Beratung bei GdB20 durch die SBV nur mit schriftl. Outing beim Arbeitgeber? (Umgang mit Arbeitgeber)

Malawi, Monday, 20.11.2023, 14:40 (vor 164 Tagen)

Hallo zusammen,

Wenn der Arbeitgeber eine GBV-Inklusion mit den Interessenvertretern abschließt, in der steht, dass sich Mitarbeiter auch mit GdB20 auf "freiwilliger Basis" von der SBV beraten lassen können, aber nur unter "Voraussetzung" des vorherigen schriftlichen Outings beim Arbeitgeber.

Ist das nicht ein Verstoß gegen das allgemeine Beratungsrecht eines jeden Mitarbeiters, egal ob mit oder ohne GdB, Datenschutzverstoß und eine Behinderung der SBV in ihrer Beratungsfunktion?
Dem MA vermittelt das den Eindruck, es stünde so im SGB IX. Dem ist aber nicht so.
Der AG kann doch einen MA mit GdB20 schneller loswerden, bevor er die 30 mit Gleichstellung und Schutzfunktionen erlangt. Oder wozu braucht der AG diese Informationen?

Muss die SBV den MA vorher fragen, ob er die Einverständniserklärung beim AG unterschrieben hat? Das ist doch gesetzeswidrig!

Was meint ihr?

VG

Beratung bei GdB 20 durch SBV nur mit schriftl. Outing beim Arbeitgeber?

Cebulon, Monday, 20.11.2023, 17:55 (vor 163 Tagen) @ Malawi

Hallo Malawi,

jedenfalls dann nicht, wenn Unterstützung laut § 178 Abs. 1 Satz 3 SGB IX bei Anträgen auf Gleichstellung sowie auf GdB-Feststellung, weil insoweit gesetzliche Aufgabe einer jeden SBV.

… das allgemeine Beratungsrecht eines jeden Mitarbeiters

Eines „jeden“? Habe noch nie von solchen Rechten gehört im Zusammenhang mit SBV:

Woraus sollte sich das denn ableiten lassen? Ein gesetzliches Beratungsrecht haben nur sbM und Gleichgestellte laut § 178 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, niemand sonst!

Worüber sollten denn Beschäftigte mit GdB 20 beraten werden, für die das Schwerbehindertenrecht gar nicht gilt im Teil 3 des SGB IX nach § 151 Abs. 1 SGB IX?

Und im Übrigen bin ich der Meinung, dass Arbeitgeber grds. nicht nach Behinderung fragen dürfen und schon gar nicht GdB-Feststellungsbescheid verlangen dürfen mit dort vermerkten Behinderungsarten (Diagnosen). Dazu BIH-Kurzvideo.

Gruß,
Cebulon

Beratung bei GdB20 durch die SBV nur mit schriftl. Outing beim Arbeitgeber?

albarracin, Baden-Württemberg, Tuesday, 21.11.2023, 10:00 (vor 163 Tagen) @ Malawi

Hallo,

die Rechte der (schwer-) behinderten Menschen und der SBV aus § 178 Abs. 1 SGB IX sind als Mindeststandard weder tarif- noch BV-disponibel.
Vereinbarungen, die in diese Rechte eingreifen, sind regelmäßig rechtsunwirksam.

Bei GdB 20 gehören zB eine Beratung über Widerspruch oder aber einen Neufestsetzungsantrag zu den gesetzlichen Aufgaben der SBV. Dafür dürfen die Betriebsparteien über die gesetzlichen Regelungen hinaus keine Regelungen treffen, die diese Rechte einschränken. Ein Beschäftigter mit GdB 20, der eine Beratung über zB Neufestsetzungsantrag oder einen evtl. Widerspruch gegen einen Bescheid wünscht, darf darin zB nicht durch weitere Formvorschriften gehindert werden. Es muss daher reichen, wenn dieser Beschäftigte sich zu einem Beratungs- bzw. Gesprächstermin bei der SBV einfach abmeldet und nach dem Ende des termins wieder anmeldet.

Was allerdings bei Menschen ohne Schwerbehinderung/Gleichstellung nicht unter den Katalog von Beratung, Begleitung und Unterstützung des § 178 Abs. 1 SGB IX fällt, begründet auch keine Zuständigkeit der SBV.

--
&Tschüß

Wolfgang

Beratung bei GdB20 durch die SBV nur mit schriftl. Outing beim Arbeitgeber?

Hendrik1, Niedersachsen, Wednesday, 22.11.2023, 10:05 (vor 162 Tagen) @ albarracin

Moin Moin Wolfgang,

ich muss Dir leider in dem Punkt widersprechen, dass sich Beschäftigte ohne einen GdB nicht an die SBV wenden dürfen:
1. Unterstützen wir bei Anträgen, somit auch bei Erstanträgen, bei denen naturgemäß noch kein GdB vorliegt.
2. Unterstützen wir auch im laufenden Antragsverfahren die Beschäftigten bei ihren Fragestellungen im Zusammenhang mit den Behinderungen und dem Arbeitsplatz.

Bei uns ist dieses in den Schwerbehindertenrichtlinien so festgelegt, dass diese wie Schwerbehinderte zu behandeln sind, bis ein rechtskräftiger Bescheid vorliegt.

Mit freundlichen Grüßen

Hendrik Janßen

Beratung bei GdB20 durch die SBV nur mit schriftl. Outing beim Arbeitgeber?

Malawi, Wednesday, 22.11.2023, 10:53 (vor 162 Tagen) @ Hendrik1

Hallo Hendrik1,

so sehe ich das auch. Bisher wurde das bei uns auch so gehandhabt.

Mit der neuen Regelung verweigert man den frühzeitigen Kontakt des Mitarbeiters mit der SBV, noch vor der Kenntniserlangung des Arbeitgebers.

Die gesetzlichen SGBIX Schutzbestimmungen und Fürsorgspflichten des AG greifen erst ab GdB30 und höher, bei gleichzeitiger Antragstellung auf Gleichstellung bei der Arbeitsagentur.
Vorher muss der Arbeitgeber gesetzlich nämlich gar nichts. Das weiß er und täuscht oft Fürsorge vor. Warum dann ein frühzeitiges Outing?

Ein GdB20 zählt auch nicht bei der Quotenberechnung oder Berechnung der Ausgleichsabgabe. Warum sollten sich Mitarbeiter da outen?
Der Arbeitgeber kommt da nur auf "dumme Gedanken". Ein Schelm, wer böses dabei denkt.:-)

Übrigens: Für einen Änderungs-/Verschlimmerungsantrag auf einen GdB höher als 20, kann man die Beratung des Mitarbeiters auch außerhalb der Arbeitszeit machen. Wenn man empathisch genug ist.
Das kann der Ag nicht verhindern.

Der Arbeitgeber muss/sollte nicht zu früh und über alles Bescheid wissen, was ihm in die Karten spielt und evtl. schlecht für die Mitarbeiter ist. Aber das muss jeder selbst entscheiden.

Eine gute SVP ist im dem Fall immer für ihre Mitarbeiter da.

Beratung bei GdB20 durch die SBV nur mit schriftl. Outing beim Arbeitgeber?

albarracin, Baden-Württemberg, Wednesday, 22.11.2023, 12:11 (vor 162 Tagen) @ Hendrik1

Moin Moin Wolfgang,

Sorry Hendrik


ich muss Dir leider in dem Punkt widersprechen, dass sich Beschäftigte ohne einen GdB nicht an die SBV wenden dürfen:
1. Unterstützen wir bei Anträgen, somit auch bei Erstanträgen, bei denen naturgemäß noch kein GdB vorliegt.

Das habe ich an keiner Stelle bestritten:

"Was allerdings bei Menschen ohne Schwerbehinderung/Gleichstellung nicht unter den Katalog von Beratung, Begleitung und Unterstützung des § 178 Abs. 1 SGB IX fällt, begründet auch keine Zuständigkeit der SBV."

Das hier aber

2. Unterstützen wir auch im laufenden Antragsverfahren die Beschäftigten bei ihren Fragestellungen im Zusammenhang mit den Behinderungen und dem Arbeitsplatz.

ist so im SGB IX nicht begründet. Wenn der AG das toleriert, umso besser, wenn nicht, besteht kein Anspruch.


Bei uns ist dieses in den Schwerbehindertenrichtlinien so festgelegt, dass diese wie Schwerbehinderte zu behandeln sind, bis ein rechtskräftiger Bescheid vorliegt.

Auch das hat so pauschal keine Grundlage im SGB IX


Mit freundlichen Grüßen

Hendrik Janßen

--
&Tschüß

Wolfgang

Beratung bei GdB20 durch die SBV nur mit schriftl. Outing beim Arbeitgeber?

Kasandra, Thursday, 23.11.2023, 21:54 (vor 160 Tagen) @ Malawi

Hallo,

eine BV darf nicht schlechter sein wie das Gesetz!

Wenn der Arbeitgeber eine GBV-Inklusion mit den Interessenvertretern abschließt, in der steht, dass sich Mitarbeiter auch mit GdB20 auf "freiwilliger Basis" von der SBV beraten lassen können, aber nur unter "Voraussetzung" des vorherigen schriftlichen Outings beim Arbeitgeber.

Somit ist diese GBV-Inklusionsvereinbarung für mich rechtswidrig!

Ein erkrankter MA ist für mich lt. SBB IX immer ein potentioneller Kandidat für die SBV, wenn er mehr als 30 Tage AU ist, ein BEM durchläuft etc.

Natürlich ist mal eben gut 30 Tage AU mit einem Armbruch, welcher folgenlos verheilt.
Aber es sind auch immer mehr chronische Erkrankungen.

Antragstellung GdB und auch der Widerspruch laufen für unsere Kolleg*innen in Arbeitszeit als Besuch der SBV! - Von Krankheit und Behinderung bedroht!!!

Auch muss ich sagen, unsere Werksärzte und BEM-Beauftragten führen uns die Kolleg*innen zu!!!!

Diese beiden Parteien haben auch natürlich vorab eine sehr gute Einschätzung zum GdB.

Ein Termin zur weiteren Beratung, Widerspruch, Akteneinsicht, Prüfung etc. ist auch bei uns Arbeitszeit.

Eure BV "aber nur unter "Voraussetzung" des vorherigen schriftlichen Outings beim Arbeitgeber."

Ist für mich rechtswidrig, weil die Rechte von behinderten Personen und Personen von Behinderung betroffen beschnitten werden!!!

Kläre dies umgehend mit Deiner Gewerkschaft und Deinem Rechtsbeistand als SBV!!!

Ich bin geschockt! Eine BV zum Nachteil der Mitarbeiter! Wie konnte Dein BR diese abschließen?!?!?!?

Viele Grüße,

Kaja

Beratung bei GdB20 durch die SBV nur mit schriftl. Outing beim Arbeitgeber?

Phönix, NRW, Friday, 24.11.2023, 04:18 (vor 160 Tagen) @ Kasandra

Zunächst würde mich der genaue Wortlaut in der Inklusionsvereinbarung interessieren, um auch eine Definition für den Begriff "Beratung" zu bekommen, denn ich glaube nicht, dass hier die Unterstützung von Beschäftigten bei Anträgen gemäß §178 Abs.1 SGB IX gemeint ist.

Ebenso würde mich interessieren, ob neben dem GdB 20 auch Gdb 30/40 ohne Gleichstellung berücksichtigt werden. Bei unserer MAV ist man z.B. davon ausgegangen, dass ich als SBV auch die Interessen der Mitarbeitenden mit Gdb 30/40 ohne Gleichstellung vertrete, was aber falsch ist. Vielleicht wird deshalb nur ein GdB 20 in der Inklusionsvereinbarung benannt?

Gesehen und gelesen habe ich Inklusionsvereinbarung (vorwiegend bei Städten und Gemeinden), welche Mitarbeitenden mit GdB 20 oder einen GdB 30/40 ohne Gleichstellung den Beistand (Beratung) der SBV bei Personalgesprächen oder BEM Verfahren zubilligt, aber dafür muss der Arbeitgeber Kenntnis vom GdB haben, um die SBV unterrichten zu können. Eine solche Regelung wäre nach meinem Dafürhalten nicht rechtswidrig, sondern eine Bereicherung für Menschen mit Behinderung im Betrieb.

Gruß
Phönix

RSS-Feed dieser Diskussion