Internes Bewerbungsformular (Offenbarung des GdB bzw. Fragerecht des AG)

zicko, Bayern, Tuesday, 22.01.2008, 11:36 (vor 5946 Tagen)

Hallo,

bei uns steht im internen Bewerbungsformular folgender Satz:
"Ist im Falle einer Schwerbehinderung die Unterstützung durch den Schwerbehindertenbeauftragten gewünscht> JA Nein ".
Dieser Satz gefällt mir so nicht.
Der AG war bis zuletzt der Auffassung, dass die SBV nicht von der Bewerbung zu informieren ist, sofern der Bewerber dies nicht explizit wünscht. Diese falsche Auslegung des SGB IX konnte ich -mit eurer Unterstützung- zwischenzeitlich aus dem Weg räumen.

Nun möchte ich aber noch einen Schritt weitergehen:
Ich bin nämlich der Meinung, dass obiger Satz bei internen Bewerbungen nicht notwendig ist.
=> Der AG ist aufgrund §81 Abs. 1 und § 95 Abs. 2 SGB IX sowieso verpflichtet, mich von Bewerbungen schwerbehinderter MA/-innen zu informieren.
=> Ich könnte mir schon vorstellen, dass evtl. Bewerber, aus Angst vor möglichen Konsequenzen im Auswahlverfahren, obige Frage vorsichtshalber mit Nein beantworten.

Mir würde folgender Weg i.R. einer internen Bewerbung besser gefallen:
Der AG prüft die Bewerbung dahingehend, ob eine Schwerbehinderung vorliegt (entsprechende Auswertungen sind in der Personalstelle ja vorhanden).
Falls ja, dann erfolgt eine Meldung an mich.
Ich wende mich dann an den Bewerber (natürlich unter Darlegung der rechtlichen Verpflichtungen seitens des AG mich zu informieren), biete dem Bewerber meine Unterstützung an und frage ihn, ob er diese benötigt. Das Ergebnis teile ich dann dem AG mit.

Mir geht es überwiegend darum, den Informationsfluss und auch die Positionierung der SBV im Betrieb zu verbessern.

Wir seht ihr das bzw. wie wird das bei euch gehandhabt>

Vielen Dank im Voraus!

Schöne Grüße
zicko

Internes Bewerbungsformular

Ede vom Bayerwald, Tuesday, 22.01.2008, 12:04 (vor 5946 Tagen) @ zicko

Hallo zicko,
meines Erachtens ist diese Fragestellung ein grober Verstoß gegen das SGB IX und möglicherweise auch gegen das AGG.

Diese Frage darf, wenn überhaupt, nur innerhalb eines Vorstellungsgespräches gestellt werden, und hier auch nur den schwerbehinderten Bewerbern. Den Nichtbehinderten Bewerbern darf auch hier diese Frage garnicht gestellt werden, die Teilnaahme der SBV ist von diesen grundsätzlich hin zu nehmen (falls sich behinderte beworben haben, um eine Vergleichbarkeit für die SBV her zu stellen!)

Wenn diese Frage vom AG gestellt wird, so ist das eine Beschränkung der Freiheit der SB -Kollegen. Gut diese dürfen irgendwann einmal allgemein darauf hingewiesen werden, dass sie die Hilfe der SBV nicht in Anspruch nehmen MÜSSEN, aber dies ist dann auch in Bezug auf den BR/PR mit zu teilen.

Nein Diese Fragestellung ist ein Verstoß gegen alles was das Gesetz sagt im Buchstaben und auch gegen alles was es meint.

Gruß Ede

Internes Bewerbungsformular

hackenberger, Tuesday, 22.01.2008, 15:45 (vor 5946 Tagen) @ Ede vom Bayerwald

Hallo,

die Frage ist ungeschickt und man sollte mit dem AG reden auf diese zu verzichten. Prof. Dr. Knittel bezeichnet sie in seinem Kommentar auch als unzulässig. Es gibt nur leider hierzu noch keine Rechtsentscheidung. Es wäre hier also ggf. zu überlegen mit Unterstützung eines Fachanwaltes eine Rechtsentscheidung (Unterlassungsklage) zu erwirken.

Weiter der Hinweis, sofern es sich wie hier um die bewerbung eines bereits im Betrieb beschäftigten Schwerbhinderten handelt, wäre die SchwbV unabhängig von einer solchen Fragestellung gem. § 95 (2) zu beteiligen. Hier (beim § 95 (2)) gibt es auch keine Möglichkeit, dass z.B. der schwerbehinderte Beschäftigte die Beteiligung der SchwbV ausschließt. Hier ist die SchwbV immer zu beteiligen.

Sie sollte aber auch ein Grund für die SchwbV sein, die Beschäftigten ggf. einmal mit dem Sinn und Inhalt des SGB IX, besonders auch den rechten der AN und der Pflichten des AG, zu mindest der wichtigen §§, vertraut zu machen. Zum Beispiel durch einen guten Beitrag in der Btreibsversammlung, so hatte ich es getan.

Bewerbungsformular: Beteiligung der SBV Ja? Nein?

Wolfgang E., Tuesday, 22.01.2008, 20:20 (vor 5946 Tagen) @ zicko

» Ich könnte mir schon vorstellen, dass evtl. (interne) Bewerber, aus Angst vor möglichen Konsequenzen im Auswahlverfahren, obige Frage vorsichtshalber mit Nein beantworten.

Frage: Ist denn hier tatsächlich, wie wörtlich angegeben, der "Schwerbehindertenbeauftragte" ([link=http://beck-online.beck.de/default.aspx>typ=reference&y=400&w=NeumannPMPSGBIXKO_12&name=ID_596]§ 98[/link] SGB IX) gemeint oder die Schwerbehindertenvertretung, also die gewählte Vertrauensperson (§ 96 SGB IX)>

„Die Ablehnung muss auf Initiative des schwerbehinderten Bewerbers zurückgehen. Der Arbeitgeber kann ihn zwar anlässlich der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch in allgemeiner Form auf dieses Ablehnungsrecht hinweisen. Unzulässig wäre aber die ausdrückliche Nachfrage, ob der Bewerber die Beteiligung der SBV wünsche. Dies könnte nämlich dem Betroffenen möglicherweise den Eindruck vermitteln, die als gesetzlicher Regelfall vorgesehene Einschaltung der SBV sei dem Arbeitgeber nicht willkommen und daher eine Ablehnung ihrer Beteiligung durch den Bewerber erwünscht.

Es liegt auf der Hand, dass der auf den Erfolg seiner Bewerbung hoffende schwerbehinderte Mensch dann vielleicht aus sachfremden Gründen auf die zur Wahrung seiner Interessen vorgesehene Mitwirkung der SBV verzichten könnte. Damit liefe aber ein Verlangen des Arbeitgebers nach einer ausdrücklichen Entscheidung des Stellenbewerbers dem Sinn der gesetzlichen Regelung in § 81 Abs. 1 Satz 6 und 10 SGB IX zuwider, nämlich grundsätzlich durch die Beteiligung der SBV bereits dem Anschein einer Benachteiligung der schwerbehinderten Bewerber entgegenzuwirken und hiervon nur dann abzusehen, wenn dies der Bewerber selbst - aus von ihm subjektiv wohl erwogenen Gründen - bewusst ablehnt.“
(Knittel, SGB IX, § 81 Randnummer 36)


Fazit: Derartige Bewerbungsformulare oder Personalfragebögen wird man demnach regelmäßig als „Umgehungstatbestand“ anzusehen haben, da unvereinbar mit dem erwähnten gesetzlichen Regelungszweck. Aus dem gleichen Grund sind regelmäßig auch Formulare unzulässig, in denen vom Bewerber eine Erklärung darüber verlangt wird, ob er eine Beteiligung der SBV wünscht oder ablehnt, wegen der suggestiven Fragestellung. Dieses Fragerecht steht dem Arbeitgeber nicht zu! Zulässig wäre allenfalls ein neutral gehaltener Hinweis der Personalverwaltung etwa auf § 81 Abs. 1 Satz 10 SGB IX.

Auskünfte darüber, ob solche Formulare als diskriminierend anzusehen sind, gibt’s auch unter
www.antidiskriminierungsstelle.de

Bewerbungsformular: Beteiligung der SBV Ja? Nein?

zicko, Bayern, Wednesday, 23.01.2008, 16:45 (vor 5945 Tagen) @ Wolfgang E.

Hallo,
zunächst einmal Danke für die tollen Antworten.
Bei uns steht tatsächlich "Schwerbehindertenbeauftragte" im internen Bewerbungsformular.
Werde jetzt an den AG herangehen, den Satz im Bewerbungsbogen zu löschen.

Schönen Abend!
zicko

Bewerbungsformular: Beteiligung der SBV Ja? Nein?

hackenberger, Wednesday, 23.01.2008, 17:20 (vor 5945 Tagen) @ zicko

Hallo zicko,

kläre auch einmal, vielleicht sogar zu erst, wen der AG hier meint>. Ist hier ggf. wirklich der "Beauftragte des AG für die Belange der Schwerbehinderten (§ 98 SGB IX) gemeint, dann wäre es ja sogar etwas positives. Ich denke aber, der AG meint hier die SchwbV.

Auf alle Fälle besteht hier Rede- und auch (Auf-)Klärungsbedarf. Auch bzgl. der unterschiedlichen Positionen und Aufgaben der BASchwb und VPSchwb.

Weise ihn auch auf die Aussage von Prof. Dr. Knittel hin (s. Antwort von [link=http://www.schwbv.de/forum/index.php>id=6696]Wolfgang E.[/link]).

Bewerbungsformular: Beteiligung der SBV Ja? Nein?

zicko, Bayern, Thursday, 24.01.2008, 12:31 (vor 5944 Tagen) @ hackenberger

Hallo,

der AG hat mir jetzt angeboten, die Frage beim internen Bewerbungsbogen folgendermaßen abzuändern:
"Liegt eine Schwerbehinderung vor> Ja Nein". Der AG begründet dies als eine Art Merkhilfe, damit im Auswahlverfahren nicht vergessen wird, die SBV zu beteiligen.
Kann ich ja auch verstehen.
Nachdem ich im Forum ein wenig nach erlaubten Fragen gestöbert habe, bin ich nun doch etwas skeptisch geworden.
Es stellt sich für mich jedoch folgende Frage:
1. Verstößt diese Fragen bei internen Bewerbungen gegen das AGG> Wenn die Schwerbehinderung dem AG gemeldet wurde, dann weiß er dies ja und muß nicht explizit danach fragen.

Gäbe es eine andere Möglichkeit, einerseits dem AG eine Art Merkhilfe zu geben und andererseits den Bewerber selbst zu schützen>

Danke!
zicko

Bewerbungsformular: Beteiligung der SBV Ja? Nein?

hackenberger, Thursday, 24.01.2008, 12:52 (vor 5944 Tagen) @ zicko

Hallo zicko,

gerade bei internen Bewerbungen verstehe ich diese Frage des AG nicht, denn hier könnte/sollte der AG diese Information haben, sofern der schwerbehinderte AN sich diesbezgl. offenbaren möchte. Sollte es hier so sein, dass sich Betroffene nicht offenbaren wollen, sollte der AG sich diesbezgl. einmal Gedanken machen! Hier ist es dann ja mögl. Weise so, dass Betroffene Nachteile befürchten, weil der AG sich hier nicht offen und vor allem positiv diesem Thema und seiner Verantwortung gegenüber Schwerbehinderten zeigt.

Er sollte also den Zustand schaffen, dass sich Schwerbehinderte willkommen und gut aufgehoben fühlen.

Die immer mehr zunehmende Rechtsmeinung ist, dass diese Frage wie auch die Frage nach einer Schwangerschaft unzulässig ist, bzw. belogen werden darf. Eine solche Frage könnte ein Indiz für einen Verstoß gegen das AGG begründen. Besonders, dann wenn ggf. gerade solche Koll. dann nicht berücksichtig werden. Daher wird AG eigentlich angeraten solche Fragen gar nicht erst zu stellen. Viel sinnvoller ist es dann im Rahmen des Vorstellungsgespräches auf MA-Vertretungen wie BR und SchwbV hinzuweisen wie aber auch auf ggf. ansonsten vorhandenen positiven Einrichtungen für die AN, wie z.B. Sozialbetreuung sofern vorhanden und Gleichstellungsbeauftrage usw.!

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