Kündigung - Beteiligung der SBV (Kündigung)

Hans-Peter-Semmler, Regensburg, Tuesday, 04.04.2017, 12:31 (vor 2577 Tagen)

Wie ist denn die Meinung (vor allem zu Punkt 2) der SBV´n dazu:

Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung vor Ausspruch einer Kündigung nach § 95 Abs. 2 SGB IX (Unwirksamkeitsklausel)

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) nimmt zur Neuregelung in § 95 Abs. 2 SGB IX wie folgt Stellung:

1. Die Unwirksamkeitsklausel gemäß § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX bezieht sich auf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
2. Die ordnungsgemäße Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX kann vor, während oder nach dem Zustimmungsverfahren gemäß §§ 85 ff. SGB IX erfolgen.
3. Ein Antrag auf Zustimmung zur Kündigung eines schwerbehinderten Beschäftigten nach §§ 85 ff. SGB IX ist daher weder unzulässig noch unbegründet, wenn die ordnungsgemäße Beteiligung durch den Arbeitgeber nach § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX zuvor nicht stattgefunden hat.

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Herzlichen Gruß
Hans-Peter

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Kündigung - Beteiligung der SBV

Hendrik1, Niedersachsen, Tuesday, 04.04.2017, 13:42 (vor 2577 Tagen) @ Hans-Peter-Semmler

Moin Moin Hans-Peter,

ich kann die Entscheidung des BIH überhaupt nicht nachvollziehen.

Im Gesetzestext steht der Satz in folgendem Zusammenhang:

§ 95,2 SGB IX Der Arbeitgeber hat die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören; er hat ihr die getroffene Entscheidung unverzüglich mitzuteilen. Die Durchführung oder Vollziehung einer ohne Beteiligung nach Satz 1 getroffenen Entscheidung ist auszusetzen, die Beteiligung ist innerhalb von sieben Tagen nachzuholen; sodann ist endgültig zu entscheiden. Die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen, die der Arbeitgeber ohne eine Beteiligung nach Satz 1 ausspricht, ist unwirksam.

Der Arbeitgeber hat uns also vor einer Entscheidung anzuhören, das heißt auch vor der Entscheidung zu kündigen. Daher muss aus meiner Sicht die Beteiligung der SBV vor dem Kündigungsverfahren des Integrationsamts liegen.

Hierzu steht im Standardkommentar von Dau/Düwell/Joussen (4. Auflage) auf Seite 837 unten unter b) Umfang und Zeitpunkt " Deshalb muss sie auch unverzüglich erfolgen, damit die SBV noch die zu treffende Entscheidung durch das Äußern von Bedenken oder Einbringen von Anregungen beeinflussen kann." (Randnummer 43) Unter Randnummer 50 steht dort "Unter dem Begriff der Entscheidung wird man Maßnahmen wie Eingruppierung, Umgruppierung, Umschulung (.....) Kündigung, Abmahnung und Versetzung in den einstweiligen Ruhestand zu verstehen haben."

Wird die Zustimmung zur Kündigung beim Integrationsamt beantragt und die SBV erst danach angehört, hat der Arbeitgeber sich seine Meinung bereits gebildet und die SBV hat weniger Chancen, als bei frühzeitiger Beteiligung, diese durch Gegenvorschläge zu durchbrechen. Deswegen soll die Anhörung der SBV ja auch vor dieser Entscheidung liegen.

Zudem läuft eine Anhörung der SBV nach oder während der Beteiligung des Integrationsamts auch dem § 84,1 SGB IX zuwider, in dem steht, dass bereits wenn das Arbeitsverhältnis in einem Stadium ist, wo es gefährdet sein kann, frühzeitig und bei Eintreten dieses Zustands ein Gespräch mit Integrationsamt SBV und Personalvertretung zu führen ist, um die Bedrohung möglichst abzuwenden und das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Bei langandauernden Problemen im Arbeitsverhältnis ist daher immer zu prüfen, ob hier der Arbeitgeber nicht im Vorfeld gegen seine gesetzliche Verpflichtung gegenüber den Schwerbehinderten verstoßen hat und daher auch eine Kündigung aus Sicht der SBV ungerechtfertigt erscheint. Hierauf würde ich als SBV immer verweisen, wenn der Arbeitgeber eine Kündigung anstrebt, ohne ein Präventionsverfahren durchgeführt zu haben.

Daher komme ich für mich zu dem Schluss, dass aus dem Gesetzestext klar und eindeutig hervorgeht, dass nur eine Anhörung vor dem Antrag des Arbeitgebers an das Integrationsamt zur Zustimmung zur Kündigung gesetzeskonform ist.

Liebe Grüße

Hendrik

Kündigung - Beteiligung der SBV

Cebulon, Tuesday, 04.04.2017, 19:00 (vor 2577 Tagen) @ Hendrik1

Daher komme ich für mich zu dem Schluss, dass aus dem Gesetzestext klar und eindeutig hervorgeht, dass nur eine Anhörung vor dem Antrag des Arbeitgebers an das Integrationsamt zur Zustimmung zur Kündigung gesetzeskonform ist.

Hallo, so sieht das jedenfalls für SBV-Anhörung zum Beispiel auch Dr. Thomas Klein, kürzlich erschienen: NJW 2017 Heft 12, 852 - 856.

Zeitpunkt: Vor der Antragstellung beim Integrationsamt, weil die Willensbildung beim Arbeitsgeber sonst schon abgeschlossen wäre und folglich der eigentliche Sinn und Zweck der Anhörung der SBV (Einflußnahme auf Willensbildung des Arbeitgebers) zur Absicht, einen Antrag beim INA zu stellen oder nicht, ins Leere laufen würde und von vornherein sinn- und zweckfrei wäre.

Gruß,
Cebulon

Kündigung - Beteiligung der SBV

albarracin, Baden-Württemberg, Tuesday, 04.04.2017, 14:33 (vor 2577 Tagen) @ Hans-Peter-Semmler

Hallo Hans-Peter,

die Diskussion hatten wir schon mal vor zwei Monaten:
http://www.schwbv.de/forum/index.php?mode=thread&id=21898#p21911

Und Hendrik hat leider völlig übersehen, daß zumindest vor dem in-Kraft-treten des BTHG Düwell diese Meinung ausdrücklich geteilt hat(LPK-SGB IX, § 85 Rn 84).

In Angelegenheiten der SBV allerdings würde ich die Auslegung der BIH nicht unbedingt als der Weisheit letzter Schluß ansehen. Die lagen in der Vergangenheit schon häufig daneben und haben manche Rechtsauslegung sehr exklusiv gehabt. SBV-Rechte und damit Kollektivrecht ist nun mal bei ihnen eher Randthema ggü. dem Individualarbeitsrecht.

Viel interessanter wird es sein, ob und wie sich die Standardkommentatoren dazu äußern.
Ich bin da allerdings nicht sehr optimistisch, da § 95 Abs. 2 Satz 3 nF SGB IX ausdrücklich auf den "Ausspruch" der Kündigung ggü. dem sbM abhebt und nicht auf die Beteiligung des Integrationsamtes.
Man mag zwar inhaltlich und praxisorientiert mE sehr berechtigt im Gesamtzusammenhang mit § 95 SGB IX argumentieren, daß eine sinnvolle Einflußmöglichkeit nach Zustimmung des IA kaum noch gegeben ist, aber ich fürchte, daß Kommentierung und Rechtsprechung mehr auf den Wortlaut abheben werden.

@Hendrik: Du machst es Dir und anderen einfacher, wenn Du statt Seitenzahlen die juristisch korrekte Zitierweise der Randnummern (Rn) benutzt.

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&Tschüß

Wolfgang

Kündigung - Beteiligung der SBV

Cebulon, Tuesday, 04.04.2017, 18:18 (vor 2577 Tagen) @ albarracin

da § 95 Abs. 2 Satz 3 nF SGB IX ausdrücklich auf den "Ausspruch" der Kündigung ggü. dem sbM abhebt und nicht auf die Beteiligung des Integrationsamtes.

"Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören" (§ 102 BetrVG), während eine SBV viel weitergehender "unverzüglich ... zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören" ist (§ 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Die SBV ist also im Gegensatz zum Betriebsrat beschleunigt zu beteiligen, nämlich "unverzüglich". Und genau auf eine solche "Beteiligung nach Satz 1" vor einer Kündigung verweist ausdrücklich § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX n.F., was folglich Unterrichtung + Anhörung + Unverzüglichkeit umfasst und m.E. nicht nur bestimmte bzw. irgendwelche Teile davon.

Selbst wenn man die Entscheidung, die Einholung der Zustimmung beim INA (einmal rein hypothetisch) nicht als Entscheidung des AG ansehen würde, müsste der Arbeitgeber die SBV dennoch wenigstens unverzüglich davon "unterrichten", da sonst offensichtlich fehlerhafte Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung!

Gruß,
Cebulon

Kündigung - Beteiligung der SBV

Heinrich, Tuesday, 04.04.2017, 15:18 (vor 2577 Tagen) @ Hans-Peter-Semmler

Hallo,

der Meinung der BIH ist zuzustimmen!!

Denn, eine Anfrage/Antrag des AG gem. § 85 SGB IX beim IA hat eben NICHT zwingend eine Kündigung des Beschäftigungsverhältnisse zur Folge. Auch weil ggf das IA dem AG Wege aufweist, ggf von einer geplanten Kündigung abzusehen und dafür dem AG Mittel/Unterstützung zusagt.

Das IA dem AG erklärt, es würde einer Kündigung NICHT zustimmen.

Weiter aber auch, hier der BR/PR weniger Rechte hätte als die SBV. Denn der BR muss bei einer Kündigung gem. § 102 BetrVG beteiligt werden. Hier sieht das Gesetz auch nicht vor, dass die Beteiligung des BR gem. § 102 BetrVG vor der Anfrage des AG beim IA gem. § 85 SGB IX erfolgen muss.

Wenn also die SBV hier bereits vor dem § 85 SGB IX gem. § 95,2 beteiligt werden müsste, hätte sie weitergehende Rechte als der BR/PR.

Wenn also der Gesetzgeber hier die Beteiligung bereits beim § 85 SGB IX wollte müsste er auch das BetrVG und BPersVG und die PersVG der Länder ändern und so diesen Vertretern die gleichen Rechte einräumen.

Oder aber der Gesetzgeber hätte den § 85 SGB IX entsprechend ändern müssen, also hier ein zwingendes Beteiligungsrecht vor der Anfrage bei IA vorsehen müssen, damit eine ggf in der Folge erfolgende Kündigung nicht unwirksam wird.

Aber, der § 85 SGB IX hat zur Folge, dass zu diesem Zeitpunkt die Gegebenheiten/Voraussetzung des § 84,1 SGB IX gegeben sind. Der AG also die SBV, BR/PR hier diese gem. § 84, 1 zu beteiligen hat. Denn eine Gefährdung ist gegeben. Aber nicht wegen des § 85.

Kündigung - Beteiligung der SBV

Brandenburg ⌂, Berlin, Tuesday, 04.04.2017, 18:38 (vor 2577 Tagen) @ Hans-Peter-Semmler

Ich denke, dass das Problem darin begründet ist, dass der Gesetzgeber nur vorgegeben hat, dass eine Kündigung ohne vorherige Beteiligung der jeweiligen Schwerbehindertenvertretung unwirksam ist. Er hat gerade nicht vorgegeben, dass die Kündigung schon dann umwirksam ist, wenn die Schwerbehindertenvertretung nicht schon vor Einleitung des Zustimmungsverfahrens beim Integrationsamt beteiltgt wurde. Dartum ist es vom Wortlaut her sehr schwer, eine Unwirksamheit schon dann anzunehmen, wenn die Schwerbehindertenvertretung nicht vor Einleitung des Zustimmungsverfahrens beteiligt wurde.

Kündigung - Beteiligung der SBV

Cebulon, Tuesday, 04.04.2017, 19:22 (vor 2577 Tagen) @ Brandenburg

Ich denke, dass das Problem darin begründet ist, dass der Gesetzgeber nur vorgegeben hat, dass eine Kündigung ohne vorherige Beteiligung der jeweiligen Schwerbehindertenvertretung unwirksam ist.

Hallo, das ist nach der Fachliteratur zu eng. Vergl. zum Beispiel nur Dr. Till Sachadae, Der Personalrat 2/2017, wonach auch eine nicht ordnungsgemäße Beteiligung der SBV zur Unwirksamkeit führt. Er argumentiert da nur konsequent: Denn die Klausel wurde ja genau deshalb ins Gesetz geschrieben wegen den von vielen SBVen (nicht nur in diesem Forum) massenhaft beklagten nicht ordnungsgemäßen Unterrichtungen bzw. Anhörungen der SBV bei personellen Maßnahmen:

"Dabei ist die neue Bestimmung aus systematischen und teleologischen Gründen weit auszulegen und führt deshalb auch dann zur Unwirksamkeit einer Kündigung, wenn die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zwar nicht vollständig unterblieben ist, sie jedoch fehlerhaft erfolgte, zum Beispiel durch unvollständige oder falsche Informationen oder zu späte Beteiligung."

Gruß,
Cebulon

Kündigung - Beteiligung der SBV

Downunder, Baden-Württemberg, Tuesday, 04.04.2017, 19:35 (vor 2577 Tagen) @ Hans-Peter-Semmler

Hallo Zusammen,

letztlich werden wir wohl auf höchstrichterliche Rechtsprechung warten müssen. Die Auffassung des BIH folgt u.U. dem Tenor aus einem
Fachaufsatz der in der Zeitschrift "Der Betrieb" Ausgabe 03/2017 von Prof. Dr. Wolfgang Kleinebrink, Wuppertal:

Anmerkung der Redaktion: Aus Urheberrechtsgründen musste der Artikel leider entfernt werden.
Kann aber hier (nach Anmeldung) gelesen werden.

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Gruß

Downunder

Kündigung - Beteiligung der SBV

Cebulon, Tuesday, 04.04.2017, 20:15 (vor 2577 Tagen) @ Downunder

Hallo, ich finde es ganz schön "mutig", hier im Forum längere Passagen eines urheberrechtlich geschützten Aufsatzes im Wortlaut zu zitieren. Das kann Kosten verursachen!

Eine Zusammenfassung des Aufsatzes von Prof. Dr. Wolfgang Kleinebrink gibt's bei JURION, wonach die Unterrichtung durch den AG nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX unverzüglich zu erfolgen habe und das gesetzliche Merkmal der Unverzüglichkeit nur dann als erfüllt anzusehen sei, wenn der AG die SBV spätestens gleichzeitig mit dem Integrationsamt einschalte.

Sonst wäre es nicht unverzüglich, sondern schuldhaft zögerlich mit Unwirksamkeitsfolge.

Gruß,
Cebulon

Kündigung - Beteiligung der SBV

Heinrich, Tuesday, 04.04.2017, 21:06 (vor 2577 Tagen) @ Downunder

Hallo,

der BR benötigt um eine Entscheidung treffen zu können ALLE Fakten, also auch die Antwort des IA aus der Beteiligung des IA durch den AG gem. § 85 SGB IX.

Da der BR hier aber die Fristen gem BetrVG von 3 bzw. 8 Tagen für seine Stellungnahme/Beschluss zu beachten hat, geht dieses zeitlich nicht zu dem gleichen Zeitpunkt des Anrufes des IA durch den AG gem. §85. Denn dass IA benötigt ja den gesetzlichen Zeitraum für seine Stellungnahme an den AG.

Kündigung - Beteiligung der SBV

Downunder, Baden-Württemberg, Wednesday, 05.04.2017, 19:09 (vor 2576 Tagen) @ Downunder

Danke für die Korrektur:-)

--
Gruß

Downunder

Kündigung - Beteiligung der SBV

MatthiasNRW, Wednesday, 05.04.2017, 09:13 (vor 2576 Tagen) @ Hans-Peter-Semmler

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) nimmt zur Neuregelung in § 95 Abs. 2 SGB IX wie folgt Stellung:

1. Die Unwirksamkeitsklausel gemäß § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX bezieht sich auf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
2. Die ordnungsgemäße Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX kann vor, während oder nach dem Zustimmungsverfahren gemäß §§ 85 ff. SGB IX erfolgen.
3. Ein Antrag auf Zustimmung zur Kündigung eines schwerbehinderten Beschäftigten nach §§ 85 ff. SGB IX ist daher weder unzulässig noch unbegründet, wenn die ordnungsgemäße Beteiligung durch den Arbeitgeber nach § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX zuvor nicht stattgefunden hat.

In erster Linie ist das natürlich nur der Handlungsrahmen für die Prüfungskompetenz der IÄmter. Beispielsweise obliegt auch die Prüfung der notwendigen Beteiligung von BR/PR dem arbeitsgerichtlichen Verfahren und nicht dem vorgeschalteten Kündigungsschutz nach dem SGB IX.

Mit Blick auf einzuhaltende Fristen (z. B. § 88 Abs. 3 SGB IX oder auch im Falle außerordentlicher verhaltensbedingter Kündigungen) bietet es sich natürlich an, die Beteiligung nicht zu spät anzugehen.

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Gruß
Matthias

Kündigung - Beteiligung der SBV

lunos1961, Fürth, Thursday, 06.04.2017, 08:46 (vor 2575 Tagen) @ MatthiasNRW

Mir erschließt sich nicht wie eine ordnungsgemäße Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX
nach dem Zustimmungsverfahren
gemäß §§ 85 ff. SGB IX erfolgen kann.

Für mich ist es erst einmal nur eine Stellungnahme die einer Überprüfung standhalten muss. Ich weiß auch nicht welche Lobbyisten hier in den Hauptfürsorge-und Integrationsämtern wieder Einfluss zu Ungunsten der Schwerbehinderten genommen haben.

Auf jeden fall sorgt diese Stellungnahme wieder zu mehr Rechtsunsicherheit durch zu viel Interpretationsspielraum.

Kündigung - Beteiligung der SBV

Heinrich, Thursday, 06.04.2017, 09:58 (vor 2575 Tagen) @ lunos1961

Hallo,

Mir erschließt sich nicht wie eine ordnungsgemäße Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX
nach dem Zustimmungsverfahren
gemäß §§ 85 ff. SGB IX erfolgen kann.

Nach dem Zugang der Stellungnahme des IA zur beabsichtigten Kündigung, hat die SBV doch dann erst ALLE notwenigen Infos. Sie hat dann ggf auch Kenntnis vom IA darüber stimmt dieses überhaupt der Kündigung zu oder regt es ggf Maßnahmen an um von der Kündigung doch noch absehen zu können.

Somit hat die SBV dann alle Infos und Möglichkeiten um im Rahmen einer Stellungnahme, denn die SBV hat im Gegensatz zum BR/PR kein Mitbestimmungsrecht,den AG dazu zu bewegen doch noch von einer geplanten Kündigung abzusehen.

Die SBV hat ja auch nur wie BR/PR eine bestimmte Zeit zur Stellungnahme. Würde der AG die SBV schon zu dem früheren Zeitpunkt, also zeitgleich mit dem Anschreiben an das IA gem. § 85 beteiligen, fehlten der SBV ganz wichtige ggf entscheidende Fakten, nämlich die Stellungnahme des IA.

Weiter kann dann die SBV ja auch versuchen noch im Rahmen ihrer Mitarbeit/Teilnahme an der BR/PR Sitzung diese davon zu überzeugen der Kündigung nicht zuzustimmen.

Kündigung - Beteiligung der SBV

Heinrich, Thursday, 06.04.2017, 11:45 (vor 2575 Tagen) @ Heinrich

Hallo,

muss etwas klarstellen, da so nicht ganz richtig was ich vorher geschrieben habe. Bei Kündigung hat der BR/PR nicht wie bei Einstellungen/Versetzungen eine echte Mitbestimmung sondern der BR/PR kann einer Kündigung zustimmen oder widersprechen. Der Widerspruch des BR/PR hat aber Folgen, er eröffnet dem AN bessere Möglichkeiten vor dem ArbG.

Eine negative Stellungnahme der SBV ergibt dieses nicht!

Eine negative Stellungnahme der SBV hat nie direkte Folgen oder Verpflichtungen für den AG. Er sollte/muss sie nur zur Kenntnis nehmen, kann aber dann unverändert weitermachen. Also lesen und dann in die Ablage damit, das war es dann.

Der BR/PR kann dem AG im Gegensatz auch erklären, dass diese ja noch andere Fälle mit "echter/voller" Mitbestimmung haben die auch noch behandelt werden müssen zB auch Zustimmungen zur Mehrarbeit und die nun zu behandelnde Kündigung nun so viele Ressourcen bindet und Vorrang hat. Ein AG versteht diesen Hinweis dann.

Kündigung - Beteiligung der SBV

Cebulon, Thursday, 06.04.2017, 12:11 (vor 2575 Tagen) @ lunos1961

Mir erschließt sich nicht wie eine ordnungsgemäße Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX nach dem Zustimmungsverfahren gemäß §§ 85 ff. SGB IX erfolgen kann.

Hallo lunos, mir auch nicht: Gleichfalls nicht Kommentar Hauck / Noftz, SGB IX, § 87 Rn. 5. Ebenso auch nicht dem Kölner Fachanwalt für ArbR Dr. Detlef Grimm in Übereinstimmung mit der ganz überwiegenden Ansicht von Arbeitsrechtlern im Schrifttum wie folgt:

"Nach meinem Verständnis muss damit die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung schon vor einem Antrag des Arbeitgebers beim Integrationsamt auf Zustimmung zur Kündigung nach § 85 SGB IX (in der ab 1.1.2018 geltenden Fassung: § 168 SGB IX ) erfolgen."

Gruß,
Cebulon

Kündigung - Beteiligung der SBV

MatthiasNRW, Thursday, 06.04.2017, 13:52 (vor 2575 Tagen) @ lunos1961

Hallo,

Mir erschließt sich nicht wie eine ordnungsgemäße Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX
nach dem Zustimmungsverfahren
gemäß §§ 85 ff. SGB IX erfolgen kann.

aus rein verfahrenstechnischer Sicht kann man natürlich argumentieren, dass der AG erst sinnvoll beteiligen kann, wenn die Zustimmung vorliegt.

Andererseits hat das Integrationsamt auch in Zukunft die Stellungnahme vom BR/PR und der SBV einzuholen (§ 87 Abs. 2 SGB IX). Wie eine substantiierte Stellungnahme erfolgen kann, wenn zuvor nicht seitens des AG beteiligt wurde, ist mir noch nicht so ganz klar.

> Ich weiß auch nicht welche Lobbyisten hier in den Hauptfürsorge-und Integrationsämtern wieder Einfluss zu Ungunsten der Schwerbehinderten genommen haben.

Ich denke, dass die Integrationsämter einfach aus verfahrensökonomischer Sicht Interesse haben, die Prüfung der Beteiligung der entsprechenden Vertretungen den Arbeitsgerichten zu überlassen.

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Gruß
Matthias

Kündigung - Beteiligung der SBV

Cebulon, Thursday, 06.04.2017, 19:22 (vor 2575 Tagen) @ MatthiasNRW

aus rein verfahrenstechnischer Sicht kann man natürlich argumentieren, dass der AG erst sinnvoll beteiligen kann, wenn die Zustimmung vorliegt.

Hallo, nach ständiger Rechtsprechung wird z.B. eine vorherige BR-Anhörung durch den AG als durchaus "sinnvoll" angesehen, bevor InA-Zustimmung vorliegt, nicht nur "erst" danach.

Gruß,
Cebulon

Kündigung - Beteiligung der SBV

rehbach2010, BW, Friday, 07.04.2017, 10:17 (vor 2574 Tagen) @ Hans-Peter-Semmler

Hallo zusammen,

ich sehe hier weit vor dem Kündigungverfahren auch den § 84 Abs.1 verletzt (Prävention)- darauf sollte spätestens das Integrationsamt hinwirken ;-)

Kündigung - Beteiligung der SBV

Cebulon, Monday, 10.04.2017, 15:20 (vor 2571 Tagen) @ rehbach2010

ich sehe hier weit vor dem Kündigungverfahren auch den § 84 Abs. 1 verletzt (Prävention)

Völlig richtig, soweit z.B. nicht eine Probezeitkündigung unter anderem innerhalb der 6-monatigen Wartezeit.

§ 84 SGB IX hat aber m.E. mit Unwirksamkeitsklausel gemäß § 95 Absatz 2 Satz 3 SGB IX n.F. direkt nichts zu tun. Die Prävention selbst ist ebenso wie BEM keine Wirksamkeitsvoraussetzung nach der Rechtsprechung, sondern führt bei Verstößen uU "nur" zur Verschiebung der Beweislast laut BAG-Ansicht.

Gruß
Cebulon

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