Neuwahl verzwickt (Wahlen)

klempax, NRW, Monday, 17.02.2014, 12:06 (vor 3744 Tagen)

Hallo,

ich habe da mal eine ganz wichtige Frage. Der Sachverhalt ist recht schwierig und einen vergleichbaren Fall habe ich hier im Forum noch nicht gefunden.
Lage:
Es gibt eine SBV aber keine Stellvertretung. Die aktuelle SBV ist langzeitkrank und wird jetzt bald wieder eingegliedert. Er fühlt sich aber nicht in der Lage, die SBV-Arbeit wieder aufzunehmen. Er ist jetzt soweit, dass er das Amt niederlegt. Eine Neuwahl könnte somit stattfinden.
Frage:
Muss er erst das Amt niederlegen> Wer kann dann zur vereinfacgten Wahl einladen> Der Betriebsrat ist aus zeitlichen Gründen nicht in der Lage.:-(
Kann/darf die Konzern-SVB zur Wahl einladenß>
Das Integrationsamt versteht den Betriesrat nicht und gibt den schwarzen Peter wieder zurück.
Ist es möglich, dass die KSBV die Wahl soweit vorbereitet und dann drei Wahlberechtigte die Wahlausschreibung unterschreiben>

Gruß
klempax

Neuwahl verzwickt

albarracin, Baden-Württemberg, Monday, 17.02.2014, 17:57 (vor 3744 Tagen) @ klempax

» Hallo,
Hallo,
»
» ich habe da mal eine ganz wichtige Frage. Der Sachverhalt ist recht
» schwierig und einen vergleichbaren Fall habe ich hier im Forum noch nicht
» gefunden.
Das ist nach der Schilderung weitgehend selbstverschuldet. Schwierig ist daran aber nix, wenn man die gesetzlichen Grundlagen beherrscht.
» Lage:
» Es gibt eine SBV aber keine Stellvertretung.
wieso wurde keine Stellvertretung gewählt > Schon das ist ein schwerer Pflichtverstoss.
» Die aktuelle SBV ist
» langzeitkrank und wird jetzt bald wieder eingegliedert. Er fühlt sich aber
» nicht in der Lage, die SBV-Arbeit wieder aufzunehmen. Er ist jetzt soweit,
» dass er das Amt niederlegt. Eine Neuwahl könnte somit stattfinden.
» Frage:
» Muss er erst das Amt niederlegen>
Ja, sonst sind die gesetzlichen Voraussetzungen für eine vorzeitige Neuwahl nicht gegeben.
» Der Betriebsrat ist aus zeitlichen Gründen nicht in der Lage.:-(
Ist das ein schlechter Scherz > Es gehört zu den gesetzlichen Pflichten des BR, eine Neuwahl einzuleiten, wenn es keine SBV mehr gibt.
»
» Kann/darf die Konzern-SVB zur Wahl einladenß>
Nein, das ist weder in § 94 SGB IX noch in § 1 Abs. 2 SchbVWO vorgesehen. Lediglich eine GSBV könnte eine Wahl einleiten.
» Das Integrationsamt versteht den Betriesrat nicht und gibt den schwarzen
» Peter wieder zurück.
Das IA kann ich gut verstehen, wenn aber nix passiert, muß es tätig werden.
» Ist es möglich, dass die KSBV die Wahl soweit vorbereitet und dann drei
» Wahlberechtigte die Wahlausschreibung unterschreiben>
"Vorbereiten" kann die KSBV soviel wie sie will.
»
» Gruß
» klempax

--
&Tschüß

Wolfgang

Neuwahl verzwickt

Hans-Peter-Semmler, Regensburg, Tuesday, 18.02.2014, 07:13 (vor 3743 Tagen) @ albarracin

Servus Wolfgang,

» » Kann/darf die Konzern-SVB zur Wahl einladenß>
» Nein, das ist weder in § 94 SGB IX noch in § 1 Abs. 2 SchbVWO vorgesehen.
» Lediglich eine GSBV könnte eine Wahl einleiten.

der Knittel-Kommentar ist hier mit Verweis auf den Duewell anderer Meinung.
Derartige konkurrierende Einladungsrechte hängen aber vom Nichtvorhandensein einer Schwerbehindertenvertretung im Betrieb oder der Dienststelle ab. Als vorhanden im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 2 und § 19 Abs. 2 SchwbVWO muss auch eine Schwerbehindertenvertretung angesehen werden, wenn sie zwar im Betrieb oder der Dienststelle nicht gewählt worden ist, aber als Gesamtschwerbehindertenvertretung nach § 97 Abs. 6 Satz 1 oder als Konzernschwerbehindertenvertretung nach § 97 Abs. 6 Satz 2 SGB IX die in dem Betrieb oder in der Dienststelle beschäftigten schwerbehinderten Menschen kraft gesetzlichen Auftrags vertritt (LPK-SGB IX / Düwell § 93 Rdnr. 20).
Dann bedarf es einer Initiative des Betriebsrats nur, wenn die Gesamt- oder Konzernschwerbehindertenvertretung trotz Aufforderung untätig bleibt. Es soll insoweit keinen Wettlauf zwischen den zuständigen Gesamt- bzw. Konzernschwerbehindertenvertretungen einerseits und dem Betriebsrat / Personalrat andererseits geben. Dieser ist aus gutem Grund nicht in § 94 Abs. 6 SGB IX allgemein zur Einberufung von Wahlversammlungen ermächtigt. (LPK-SGB IX / Düwell § 93 Rdnr. 20).

--
Herzlichen Gruß
Hans-Peter

Neuwahl verzwickt

williniesky, Dresden/Sachsen, Tuesday, 18.02.2014, 12:50 (vor 3743 Tagen) @ klempax

Hallo Klempax,
schnellste Variante wäre, das der SBV die Wahl von Stellvertretern einleitet. Wie es aussieht, ja im vereinfachten Verfahren. Wenn Stellvertreter gewählt, Amt niederlegen. So hat es die SBV in der Hand und braucht niemanden Fragen wegen der Einleitung der Wahl. Das sollte gesetzlich so möglich sein.

--
MfG
Williniesky

Neuwahl verzwickt

albarracin, Baden-Württemberg, Tuesday, 18.02.2014, 22:12 (vor 3743 Tagen) @ williniesky

Hallo Hans-Peter,

so ganz eindeutig scheint die Frage, ob eine KSBV eine Wahl einleiten darf, nicht geklärt zu sein.
Neumann/Pahlen sprechen z. B. nur einer GSBV das recht zu, Wahlen einzuleiten. So ganz abwegig scheint mir diese Interpretation nicht zu sein, da § 97 Abs. 6 Satz 1 nur die GSBV als Interessenvertretung in SBV-losen Betrieben erwähnt, nicht aber die KSBV.
Aber wenn es dem UP hilft, kann er ja sich ausschließlich auf Knittel oder Düwell berufen und Neumann/Pahlen "übersehen". Er muß ja nicht alle Kommentare kennen.

--
&Tschüß

Wolfgang

Neuwahl verzwickt

Paul, Hamburg, Thursday, 20.02.2014, 12:18 (vor 3741 Tagen) @ albarracin

Hallo,

ich bin gerade verwirrt.

» so ganz eindeutig scheint die Frage, ob eine KSBV eine Wahl einleiten darf,
» nicht geklärt zu sein.
da § 97 Abs. 6 Satz 1 nur die GSBV als Interessenvertretung in
» SBV-losen Betrieben erwähnt, nicht aber die KSBV.

§ 97 Abs. 6 Satz 2 "Satz 1 gilt entsprechend für die Konzern-SBV"

spricht doch der Konzern-SBV auch die Zuständigkeit zu>
Ich hab das jedenfalls immer so behauptet.

Liebe Grüße
Paul

Neuwahl verzwickt

Heinrich, Thursday, 20.02.2014, 18:27 (vor 3741 Tagen) @ albarracin

Hallo Wolfgang,

» Neumann/Pahlen sprechen z. B. nur einer GSBV das Recht zu, Wahlen einzuleiten

Das ist zwar richtig, aber nicht so gemeint. Pahlen hat diese Rechtsfrage bezügl. Konzern-SBV gar nicht aufgegriffen. Denn Pahlen hebt an anderer Stelle seiner Kommentierung zu § 97 Rn. 12 zu Recht hervor:
"Dort ersetzt die GSBV oder die nächste Stufenvertretung die örtliche Schwerbehindertenvertretung."

Und genau das umfasst auch die vorrangige gesetzliche Befugnis und die Pflicht einer Konzern-SBV oder einer Haupt-SBV als Ersatzvertretung, ggf. die Wahl einer örtlichen SBV einzuleiten, wenn keine Gesamt-SBV im Konzernunternehmen oder etwa keine Bezirks-SBV im Geschäftsbereich existiert.

» So ganz abwegig scheint mir diese Interpretation nicht zu sein, da § 97 Abs. 6 Satz 1 nur die GSBV als Interessenvertretung in SBV-losen Betrieben erwähnt, nicht aber die KSBV.

Auch das ist richtig, die Folgerung aber grundverkehrt. Denn im Satz 2 dieser Vorschrift steht, dass Satz 1 "entsprechend für die Konzern-SBV" gilt. Demnach ist von Gesetzes wegen auch die Konzern-SBV ggf. Ersatzvertretung für Betriebe ohne örtl. SBV, also ggf. auch zuständig für die Einleitung örtlicher SBV-Wahlen. Der Logik von Paul ist daher uneingeschränkt in jeder Hinsicht zuzustimmen!

» Es gehört zu den gesetzlichen Pflichten des BR, eine Neuwahl einzuleiten, wenn es keine SBV mehr gibt.

Auch das ist im Prinzip richtig, kommt hier aber nicht zur Anwendung, also gleichfalls falsches Ergebnis. Eine vom örtlichen BR "eingeleitete" SBV-Wahl wäre i.d.R. anfechtbar, wenn die "nächsthöhere" SBV-Stufenvertretung einfach übergangen würde. Nur dann, wenn nächsthöhere SBV-Stufenvertretung(en) untätig bliebe(n), also bei Amtspflichtverletzung, wäre der örtliche Betriebsrat am Zuge, sonst nicht. Aber im Gegensatz zu den SBV-Stufenvertretungen hat allerdings der Betriebsrat nie die Befugnis, einen Wahlvorstand für die SBV-Wahl zu bestellen, sondern lediglich das eingeschränkte Recht, zu einer Versammlung zum Zwecke der Wahl eines Wahlvorstands einzuladen nach § 1 Abs. 2 SchwbVWO.

Neuwahl verzwickt

albarracin, Baden-Württemberg, Thursday, 27.02.2014, 17:32 (vor 3734 Tagen) @ Heinrich

Hallo Heinrich und Paul

Ihr sollt natürlich eine Rückmeldung haben, auch wenn der Thread nicht unbedingt ein "Ruhmesblatt" für mich ist.
Um so wichtiger war Eure Rückmeldung, da der ganze Stufenkram demnächst auf mich zukommt, weil ich demnächst in "meinem" Konzern eine SBV-fähige Schwester bekomme und die BRe demnächst eine Stufenvertretung bilden.
»
» » Neumann/Pahlen sprechen z. B. nur einer GSBV das Recht zu, Wahlen
» einzuleiten
»
» Das ist zwar richtig, aber nicht so gemeint. Pahlen hat diese Rechtsfrage
» bezügl. Konzern-SBV gar nicht aufgegriffen. Denn Pahlen hebt an anderer
» Stelle seiner Kommentierung zu § 97 Rn. 12 zu Recht hervor:
» "Dort ersetzt die GSBV oder die nächste Stufenvertretung die
» örtliche Schwerbehindertenvertretung."

»
» Und genau das umfasst auch die vorrangige gesetzliche Befugnis und die
» Pflicht einer Konzern-SBV oder einer Haupt-SBV als Ersatzvertretung, ggf.
» die Wahl einer örtlichen SBV einzuleiten, wenn keine Gesamt-SBV im
» Konzernunternehmen oder etwa keine Bezirks-SBV im Geschäftsbereich
» existiert.
Geht klar, das habe ich glatt überlesen.
»
» » So ganz abwegig scheint mir diese Interpretation nicht zu sein, da § 97
» Abs. 6 Satz 1 nur die GSBV als Interessenvertretung in SBV-losen Betrieben
» erwähnt, nicht aber die KSBV.
»
» Auch das ist richtig, die Folgerung aber grundverkehrt. Denn im Satz 2
» dieser Vorschrift steht, dass Satz 1 "entsprechend für die
» Konzern-SBV
"
gilt. Demnach ist von Gesetzes wegen auch die
» Konzern-SBV ggf. Ersatzvertretung für Betriebe ohne örtl. SBV, also ggf.
» auch zuständig für die Einleitung örtlicher SBV-Wahlen. Der Logik von Paul
» ist daher uneingeschränkt in jeder Hinsicht zuzustimmen!
Seufz - Asche auf mein Haupt

» » Es gehört zu den gesetzlichen Pflichten des BR, eine Neuwahl einzuleiten,
» wenn es keine SBV mehr gibt.
»
» Auch das ist im Prinzip richtig, kommt hier aber nicht zur Anwendung, also
» gleichfalls falsches Ergebnis. Eine vom örtlichen BR "eingeleitete"
» SBV-Wahl wäre i.d.R. anfechtbar, wenn die "nächsthöhere"
» SBV-Stufenvertretung einfach übergangen würde. Nur dann, wenn nächsthöhere
» SBV-Stufenvertretung(en) untätig bliebe(n), also bei Amtspflichtverletzung,
» wäre der örtliche Betriebsrat am Zuge, sonst nicht.
Auch das ist natürlich so richtig, da habe ich den notwendigen Zusatz vergessen.
» Aber im Gegensatz zu
» den SBV-Stufenvertretungen hat allerdings der Betriebsrat nie die
» Befugnis
, einen Wahlvorstand für die SBV-Wahl zu bestellen, sondern
» lediglich das eingeschränkte Recht, zu einer Versammlung zum Zwecke der
» Wahl eines Wahlvorstands einzuladen nach § 1 Abs. 2 SchwbVWO.
Jetzt ein zartes "ABER": Ich habe ganz bewußt nicht von der Bestellung eines Wahlvorstandes gesprochen, sondern von der "Einleitung" der Wahl. Und die Einberufung einer Versammlung zur Wahl eines WV ist eine Einleitung der Wahl.

--
&Tschüß

Wolfgang

Neuwahl verzwickt

Hans-Peter-Semmler, Regensburg, Thursday, 27.02.2014, 17:48 (vor 3734 Tagen) @ albarracin

Servus Wolfgang,
sieh es mit Goethe:

Wenn weise Männer nicht irrten, müßten die Narren verzweifeln. ;-)

--
Herzlichen Gruß
Hans-Peter

Neuwahl verzwickt

Paul, Hamburg, Thursday, 27.02.2014, 19:32 (vor 3734 Tagen) @ albarracin

Hallo Wolfgang,

vielen Dank für die Rückmeldung.
Meine Verwirrung hat sich wieder aufgelöst.
Liebe Grüße aus Hamburg
Paul

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