Abschreckende Formulierung in der Stellenausschreibung (Einstellung)

Bitmix, Niedersachsen, Thursday, 06.07.2017, 07:13 (vor 2479 Tagen)

Verehrte Runde,

kürzlich erhielt ich als Vertrauensperson einen Entwurf für eine Stellenausschreibung Sachgebietsleitung Sanitärtechnik sowie Heizungs-, Lüftungs- und Maschinentechnik; sie enthielt u.a. folgende Formulierung:

„Wir setzen voraus … die Fähigkeit nicht barrierefreie Orte (z.B. Baustellen, Leitern, Gerüste, Technikzentralen, Dächer, usw.) zu begehen, wobei die notwendige persönliche Sicherheitsausstattung gestellt wird."

Bei unserer Stadtverwaltung gilt, dass alle Arbeitsplätze grundsätzlich für Schwerbehinderte geeignet sein müssen. Die o.g. Formulierung hält aus meiner Sicht sb Interessenten eher von einer Bewerbung ab, anstatt Sie zu ermuntern.

Ich habe unsere Personalstelle zunächst gebeten, diesen Passus aus dem Entwurf zu entfernen; das Ergebnis steht noch aus.

Wie seht Ihr das?

Gruß Roland

Abschreckende Formulierung in der Stellenausschreibung

sedov, Thursday, 06.07.2017, 09:45 (vor 2479 Tagen) @ Bitmix

Hallo Bitmix,✿

aber warum denn?
Die Gefahrenquellen sind doch da. Ich kenne das von unseren Stadtwerken. Auch unser Bauamt schreibt das rein, trotzdem haben wir zuletzt dort einen schwb Bewerber eingestellt.
Je nachdem, welche Behinderung vorliegt, z.B. Diabetes, stellen diese Gefahrenstellen doch kein Hinderniss dar. Wenn sich aber z.B. ein/e stark Sehbehinderte/r oder körperlich stark Behinderte/r darauf bewirbt, müssen diese Bewerber/innen doch eingeladen werden und wenn Du dann als SBV auf Einstellung pochst, wie schwer haben es dann diese Personen von Anfang an???
Es ist dann den schwb Bewerbern/innen überlassen, sich darauf zu bewerben und dann zu verstehen zu geben, wie und dass und ob sie diese Hürden bewältigen können.
Mal abgesehen davon, dass es einem/r schwb Bewerber/in auch nicht gut dabei geht, wenn er/sie von diesen Gefahrenquellen erst nichts wusste und dann zu der Vorstellung kommt und sehr enttäuscht wieder gehen muss.
Was denkst Du, ist schlimmer für den/die potenzielle/n Bewerber/in?
Zu lesen, dass er/sie sich gar nicht erst bewerben muss oder sich die Mühe der Bewerbung, Anfahrt und Vorstellungsgespräch zu machen um dann für sich selbst auch zu erkennen, dass er/sie sich hätte alles sparen können? Meinst Du nicht er/sie könnte dann nicht mehr Ausschreibung?
Gruß sedov✿

Abschreckende Formulierung in der Stellenausschreibung

sedov, Thursday, 06.07.2017, 09:47 (vor 2479 Tagen) @ Bitmix

Nochmal hallo,✿

da hat mein PC doch den letzten Satz geschluckt:)

Meinst Du nicht er/sie könnte dann nicht mehr enttäuscht sein als mit dieser Ausschreibung?

Gruß sedov✿

Abschreckende Formulierung in der Stellenausschreibung

albarracin, Baden-Württemberg, Thursday, 06.07.2017, 09:55 (vor 2479 Tagen) @ Bitmix

Hallo,

auf den ersten Blick kann ich nichts Unzulässiges erkennen.
Natürlich darf der AG bestimmte Eignungen verlangen, wenn es dafür einen sachlichen Grund gibt. Dies ist übrigens auch durchaus gesetzlich geregelt, im gern überlesenen/übersehenen § 8 Abs. 1 AGG:
http://www.gesetze-im-internet.de/agg/__8.html

Die Kriterien sind ja auch keine völlige Ablehnung von behinderten Bewerbern. Es gibt im Katalog der VersmedV einiges an Behinderungen, die sich in keinster Weise auf die zitierten Voraussetzungen auswirken.

Was würdest Du denn sagen, wenn wir als Nahverkehrsbetrieb blinde Fahrer/innen einstellen würden ?

--
&Tschüß

Wolfgang

Abschreckende Formulierung in der Stellenausschreibung

Tanja, Hessen, Thursday, 20.07.2017, 09:11 (vor 2465 Tagen) @ albarracin

Hallo liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich hätte eine Frage die zu dem Eintrag von albarracin passt.

Seit der letzten Ausschreibung verwendet unser Personalchef plötzlich nachfolgenden Satz (bislang hatte wir den allseits bekannt ....bevorzug berücksichtigt).


Schwerbehinderten Menschen wird bei im Wesentlichen gleicher fachlicher und persönlicher Eignung der Vorrang gegeben.


Haltet Ihr das für Ok? Ich finde der kommt so komisch daher.

Vielen Dank für Eure Beiträge und sorry, dass ich nichts zu dem eigentlich Beitrag beisteuern kann. :-)

Abschreckende Formulierung in der Stellenausschreibung

albarracin, Baden-Württemberg, Thursday, 20.07.2017, 12:14 (vor 2465 Tagen) @ Tanja

Hallo,

das ist mE sogar noch tendenziell besser, da es mehr Beurteilungsspielraum läßt beim Vergleich von Qualifikationen.

--
&Tschüß

Wolfgang

Abschreckende Formulierung in der Stellenausschreibung

Hendrik1, Niedersachsen, Thursday, 06.07.2017, 10:00 (vor 2479 Tagen) @ Bitmix

Moin Moin Roland,

ich sehe das etwas anders als Du.

Wenn der Arbeitgeber diesen für ihn wichtigen Arbeitsbereich nicht in die Ausschreibung hineingenommen hätte, könnten sich auch Schwerbehinderte bewerben, die diese Tätigkeiten nicht ausführen können und würden sich falsche Hoffnungen machen und sich unter falschen Voraussetzungen auf diese Stelle bewerben.

Die Stelle ist trotzdem auch für Schwerbehinderte geeignet, weil nicht jede Schwerbehinderung eine solche Tätigkeit ausschließt.


Wenn zu der Arbeitsaufgabe auch gehört, dass nicht barrierefreie Orte begangen und fachkundig geprüft werden müssen, hilft auch eine Arbeitsassistenz nur begrenzt weiter, die die notwendigen Fachkenntnisse nicht hat. Falls die Fachkenntnisse vorliegen, kann sie diese Aufgabe gleich selber eigenständig übernehmen und ist somit aus meiner Sicht keine Assistenzkraft mehr.

Die Formulierung des Arbeitsgebers soll eben z.B. nicht schwindelfreie Menschen davon abhalten, sich zu bewerben, dieses ist aber unabhängig von einer Schwerbehinderung und somit auch aus meiner Sicht keine Benachteiligung.


Liebe Grüße

Hendrik

Abschreckende Formulierung in der Stellenausschreibung

garda, Berlin, Monday, 10.07.2017, 10:42 (vor 2475 Tagen) @ Bitmix

„Wir setzen voraus … die Fähigkeit nicht barrierefreie Orte (z.B. Baustellen, Leitern, Gerüste, Technikzentralen, Dächer, usw.) zu begehen, wobei die notwendige persönliche Sicherheitsausstattung gestellt wird."

Bei unserer Stadtverwaltung gilt, dass alle Arbeitsplätze grundsätzlich für Schwerbehinderte geeignet sein müssen. Die o.g. Formulierung hält aus meiner Sicht sb Interessenten eher von einer Bewerbung ab, anstatt Sie zu ermuntern.

Wie seht Ihr das?

Hallo Roland,

gesetzt ein Rollifahrer bewirbt sich, wie kommt der dann später mal aufs Gerüst? Zudem dürfte er dort gar nicht arbeiten, da dies den einschlägigen Vorschriften zum Arbeitsschutz sicherlich nicht entspricht.

Hier liegt keine Diskriminierung, sondern ein sachlicher Grund vor.

--
Mit freundlichen Grüßen

Michael

Abschreckende Formulierung in der Stellenausschreibung?

Cebulon, Saturday, 22.07.2017, 17:17 (vor 2463 Tagen) @ garda

Hier liegt keine Diskriminierung, sondern ein sachlicher Grund vor.

So sah das schon BAG vom 03.04.2007, 9 AZR 823/06 Rdnr. 27, in seiner Übergangsrechtsprechung, wonach auf die konkret ausgeschriebene Stelle abzustellen ist:

"wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für diese Tätigkeit"

Gruß,
Cebulon

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