Urlaub abgelehnt weil keine Vertretung; Überlast vorhanden (Gesamt-Konzern-SBV)

Pernille, Sunday, 22.07.2018, 13:53 (vor 2099 Tagen)

Eine schwerbehinderte Mitarbeiterin (MA) ist für den Bereich "Internationalen Kunden" zuständig. Das Unternehmen ist fokussiert auf Deutschland und deshalb sind die meisten Mitarbeiter mit Deutschland beschäftigt. Die Schwerbehinderte Mitarbeiterin hat keine Vertretung. Die Anfragen sind meistens international und in anderen Sprachen. Sie hat das Gefühl, keiner will diese sprachlichen Anfragen entgegennehmen. Das heißt dann, dass wenn die MA im Urlaub zwei Wochen oder länger reisen will, ist es immer problematisch für den Chef.

Letzte Woche hatte sie einen Urlaubsantrag von drei Wochen Anfang nächstes Jahres gestellt (in dieser Periode ist wenig los für sie) und der Chef hat es abgelehnt mit der Begründung, er will nicht, dass sie drei Wochen im Urlaub ist, da sie ja keine Vertretung hat. Zudem ist diese Mitarbeiterin vor einem Urlaub sehr gestresst, weil die Arbeit in ihrer Abwesenheit einfach liegenbleibt. Sie arbeitet dann vor. Oder wenn sie krank ist, wird die Arbeit nicht erledigt. Das führt dann zu Unzufriedenheit vom Chef, der die Situation nicht versteht. Unser Bertriebsrat helfen leider nicht weiter, da dieser Arbeitgeberfreundlich ist und der generellen Ansicht ist, dass wir ein kleines Unternehmen sind und so von daher sollte MA sowieo nur zwei Wochen am Stück nehmen (das war die Antwort die ich bekam).

Die MA hatte ihre Überlast vor drei Monaten gemeldet (aber nicht schriftlich) da sie gesundheitlich darunter leitet und es fand ein Gespräch mit dem Vorgesetzten und der Personalleiter statt. Es wurde über mangelnde Vertretung für sie und die Arbeitsüberlast gesprochen.. Aber nun kommt es zu einer Ablehnung vom Urlaub hier und das zeigt mir, dass der Chef weiterhin ihre Situation nicht verstanden hat.

Andere Mitarbeiter in dem Fach-Bereich haben je eine benannten Vertretung und dürfen drei Wochen am Stück deshalb im Urlaub. Der Bereich ist sowieso zu dünn besetzt und es ist immer ein Problem wenn jemand krank ist etc.

Ich verstehe, dass diese schwerbehinderte Mitarbeiterin Vorrang in der Urlaubsplanung hat und ich verstehe auch die Rechte im Urlaubsgesetz.

Ich will hier geschickt die Sache lösen und nicht gleich mit Paragraphen kommen. Was wäre eine gute Vorgehensweise?

Urlaub abgelehnt weil keine Vertretung; Überlast vorhanden

ciralifan, Monday, 23.07.2018, 09:52 (vor 2098 Tagen) @ Pernille

Hi,
Sie sollte die Überlastungsanzeige schriftlich einreichen und ggf. den §207 ( alt 124 ) in Erwägung ziehen.
Des weiteren könntest du mit dem ifd sprechen - der Fachdienst für Probleme am Arbeitsplatz. Manchmal wirkt ein Auftritt externer Wunder wenn intern alle blockieren.

Urlaub abgelehnt weil keine Vertretung; Überlast vorhanden

KaivonderKüste, Monday, 23.07.2018, 15:10 (vor 2098 Tagen) @ Pernille

Moin,

die Ablehnung mit der Begründung "es ist keine Vertretung da" wrid vor keinem Gericht standhalten! Denn mit dem Argument brauch ich nie eine zweite Person anzustellen und kann den Stelleninhaber gnadenlos durcharbeiten lassen. Wo ist da der Unterschied zu Sklaverei oder Leibeigenschaft?? :-(

Das Gesetz liefert die Argumente, die der Chef sich anhören muss:

§ 7 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)
in der Fassung vom 01.06.1994 bis lfd.
Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs
(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.
....

Gerade Absatz 2 macht deutlich, dass die Kollegin Anspruch auf einen (!) längeren Urlaubzeitraum hat. Wenn sie von sich aus schon kooperativ ist, und diesen in einer Zeit mit geringerem Arbeitsaufkommen legt, dann braucht es firmenseitig sehr guter Argumente um diesen abzulehnen. Und der kann im Einzelfall auch länger sein als zwei Wochen (12 Werktage).
Darüber hinaus sollte bei einem bestehenden Tarifvertrag für euren Betrieb einmal nachgeschaut werden, was dort über den gesetzlichen Rahmen hinaus geregelt ist. Denn im Gesetz werden nur Mindestanforderungen genannt.

Und ein weiteres Argument verbirgt sich hinter der "Kundenorientierung":
In ihrer Abwesenheit sollte Korrespondenz nicht auflaufen! Und wenn sie eilbedürftig ist, auch weiter entsprechend den hausinternen Gepflogenheiten priorisiert werden. Das gibt den externen Kunden das Signal, dass auch bei Abwesenheit der gewohnten Ansprechpartnerin der Betrieb für den Kunden zuverlässig erreichbar ist. Und macht auch nach außen deutlich, wie wertvoll die Kollegin für das Unternehmen ist, wenn Sachverhalte über sie schneller geregelt werden können.

Und sollte alles weiterhin im Urlaub liegen bleiben, stellt sich die Frage wie Urlaub dann noch erholsam sein kann. Langfristig ist dies für die Gesundheit der Kollegin nicht gut. Und dann sind wir ganz schnell beim § 167 Abs.1 SGB IX (alt 84). Den Tipp, das Integrationsamt hinzuzuziehen, halte ich daher für gut.

Gruß von der Küste!!:-)

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