azsdrücklich in seiner Bewerbung die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung abgelehnt hat (§ 81 Abs. 1 Satz 10)

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