Nachträgliche Einladung eines Sb Bewerbers (Einstellung)

der vergnügte Breisgauer, Baden Württemberg, Wednesday, 19.04.2017, 01:09 (vor 2536 Tagen)

Liebe Mitstreiter.

Heute muss ich mich mit einem grossen Problem an Euch wenden.
Folgender Sachverhalt:
Letzte Woche am Montag, liegen uns in der BR Sitzung 4 Bewerbungen für eine Azubi Stelle im Betriebsrat zur Abstimmung vor. Bei der Durchsicht wird festgestellt, dass einer der Bewerber Sb ist.( Wir sind kein öffentlicher Arbeitgeber) Die Bewerbungen gingen schon zwischen dem 5. und 9. Februar ein.
Wie sich herausstellte, wurden schon Bewerbungsgespräche mit den nichtbehinderten durchgeführt, aber der Sb Bewerber wurde nicht eingeladen. Auf meine Intervention hin, wurde nun der Sb Bewerber nachträglich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, das nächste Woche in meinem Beisein stattfinden soll. Meiner Meinung nach ist dies eine reine Alibi Angelegenheit, denn ich habe keinerlei Möglichkeit des Vergleichs mit den anderen Bewerbern. Mein Gedanke war, die Angelegenheit auszusetzen, und alles wiederholen zu lassen. Wie verhält es sich damit? Habe ich Fristen zu beachten, und wie gehe ich vor?
Sorry, aber ich hatte noch nie so einen Fall, ausser dass bei verschiedenen Angelegenheiten, die SBV ebenfalls nicht informiert wurde!
Gerade was von meiner Seite her gilt, ob ich eine gewisse Frist wahren muss, habe ich nirgendwo etwas gefunden, das mir weiterhilft.
Für hilfreiche Antworten wäre ich sehr dankbar, vor allem deswegen, weil ich diesem Sb Menschen gegenüber, schon jetzt ein schlechtes Gewissen habe.

Schon jetzt: Danke für Eure Hilfe!

--
Es ist nichts so schlecht, als dass es nicht auch etwas gutes hätte.

Nachträgliche Einladung eines Sb Bewerbers

Hendrik1, Niedersachsen, Wednesday, 19.04.2017, 11:44 (vor 2536 Tagen) @ der vergnügte Breisgauer

Moin Moin Breisgauer,

für mich gibt es hier zwei Baustellen, wie hilft man dem schwerbehinderten Bewerber und welche Wege gibt es generell.

1. Aussetzen lassen ist schon der richtige Weg.
2. Bewerbungsgespräch einfordern ebenfalls, auch wenn das nicht die Teilnahme an den bisherigen schon gelaufenen Bewerbungsgesprächen ersetzen kann.
3. Bewerbungsunterlagen aller Bewerber ansehen und kopieren; nach dem Vorstellungsgespräch des Schwerbehinderten Kandidaten würde ich eine Auswahlbegründung der Abteilung anfordern und dann überprüfen, ob der Schwerbehinderte mindestens gleich qualifiziert ist, wie derjenige der eingestellt werden soll. In diesem Fall gemeinsam mit dem Betriebsrat die Einstellung ablehnen und abwarten, wie der Arbeitgeber nun vorgeht.
Sollte es nach der Aktenlage nachvollziehbar sein, dass der Schwerbehinderte nicht so geeignet ist, macht dieser Weg keinen Sinn, dann durchwinken, aber aufgrund der nicht vollständigen Beteiligung die Einstellung nur zur Kenntnis nehmen und dieses auch in die Stellungnahme einbauen.

Generell würde ich diesen Fall zum Anlass nehmen, um mit dem Arbeitgeber die gesetzlich vorgeschriebene frühzeitige Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zu besprechen, ggf. hierzu auch den/die Arbeitgeberbeauftragte/n mit ins Boot holen und ansonsten auch juristische Beratung über mögliche Schritte zur Durchsetzung der Rechte auf Kosten des Arbeitgebers in Anspruch nehmen.


Liebe Grüße

Hendrik

Nachträgliche Einladung eines Sb Bewerbers

albarracin, Baden-Württemberg, Wednesday, 19.04.2017, 12:45 (vor 2536 Tagen) @ Hendrik1

Hallo,

zusätzlich zu Hendriks Ratschlägen solltest Du deinem AG auch mal klarmachen, daß die Nichtbeteiligung der SBV im Bewerberverfahren - wenn die Bewerbung eines schwerbehinderten/gleichgestellten Menschen vorliegt - grundsätzlich den Anschein der Diskriminierung nach § 7 AGG erfüllt und einen Schadensersatzanspruch nach § 15 AGG begründen kann.

--
&Tschüß

Wolfgang

Nachträgliche Einladung eines Sb Bewerbers

Cebulon, Wednesday, 19.04.2017, 14:31 (vor 2536 Tagen) @ der vergnügte Breisgauer

Die Bewerbungen gingen schon zwischen dem 5. und 9. Februar ein.

Hallo, das ist klar doppelte Verfahrensdiskriminierung wegen Schwerbehinderung nach § 81 Abs. 2 SGB IX, weil BR und SBV nicht unmittelbar, d.h. sofort nach Eingang der Bewerbung, unterrichtet wurden. Das gilt meines Erachtens jedenfalls dann, wenn erstens die SB im Bewerbungsschreiben angegeben oder zumindest im Lebenslauf hervorgehoben wurde, und wenn zweitens dieser sb Bewerber nicht offenbar ungeeignet ist nach der Ausschreibung.

Gruß,
Cebulon

Nachträgliche Einladung eines Sb Bewerbers

Hendrik1, Niedersachsen, Wednesday, 19.04.2017, 14:39 (vor 2536 Tagen) @ Cebulon

Moin Moin Cebulon,

für eine offensichtliche Ungeeignetheit für einen Ausbildungsplatz kann nur eine zu geringe Schulbildung (Hauptschulabschluss statt Realschule o.ä.) herhalten, aber auch nur dann, wenn diese als Ausschreibungskriterium genannt ist. Eine schlechte Note ist gegebenenfalls eine geringere Qualifikation, aber führt aus meiner Sicht nicht zwingend zu einem Verzicht auf die Einladung. Man muss ja auch bedenken, dass viele schwerbehinderte Schülerinnen und Schüler sich scheuen, zusätzlich zu ihrem Status auch weitere Nachteilsausgleiche wie Prüfungszeitverlängerung in Anspruch zu nehmen, auch wenn die Voraussetzungen vorliegen, um nicht als Außenseiter oder jemand dazustehen, der seine Schwerbehinderung zu seinem Vorteil ausnutzt. Dieses führt zwangsläufig zu schlechteren Noten, stellt aber aus meiner Sicht nicht die Grundqualifikation in Frage.

Ansonsten ist der Bewerber einzuladen. Die SBV wäre auch im Fall der Ungeeignetheit zu unterrichten gewesen.

Nachträglich stellt sich mir die Frage, ob es im Betrieb eine Jugend- und Auszubildendenvertretung gibt. Wenn Ja, hätte auch diese in dem Bewerbungsverfahren beteiligt werden müssen.

Liebe Grüße

Hendrik

Nachträgliche Einladung eines Sb Bewerbers

Cebulon, Wednesday, 19.04.2017, 16:40 (vor 2535 Tagen) @ Hendrik1

Eine schlechte Note ist gegebenenfalls eine geringere Qualifikation, aber führt aus meiner Sicht nicht zwingend zu einem Verzicht auf die Einladung ... Ansonsten ist der Bewerber einzuladen.

Hallo, woraus soll das denn abzuleiten sein? Nach welcher Rechtsgrundlage? Gibt's für diese Ansicht irgendwelche Literatur? Gruß, Cebulon

Nachträgliche Einladung eines Sb Bewerbers

Hendrik1, Niedersachsen, Wednesday, 19.04.2017, 21:03 (vor 2535 Tagen) @ Cebulon

Moin Moin Cebulon,

eine schlechtere Note ist in der Regel nur eine geringere Qualifikation, das wollte ich ausdrücken.
Schwierig wird es erst bei beispielsweise Mathe mit der Note 4-5 und kaufmännischer Ausbildung oder ähnlichen Konstellationen. Dann kann ein Arbeitgeber schon die Eignung in Frage stellen. Ob dies gerichtsfest ist, kann ich nicht angeben.

Ansonsten gibt es ja auch das Gegenargument, welches ich ebenfalls geschrieben habe mit dem Nachteilsausgleich Prüfungszeitverlängerung.

Liebe Grüße


Hendrik

Nachträgliche Einladung eines Sb Bewerbers

Heinrich, Wednesday, 19.04.2017, 20:56 (vor 2535 Tagen) @ der vergnügte Breisgauer

Hallo ALLE!!

Es handelt sich nicht um einen öffentl. AG. Daher also "nur" § 81 SGB IX. NICHT § 82 SGB IX.

Daher besteht KEINE Pflicht schwerbehinderte Bewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen!!

Der AG hätte hier also nur die SBV über den Eingang einer Bewerbung eines Schwerbehinderten informieren müssen.

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