Vollfreistellung - Definition (Freistellung)

Apanatshi, Bayern, Thursday, 20.09.2018, 10:30 (vor 2043 Tagen)

Hallo liebe Mitstreiter,

ich werde nach über 20 Jahren nicht mehr als VP kandidieren und es stellen sich derzeit neue Kandidaten auf.
Hierbei kommt immer wieder die Frage, was bedeutet Vollfreistellung.
Es gibt z.B. eine Kandidatin, die derzeit mit 28,88 Std. wöchentlich beschäftigt ist, als 75%.
Heißt nun die Vollfreistellung, sie wird für ihre 75% voll freigestellt, oder bezieht sich die Vollfreistellung auf die Stunden einer Vollzeitkraft, also 38,5 Std.
Die Kollegin würde in Anbetracht der Tatsache, dass wir rund 200 Schwerbehinderte zu betreuen haben und diese auf mehrere Standorte verteilt sind, (alle nur mit einer Fahrzeit von 30-45 Minuten erreichbar und mindestens 1x wöchentlich erforderlich ), ihre Arbeitszeit grundsätzlich erhöhen auf ca. 80-82 %. Muss der Arbeitgeber darauf eingehen oder nicht. Die Arbeit ist definitiv mit 75 % Freistellung nicht zu leisten.
Die Bewerberin (Krankenschwester) hatte ihre Arbeitszeit in der Vergangenheit aus gesundheitlichen Gründen auf 75 % reduziert, könnte aber jetzt, aufgrund der Schreibtischtätigkeit etc. problemlos die Arbeitszeit wieder erhöhen.
Was ist hier also rechtlich machbar? Da die Kollegin sehr engagiert ist, könnte ich mir vorstellen, dass sie sowieso immer über 75 % arbeitet, aber das kann ja kein Dauerzustand sein. Welche Strategien gäbe es?
Ich bin derzeit mit 82% beschäftigt und kann die Arbeit ohne regelmäßigen Überstunden gar nicht ableisten, das würde der Kollegin mit 75% und ohne Erfahrung noch deutlich schwerer fallen und ihr evtl. bald die Motivation nehmen. Auch für SBVs sollte die "Freizeit" planbar sein.
Würde mich auf eine Rückantwort sehr freuen.

Andrea

Vollfreistellung - Definition

mietze_katz, Oberbayern, Thursday, 20.09.2018, 11:07 (vor 2043 Tagen) @ Apanatshi

Hallo,

ohne jetzt groß nachzuschlagen, m.E. bezieht sich eine Vollfreistellung auf die "normalübliche" Wochenarbeitszeit.
Weil: Wie weit würde es dann gehen, z.B. die neu gewählte VP wäre nur eine 20 Std. Teilzeitkraft, was nützt dann eine Vollfreistellung dieser?

Aber, Du schreibst rund 200 sbM, das ergibt ja 2 Vollfreistellungen. Bei Berücksichtigung der geschilderten räumlichen Gegebenheiten erst recht! Also ist eine Erhöhung auf die angesprochenen 82% doch nicht der richtige Weg!

VG

Vollfreistellung - Definition

sirharlekin, Thursday, 20.09.2018, 11:11 (vor 2043 Tagen) @ mietze_katz

Darf ich zum Thema Vollfreistellung mal eine Frage in diesem vorhandene Thema adressieren?
Unabhängig von den Gesetztestexten im "neuen" SGB IX, kann die Anzahl der voll freigestellten SBV (+ Stellvertreter) theoretisch frei mit dem AG verhandelt werden?

Wir haben hier Unternehmen in räumlicher Nähe, die noch unter der alten Gesetzgebung offenbar vereinbart haben, dass von 7 SBV-Stellvertretern, 6 in Vollzeit freigestellt sind (Es ist allerdings auch ein Unternehmen, in dem der BR eine wirklich enorme Macht besitzt).

Vollfreistellung - Definition

C3PO, Thursday, 20.09.2018, 11:23 (vor 2043 Tagen) @ sirharlekin

Darf ich zum Thema Vollfreistellung mal eine Frage in diesem vorhandene Thema adressieren?
Unabhängig von den Gesetztestexten im "neuen" SGB IX, kann die Anzahl der voll freigestellten SBV (+ Stellvertreter) theoretisch frei mit dem AG verhandelt werden?

Ja.
§179 Abs. 4 Satz 2 besagt ja: "Sind in den Betrieben und Dienststellen in der Regel wenigstens 100 schwerbehinderte Menschen beschäftigt, wird die Vertrauensperson auf ihren Wunsch freigestellt; weitergehende Vereinbarungen sind zulässig."

Vollfreistellung - Definition

sirharlekin, Thursday, 20.09.2018, 20:23 (vor 2043 Tagen) @ C3PO

Ja.
§179 Abs. 4 Satz 2 besagt ja: "Sind in den Betrieben und Dienststellen in der Regel wenigstens 100 schwerbehinderte Menschen beschäftigt, wird die Vertrauensperson auf ihren Wunsch freigestellt; weitergehende Vereinbarungen sind zulässig."

Welche Argumente kann ich positiv dafür anbringen, mehrere Stellvertreter ggf. Teil- oder Vollzeit freizustellen? Wenn die Zahl der SB u. gleichg. MA steigt und die SBV nachweisen kann, dass er die Tätigkeiten regulär nicht mehr erledigen kann, ist das ein Anfang? Welche Vorteile, kann man dem AG noch darlegen?

Vollfreistellung - Definition

C3PO, Friday, 21.09.2018, 08:10 (vor 2042 Tagen) @ sirharlekin

Welche Argumente kann ich positiv dafür anbringen, mehrere Stellvertreter ggf. Teil- oder Vollzeit freizustellen? Wenn die Zahl der SB u. gleichg. MA steigt und die SBV nachweisen kann, dass er die Tätigkeiten regulär nicht mehr erledigen kann, ist das ein Anfang? Welche Vorteile, kann man dem AG noch darlegen?

Wenn die Anzahl der sb/gg MA passt, braucht man im Grunde nicht mal über zusätzliche Freistellungen zu diskutieren, sondern zieht die entsprechende Anzahl der Stellvertreter dauerhaft heran und teilt das dem AG mit, fertig. (§178 SGB IX, Abs. 1, Satz 4)

Vollfreistellung - Definition

sirharlekin, Friday, 21.09.2018, 08:39 (vor 2042 Tagen) @ C3PO

Wenn die Anzahl der sb/gg MA passt, braucht man im Grunde nicht mal über zusätzliche Freistellungen zu diskutieren, sondern zieht die entsprechende Anzahl der Stellvertreter dauerhaft heran und teilt das dem AG mit, fertig. (§178 SGB IX, Abs. 1, Satz 4)

Die passt nicht. Wir haben ca. 130 betroffene und 30 Antragssteller. Kann man denn anstelle zusätzlicher Freistellungen auch zusätzliche Heranziehung weiterer Stellvertreter verhandeln? Das wäre ja, soweit ich das verstanden habe, eine abgeschwächte Variante der Freistellung. Das man z. B. spezielle Unternehmensteile oder spezielle Aufgaben bestimmten Kollegen dann zuteilen kann; sie damit dauerhaft betreut.

Vollfreistellung - Definition

C3PO, Friday, 21.09.2018, 08:56 (vor 2042 Tagen) @ sirharlekin

Aushandelbar ist generell alles.
Argumentation wäre zum Beispiel die Entfernung der Betriebsteile, wenn das Unternehmen deutschlandweit verteilt ist.

Vollfreistellung - Definition

sirharlekin, Friday, 21.09.2018, 13:53 (vor 2042 Tagen) @ C3PO

Hallo nochmal und vielen Dank für eure Hilfe.

Noch eine Frage generell: Wenn man die Stellvertreter "heranzieht" (sagen wir mal, es wäre verhandelt, alle 4 können gleichzeitig herangezogen werden), sind dann alle gleichzeitig "im Amt"?

Viele Grüße

Vollfreistellung - Definition

SFliege, Friday, 21.09.2018, 14:09 (vor 2042 Tagen) @ sirharlekin

Die Vertrauensperson ist dann geklont und kann mehrere unterschiedliche Aufgaben simultan wahrnehmen, die aber nicht zwangsläufig gleichzeitig sein müssen.
Eine Aufgabe wird aber immer nur von einem Klon :-) oder dem Original (d.h. von einer Person) wahrgenommen und der Klon ist hierfür ebenfalls im Amt.
Eine Abstimmung der Klons mit dem Original ist aber nötig und möglich.

Vollfreistellung - Definition

sirharlekin, Friday, 21.09.2018, 14:25 (vor 2042 Tagen) @ SFliege

Herzlichen Dank für die amüsante und treffende Analogie. Ich werde versuchen, das so mit den Kollegen zu verhandeln.

Vollfreistellung - Definition

garda, Berlin, Thursday, 20.09.2018, 11:57 (vor 2043 Tagen) @ mietze_katz

ohne jetzt groß nachzuschlagen, m.E. bezieht sich eine Vollfreistellung auf die "normalübliche" Wochenarbeitszeit.
Weil: Wie weit würde es dann gehen, z.B. die neu gewählte VP wäre nur eine 20 Std. Teilzeitkraft, was nützt dann eine Vollfreistellung dieser?

Hallo,

genau das ist das Problem bei Teilzeitkräften die in eine Freistellung gehen.

Aber, Du schreibst rund 200 sbM, das ergibt ja 2 Vollfreistellungen. Bei Berücksichtigung der geschilderten räumlichen Gegebenheiten erst recht! Also ist eine Erhöhung auf die angesprochenen 82% doch nicht der richtige Weg!

Das Gesetz hat keine Staffel, die gibt es nur bei BR/PR, also gibt es auch nur eine Pflicht-Freistellung. Jede weitere Freistellung wie auch ggf. die Aufteilung ist immer Verhandlungssache. Erfahrungsgemäß geht das leichter, wenn man dem AG eine Vorteilsübersetzung machen kann. Eine SBV -. ich glaube vom Bayer-Konzern - hat bei einer SBV-Fachtagung so ein Modell vorgestellt. Die SBV trug sich nicht nur selbst, sondern leistete einen handfesten Beitrag zum Wirtschaftsergebnis. Man hörte zukünftig ganz anders auf die SBV, die man vorher nur als Last, Bremser und Kostenfaktor gesehen hatte.

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Mit freundlichen Grüßen

Michael

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