Vorlage des amtsärztlichen Gutachtens bei Zurruhesetzung eines Beamten (Rente / Pension / ATZ)

gismo, Berlin, Thursday, 16.11.2017, 05:47 (vor 2343 Tagen)

Hallo liebe Mitstreiter,
§ 95 Abs. 2 verlangt bekanntlich vor einer Maßnahme, die einen einzelnen Schwerbehinderten betrifft, eine umfassende Unterrichtung. Ich meine, bei der Versetzung in den Ruhestand eines Beamten gehört die Vorlage des amtsärztlichen Zeugnisses hinzu, damit sich die SBV ein Bild von der Sach- und Rechtslage machen kann. Insbesondere muss die SBV die Schlüssigkeit des Gutachten prüfen und ggf. rügen können, weil sich die Zurruhesetzung ganz wesentlich darauf stützt.
§ 95 Abs. 3 regelt das Einsichtsrecht in die Personalakte durch den Schwerbehinderten unter Hinzuziehung der SBV. Ein amtsärztliches Gutachten ist ja auch Teil der Personalakte, so dass man auch die Auffassung vertreten kann, dass die SBV nur nach Einwilligung des Betroffenen in das Gutachten Einsicht nehmen kann.

Andererseits sind auch die Unterrichtung der SBV und alle darin befindlichen Angaben Personalaktenbestandteil mit der Folge, dass alle Angaben nach der zweiten Alternative letztlich nur mit Einwilligung des Betroffenen an die SBV gegeben werden könnten.
Wie seht Ihr das bzw. wie ist bei Euch die Praxis? Bekommt Ihr die amtsärztlichen Gutachten?
Viele Grüße
gismo

Vorlage des amtsärztlichen Gutachtens bei Zurruhesetzung eines Beamten

KaivonderKüste, Friday, 17.11.2017, 13:16 (vor 2342 Tagen) @ gismo

Im Bundesbeamtenrecht regeln die §§ 44 Abs.6 und 47 Abs.1 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) die Vorstellung beim Amtsarzt vor der beabsichtigten (Früh-) Pensionierung. Vor der Vorlage zur Vorstellung beim Amtsarzt mit der entsprechenden Fragestellung zur beabsichtigten Pensionierung - und dies ist bereits eine Entscheidung - ist die Schwerbehindertenvertretung anzuhören (vgl. § 95 SGB IX).

Wir haben bei uns lange darum hart streiten müssen, dass alle Vorlagen für die Vorstellung beim personalärztlichen Dienst oder Amtsarzt vor der Vorlage uns zur Kenntnis gegeben werden. Aktuell geht es jetzt darum, dass bei den Fällen, bei denen die SV Einwände hat, diese von unserer Personalverwaltung ignoriert werden. Der Klärungsprozess läuft.

Nach dem Termin erhalten wir als Antwort ein zusammengefasstes Ergebnis. Die Gutachten haben wir selbst nie sehen wollen. Dazu haben wir auch nicht die medizinischen Kenntnisse, um dieses angemessen auswerten zu können.;-)

Sollte ein Beamter mit der anstehenden Pensionierung nicht zufrieden sein, kann er binnen eines Monats Einwände erheben (§ 47 Abs.2 Satz 1 BBG). Nach dieser Frist entscheidet die zuständige Behörde abschließend und erteilt einen entsprechenden Bescheid(§ 47 Abs. 2 Satz 2 und Abs.3). Dies gehört m.E. immer noch zu der im ersten Absatz genannten Grundentscheidung. Als SV kann ich den/die Betroffene/n, sofern er bei mir Rat sucht, beraten, welche Gründe aus Sicht der SV gegen die Pensionierung sprechen.

Bleibt die Behörde bei ihrer Entscheidung und pensioniert die betroffene Person, bleibt nur noch der Rechtsweg. Hier kann ich nur - wie schon an anderer Stelle erwähnt- empfehlen, dass diese Person hoffentlich Mitglied einer Fachgewerkschaft ist, die einen entsprechenden qualifizierten Rechtsschutz für das Widerspruchs- und Klageverfahren geben kann.

BEDENKE: Im Beamtenrecht kollidieren oft der Grundgedanke des SGB IX mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Vieles ist rechtlich nach meiner Kenntnis oft im Sinne der Tradition geregelt oder beurteilt. Aber im Zuge der europäischen Gerichtssprechung zur Benachteiligung kann hoffentlich bald auch das SGB IX mehr bei den Beamten Anwendung finden.

Vorlage des amtsärztlichen Gutachtens bei Zurruhesetzung eines Beamten

gismo, Berlin, Monday, 20.11.2017, 12:34 (vor 2339 Tagen) @ KaivonderKüste

Lieber KaivonderKüste,
herzlichen Dank für Deine Antwort.
Bei uns ist das Interessante an dem Fall, dass man mir bislang immer das Gutachten vorgelegt hat, etwa bei Pensionierungen oder auch bei positiven Leistungsbildern. Medizinische Kenntnisse sind hierfür nicht erforderlich, da der medizinische Dienst lediglich Schlussfolgerungen zieht, etwa wann mit der Dienstfähigkeit wieder zu rechnen ist bzw. welche Tätigkeiten der Beamte noch ausüben kann bzw. welche nicht.
Bei einer Zurruhesetzung war es mir bislang immer wichtig, diese Argumentationsweise des medizinischen Dienstes nachvollziehen zu können, handelt es sich hier doch um eine sehr gravierende Maßnahme.

Aber auch wenn Ihr diese Gutachten nicht haben wollt, hilft mir das für meine Fragestellung weiter.

Vielleicht gibt's noch weitere Einschätzungen hier?
Viele Grüße
gismo

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