Kündigung einer gleichgestellten Person (Allgemeines)

Apfelsaft, München/ Bayern, Monday, 05.02.2018, 08:39 (vor 2269 Tagen)

2015 wurde versucht einer Mitarbeiterin krankheitsbedingt zu kündigen. Zu diesem Zeitpunkt hatte man das Blatt nochmals wenden können und der Arbeitgeber hat seine Kündigung zurück gezogen.
Seit 2015 bis Heute immer wieder krankheitsbedingte häufige Fehlzeiten. Mehrmals wurde der Kollegin angeboten, ein Fehlzeitengespräch <BEM> zu führen. Sie hat jedes Mal angelehnt.
Nun 2018 will man der Kollegin erneut kündigen. Da Sie immer wieder Maßnahmen wie Fehlzeitengespräche- BEM abgelehnt hat. Was sollte die SBV da noch tun?
Vielen Dank im Voraus für Eure Meinungen.

Kündigung einer gleichgestellten Person

albarracin, Baden-Württemberg, Monday, 05.02.2018, 10:38 (vor 2269 Tagen) @ Apfelsaft

Hallo,

Was sollte die SBV da noch tun?

Vielleicht sollte sich die SBV von der Fixierung auf das BEM lösen und für die betroffene ANin die Einleitung eines Präventionsverfahrens nach § 167 Abs. 1 SGB IX (§ 84 Abs. 1 aF) verlangen, welches der AG eigentlich schon längst hätte einleiten müssen.
Die Eröffnung dieses Verfahrens ist nämlich erst mal nicht abhängig von der Zustimmung der betroffenen ANin.

Solange der AG dieses Verfahren (insbesondere die Einschaltung des IA) nicht eingeleitet hat, hat das IA ausreichend Grund, einer Kündigung zu widersprechen.

Vielen Dank im Voraus für Eure Meinungen.

Bitte sehr

--
&Tschüß

Wolfgang

Kündigung einer gleichgestellten Person

WoBi, Monday, 05.02.2018, 10:43 (vor 2269 Tagen) @ Apfelsaft

Hallo Apfelsaft,

wenn es um eine schwerbehinderte oder gleichgestellte Person geht hat der Arbeitgeber nicht nur das BEM nach § 167 Abs. 2 SGB IX zu beachten, sondern auch den 167 Abs. 1 SGB IX.

Ein Schritt wäre die Bedeutung von BEM aufzuzeigen und die Folgen einer Ablehenung von BEM durch die betroffene Person. Ein Arbeitgeber ist verpflichtet BEM ggf. nach den Regelungen einer Betriebs-/Dienstvereinbarung anzubieten, wenn 6 Wochen Krankheitszeiten innerhalb von 12 Monaten aufgelaufen sind. Wenn die berechtigte Person das BEM ablehnt, sind dem Arbeitgeber die "Hände gefesselt" und er hat seiner Verpflichtung genüge getan.
Der Weg zu einer personenbedingten Kündigung ist dadurch eröffnet, allerdings bei schwerbehinderten Menschen unter Beachtung des ersten Absatzes.

--
Gruß
Wolfgang

Kündigung einer gleichgestellten Person

wurzelkasper, Monday, 05.02.2018, 16:47 (vor 2269 Tagen) @ WoBi

Mich würde erst mal interessieren was im Rahmen des § 167 Abs. 1 SGB IX bisher passiert ist?
Das wird für mich nicht ganz klar aus dem Eröffnungspost.

So wie ich das verstehe, man möge mich korrigieren, ist die SBV, die Betroffene und der AG in Gesprächen.
Vielleicht nicht alle immer am gleichen Tisch aber im Zweiergespräch schon.
Sonst wüste die SBV ja nicht das man die Kollegin jetzt wieder kündigen will. Das kann ja nur aus einem Gespräch mit dem AG oder Betroffenen bekannt sein. Weil als erfolgt lese ich das nicht aus dem Posting.

Ob damit die Anforderungen des §167 Abs. 1 SGB IX ausgeschöpft sind kann ich mit dem Wissenstand nicht beurteilen.

Kündigung einer gleichgestellten Person

Apfelsaft, München/ Bayern, Monday, 05.02.2018, 21:34 (vor 2269 Tagen) @ Apfelsaft

Die Mitarbeiterin hat schon mehrfach Fehlzeitengespräche abgelehnt. 2015 wollte man Ihr bereits kündigen. Wurde damals nochmals zurückgenommen. Seit 2015 mehrmals an verschiedenen Sachen erkrankt. Der Arbeitgeber bot Ihr an, Fehlzeitengespräche zu führen. Die hat Sie immer wieder abgelehnt. Ohne Angabe von Gründen. Die SBV bekommt dann bei und so etwas nicht mit. Sie wird angeschrieben lehnt jedesmal ab und das was. An den Personalrat und der SBV hat die sich nie gewand. Ich bekamm lediglich eine Kopie des Schreibens an das Integrationsamtes. Wo drin steht, dass man ihr kündigen möchte.Danke

Kündigung einer gleichgestellten Person

albarracin, Baden-Württemberg, Tuesday, 06.02.2018, 08:51 (vor 2268 Tagen) @ Apfelsaft

Hallo,

wenn die SBV nicht "mitbekommt", daß der AG Fehlzeitengespräche (was nicht identisch sein muß mit BEM) mit schwerbehinderten/gleichgestellten AN führen will, dann ist das zuerst einmal ein Problem der SBV, die ihre Rechte nicht einfordert und durchsetzt.

Und eine SBV, die offensichtlich in der Vergangenheit nichts vom früheren § 84 Abs. 1 SGB IX ( jetzt § 167 Abs. 1) wußte bzw. die Vorschrift nicht genutzt hat, muß sich schon Fragen nach Kenntnissen und/oder Amtsverständnis gefallen lassen.

Außerdem ist aus dem Thread nicht ersichtlich, daß die SBV schon mal was von ihrem neuen Recht (seit 29.12.2016 § 95 Abs. 2 Satz 3 > ab 01.01.2018 § 178 Abs. 2 Satz 1) auf Anhörung bei Kündigung gehört hat.

--
&Tschüß

Wolfgang

Kündigung einer gleichgestellten Person

MatthiasNRW, Tuesday, 06.02.2018, 09:51 (vor 2268 Tagen) @ albarracin

Hallo Wolfgang,

sehr harte Worte der Kollegin/dem Kollegen gegenüber.
Das Forum soll doch genau den Austausch ermöglichen und auch dem Erkenntnisgewinn dienen.
"Apfelsaft" ist doch unzweifelhaft bemüht, die Möglichkeiten der SBV zu nutzen.

Nicht zuletzt stehen doch Kenntnisse auch in Wechselwirkung mit der Philosophie des Dienstherren als Arbeitgeber sowie der Bereitschaft der Kolleginnen und Kollegen der Mitarbeitervertretung, die Beteiligung der SBV zu forcieren.

Wenn das Instrument des bEM vorrangig als Fehlzeitengespräch wahrgenommen wird, zeigt mir persönlich das schon sehr viel. Nämlich, dass der Präventionsgedanken generell schwächer ausgeprägt zu sein scheint.

Der Hinweis auf § 167 Abs. 1 SGB IX ist sicher sinnvoll und richtig.

Von meiner Seite aus möchte ich noch auf das Schulungsprogramm des Integrationsamtes in Bayern hinweisen:
https://www.kurse-inklusionsamt-bayern.de/index.html

Hilfreich ist nicht nur der fachliche Input, sondern auch der Austausch mit anderen SBVen und Tipps zur Vorgehensweise.

--
Gruß
Matthias

Kündigung einer gleichgestellten Person

WoBi, Tuesday, 06.02.2018, 10:25 (vor 2268 Tagen) @ MatthiasNRW

Hilfreich ist nicht nur der fachliche Input, sondern auch der Austausch mit anderen SBVen und Tipps zur Vorgehensweise.

Hallo Apfelsaft,
dazu gibt es in München mehrere gewerkschaftliche Arbeitskreise für Schwerbehindertenvertretungen und den Arbeitskreis Oberbayern. Neben dem ZBFS als zuständige Behörde, gibt es Verbände die in diesem Bereich tätig sind

--
Gruß
Wolfgang

Kündigung einer gleichgestellten Person

Hendrik1, Niedersachsen, Tuesday, 06.02.2018, 13:55 (vor 2268 Tagen) @ Apfelsaft

Moin Moin Apfelsaft,

Du hast aus meiner Sicht 2 Möglichkeiten, deren Folgen ich nicht absehen kann.

1. Dem Arbeitgeber jetzt mitteilen, dass er fehlerhaft gehandelt hat, dann kann er aber die Kündigung zurückziehen und das Präventionsverfahren einleiten, was bei negativem Ausgang auch zu einer Kündigung führen kann, oder aber
2. die unten angeführten Gründe lediglich dem Integrationsamt in der Stellungnahme zur Kündigung mitteilen, was aber dazu führen kann, wenn das Integrationsamt trotzdem der Kündigung zustimmt, dass die Schwerbehinderte bei Gericht eine Kündigungsschutzklage einreichen muss.

Offensichtlich hat die Tatsache, dass die Kollegin bislang diese Gespräche nicht führen wollte, ja nicht zu einem Zustand geführt, dass das Arbeitsverhältnis gefährdet sein kann. Ansonsten hätte der Arbeitgeber ein Präventionsverfahren nach § 84,1 SGB IX( seit 01.01.2018 §167,1 SGB IX) einleiten müssen und die SBV unverzüglich nach § 95,2 SGB IX (seit 01.01.2018 178,2 SGB IX) unterrichten und vor dieser Entscheidung anhören müssen.
Daher würde ich als SBV die Kündigung als formal fehlerhaft durchgeführt ablehnen.

Dann brauchen Punkte, wie warum die Schwerbehinderte das BEM abgelehnt hat, gar nicht erörtert zu werden, denn diese haben ja nicht ausgereicht, um eine oben genannte Reaktion des Arbeitgebers zu bewirken.

Sollte Dein Betrieb auch dem bayrischen Schwerbehindertenerlass unterliegen, gilt auch noch folgendes, falls ich die neueste Version des Erlasses im Internet gefunden habe:

„Rehabilitation und Teilhabe
behinderter Angehöriger
des öffentlichen Dienstes in Bayern
„Fürsorgerichtlinien“
2005

I. Allgemeine Grundsätze
6. Großzügige Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften
Alle zu Gunsten der schwerbehinderten Menschen ergangenen Bestimmungen sind großzügig auszulegen und anzuwenden.

III. Prävention
1. Frühzeitige Prävention
Bei personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Schwierigkeiten im Arbeits- oder Dienstverhältnis, die zu dessen Gefährdung führen können, sind die Schwerbehinderten-vertretung und die Personalvertretung sowie das Integrationsamt unverzüglich einzuschalten, um mit ihnen alle Möglichkeiten und alle zur Verfügung stehenden Hilfen zur Beratung und mögliche finanzielle Leistungen zu erörtern, mit denen die Schwierigkeiten beseitigt werden können und das Arbeits- oder Dienstverhältnis möglichst dauerhaft fortgesetzt werden kann (§ 84 Abs. 1 SGB IX).
2. Betriebliches Eingliederungsmanagement bei längerer Arbeitsunfähigkeit (§ 84 Abs. 2 SGB IX)
2.2 Voraussetzungen und Ziele
Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, hat die Dienststelle mit der Personalvertretung, bei schwer-behinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten zu erörtern, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden kann und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement). Soweit erforderlich, wird auch die Betriebsärztin, der Betriebsarzt hinzugezogen (§ 84 Abs. 1 und Abs. 2 SGB IX). Dies gilt unabhängig von einer Schwerbehinderung oder Gleichstellung für alle Beschäftigten.
Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements sind:
- Überwindung der Arbeitsunfähigkeit;
- Vorbeugung vor erneuter Arbeitsunfähigkeit;
- Erhalt des Arbeitsplatzes/Vermeidung der Dienstunfähigkeit."

Wichtig: Bei BEM-Gesprächen seit ihr mit einzubeziehen, ist dies geschehen? Die Termine, die der Beschäftigten vorgeschlagen wurden, hätten euch mitgeteilt werden müssen. Genau wie die Ablehnungen derselben.
Steht bei Euch das Ziel des BEMs fest?
Wird dies den Beschäftigten auch mitgeteilt?
Die Regelung des Präventionsverfahrens ist großzügig auszulegen I.6. , sie ist ein Schutzrecht für Schwerbehinderte, um frühzeitig das Gespräch zu suchen, damit Kündigungen möglichst vermieden werden können. Warum ist dies hier nicht geschehen?

Fazit:
Durch die Mitteilung der Beschäftigten, dass sie - aus welchen Gründen auch immer - das BEM Gespräch mehrfach abgelehnt hat, wurde ein paradoxer Zustand geschaffen: Das Arbeitsverhältnis wurde einerseits nicht in Gefahr gebracht, da ansonsten das Präventionsverfahren unverzüglich hätte eröffnet werden müssen (SGB IX und bayerischer Erlass), andererseits soll dies Verhalten ohne das Präventionsverfahren dazu ausreichen, dass eine Kündigung ausgesprochen werden soll, weil es dem Arbeitgeber aus seiner Sicht nicht möglich ist, das Arbeitsverhältnis aufrecht zu erhalten.

Darauf muss der Arbeitgeber erst einmal Antworten finden.

Mir ist bewusst, dass das Präventionsverfahren nicht zwingend vor einer Kündigung durchgeführt werden muss, aber bei einem längeren und sich wiederholenden Verhalten oft als Voraussetzung von Arbeitsgerichten abgefragt wird.

Liebe Grüße

Hendrik

Kündigung einer gleichgestellten Person

Hendrik1, Niedersachsen, Tuesday, 06.02.2018, 14:03 (vor 2268 Tagen) @ Hendrik1

Moin Moin Apfelsaft,

nebenbei gibt es bei Euch eine Dienstvereinbarung zum Thema BEM, der negative Folgen von abgelehntem BEM beschreibt, oder aber ausschließt? Wenn ja, kann diese als Argumentationshilfe auch wichtig sein.

Liebe Grüße

Hendrik

Kündigung einer gleichgestellten Person

Hendrik1, Niedersachsen, Tuesday, 13.02.2018, 14:38 (vor 2261 Tagen) @ Hendrik1

Moin Moin Helmut,

gibt es einen neuen Sachstand zum Thema?

Liebe Grüße

Hendrik

Kündigung einer gleichgestellten Person

Apfelsaft, München/ Bayern, Tuesday, 13.02.2018, 15:51 (vor 2261 Tagen) @ Hendrik1

Hendrik danke nein. Ich schreibe sobald es was neues gibt. Schönen Fasching noch.

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