Externe Bewerberdatenbank? Zulässig? (AGG)

carriegross, Wednesday, 20.07.2016, 06:58 (vor 2809 Tagen)

Hallo,

ich habe gehört, dass es wohl externe Bewerberdatenbanken geben soll, um "schwarze Schafe" auszumachen.

"Schwarze Schafe" in Bezug auf sog. AGG-Hopping.

Ein Schwerbehinderter bewirbt sich bei einem Arbeitgeber im ÖD, dieser lädt diesen nicht ein, obwohl er es objektiv hätte tun müssen und der Schwerbehinderte verklagt den Arbeitgeber auf eine Entschädigungszahlung.

Nun möchte dieser Arbeitgeber im ÖD andere Arbeitgeber im ÖD warnen und teilt das Bewerberprofil mit anderen Arbeitgebern im ÖD in externen Datenbanken, auf die alle Arbeitgeber im ÖD zugreifen können, sodass diese eben gewarnt sind und im Falle einer eingehenden Bewerbung diesen Bewerber auf jeden Fall einladen, um nicht auch verklagt zu werden.

Ich weiß nicht, ob ich geschockt sein soll, weil dies wohl gegen den Datenschutz verstößt, weil der schwerbehinderte Bewerber ganz sicher nicht diesem Vorgehen zugestimmt hat, oder ob ich das gut finden soll, weil damit eben solchen AGG-Hoppern das Leben schwer gemacht wird.

Aber wie sieht es nun gesetzlich aus?

Was kannn Arbeitgebern drohen, die ohne irgendeine Zustimmung eines (schwerbehinderten) Bewerbers dessen Bewerberprofil mit Namen usw. usf. in einer externen Datenbank speichert?

Wie kann man als betroffener Schwerbehinderter, der vielleicht gar kein sog. AGG-Hopper ist, aber eben nun einmal einen Arbeitgeber auf Entschädigungszahlung erfolgreich verklagt hat, herausfinden, ob man in einer solchen externen Datenbank geführt wird und zu Unrecht als "schwarzes Schaf" abgestempelt ist?

LG

Carrie

Externe Bewerberdatenbank? Zulässig?

carriegross, Wednesday, 20.07.2016, 07:47 (vor 2809 Tagen) @ ciralifan

Ich meine eine aktuelle Datenbank.

Externe Bewerberdatenbank? Zulässig?

ciralifan, Wednesday, 20.07.2016, 08:29 (vor 2809 Tagen) @ carriegross

Nun ja, wie du schon erwähntest und in dem Link von mir auch das KO Kriterium gegen solche Datenbanken war: Der Datenschutz verbietet solche Datenbanken.
Denke mal, wenn sich jemand betroffen fühlt hilft nur eine individuelle Klage.

Externe Bewerberdatenbank? Zulässig?

carriegross, Wednesday, 20.07.2016, 08:32 (vor 2809 Tagen) @ ciralifan

Vielleicht gibts ja hier den einen oder anderen Personaler aus dem ÖD, der (eine) solche(n) Datenbank(en) bestätigen können?

Oder vielleicht doch eher nicht? Können schon, aber nicht wollen (und dürfen)?

Externe Bewerberdatenbank? Zulässig?

maiklewa, Wednesday, 14.09.2016, 19:12 (vor 2752 Tagen) @ carriegross

Hallo,

kurz: ja, es gibt solche externe Datenbanken.

Warum: genau, um solchen AGG-Hoppern zu begegnen.

Woher ich das weiß? Ich bin seit Kurzem im Vorruhestand und habe mein ganzes Leben im ÖD bei verschiedenen Arbeitgebern gearbeitet. Ich war Personaler, SBV, im PR.

Vielleicht wird mein Kommentar gelöscht oder gar nicht freigegeben. Es wundert mich, dass hier bis jetzt niemand so ehrlich war, um das Bestehen von solchen Bewerberdatenbanken zu bestätigen. Mir kann es eigentlich egal sein, aber ich habe oder hatte schon vor einiger Zeit die Schnauze von so gewissen Dingen richtig voll.

Aber es muss doch mal einer die Wahrheit schreiben!

Ich habe jahrelang Bewerbungen fast täglich erhalten und gelesen, wie meine Ex-KollegInnen auch. Jeder der mit Stellenbesetzungsverfahren zu tun hat, weiß, wie müßig alleine das Aussortieren sein kann. Es gibt die "Sichtprüfung" im wahrsten Sinne. Person A gefällt mir, ok. Person B gefällt mir nicht, Ablage P. Davor wird oder sollte zumindest nach Schwerbehinderungen gesucht werden. Ist das irgendwo zu lesen, egal ob im Bewerbungstext, im Lebenslauf, als Anlage, unter Anlagen aufgeführt, man lädt den Bewerber ein - sicherheitshalber. Egal, ob der einem gefällt oder nicht. Egal, ob der das Anforderungsprofil erfüllt oder nicht. Man weiß ja nie, was ein Rechtsverdreher aus einer Nichteinladung eines schwerbeinderten Bewerbers machen kann. Und wer will schon ständig seine Versicherung oder um Begleichung von Entschädigungszahlungen anrufen oder vorm Arbeitsgericht landen, was dann später in der regionalen Presse steht? Diese schwerbehinderten Bewerber werden dann meist alle an einem Tag hintereinander oder parallel abgefertigt, wo schon längst das Stellenbesetzungsverfahren abgeschlossen ist und spätestens da feststand, welcher Cousin vom Kollegen X den Job bekommt. Jeder kennt dann solche Gespräche mit diesen (armen) Schwerbehinderten, die nicht wissen, wie interessiert die gegenübersitzenden Personen sind. Jeder von den gegenübersitzenden Personen ist langweilig, man ist nicht ganz bei der Sache, man amüsiert sich zwischen den Gesprächen und man muss sich bemühen, im Gespräch ernst zu bleiben. Jeder von diesen Personen freut sich meist aber über diesen Tag, weil es fast wie Urlaub ist.

Kleine Anmerkung zwischendurch: gemeint sind KEINE Stellenbesetzungsverfahren, Vorstellungsgespräche ... wo gezielt "nur" Schwerbehinderte gesucht werden, weil es um teil- oder komplett finanzierte/bezuschusste Stellen geht, und z. B. der AGS/die Reha-Teams der Arbeitsagenturen gezielt nach schwerbehinderten Arbeitslosen angeschrieben werden.

Nun gibt es aber auch Arbeitgeber, KollegInnen, denen das SGB IX und das AGG vollkommen egal sind. Die o. g. Reihenfolge wird ein wenig abgeändert und ob da jetzt was von Schwerbehinderung steht oder nicht, ist doch alles Hupe. Schwerbehinderte kosten i. d. R. mehr Geld, sind öfter krank, haben mehr Urlaub, benötigen oftmals teure Hilfsmittel, leben ihren Schwerbehindertenstatus nach der Probezeit gerne mal aus. Ja, welcher Chef, Kollege ... kennt das nicht? Es werden also auch schwerbehinderten Bewerbern, die das Anforderungsprofil 1000 %ig erfüllt haben und die ihre Schwerbehinderteneigenschaft gesetzeskonform in den Bewerbungsungerlagen angegeben haben, nicht eingeladen. Einfach in der Hoffnung, dass die keine Entschädigunszahlungen geltend machen. Wenn die dann rummeckern werden die nachträglich eingeladen. Und jeder weiß, an dieser Stelle dann wohl auch schon der Meckerer, dass diese nachträgliche Einladung den Fehler, nämlich das Nichteinladen, nicht heilt. Dann, je nach EG und evtl. Verfahren, könnte es sehr teuer werden. Aber günstiger, als einen schwerbehinderten einzustellen, der nach der Probezeit ständig krank ist!

Um die ersten zwei oder auch drei kurzen Eingangssätze zu untermauern, könnte ich jetzt verschiedene Aktenzeichen von Gerichtsverfahren nennen, aber das würde zu weit führen.

Externe Bewerberdatenbank? Zulässig?

maiklewa, Wednesday, 14.09.2016, 19:12 (vor 2752 Tagen) @ maiklewa

"Nur" soviel, ich war an mehreren Gerichtsverfahren, meist als Zuschauer, aber auch als Person auf der Seite des Arbeitgebers, beteiligt. Armen, wirklich armen Schwerbehinderten wurde sog. AGG-Hopping unterstellt. Es gab Fälle, da haben grad die da vorne sitzenden Kläger schon ein paar Mal geklagt. Jedes Mal erfolgreich. Und man merkte denen an, dass die auch wirklich arbeiten woll(t)en, sich ehrlich beworben haben, ihre Schwerbehinderteneigenschaften nicht versteckt mitgeteilt haben, die Anforderungsprofile mehr, als zu 1000 % erfüllt haben. Ja, was macht denn ein solcher schwerbehinderter Beweber, für den es eh schon nicht leicht ist? Man versucht, seine Rechte einzufordern und wenn es i. R. einer Klage ist und es sich nicht um die Einstellung dreht, weil darauf ja eh nie seitens des Arbeitgebers eine Chance bestanden hat, sondern eben um eine Entschädigungszahlung. Ich habe einige, ja, Schicksalsschläge in diesen Verfahren erlebt. Da kann einem ganz anders werden, wenn man dürfte, würde man heulen und seinem Chef sagen, dass er einen mal am Allerwertesten kann und diesem armen Menschen freiwillig mehr, als nur drei lausige Gehälter als Entschädigungszahlung zahlen soll. Macht mans? Nein! Kann es einen krank machen? Ja!

Und wer noch immer dran denkt, dass der eine Arbeitgeber den anderen anruft, lebt in der Vergangenheit! Zumal solche Telefonate auch nur etwas bringen, wenn es um ehemalige Arbeitgeber geht, aber woher, und darum geht es ja hier, soll der Arbeitgeber Y wissen, dass der schwerbehinderte Bewerber sich bei Arbeitgeber X beworben hat und diesen dann erfolgreich auf Zahlung einer Entschädigungssumme verklagt hat, weil eben X diesen Bewerber nicht eingeladen hat, weil nicht wollte? Und hier geht es nicht nur um anonyisierte Daten, wie sie in entsprechenden Pressemitteliungen/Artikeln über solche Verfahren stehen! Hier werden Namen, Geburtsdatum ... "veröffentlicht"!

Meiner Meinung nach sollten Arbeitgeber, die gegen ihre entsprechenden Pflichten verstoßen haben, ob jetzt wissentlich oder aus Versehen, wobei wohl nie jemand eine Absicht zugeben wird, viel stärker zur Kasse gebeten werden müssen. Womit ich aber dieses sog. AGG-Hopping keinesfalls gutheiße!

Ich kann nur jedem SBV raten, die Personaler zu briefen. Jeder von uns weiß, dass nicht alles, was den SBV betrifft, auch diesem freiwillig zugetragen wird und erst auf Nachfrage getan wird. Wirklich schlimm! Ich habe oftmals das Gefühl bekommen, fast schon auferlegt bekommen, dass schwerbehinderte Menschen, Menschen zweiter Klasse sind! Mir wird schlecht. Mal wieder!

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