Bescheinigung über genommen Urlaub – auch Zusatzurlaub (Zusatzurlaub)

WoBi, Thursday, 09.04.2015, 13:59 (vor 3313 Tagen)

Hallo,
nach dem Bundesurlaubsgesetz ist der Arbeitgeber verpflichtet, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen. Darf in diese Bescheinigung der Nachteilsausgleich Zusatzurlaub aufgelistet werden?

Hintergrund ist, dass dadurch das Selbstbestimmungsrecht von schwerbehinderten Menschen auf Bekanntgabe ihrer Schwerbehinderteneigenschaft ausgehebelt wird. Der neue Arbeitgeber wird indirekt oder direkt je nach Formulierung über die Zugehörigkeit zur Gruppe der schwerbehinderten Menschen informiert.

Hat jemand schon Erfahrungen mit dieser Bescheinigung gemacht?

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Gruß
Wolfgang

Bescheinigung über genommen Urlaub – auch Zusatzurlaub

albarracin, Baden-Württemberg, Thursday, 09.04.2015, 15:15 (vor 3313 Tagen) @ WoBi

Hallo,

Hallo,

nach dem Bundesurlaubsgesetz ist der Arbeitgeber verpflichtet, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen. Darf in diese Bescheinigung der Nachteilsausgleich Zusatzurlaub aufgelistet werden?

Ja, das muß er sogar. Die Bescheinigung muß vollständig sein


Hintergrund ist, dass dadurch das Selbstbestimmungsrecht von schwerbehinderten Menschen auf Bekanntgabe ihrer Schwerbehinderteneigenschaft ausgehebelt wird. Der neue Arbeitgeber wird indirekt oder direkt je nach Formulierung über die Zugehörigkeit zur Gruppe der schwerbehinderten Menschen informiert.

Dies ist eine Güterabwägung, da auch schützenswerte Interessen von Arbeitgebern betroffen sind.

Hat jemand schon Erfahrungen mit dieser Bescheinigung gemacht?

Laut ständiger Rechtsprechung des BAG ist § 125 Abs. 3 SGB IX so auszulegen, daß er für alle (Zusatz-)urlaubsrechtlichen Angelegenheiten gilt, sofern es in § 125 SGB IX keine Spezialvorschrift gilt. (Zustimmend: Düwell, § 125 Rn. 24) Somit ist auch § 6 BUrlG vollumfänglich anwendbar.

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&Tschüß

Wolfgang

Bescheinigung über genommen Urlaub – auch Zusatzurlaub

Heinrich, Thursday, 09.04.2015, 15:40 (vor 3313 Tagen) @ WoBi

Hallo,

würde der alte AG nicht darlegen, dass der Zusatzurlaub bereits voll oder teilweise genommen, gewährt worden ist, könnte der AN diesen ja unberechtigt nochmals voll in Anspruch nehmen.

Er hat aber auch bei unterjährigen AG-wechsel nur einmal diesen gesetzlichen Anspruch gem. § 125 SGB IX auf 1 Woche Zusatzurlaub.

Also muss der neue AG auch hier erkennen können, besteht hier noch ein Anspruch.

Bescheinigung über genommen Urlaub – auch Zusatzurlaub

Hotte, Stuttgart, Thursday, 09.04.2015, 16:04 (vor 3313 Tagen) @ WoBi

Hallo,
Ich sehe es etwas anders. Das Bundesurlaubsgesetz verlangt, das der genommene Urlaub bescheinigt werden muss. Daraus den Anspruch erzuleiten, das der Zusatzurlaub als SB gesondert gekennzeichnet wird, kann ich nicht nachvollziehen. Beim Urlaubsantrag wird ja auch nicht unterschieden zwischen Tarifurlaub und Sonderurlaub. Wer legt fest, das bei genommenen Teilurlaub welche Tage Tarifurlaub und welche Tage Sonderurlaub gewesen sind?
Ich bin der Meinung, das eine Urlaubsbescheinigung so aussehen könnte:

Herr/Frau....... hatte in unserem Unternehmen einen Jahresurlaubsanspruch von 35 Tagen. Davon hat er 10 Tage genommen

Also keinen expliziten Hinweis darauf, das 30 Tage vom Tarifvertrag kommen und 5 Tage vom Nachteilsausgleich.
VG
Hotte

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Richard v. Weizsäcker:
"Nicht Behindert zusein,ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jeder Zeit genommen werden kann."

Bescheinigung über genommen Urlaub – auch Zusatzurlaub

WoBi, Friday, 10.04.2015, 08:18 (vor 3312 Tagen) @ Hotte

Hallo Hotte und die anderen,

warum sollte die Höhe des Jahresurlaubsanspruches im Text genannt werden? Ich lese aus dem Gesetz nur die Erfordernis, genommenen oder ausbezahlten Urlaub zu bescheinigen.

Die Urlaubsbescheinigung könnte auch so aussehen:

Herr/Frau ....... hat in unserem Unternehmen xx Tage aus dem Jahresurlaubsanspruch genommen. Dies entspricht x/12 des gesamten Jahresurlaubes.

Dies wäre neutral und selbst Werte zwischen 20 Tage (5-Tage Woche) gesetzlichem Mindesturlaub und 30 Tage tariflichem Urlaubsanspruch ohne Nachteilsausgleich könnten ohne Rückschlüsse auf eine Schwerbehinderung bescheinigt werden. Nur bei genommenen Urlaub von > 30 Tagen könnte auf eine Schwerbehinderung geschlossen werden, sollte es nicht Sonderurlaube für Jubiläum, ältere Mitarbeiter, ... geben.

Damit würde m.E. die Verpflichtung zur Bescheinigung erfüllt und die Wahrung des Persönlichkeitsrechts ermöglicht, wenn der Schwerbehinderte z.B. erst nach der Probezeit seine Eigenschaft offenbaren möchte.

Ein anderer Ansatz wäre die Beschränkung der Bescheinigung nur auf den Urlaubsanspruch nach Tarif- oder Arbeitsvertrag?

Es ist zwar nur ein Randthema, doch sind bei mir rund 2/3 aller schwerbehinderter Menschen im Betrieb betroffen.

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Gruß
Wolfgang

Bescheinigung über genommen Urlaub – auch Zusatzurlaub

Heinrich, Thursday, 09.04.2015, 18:57 (vor 3313 Tagen) @ WoBi

Hallo,

§ 6 Ausschluss von Doppelansprüchen

Also, der alten AG muss den genommenen gesetzlichen Urlaub bescheinigen.

Bei einem Schwerbehinderten in einem Betrieb mit 5-Tage Woche wären dieses 25 Tage.

Hat hier ein AN dann 10 Tage Urlaub bereits genommen, so wären diese hier auf den bestehenden Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub lt. Bundesurlaubsgesetz und SGB IX anzurechnen.

Also bestätigt der alte AG. Herr XY hatte einen gesetzlichen Urlaubsanspruch von 25 Tagen und hat von diesem 10 Tage genommen. Der tarifliche Urlaubsanspruch spielt hier keine Rolle.

Daraus ergibt es sich dann, dass der AN einen Anspruch auf Zusatzurlaub hat. Er hat weiter in diesem Urlaubsjahr somit noch einen gesetzlichen Urlaubsanspruch von 15 Tagen, ggf. tariflicher Mehrurlaub spielt hier keine Rolle.

Der EuGH hat mit der Entscheidung in der Sache "Schultz-Hoff" vom 20.1.2009 (C-350/06) entschieden. Kein Vorrang des tariflichen Urlaubs vor dem gesetzlichen Mindesturlaub auch für den tariflichen (Mehr-)Urlaub. Es hat die Entscheidung des BAG vom 07.08.2012 - 9 AZR 760/10 das bereits genommener Urlaub auf den Anspruch des gesetzlichen Urlaubes anzurechnen ist bestätigt.

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