Vorstellungsgespräch (Allgemeines)

karl, Monday, 11.06.2018, 18:07 (vor 2139 Tagen)

Hallo,

ein Schwerbehinderter hat sich vor knapp einem Jahr auf eine Stelle beworben
und wurde abgelehnt, da die erforderliche Qualifikation nicht gegeben war.
Dies wurde im Vorstellungsgespräch deutlich.
Jetzt hat sich die gleiche Person auf eine neue Stelle mit den gleichen
Anforderungen beworben. Die Geschäftsleitung möchte ihn zu keinem
Vorstellungsgespräch einladen und will von der SBV ein Zustimmung.
Ich habe selbst Zweifel, ob dies rechtens ist. Vielen Dank für eine
Antwort.

Vorstellungsgespräch

WoBi, Monday, 11.06.2018, 18:49 (vor 2139 Tagen) @ karl

Hallo Karl,

öffentlicher Arbeitgeber oder privater Arbeitgeber?
Dies ist für die Beantwortung von Bedeutung, da öffentliche Arbeitgeber eine Verpflichtung zum Vorstellungsgespräch haben. Diese kann nur entfallen, wenn die fachliche Eignung öffensichtlich fehlt!

Beschäftigungspflicht erfüllt, also 5 % schwerbehinderte oder gleichgestellte - ggf. 6% bei einer Bundesbehörde?
Sonst sind Arbeitgeber verpflichtet schwerbehinderten Bewerber nach § 164 (alt 81) Abs. 1 Satz 8 SGB IX ein Gespräch (Anhörung) anzubieten, wenn eine Mitarbeitervertretungen nicht mit der beabsichtigten Entscheidung einverstanden ist.
Will deshalb der Arbeitgeber eine Zustimmung der SBV und BR/PR schon vorab? ;-)
Wobei das Risiko einer AGG-Klage beim Arbeitgeber liegt, sollten Umstände für eine Benachteiligung vorliegen.

--
Gruß
Wolfgang

Vorstellungsgespräch

garda, Berlin, Tuesday, 12.06.2018, 07:33 (vor 2138 Tagen) @ karl

ein Schwerbehinderter hat sich vor knapp einem Jahr auf eine Stelle beworben
und wurde abgelehnt, da die erforderliche Qualifikation nicht gegeben war.
Dies wurde im Vorstellungsgespräch deutlich.
Jetzt hat sich die gleiche Person auf eine neue Stelle mit den gleichen
Anforderungen beworben. Die Geschäftsleitung möchte ihn zu keinem
Vorstellungsgespräch einladen und will von der SBV ein Zustimmung.
Ich habe selbst Zweifel, ob dies rechtens ist.

Hallo Karl,

ergänzend zu der Antwort die hier schon kam mal eine ganz praktische Antwort: kann die Person die Qualifikationsmängel inzwischen aufgeholt haben oder war es tatsächlich eher der Qualifikationsnachteil gegenüber den damaligen anderen Bewerbern?

Handelt es sich um harte Fakten und ist nicht aufholbar, dann liegt Nichteignung vor und eine Einladung kann entfallen, denn die Nichteignung wurde ja festgestellt. War das doch eher relativ zu sehen, kann es diesmal ja auch ganz anders aussehen, je nachdem wer sich so bewirbt.

Dazu bleibt die Frage, ob die Qualifikationsmängel aufgeholt bzw. aufgearbeitet werden können oder nicht. Niemandem ob SB oder nicht ist mit einem Job gedient, den er bei erster Gelegenheit wieder verliert, weil er/sie dem Job nicht gewachsen ist.

Meiner Ansicht nach bringt eine Einladung trotz fehlender Eignung immer auch Erwartungen mit sich, die dann doch enttäuscht werden. Ich selbst empfehle meinem AG deshalb gerade in solchen Fällen durchaus nicht immer die Einladung, unabhängig vom formalen Recht. Ist ja am Ende auch immer deren Sache.

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Mit freundlichen Grüßen

Michael

Vorstellungsgespräch

MatthiasNRW, Tuesday, 12.06.2018, 09:32 (vor 2138 Tagen) @ garda

Hallo Michael,

ergänzend zu der Antwort die hier schon kam mal eine ganz praktische Antwort: kann die Person die Qualifikationsmängel inzwischen aufgeholt haben oder war es tatsächlich eher der Qualifikationsnachteil gegenüber den damaligen anderen Bewerbern?

in der Antwort vereint sich die praktische Antwort mit der Rechtsprechung, das passiert auch nicht häufig :-)
Das Arbeitsgericht Karlsruhe hat in seinem Urteil vom 26.01.2016 (2 Ca 425/15) festgestellt, dass kein Indiz für eine Benachteiligung vorliegt, wenn zwischen Vorstellungsgespräch und erneuter Bewerbung auf eine identische Stelle lediglich fünf Wochen liegen.

Um das Gericht zu zitieren: "Anhaltspunkte dafür, dass sich die Bewerbungschancen des Klägers aufgrund Änderungen in seinen Kenntnissen oder seiner Persönlichkeit verändert haben, wurden von dem Kläger weder dargelegt noch sind sie für das Gericht aufgrund des kurzen Zeitraums zwischen dem ersten Bewerbungsgespräch und der erneuten Bewerbung ersichtlich. Der Kläger hat identische Bewerbungsschreiben vorgelegt, so dass der beklagte Landkreis aufgrund der vorgelegten Unterlagen und des vorangegangenen Bewerbungsgespräches diskriminierungsfrei seine Auswahlentscheidung treffen konnte."

Im vorliegenden Fall geht es um einen Zeitraum vom einem Jahr. Hier könnte sich die Eignung verbessert haben. Die Bewerbungsunterlagen könnten hierfür ein Gradmesser sein.

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Gruß
Matthias

Vorstellungsgespräch

Cebulon, Tuesday, 12.06.2018, 18:10 (vor 2138 Tagen) @ karl

Hallo, und hier eine Kommentierung zu ArbG Karlsruhe. Sollte der Bewerber nachweislich weitere Qualifikation im letzten Jahr erworben haben, sollte vorsorglich erwogen werden, ihn erneut zu laden, sofern öff. Dienst, was hier ja offenbar nicht der Fall ist, oder?

Gruß,
Cebulon

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