Interne Stellenausschreibung (Einstellung)

Jürgen aus Porta, NRW, Sunday, 12.02.2017, 10:06 (vor 2623 Tagen)

Hallo zusammen;-)

Nach $81 SGB IX muss der Arbeitgeber prüfen ob im eigenen Betrieb Schwerbehinderte sind, die auf die zu ausschreibende Stelle in Frage kommen. Die Prüfflicht muss erfolgen bevor die Stelle ausgeschrieben wird. Sie dient dazu den Schwerbehinderten zu fördern.
Jetzt zu meiner Frage : Wenn der AG , BR und SBV der Meinung sind das ein sb in frage kommt und der auch Interesse an der Stelle hat, muss der AG in die Stelle geben, ohne das es eine Stellenausschreibung gibt? Weil der AG ihn ja zu fördern hat. Hat er ein bevorzugtes Recht auf die Stelle?
Oder kommt er mit in die Auswahl der anderen Bewerber nachdem die Stelle ausgeschrieben ist, und wird bei gleicher Qualifizierung bevorzugt?
Also wie muss eine interne Stellenausschreibung korrekt ablaufen.

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Gruß
Jürgen

Interne Stellenausschreibung

albarracin, Baden-Württemberg, Sunday, 12.02.2017, 11:23 (vor 2623 Tagen) @ Jürgen aus Porta

Hallo,

§ 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist eine Prüfpflicht. Daraus resultiert grundsätzlich kein Automatismus zur Einstellung bzw. Besetzung.
Die Entscheidung zur Stellenbesetzung bleibt eine unternehmerische Entscheidung des AG, die auch nur eingeschränkt überprüfbar ist. Dabei gilt für den BR zB der Rahmen des § 99 Abs. 2 BetrVG.

Eine Einschränkung kann sich hauptsächlich bei internen Stellenbesetzungsverfahren ergeben. Denn dann müssen die Betriebsparteien sehr intensiv prüfen, ob nicht ein schwerbehinderter/gleichgestellter AN genau diesen Arbeitsplatz benötigt, weil zB der bisherige Arbeitsplatz nicht (mehr) leidensgerecht ist.
(Diese Prüfung der internen Notwendigkeit muß natürlich auch erfolgt sein, wenn ein Arbeitspaltz extern ausgeschrieben wird).
In diesem Fall des behinderungsbedingt notwendigen Arbeitsplatzwechsels kann sich der Ermessensspielraum des AG durch § 81 Abs. 4 und 5 SGB IX in der Tat so weit reduzieren, daß letztendlich der freie Arbeitsplatz an den sb AN vergeben werden muß.
Ergibt sich diese Situation aus der Prüfung, macht es in der Tat wenig Sinn, noch ein formales Bewerberverfahren durchzuführen.

Bei den Fällen, bei denen sb Bewerber sich bewerben, ohne daß es aus behinderungsbedingten Gründen notwendig ist, ist nicht ersichtlich, warum sb AN ein transparentes und strukturiertes Bewerberverfahren scheuen sollten. Es ist dann primär Aufgabe der SBV, sich um die Kompensation behinderungsbedingter Nachteile zu kümmern.

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&Tschüß

Wolfgang

Interne Stellenausschreibung

Jürgen aus Porta, NRW, Sunday, 12.02.2017, 12:54 (vor 2623 Tagen) @ albarracin

Hallo albarracin

Danke für die schnelle Antwort.
Ist bei der Prüfflicht denn nur die Notwendigkeit zu prüfen?
Ich dachte immer, es ist zu prüfen ob ein Schwerbehinderter sich durch die neue Stelle sich beruflich verbessern kann, denn er soll ja gefördert werden.

Denn es geht dann darum zu prüfen ist sie ggf. zur Besetzung bereits im Betrieb beschäftigter Schwerbehinderter geeignet? Könnten sich hier ggf. bereits Beschäftigte verbessern bzw. ist er ggf. geeigneter als der zZt besetzte Arbeitsplatz.
Also, der AG muss sofern eine Stelle frei ist oder in kürze wird unter Einbeziehung der SchwbV und des BR (der wird im § 93 SGB IX aufgeführt) prüfen ob und unter welchen Bedingungen die Stelle zur Besetzung mit Schwerbehinderten geeignet ist. Also, wie wirkt sich ggf. welche Behinderung aus, was sind ggf. für Hilfsmittel erforderlich?
Danach bin ich immer gegangen.

Oder bezieht sich das Wort verbessern nur auf seinen behindertengerechten Arbeitsplatz und nicht auf seinen beruflichen Werdegang.

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Gruß
Jürgen

Interne Stellenausschreibung

albarracin, Baden-Württemberg, Monday, 13.02.2017, 12:51 (vor 2622 Tagen) @ Jürgen aus Porta

Hallo,

was Du hier letztendlich postulierst, wäre ein allumfassender Vorrang von Schwerbehinderten ggü. allen anderen AN. Dies ist rechtlich völlig unrealistisch, da die jeweilige Schutzbedürftigkeit in jedem Einzelfall abgewogen werden muß.

Bei einem absoluten Vorrang auch bei "normalem" beruflichen Aufstieg wäre dies tendenziell ungerechtfertigt und wird nach meiner Erfahrung auch von vielen Betroffenen gar nicht gewollt.
Aufgabe der SBV ist es, dafür zu sorgen, daß ein Bewerberverfahren diskriminierungsfrei verläuft und ein schwerbehinderter Bewerber eine faire Chance hat. Dazu gehört auch, im Vorfeld bei behinderungsbedingten Einschränkungen, die sich auf die geforderte Arbeitsleistung beziehen, Kompensationsmöglichekeiten im Rahmen des § 81 Abs. 4 SGB IX zu prüfen und ggfs. in das Bewerberverfahren einzubringen.

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&Tschüß

Wolfgang

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Heinrich, Sunday, 12.02.2017, 15:12 (vor 2623 Tagen) @ Jürgen aus Porta

Hallo,

AG können in Absprache mit dem BR durchaus von der Ausschreibung interner freier Stellen absehen und diese besetzen.

Nur, als SBV sollte man sich immer fragen, gibt es vielleicht im Betrieb weitere geeignete Schwerbehinderte und ggf auch solche die ihre Behinderung bisher nur nicht offenbart haben. Auch diese Schwerbehinderte haben grundsätzlich die gleichen Rechte.

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