öffentliche Arbeitgeber sind nicht mehr verpflichtet...

WoBi, Wednesday, 04.10.2017, 11:12 (vor 2389 Tagen) @ Apfelsaft

Hallo Apfelsaft,

durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG) ist auf Anregung des Bundesrates, also der Länderkammervertretung und zugleich für den größten öffentlichen Arbeitgeber, eine Änderung für öffentliche Arbeitgeber in das SGB IX gekommen. Auch wenn der ehemalige Behindertenbeauftragte der Bundesregierung Hubert Hüppe darin eine Verschlechterung der Vermittlungschancen von arbeitslosen behinderten Menschen sieht, entspricht die Anpassung der ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechungen. Wenn kein Arbeitsplatz extern ausgeschrieben wird, kann dieser nicht durch einen (arbeitslosen / arbeitssuchenden) Externen besetzt werden.

Am 31.12.2016 wurde der § 82 SGB IX erweitert:
"Die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber melden nach einer erfolglosen Prüfung zur internen Besetzung des Arbeitsplatzes den Agenturen für Arbeit frühzeitig frei werdende und neu zu besetzende Arbeitsplätze (§ 73) ...."

Die Prüfpflicht steht seit 2001 in § 81 SGB IX.

Die Verpflichtungen aus § 81 SGB IX gelten für alle Arbeitgeber. § 82 SGB IX sind zusätzliche Pflichten für öffentliche Arbeitgeber. Erst wenn keine interne Versetzung / Umsetzung oder Beförderung von schwerbehinderten Beschäftigten erfolgt, ist der frei / frei werdende Arbeitsplatz der Agentur für Arbeit zu melden.

Die Verpflichtung zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch für schwerbehinderte oder gleichgestellte Bewerber gilt weiterhin. Die einzige Ausnahme von der Verpflichtung zur Einladung steht in Satz 3 von § 82 SGB IX und ist die offensichtlich fehlende fachliche Eignung

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Gruß
Wolfgang

öffentliche Arbeitgeber sind nicht mehr verpflichtet...

Cebulon, Wednesday, 04.10.2017, 16:45 (vor 2388 Tagen) @ WoBi

Die Verpflichtung zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch für schwerbehinderte oder gleichgestellte Bewerber gilt weiterhin.

Hallo, ist so pauschal wohl nicht ganz richtig bei rein interner Ausschreibung im öffentlichen Dienst: Dann besteht nämlich m.E. keine Pflicht zu einer Einladung Schwerbehinderter zu Vorstellungsgesprächen laut Düwell/Beyer, BTHG, Das neue Recht für behinderte Beschäftigte, Abschnitt: Interne Stellenbesetzung bei öffentlichen Arbeitgebern, Seite 67-68, Rn 101 Nr. 4.

Finden aber dennoch Auswahlgespräche statt, dann wäre natürlich auch die SBV mit im Boot und müsste geladen werden zu diesen Gesprächen!

Gruß,
Cebulon

öffentliche Arbeitgeber sind nicht mehr verpflichtet...

WoBi, Wednesday, 04.10.2017, 19:09 (vor 2388 Tagen) @ Cebulon

Hallo Cebulon,

bin immer an deiner fachlichen Meinung interessiert. Kann dabei einiges Lernen.

Die Entscheidung ob ein neuer / frei werdender und wiederzubesetzender Arbeitsplatz nur intern oder intern/extern ausgeschrieben wird, trifft der öffentliche Arbeitgeber. Eine nur interne Ausschreibung kann z.B. haushaltsrechtliche Gründe haben.

Wäre die folgende Matrix korrekt, wenn die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlt?
- bei nur interner Stellenausschreibung keine Pflicht zur Einladung von externen schwerbehinderten Bewerbern
- bei nur interner Stellenausschreibung Pflicht zur Einladung von internen schwerbehinderten Bewerbern
- bei externer Stellenausschreibung Pflicht zur Einladung von internen und externen schwerbehinderten Bewerbern

Der § 82 Satz 2 SGB IX kennt m.E. keine Differenzierung zwischen internem oder externem schwerbehinderten Bewerber bezüglich der Verpflichtung zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch.

Wenn ein öffentlicher Arbeitgeber seine durch das BTHG verdeutlichte Prüfpflicht gegenüber bereits beschäftigte Schwerbehinderte in § 82 Satz 1 SGB IX i.V.m. § 81 Abs. 1, Satz 1 SGB IX aktiv durchführt, könnte sich eine geplante Stellenausschreibung erübrigen. Der Arbeitsplatz würde durch Versetzung/Umsetzung oder Beförderung eines bereits beschäftigten Schwerbehinderten besetzt werden. Dieser Arbeitsplatz stünde nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung.
Nach § 81 Abs.1 Satz 6 ist die SBV nach § 95 Abs. 2 SGB IX bei der Prüfung zu beteiligen und der Personalrat dazu anzuhören.

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Gruß
Wolfgang

öffentliche Arbeitgeber sind nicht mehr verpflichtet...

Cebulon, Wednesday, 04.10.2017, 21:10 (vor 2388 Tagen) @ WoBi

Wäre die folgende Matrix korrekt, wenn die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlt?
- bei nur interner Stellenausschreibung keine Pflicht zur Einladung von externen schwerbehinderten Bewerbern
- bei nur interner Stellenausschreibung Pflicht zur Einladung von internen schwerbehinderten Bewerbern
- bei externer Stellenausschreibung Pflicht zur Einladung von internen und externen schwerbehinderten Bewerbern

JA - NEIN - JA

Wenn jedoch bei interner Ausschreibung auch nur ein einziger externer Bewerber in die Auswahl einbezogen würde bzw. nicht alle Externe konsequent aussortiert werden sollten, würde dadurch eine anfänglich rein interne Stellenausschreibung rechtlich zur externen werden (so wie bisher). Wäre dann ja nicht mehr ein aus­schließ­lich internes Stellenbesetzungsverfahren, sondern vielmehr widersprüchliches Verhalten zur Stellenausschreibung.

Ebenso Dr. Dirk Schnelle, in: NZA 14/2017, Seite 880-884, wonach die interne Stellenausschreibung "mit der Zulassung externer Bewerber keine interne mehr wäre und der Arbeitgeber die Stelle bei der Agentur für Arbeit melden müsste".

Der § 82 Satz 2 SGB IX kennt m.E. keine Dif­fe­ren­zie­rung zwischen internem oder externem schwer­be­hin­der­ten Bewerber bezüglich der Verpflichtung zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch.

Richtig, wenn man den isoliert lesen würde: Dieser Satz 2 bezieht sich jedoch auf den Satz 1, und dort wird klar differenziert zwischen intern und extern.

Gruß,
Cebulon

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Cebulon, Wednesday, 04.10.2017, 16:30 (vor 2388 Tagen) @ Apfelsaft

Wer kann mir sagen, was da dran ist?

Hallo, was da dran ist an der Rechtsänderung 2016 (§ 82 SGB IX) und an der künftigen Rechtsänderung 2018 (§ 165 SGB IX) wurde ausführlich dargestellt im BTHG-Handbuch Düwell/Beyer, Das neue Recht für behinderte Beschäftigte, Abschnitt: Interne Stellenbesetzung bei öffentlichen Arbeitgebern, Seite 67-68. Danach gilt unter anderem: Sollte auch bei rein interner Ausschreibung zu Vorstellungsgesprächen geladen werden, dann ist auch die SBV zu diesen Auswahlgesprächen zu laden (so wie bisher).

Zu den im alten Recht bestehenden unterschiedlichen Ansichten vgl. Düwell, LPK-SGB IX § 81 Rn.140. Zum neuen Recht vgl. Düwell/Beyer, BTHG, Rn. 101 Nr. 4:

"Folglich muss öffentliche AG auch dann, wenn er aus­schließ­lich zur internen Besetzung Stellen ausschreibt,

4. sobald er sich entscheidet, Auswahlgespräche durch­zuführen, die SBV davon unterrichten und ihr nach § 95 Abs. 2 S. 4 SGB IX Gelegenheit zur Teilnahme geben."

Gruß,
Cebulon

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