Auftragsübertragung der örtl. SBV an GSBV (Gesamt-Konzern-SBV)

sandunika, Baden-Württemberg, Monday, 04.12.2017, 17:46 (vor 2345 Tagen)

Hallo liebes Forum,

ich werde immer gefragt, ob Vorgänge der örtl. SBV an die GSBV übertragen werden darf (analog BR an GBR).
Bisher konnten die Vorgänge auf dem kleinen Dienstweg mit Unterstützung von der örtl. SBV dann selbständig erledigt werden.
Nun stehen Vorgänge an, die eine gewisse Brisanz haben und hierzu die örtl. SBV die notwendige Kenntnisse noch nicht hat (neu im Amt).

Würde ein Entschluss der örtl. SBV den Vorgang an die zuständige GSBV abzugeben, juristisch Stand halten ?
Oder - nicht vorgesehen und deshalb nicht machbar?

Vielen Dank.

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LG
Sandunika

Auftragsübertragung der örtl. SBV an GSBV

Monica99, Monday, 04.12.2017, 18:55 (vor 2345 Tagen) @ sandunika

Hallo,

NEIN, nicht zulässig. Wäre auch ein Verstoß gegen den Datenschutz.

Die SBV dürfte sich aber über grundsätzliche Fragestellungen, ohne Nennung von Namen/ persönlichen Daten, also fiktiv mit der GSBV beraten.

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mfg Monica

Auftragsübertragung der örtl. SBV an GSBV

Cebulon, Monday, 04.12.2017, 21:43 (vor 2345 Tagen) @ Monica99

Wäre auch ein Verstoß gegen den Datenschutz.

Hallo, das mit dem Arbeitnehmerdatenschutz sehe ich nicht ganz so eng, jedenfalls dann, sofern dieser sbM damit einverstanden sein sollte (vgl § 95 Abs 3 Satz 2 SGB IX und § 96 Absatz 7 Satz 3 SGB IX). Dann kann m.E. die örtliche SBV auch "Ross und Reiter" nennen. Sehe daher keine datenschutzrechtlichen Bedenken.

Gruß,
Cebulon

Auftragsübertragung der örtl. SBV an GSBV

sandunika, Baden-Württemberg, Monday, 04.12.2017, 21:49 (vor 2345 Tagen) @ Monica99

Hallo Monica,

vielen Dank für Deine schnelle Antwort.

Die Rahmenbedingungen sind nicht das Problem. Es geht nur darum, zulässig oder nicht?
bzw. wer hatte auch schon dieses Problem und wie wurde es gelöst?

by the way:
Es liegt kein Datenschutzproblem vor, die betroffen Personen geben zur Sicherheit schriftlich ihr Einverständnis ab.

Die SBV ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Gibt es Ausnahmen?
[link=http://www.integrationsaemter.de/SBV-Haeufig-Gestellte-Fragen/342c/index.html#Geheimhaltungspflicht][/link]
Die Schwerbehindertenvertretung unterliegt einer besonderen Geheimhaltungspflicht. Die Schweigepflicht gilt auch nach dem Ausscheiden aus dem Amt fort. Ausnahmen von der Schweigepflicht gibt es für die Schwerbehindertenvertretung in den Fällen, in denen der Betroffene der Offenbarung zugestimmt hat oder in der Zusammenarbeit mit dem Betriebs- oder Personalrat und der Stufenvertretung, da hier ein gemeinschaftliches Verschwiegenheitsgebot besteht. Darüber hinaus besteht gemäß § 96 Abs. 7 Satz 3 SGB IX eine Offenbarungspflicht gegenüber der Agentur für Arbeit, den Rehabilitationsträgern und dem Integrationsamt, wenn es im Rahmen der Aufgabenerfüllung im Einzelfall notwendig ist.

--
LG
Sandunika

Auftragsübertragung der örtl. SBV an GSBV

WoBi, Monday, 04.12.2017, 23:56 (vor 2345 Tagen) @ Monica99

Hallo Monica99,

das mit dem Datenschutz ist im § 96 Absatz 7 Satz 3 SGB IX geregelt. Dort steht:
"Sie gelten nicht gegenüber der Bundesagentur für Arbeit, den Integrationsämtern und den Rehabilitationsträgern, soweit deren Aufgaben den schwerbehinderten Menschen gegenüber es erfordern, gegenüber den Vertrauenspersonen in den Stufenvertretungen (§ 97) sowie gegenüber den in § 79 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes und den in den entsprechenden Vorschriften des Personalvertretungsrechtes genannten Vertretungen, Personen und Stellen."

Die GSBV ist die in § 96 (neu § 179) genannte "Vertrauensperson in der Stufenvertretung" und kann befragt oder um Ratschläge gebeten werden. Die Stufenvertretung kann Aufgaben übernehmen, wenn mehrere Betriebe von dem Problem betroffen sind und diese nicht direkt örtlich geregelt werden können. Das kann z.B. im Rahmen von Entlassungen in mehreren Betrieben oder Verlagerungen von Aufgaben- / Fertigungsinhalte der Fall sein.
Ohne eine derartige Regelung wäre z.B. eine Versammlung der Schwerbehindertenvertretungen auf GSBV-Ebene kaum sinnvoll durchführbar. Bei einer Versammlung geht es hier doch um Informationsaustausch und Abgleich, um eine innerbetriebliche "Gleichbehandlung" nach "best practice" innerhalb der Firma oder Konzern zu erreichen.

--
Gruß
Wolfgang

Auftragsübertragung der örtl. SBV an GSBV

Monica99, Tuesday, 05.12.2017, 13:29 (vor 2344 Tagen) @ WoBi

Hallo,
die GSBV hat nicht das Recht sofern es eine SBV gibt deren Aufgaben lt. SGB IX wahrzunehmen. Sie ist dann örtl. nicht im Mandat. Das SGB IX sieht es auch nicht vor, wenn die SBV sagt ich bin neu und daher überfordert.

Wolfgang, auch wenn ein Unternehmen in mehreren Betrieben AN kündigt, ist es ausschließlich die Aufgabe der SBV hier den § 95 und ggf §§ 81 u. 84 SGB IX wahrzunehmen.

Im Gegensatz zum BetrVG sieht das SGB IX eben KEINE Aufgabenübertragung auf die GSBV vor.

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mfg Monica

Auftragsübertragung der örtl. SBV an GSBV

WoBi, Tuesday, 05.12.2017, 15:43 (vor 2344 Tagen) @ Monica99

Hallo Monica,

"die GSBV hat nicht das Recht sofern es eine SBV gibt deren Aufgaben lt. SGB IX wahrzunehmen. Sie ist dann örtl. nicht im Mandat. Das SGB IX sieht es auch nicht vor, wenn die SBV sagt ich bin neu und daher überfordert."

Deine rechtlich richtige Auslegung habe ich so nicht geschrieben. Es steht, dass eine SBV durchaus mit der GSBV reden darf und nachfragen kann. Also um Rat und Hilfe ersuchen kann, ohne dass es datenschutzrechtliche Bedenken gibt, da dieses im SGB IX geregelt ist. Gerade für "neue" SBV, die noch nicht das erforderliche Wissen über Eigenerfahrung und Seminare sich angeeignet haben (können), ist eine Anfrage bei der GSBV ein möglicher Informationsweg. Eine örtliche SBV muss nur Wissen, dass die GSBV nicht im Sinne eines hierarchischen Systems eine "Vorgesetztenfunkton" hat. Sie ist auf Grund des Ehrenamtes eigenverantwortlich.
Als GSBV ist ein derartiger Informationsaustausch umgekehrt ebenso wichtig, um z.B. bei scheinbaren "Einzelmaßnahmen" ein gesteuertes zielgerichtetes Vorgehen erkennen zu können.
Beispiel dazu: Ein Arbeitgeber verlangt in den Betrieben A, C und E mit BR / SBV jeweils von einer schwerbehinderten Person, dass sofort am 1. Tag eine AU-Meldung vorgelegt wird. Dies ist auf der betrieblichen Ebene für den BR eine jeweils zulässige Einzelmaßnahme. Es geht noch nicht um die Ordnung im Betrieb und damit um Mitbestimmung. Die GSBV kann die SBV in den Betrieben B und D sensibilisieren und das Thema auf Ebene GBR ansprechen.

"Wolfgang, auch wenn ein Unternehmen in mehreren Betrieben AN kündigt, ist es ausschließlich die Aufgabe der SBV hier den § 95 und ggf §§ 81 u. 84 SGB IX wahrzunehmen."

Das es derartigen Möglichkeiten gibt, ist in § 97 (Zukünftig § 180) Abs. 6 Satz 1 geregelt:
"Die Gesamtschwerbehindertenvertretung vertritt die Interessen der schwerbehinderten Menschen in Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe oder Dienststellen des Arbeitgebers betreffen und von den Schwerbehindertenvertretungen der einzelnen Betriebe oder Dienststellen nicht geregelt werden können, ..."
Wobei der örtliche Ansprechpartner für die Kolleginnen und Kollegen die jeweilige örtliche SBV ist und bleibt.

"Im Gegensatz zum BetrVG sieht das SGB IX eben KEINE Aufgabenübertragung auf die GSBV vor."

Stimmt - Nur wenn das örtliche BR-Gremium oder mehrere örtliche BR-Gremien entscheiden, dass Aufgaben auf Ebene GBR wahrgenommen werden sollen, ist die GSBV als teilnahmeberechtigte Interessensvertretung im GBR automatisch eingebunden. Dies ist nicht die Entscheidung der örtlichen SBV. Die örtliche SBV kann sich am Meinungsbildungsprozess des örtlichen BR-Gremiums einbringen.

--
Gruß
Wolfgang

Auftragsübertragung der örtl. SBV an GSBV

Monica99, Tuesday, 05.12.2017, 16:25 (vor 2344 Tagen) @ WoBi

Hallo Wolfgang,
"Die Gesamtschwerbehindertenvertretung vertritt die Interessen der schwerbehinderten Menschen in Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe oder Dienststellen des Arbeitgebers betreffen und von den Schwerbehindertenvertretungen der einzelnen Betriebe oder Dienststellen nicht geregelt werden können, ..."
Wobei der örtliche Ansprechpartner für die Kolleginnen und Kollegen die jeweilige örtliche SBV ist und bleibt.

Stimmt!

Doch:
"Das kann z.B. im Rahmen von Entlassungen in mehreren Betrieben oder Verlagerungen von Aufgaben- / Fertigungsinhalte der Fall sein."

Diese stimmt so nicht, denn hier geht es um die Wahrnehmung/ Umsetzung der § 81, 84, 95 SGB IX. Dieses ist und bleibt örtl. Zuständigkeit. Ggf von mehreren betroffenen SBVn. Denn es sind örtl. regelbare/umsetzbare Angelegenheiten.

Klar kann die SBV sich hier Rat bei der GSBV holen.

Aber der AG muss hier nicht mit der GSBV zusammenarbeiten oder ihr ggf Infos/ Unterlagen überlassen.

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mfg Monica

Auftragsübertragung der örtl. SBV an GSBV

WoBi, Tuesday, 05.12.2017, 19:59 (vor 2344 Tagen) @ Monica99

Hallo Monica,

habe das Beispiel "Das kann z.B. im Rahmen von Entlassungen in mehreren Betrieben oder Verlagerungen von Aufgaben- / Fertigungsinhalte der Fall sein." gewählt, weil selbiges im Rahmen von Personalabbaumaßnahmen mit Entlassungsandrohung stattgefunden hat.

Die GSBV wurde hier im Vorfeld betriebsübergreifend tätig und hat bereits vor einem Interessensausgleich und Sozialplan vertragliche Regelungen zwischen dem GBR und Arbeitgeber getroffen. Dieses Vorgehensweise wurde für den Betriebsrätepreis 2014 eingereicht.
http://www.meine-superhelden.de/zeitschriften/arbeitsrecht-im-betrieb/deutscher-betriebsraete-preis/archiv/Preis_2014/Dokumentation-der-Projekte/Beschaeftigungssicherung/Zusatzmaterialien...

Die GSBV wurde bei der Vertragsausgestaltung durch einen Rechtsbeistand unterstützt. Es wurde für mehrere Betriebe eine einheitliches Vorgehen und die Einbindung der örtlichen SBV geregelt, welches später im Interessensausgleich als Gesamtbetriebsvereinbarung vereinbart worden ist. Damit hatte die dreiseitige Vereinbarung ab diesem Zeitpunkt eine unmittelbare und zwingende Wirkung und der Arbeitgeber war für die Umsetzung verantwortlich.

--
Gruß
Wolfgang

Auftragsübertragung der örtl. SBV an GSBV

Monica99, Wednesday, 06.12.2017, 09:56 (vor 2344 Tagen) @ WoBi

Hallo Wolfgang,

so ist es klarer und ok.

Die ersten Aussagen waren aber halt zu mindest falsch auslegbar, denn es fehlte der Hinweis, dass die GSBV i.d.R. nicht die Aufgaben der SBV wahrnehmen kann.

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mfg Monica

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