Auswahlverfahren mit mehreren Sb, einer lehnt SBV ab (Einstellung)

Ralf55, Hamburg, Wednesday, 14.12.2016, 13:36 (vor 2689 Tagen)

Hallöchen allerseits,

wir haben ein aktuelles Auswahlverfahren, bei dem sich mehrere schwerbehinderte Menschen beworben haben. Ein schwerbehinderter Bewerber hat die Teilnahme der SBV gem. § 81 SGB IX ausdrücklich abgelehnt.

Wie gehe ich jetzt vor? Bleibe ich seinem Auswahlgespräch fern oder nehme ich an seinem Auswahlgespräch teil und betrachte ihn als nicht behinderten Bewerber, um so die Rechte der anderen schwerbehinderten Bewerber korrekt vertreten zu können?

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Viele Grüße

Ralf

»Ach!« - spricht er - »Die größte Freud‘ ist doch die Zufriedenheit!!« - Wilhelm Busch

Auswahlverfahren mit mehreren Sb, einer lehnt SBV ab

Hendrik1, Niedersachsen, Wednesday, 14.12.2016, 15:15 (vor 2689 Tagen) @ Ralf55

Moin Moin Ralf,

die Antwort hast Du Dir im Grunde genommen selbst gegeben. Der Kandidat lehnt die Beteiligung der SBV aus welchen Gründen auch immer ab.
Daher würde ich weder in seine Bewerbungsunterlagen Einsicht nehmen, noch zum Vorstellungsgespräch erscheinen, sondern die Abteilung darauf hinweisen, dass wenn dieser Kandidat nicht eingestellt/ungesetzt werden soll, hier eine detaillierte Auswahlbegründung mit den Qualifikationsunterschieden zu dem/der einzustellenden Kandidaten/in zu erstellen und an die SBV zu versenden ist, damit diese die Einstellung nachvollziehen kann.

Dies gilt auch für den Fall, dass die/der Einzustellende selbst aus dem Kreis der Schwerbehinderten stammt, damit hier der Verdacht der Mauschelei o.ä. von vorneherein ausgeräumt werden kann.

Liebe Grüße

Hendrik

Auswahlverfahren mit mehreren Sb, einer lehnt SBV ab

Monica99, Wednesday, 14.12.2016, 18:53 (vor 2689 Tagen) @ Ralf55

Hallo,

der betroffene Schwerbehinderte kann NUR die Beteiligung bei SEINER Bewerbung ablehnen.

Er kann nicht die Beteiligung der SBV gem. § 95 Abs. 2 SGB IX ablehnen. Also § 81 Abs. 1, Satz 4. "Bei der Prüfung nach Satz 1 beteiligen die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 2 und hören die in § 93 genannten Vertretungen an".

Auch nicht die Pflicht des AG zur Info über den Eingang seiner Bewerbung!

Sollte er eingestellt werden, die die SBV bei diesem klar auch gem. § 95 Abs. 2 SGB IX dabei.

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mfg Monica

Auswahlverfahren mit mehreren Sb, einer lehnt SBV ab

Hendrik1, Niedersachsen, Wednesday, 14.12.2016, 21:52 (vor 2689 Tagen) @ Monica99

Moin Moin Monica,

ich meinte auch nur, dass Ralph bei diesem einen Vorstellungsgespräch nicht teilnehmen sollte und nicht, dass die SBV sich aus dem gesamten Verfahren raushalten sollte.
Der Arbeitgeber hat ja über diese Bewerbung informiert, wie ich den Thread verstanden habe.
Nur ob dieser im Vorstellungsgespräch und Bewerbung qualifizierter erscheint und eingestellt werden soll, muss nun der Arbeitgeber begründen, auch und erst recht, wenn er aus seiner Sicht qualifizierter sein sollte, als die anderen Schwerbehinderten, die sich beworben haben.

Liebe Grüße

Hendrik

Auswahlverfahren mit mehreren Sb, einer lehnt SBV ab

Cebulon, Thursday, 15.12.2016, 07:47 (vor 2689 Tagen) @ Hendrik1

Ich meinte auch nur, dass Ralph bei diesem einen Vorstellungsgespräch nicht teilnehmen sollte.

Hallo, dass "sollte" passt nicht, da keine Soll-Vorschrift: Die SchwbV darf an diesem Gespräch nicht teilnehmen, das ist ihr strikt verboten.

Gruß,
Cebulon

Auswahlverfahren mit mehreren Sb, einer lehnt SBV ab

Ralf55, Hamburg, Friday, 16.12.2016, 13:38 (vor 2687 Tagen) @ Cebulon

Hallöchen allerseits,

vielen Dank für eure schnelle Hilfe. :-)

Das Auswahlverfahren ist bis zu den Einladungen wie üblich, also auch mit korrekter Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung, verlaufen. Die Ablehnung formulierte der Bewerber erstmalig nach seiner Einladung zum Auswahlgespräch mündlich gegenüber dem Personalratsvorsitzenden, später dann auch mündlich gegenüber dem Dienstherrn und seit heute auch mir gegenüber.

In diesem Zusammenhang frage ich mich im Moment nur, wie ich nun in der Praxis die Belange der anderen schwerbehinderten Mitbewerber korrekt vertreten soll. Schließlich wird mir dann ja ein Teil des Auswahlverfahrens fehlen.

Viele Dank für eure Mühe mit mir und euch allen einen schönen 4. Advent. :-)

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Viele Grüße

Ralf

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Auswahlverfahren mit mehreren Sb, einer lehnt SBV ab

Hendrik1, Niedersachsen, Friday, 16.12.2016, 14:18 (vor 2687 Tagen) @ Ralf55

Moin Moin Ralf,

sollte der Kollege nach Meinung der Abteilung am geeignetesten sein, solltest Du um eine Auswahlbegründung explizit zu den weiteren schwerbehinderten Bewerbern/innen bitten, damit Du diese nachvollziehen kannst. Fehlt diese im Einstellungsvorgang, solltest Du in der Personalratssitzung aus diesem Grund die Zustimmung zur Einstellung verweigern und auch den Personalrat auffordern, diese Zustimmung nicht zu erteilen, da hier eine Benachteiligung der übrigen schwerbehinderten Bewerber/innen nicht ausgeschlossen werden kann.

Wie sich dann der Personalrat verhält, wird interessant sein.

Sollte der Kandidat nicht am geeignetesten sein, und die übrigen Schwerbehinderten für Dich nachvollziebar ebenfalls nicht in Frage kommen, dann würde ich die Einstellung zur Kenntnis nehmen, da dieser Kollege ja auf Deine Nachprüfung verzichtet hat.

Sollte ein/e andere/r Schwerbehinderte/r eingestellt werden, würde ich aus dem identischen Grund zustimmen.
Dieses würde ich aber der Personalstelle schriftlich zukommen lassen, damit der Kollege sich nicht hinterher beschweren oder gerichtlich anfechten kann.

Liebe Grüße

Hendrik

Auswahlverfahren mit mehreren Sb, einer lehnt SBV ab

Cebulon, Friday, 16.12.2016, 15:11 (vor 2687 Tagen) @ Hendrik1

... sollte der Kollege nach Meinung der Abteilung am geeignetesten sein, solltest Du um eine Auswahlbegründung explizit zu den weiteren schwerbehinderten Bewerbern/innen bitten, damit Du diese nachvollziehen kannst.

Hallo, sofern Mindestbeschäftigungsquote erreicht: Nach welcher Rechtsgrundlage soll das gehen?

... solltest Du in der Personalratssitzung aus diesem Grund die Zustimmung zur Einstellung verweigern

SchwbV ist bekanntlich kein Mitbestimmungsorgan, hat natürlich auch kein Zustimmungsverweigerungsrecht.

Gruß,
Cebulon

Auswahlverfahren mit mehreren Sb, einer lehnt SBV ab

Hendrik1, Niedersachsen, Friday, 16.12.2016, 15:54 (vor 2687 Tagen) @ Cebulon

Moin Moin Cebulon,

hier auf der Seite www.schwbv.de steht die Rechtsgrundlage:


LAG Hessen, 17.03.2016 - 9 TaBV 128/15

danach muss der AG die Schwerbehindertenvertretung vor einer endgültigen Personalauswahl anhören. Hier steht auch nichts davon, dass dieses Urteil bei Erfüllung der Pflichtquote nicht gilt. Zudem haben AG nach § 81,3 SGB IX dafür zu sorgen, dass wenigstens die vorgeschriebene Zahl an Schwerbehinderten erreicht wird.
Auch hier findet sich nichts darüber, dass sie bei Erfüllung der Quote die SBV nicht mehr beteiligen müssen.

Daher sehe ich für die Auswahlbegründung vor einer Personalrechtlichen Maßnahme sehr wohl die gesetzliche Grundlage als gegeben an.

Dass wir nur beratend in der PR Sitzung anwesend sind, ist mir bewusst. Trotzdem können wir mitteilen, dass wir mit der Entscheidung der Dienststelle nicht einverstanden sind und diese ablehnen. Daraus muss man keinen Mitbestimmungstatbestand machen, was auch nicht in meiner Absicht lag.
Der PR muss sich dann verhalten und selbständig entscheiden, wie er die Sachlage sieht.

Liebe Grüße

Hendrik

Auswahlverfahren mit mehreren Sb, einer lehnt SBV ab

Monica99, Friday, 16.12.2016, 16:35 (vor 2687 Tagen) @ Hendrik1

Hallo Hendrik 1,

ein Blick ins Gesetz schafft sehr oft Klarheit!

Hier § 81 Abs. 1 Satz 7"...Erfüllt der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht nicht und ist die Schwerbehindertenvertretung oder eine in § 93 genannte Vertretung mit der beabsichtigten Entscheidung des Arbeitgebers nicht einverstanden, ist diese unter Darlegung der Gründe mit ihnen zu erörtern."

Diese Darlegungspflicht hat der AG NICHT wenn er seine Quote erfüllt hat!

Weiter, auch in dem zitierten Urteil steht nichts anders.

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mfg Monica

Auswahlverfahren mit mehreren Sb, einer lehnt SBV ab

Hendrik1, Niedersachsen, Friday, 16.12.2016, 21:49 (vor 2687 Tagen) @ Monica99

Moin Moin,

aus meiner Sicht gilt folgender Sachverhalt und zwar unabhängig von der Erfüllung der Quote. Bei uns steht bei jeder Stellenausschreibung der Satz "Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt". Dieser findet sich auch bei vielen Stellenausschreibungen in weiteren Betrieben. Wenn dieser Satz auch in dem Betrieb von Ralf in der Ausschreibung steht, ergibt sich daraus im Umkehrschluss, dass der Arbeitgeber bei der Auswahlbegründung für den Fall, dass die/der schwerbehinderte Kandidat nicht eingestellt werden soll, auf die Qualifikationsunterschiede des/der Einzustellenden zu dieser/m hinzuweisen hat.

Daher hat die SBV ein Recht darauf, diese Auswahlbegründung zu bekommen und kann bei nicht vorliegen dieser auch den Personalrat in der Sitzung auf diesen Mangel hinweisen und selber die Einstellung aussetzen lassen und auf der Anhörung nach §95,2 vor einer Entscheidung, die einen Schwerbehinderten oder die Schwerbehinderten als Gruppe betrifft bestehen.

Richtig ist, dass der Arbeitgeber die gesetzliche Pflicht zur Erörterung hat, wenn er die Pflichtquote nicht erfüllt, die Pflicht zur Anhörung der SBV nach §95,2 zu seiner Personalauswahl vor einer endgültigen Entscheidung, die diesen schwerbehinderten Menschen, der sich beworben hat, betrifft und die auch das von mir genannte Urteil sieht, ist hiervon unberührt.

Die Erörterung ist weitergehend und bedeutet, dass der Arbeitgeber uns gegenüber begründen muss, warum er diese Personalauswahl so getroffen hat und sich außerstande sieht, die/den Schwerbehinderten einzustellen. Bei der Anhörung müssen wir uns äußern und darlegen, warum wir den Fall anders sehen, aber der Arbeitgeber muss sich nicht daran gebunden fühlen und auch nicht so tief wie bei der Erörterung in die Thematik einsteigen.

So stellt sich mir das ganze rechtlich dar.

Liebe Grüße

Hendrik

Auswahlverfahren mit mehreren Sb, einer lehnt SBV ab

Ralf55, Hamburg, Monday, 19.12.2016, 09:45 (vor 2685 Tagen) @ Hendrik1

Hallöchen allerseits,

vielen herzlichen Dank für eure Unterstützung und eure Mühe.

Hier noch einige Informationen zum Vorgang:

Wir überschreiten die Quote deutlich.

Auf Grund des Vorverfahrens und der Aktenlage erscheint es bei der gegebenen Konkurrenz derzeit eher unwahrscheinlich, dass sich dieser Bewerber durchsetzen wird. Es liegt uns (Arbeitgeber, Personalrat und Schwerbehindertenvertretung) gemeinsam daran, das Auswahlverfahren so unangreifbar wir möglich durchzuführen.

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Viele Grüße

Ralf

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