Neue BV Entgelt inkl. BV Zielvereinbarungssystem (Umgang mit BR / PR)

Manfred Kohl, Monday, 01.12.2008, 16:18 (vor 5647 Tagen)

Im Rahmen einer neuen BV Entgelt wird zwischen BR und AG auch eine BV zu einem neuen Zielvereinbarungssystem verhandelt. Im wesentlichen handelt es sich bei dem vorgeschlagenen Zielvereinbarungssystem um die Methode, mit welcher im Rahmen der Feststellung variabler Gehaltsbestandteile individuelle Leistungs- und Ertragsboni errechnet werden, d.h. je höher der Grad der jeweiligen Zielerreichung pro Jahr, je höhere im Prinzip der individuelle Bonus.

Hierzu die Frage: meines Erachtens muss bei einem solchen System eine Klausel enthalten sein, die es ermöglicht, die möglicherweise aufgrund der Behinderung geringeren Zielerreichungsgrade von Schwerbehinderten so zu berücksichtigen, dass den Schwerbehinderten aus einem solchen Zielerreichungssystem kein prinzipieller Nachteil entsteht.

Anders ausgedrückt muss gewährleistet sein, dass ein Schwerbehinderter, für den aufgrund seiner Behinderung eine Zielerreichung von lediglich 80% bereits das Maximum darstellt, dafür auch einen Boni erhält der 100%-iger Zielerreichung entspricht.

Diese Klausel bzw. ein solcher Nachteilsausgleich kann bereits im Zielvereinbarungsgespräch zwischen SB und AG berücksichtigt werden oder aber in der späteren Kalkulation der faktischen Bonunszahlungen.

Haltet Ihr eine solche Vorgehensweise für richtig oder klingt das zu sehr nach "Extrawurst" für SB> Für Euere Meinungen wäre ich Euch sehr dankbar

Gruß von Manfred Kohl

Neue BV Entgelt inkl. BV Zielvereinbarungssystem

hackenberger, Monday, 01.12.2008, 16:46 (vor 5647 Tagen) @ Manfred Kohl

Hallo Manfred,

Du hast grundsätzlich Recht mit Deinen Aussagen hier. Die vereinbarten und später ausgewerteten Ziele müssen die sich aus der Behinderung ergebenen Auswirkungen berücksichtigen.

Man kann hier aber nicht mit %%% handeln.

Denn ob und in welcher Form sich die Behinderung auf die Arbeit und damit auf die Ziele auswirken ist unterschiedlich. Es muss also die individuelle Leistungsmöglichkeit Einfluss/ Beachtung finden.

Die 100% Zielerreichung/ Leistung kann also vo der des Nichtbehinderten abweichen.

Die Rechtsgrundlage ist hier § 81 (4) SGB IX.

Du hast ja das Recht dich hier in die zu verhandelnde BV einzubringen oder das Ganze in der InTV (Integrationsvereinbarung) aufzunehmen.

Die SchwbV ist auch bei der Vereinbarung der Ziele (Zielevereinbarung) und bei der Feststellung der erreichte Ziele (Zielerreichung) gem. § 95 (2) dabei. Auch hier ist die Rechtsgrundlagen § 95 (2) i.V. mit § 81 (4) SGB IX.

» Haltet Ihr eine solche Vorgehensweise für richtig oder klingt das zu sehr
» nach "Extrawurst" für SB> Für Euere Meinungen wäre ich Euch sehr dankbar
Nein, ist einfach nur gut mit und für Schwerbehinderte gedacht.

Ich hatte dieses auch in meinem Betrieb geregelt, es bedurfte aber einiger eindringlicher Gespräche mit dem AG und den Verantwortlichen Vorgesetzten.


PS: Ein Beitrag mit Anrede ließt sich schöner ;-)

Du kannst auch einmal die Suchfunktion "zielvereinbarung" nutzen, dann findest Du noch Beiträge zu diesem Thema

Neue BV Entgelt inkl. BV Zielvereinbarungssystem

zicko, Bayern, Tuesday, 02.12.2008, 16:50 (vor 5646 Tagen) @ hackenberger

Hallo,

dieses Thema beschäftigt mich auch seit einem Jahr.
Bei uns im Betrieb gibt es ein Topleisterprinzip, wonach AN, die mehr als 100% des Arbeitspensums schaffen, einen Bonus erhalten.
Nun finde ich, dass AN, die schwerbehindert sind und in Ihrer Arbeitsleistung beeinträchtigt sind, es verdient hätten, bereits bei 100%-Zielerreichung eine Honorierung zu bekommen.
Denn diese AN gehen auch über ihre normale Leistungsfähigkeit hinaus, um die 100% zu erreichen, und sind indirekt somit auch "Top-Leister".

Was habe ich nun vom AG an Argumenten zu hören bekommen:
=> Der schwerbehinderte AN wird der Abteilung als 1 MAK (Mitarbeiterkapazität) angerechnet und deshalb muss er sich auch an den "Gesunden" messen lassen. Und
=> Es liegt ein Schwerbehindertenausweis vor. Dieser bestätigt amtlich, dass eine gesundheitliche Beeinträchtigung vorliegt. Ein Schwerbehindertenausweis und "Top-Leister" stehen somit in einem Widerspruch.
Was soll ich da noch groß diskutieren>

Dzt. überlege ich einen anderen Weg:
Jeder schwerbehinderte AN hat ja 5 Tage Zusatzurlaub.
Bei uns wurden die ganzen Ziele auf Basis von 200 Arbeitstagen berechnet. Ich kann ja jetzt versuchen, dass die 5 Tage Zusatzurlaub auf die 200 Tage umgerechnet werden und den schwerbehinderten AN somit die Ziele um 2,5% reduziert werden.

Könnt Ihr mir vielleicht einen besseren Tipp geben>
Danke!

Schönen Abend!
zicko

Neue BV Entgelt inkl. BV Zielvereinbarungssystem

hackenberger, Tuesday, 02.12.2008, 22:38 (vor 5646 Tagen) @ zicko

Hallo "zicko",

Erst einmal der Hinweis, auch Schwerbehinderte sind Leistungsfähig und somit Leistungsträger!

Die Leistung eines Schwerbehinderten kann behinderungsbedingt von der leistung eines Nichtbehinderten abweichen! Der AG hat dann die Möglichkeit für behinderungsbedingte Leistungseinschränkungen Mittel aus der SchwbAV als Ausgleich in Anspruch nehmen.

» Nun finde ich, dass AN, die schwerbehindert sind und in Ihrer
» Arbeitsleistung beeinträchtigt sind, es verdient hätten, bereits bei
» 100%-Zielerreichung eine Honorierung zu bekommen.
» Denn diese AN gehen auch über ihre normale Leistungsfähigkeit hinaus, um
» die 100% zu erreichen, und sind indirekt somit auch "Top-Leister".
Dieser Ansatz ist so nicht ganz optimal. Man sollte die "gleiche" porzentuale Stufungen auch bei Schwerbehinderten anwenden, nur sind halt die Anforderungen welche als Grundlage dienen auf Grund der behinderungsbedingten Auswirkungen an zu passen.

Beispiel: Nichtbehinderter hat sofern er in der Prduktion die Stückzahl 100 erreicht 100% Zielerreichung. Beim Schwerbehinderten wird auf Grund der behinderungsbedingten Aus-/ Einwirkungen auf die zu erbringende Arbeit die 100% Zielereichung schon bei einer Stückzahl von 90 erreicht.
Somit erhalten beide, Nichtbehinderter und Behinderter wegen einer Zielerreichung von 100% die gleiche Honorierung. Der AG benatragt für die behinderungsbedingte Leistungseinschränkung von 10 Stück Mittel der SchwbAV. Somit ist allen geholfen!;-)
Dieses ist dann auch die Umsetzung des Rechtsanspruches der Schwerbehinderten aus § 81 (4) SGB IX.

» Was habe ich nun vom AG an Argumenten zu hören bekommen:
» => Der schwerbehinderte AN wird der Abteilung als 1 MAK
» (Mitarbeiterkapazität) angerechnet und deshalb muss er sich auch an den
» "Gesunden" messen lassen.
Ja, möchte der Schwerbhinderte auch gerne!
Doch hier macht der AG einen Fehler, denn er spart für den betroffenen Schwerbehinderten ein Fehlbelegungsabgabe. Diese muss auch der Kostenstelle auf welcher der Schwerbehinderte beschäftigt wird gut geschrieben werden. Daher darf diese gesparte Fehlbelegungsabgabe nicht ein einem zentralen Topf verschwinden.

» Und
» => Es liegt ein Schwerbehindertenausweis vor. Dieser bestätigt amtlich,
» dass eine gesundheitliche Beeinträchtigung vorliegt. Ein
» Schwerbehindertenausweis und "Top-Leister" stehen somit in einem
» Widerspruch.
» Was soll ich da noch groß diskutieren>
Dem AG verständlich machen, dass eine solche Sicht dirkriminierd ist! Es kann somit auch ein Problem mit dem AGG ergeben.

» Jeder schwerbehinderte AN hat ja 5 Tage Zusatzurlaub.
» Bei uns wurden die ganzen Ziele auf Basis von 200 Arbeitstagen berechnet.
» Ich kann ja jetzt versuchen, dass die 5 Tage Zusatzurlaub auf die 200 Tage
» umgerechnet werden und den schwerbehinderten AN somit die Ziele um 2,5%
» reduziert werden.
Das ist ein guter und richtiger Ansatz.

Den Beauftragten für die belange der Schwerbehinderten des AG hier einbinden. Er möge bitte den Verantwortlichen hier das Thema auch einmal erklären.

Weiter solchen Führungskräften einmal erklären, dass sie morgen selbst Betroffene sein können und dann bestimmt eine ganz andere Sicht haben. Also auch Hiweis auf den Auspruch von Richard v. Weizsäcker:
"Nicht Behindert zusein,ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jeder Zeit genommen werden kann." :flower:

Neue BV Entgelt inkl. BV Zielvereinbarungssystem

Manfred Kohl, Tuesday, 20.01.2009, 16:21 (vor 5597 Tagen) @ zicko

Hallo Zicko,

gerade erst aus dem Urlaub zurück, erlaube ich mir erst jetzt, auf Deinen Beitrag zu reagieren:

wir haben mittlerweile in dem BR der KfW IPEX-Bank GmbH ein Eckpunktepapier zu einer BV Zielvereinbarung erarbeitet, wo derzeit folgender Passus zu diesem Thema steht:

"Bei der Beurteilung der Zielerreichung von Schwerbehinderten ist deren Behinderung angemessen zu berücksichtigen. Bei persönlich nicht zu vertretender Minderung der Leistungsfähigkeit im Beurteilungsjahr, die eine reduzierte Zielerreichung zur Folge hätte, ist die verminderte Leistungsfähigkeit angemessen zu berücksichtigen. Im Zweifel ist in diesen Fällen für die persönlichen Ziele der Durchschnitt der Punktwerte der persönlichen Ziele der zwei Vorjahre anzunehmen.

Dies ist mir noch zu unkonkret und dem goodwill des AG überlassen, deshalb will ich hier noch ein praktikables Beispiel einfügen und evtl. Deine Idee mit den 2,5% Reduktion der Zieldefinition einbauen.

Allerdings haben wir Schwerbehinderte 6 Tage Sonderurlaub, aber was macht man mit Gleichgestellten, wo diese Lösung nicht passend ist>

Gruß von Manfred Kohl

Neue BV Entgelt inkl. BV Zielvereinbarungssystem

zicko, Bayern, Tuesday, 20.01.2009, 16:46 (vor 5597 Tagen) @ Manfred Kohl

Hallo Manfred,

ich habe mich da mit dem Zusatzurlaub ein wenig ungenau ausgedrückt.
In der Tat ist es nämlich so, dass wir eine 5 Tage-Woche haben.
Richtig wäre:
Bei uns werden dzt. die Ziele auf 40 Arbeitswochen berechnet. Die 1 Woche Zusatzurlaub bei Schwerbehinderten wird dabei nicht berücksichtigt.
Ich werde deswegen mit dem AG-Beauftragten ein Gespräch führen.

Was die Gleichgestellten betrifft, gebe ich Dir Recht, dass diese zunächst nicht dabei wären.
Ich hoffe aber, zumindest mit diesem Vorstoß auf der gesetzlichen Basis Zusatzurlaub beim AG "den Füß in die Türe zu bekommen".

Schönen Abend wünscht
zicko

Neue BV Entgelt inkl. BV Zielvereinbarungssystem

hackenberger, Tuesday, 20.01.2009, 16:49 (vor 5597 Tagen) @ Manfred Kohl

Hallo Manfred,

Schwerbehinderte und Gleichgestellte müssen hier gleichbehandelt werden. Am einfachsten ist es in solchen Regelungen immer einfach als Geltungsbereich die Menschen welche unter den § 2 SGB IX fallen auf zu nehmen. Dann hat man beide Gruppen, Gleichgestellte und Schwerbehinderte.

Der Zusatzurlaub spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle und sollte hier auch nicht in die Diskussion eingebracht werden.

Auch hier eine Regelung auf Grundlage von %% oder Vorjahresergebnissen oder Durchschnittsergebnissen ist zu mindest ungeschickt.

Man sollte sich nicht erst bei der Bewertung der Ziele Gedanken machen, sondern schon bei der Vereinbarung der Ziele. Also nur Ziele vereinbaren welche die Behinderung und/ bzw. deren mögliche Auswirkungen auf die Arbeit beachten.

Bei der Bewertung der erreichten Ziele dann auch wieder Berücksichtigung der o.a. Argumente. Einfach also ein paar Gedanken mehr machen. Es geht, dass kann ich aus persönlicher Erfahrung sagen.

Die SchwbV ist bei allen Prozessen hier zu beteiligen, Grundlage § 95 (2) i.V. mit § 81 (4) SGB IX. Die SchwbV ist also jeweils vor Entscheidungen zu hören und soll hier ihre Argumente/ Erfahrung einbringen.

Was auch die zukünftige Umsetzung erleichtert ist der Umstand, dass man die Beteiligungsrechte der SchwbV bzw. die Pflichten des AG, hier die SchwbV vor den jeweiligen Maßnahmen zu hören, in einer solchen Regelung / BV nochmals aufnimmt. Denn gerade Führungskräfte welche ja dieses umsetzen müssen kennen dieses leider oftmals nicht. Dieses führt dann zu vermeidbaren Problemen.

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