AGG kann so umgangen werden? (AGG)

Jimmy Bondi, Tuesday, 16.10.2018, 10:51 (vor 2018 Tagen)

Hallo,

mal angenommen ein schwerbehinderter Bewerber bewirbt sich auf eine ausgeschriebene Stelle bei einem AG im ÖD. Die Schwerbehinderung wird fein und säuberlich im Bewerbunsanschreiben erwähnt. Die Voraussetzungen aus dieser Stellenausschreibung werden allesamt erfüllt, es handelt sich also um einen nicht offensichtlich ungeeigneten (schwerbehinderten) Bewerber. Der Schwerbehinderte wird aber dennoch nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, obwohl diese Pflicht bestanden hätte.

Der AG redet sich so raus, dass der schwerbehinderte Bewerber "nur" nicht eingalden worden ist, da man ja einen Bewerber gesucht hat, der X hatte, Y konnte und Z auch noch hatte. Das alles stand allerdings nicht in der Stellenausschreibung. Da aber der schwerbehinderte Bewerber all diese Wünsche und heimlichen Anforderungen nicht erfüllte, wurde er eben nicht eingeladen.

Wenn der AG jetzt so vor Gericht argumentieren würde, dass er den schwerbehinderten Bewerber ja nur nicht eingeladen hat, weil dieser gewisse Wünsche und heimlichen Anforderungen nicht erfüllte und die Nichteinladung nicht aufgrund der vorliegenden Schwerbehinderung vorlag, dann könnte dieser doch so das AGG umgehen und evtl. Forderungen auf Entschädigungszahlung umgehen, oder!? Aber wie sieht es mit 8 AZR 697 10 aus? Danach muss sich der AG an seine Stellenausschreibung messen lassen und wenn der schwerbehinderte Bewerber all die Voraussetzungen, die in der Stellenausschreibung hervorgehen, erfüllt, hätte der AG diesen doch einladen müssen, oder!? Nur, wenn keine Entschädigungszahlung nach AGG möglich ist, auf was könnte denn der schwerbehinderte Bewerber diesen AG dennoch verklagen?

Wenn ein AG im ÖD sich so rausreden könnte - ohne finanziellen Schäden -, könnten ja alle AGs im ÖD so argumentieren und nie wieder schwerbehinderte einladen müssen!?

Was meint ihr?

Danke euch.

Grüße

JB

AGG kann so umgangen werden?

ciralifan, Tuesday, 16.10.2018, 11:08 (vor 2018 Tagen) @ Jimmy Bondi

was vor Gericht passiert und des weiteren, das hätte, würde ,hab ich mir gewünscht zählt doch hier erst mal nicht.
Der AG hat sich hier einen großen Bock geschossen.
Gegenangehen ist der einzig richtige Weg.

AGG kann so umgangen werden?

Jimmy Bondi, Tuesday, 16.10.2018, 11:36 (vor 2018 Tagen) @ ciralifan

Danke.

Aber mit welcher (weiteren) Begründung, wenn der AG beweisen kann, dass keine Diskriminierung nach dem AGG vorliegt?

Danke.

AGG kann so umgangen werden?

Ironie, Tuesday, 16.10.2018, 11:46 (vor 2018 Tagen) @ Jimmy Bondi

Guten Morgen,

wie wohl könnte der Arbeitgeber beweisen, dass keine Diskriminierung vorliegt,
wenn er nicht, wie das Gesetz vorschreibt, den Stellenbewerber zum
Vorstellungsgespräch einlud?
Meines Erachtens ist es eindeutig - wenn diese Fähigkeiten nicht in der
Stellenanzeige gefordert wurden, hat der Arbeitgeber schlichtweg gegen
das Gesetz verstoßen.

Mit dienstäglichem Gruß

Ironie

AGG kann so umgangen werden?

Jimmy Bondi, Tuesday, 16.10.2018, 11:53 (vor 2018 Tagen) @ Ironie

Guten Morgen,

ja, verstehe.

Aber gibt es nicht ein Urteil (vom BAG sogar?!), aus dem hervorgeht, dass der AG keine Entschädigungszahlung leisten muss, wenn er eben beweisen kann, dass er z. B. einen Schwerbehinderten nicht aufgrund einer Diskriminierung nicht eingeladen hat, sondern eben aus anderen Gründen (ob die jetzt rechtmäßig sind oder nicht!)?

Weil, wenn ja keine Diskriminierung vorliegt, dann kann man ja den AG auch nicht nach AGG auf eine Entschädigungszahlung verklagen! Oder?

Aber auf was dann und auf welcher Rechtsgrundlage?

Grüße

JB

AGG kann so umgangen werden?

Monica99, Tuesday, 16.10.2018, 13:06 (vor 2018 Tagen) @ Jimmy Bondi

Hallo,

ja, verstehe.

Aber gibt es nicht ein Urteil (vom BAG sogar?!), aus dem hervorgeht, dass der AG keine Entschädigungszahlung leisten muss, wenn er eben beweisen kann, dass er z. B. einen Schwerbehinderten nicht aufgrund einer Diskriminierung nicht eingeladen hat, sondern eben aus anderen Gründen (ob die jetzt rechtmäßig sind oder nicht!)?

Weil, wenn ja keine Diskriminierung vorliegt, dann kann man ja den AG auch nicht nach AGG auf eine Entschädigungszahlung verklagen! Oder?

der erste und wichtigste Grund hier sollte doch sein, den AG hier zukünftig daran zu gewöhnen, also dahingehnd zu verpflichten, auch durch einen entsprechenden Urteilsspruch ggf mit Androhung von Ordnungsgeld, das Gesetz vollumfänglich zu beachten und nicht eigene Deutungen hier umzusetzen.

Ein möglicher Schadenersatz müsste ehe der/die BewerberIn einklagen. Dieses ist nicht die Aufgabe der SBV. Dieses ist Induvidualrecht

--
mfg Monica

AGG kann so umgangen werden?

Hendrik1, Niedersachsen, Tuesday, 16.10.2018, 13:13 (vor 2018 Tagen) @ Jimmy Bondi

Moin Moin Jimmy,

der Arbeitgeber hat hier einen Bock geschossen, der für ihn nachteilig ist.
Er hat eine Stellenausschreibung erstellt, aus der die notwendigen und die wünschenswerten Kompetenzen und Ausbildungen hervorgehen müssen.
Auf diese Kriterien hin bewerben sich die schwerbehinderten und nicht schwerbehinderten Kandidaten/innen.
Erfüllt ein/e schwerbehinderte/r Bewerber/in die notwendigen Kriterien, ist sie/er im öffentlichen Dienst nach § 165 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. da eine Einladung nur entbehrlich ist " wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt." Diese kann sich nur an den Auswahlkriterien der Ausschreibung orientieren.
Daher ist sie/er einzuladen.
Wenn der Arbeitgeber andere Kriterien heranzieht, als die, auf die er sich selber in der Ausschreibung festgelegt hat, ist dies nicht zulässig. Wir hatten bei uns den Fall, dass sich eine technische Assistentin, die gehörlos war, auf eine Stelle beworben hat. Die Abteilung wollte sie nicht einladen, weil mit der Stelle auch Telefonate mit anderen Ämtern, Gerichten etc. im Umfang von etwa 3 Stunden am Tag verbunden waren. Da dieses aber nicht in der Ausschreibung genannt war, musste sie zum Vorstellungsgespräch mit Gebärdendolmetscher eingeladen werden. Sie hat dann selber, nachdem sie den Arbeitsplatz gesehen hat, die Bewerbung zurückgezogen, weil sie auch in anderen Bereichen deutliche Defizite hatte.
Auch die 5. Auflage des Nomoskommentars zum SGB IX bezieht sich in der Randnummer 7 zum § 165 darauf, dass auch bei zweifelhafter Eignung eine Einladung erfolgen muss. In Randnummer 9 steht: "Der Dienstherr bestimmt durch die Festlegung des Anforderungsprofils die Kriterien der Bewerberauswahl. Er ist gehindert, erst nach Eingang der Bewerbungen Kriterien für ein Anforderungsprofil festzulegen. ..... Er ist an die in der Ausschreibung selbst aufgestellten zwingenden Mindestanforderungen gebunden." Hierzu wird unter anderem auf ein BAG Urteil von 2012 verwiesen 8AZR697/10.

Daher muss er den Schwerbehinderten einladen, wenn die zwingenden Ausschreibungskriterien erfüllt sind, bzw. nicht zweifelsfrei feststeht, dass eine fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Bringt der Arbeitgeber in der Ausschreibung auch noch schöne Begriffe wie -oder vergleichbarer Abschluss- ins Spiel, ist der Nachweis des Fehlens der Eignung weiter erschwert. Wenn z.B. ein/e Kauffrau/mann für Gesundheitswesen in einer Verwaltungsstelle gesucht wird und jemand hat eine andere kaufmännische Ausbildung im Verwaltungsbereich, kann man von der Vergleichbarkeit für diese konkrete Stelle ggf. ausgehen.

Liebe Grüße

Hendrik

AGG kann so umgangen werden?

Hendrik1, Niedersachsen, Tuesday, 16.10.2018, 13:37 (vor 2018 Tagen) @ Jimmy Bondi

Moin Moin Jimmy,

der Arbeitgeber kann nicht beweisen, dass keine Diskriminierung vorliegt. Er muss sich an den Ausschreibungskriterien messen lassen. Diese legt er ja selber fest.
Daher würde ich als SBV die Einstellung des anderen Kandidaten aussetzen und die Beteiligung nach §164 SGB IX verlangen. Der Arbeitgeber muss hiernach unverzüglich den Eingang einer Bewerbung eines Schwerbehinderten der SBV mitteilen und nach §178,2 beteiligen. Dieser § wird im §164 zitiert. Dies beinhaltet Information, Anhörung vor einer Entscheidung. Bei nicht Einhalten der 5% Quote ist im §164 sogar die Erörterung der Ablehnung unter Anhörung des Schwerbehinderten Menschen vorgeschrieben.

Sollte der Arbeitgeber die SBV trotzdem nicht beteiligen, kann die SBV auch dieses gerichtlich geltend machen. Die Kosten für den Rechtsbeistand der SBV trägt der Arbeitgeber. Man kann dann auch nett informieren, dass für den Gerichtstermin die Presse eingeladen wird ...... manchmal wirkt das Wunder.

Liebe Grüße

Hendrik

AGG kann so umgangen werden?

Cebulon, Tuesday, 16.10.2018, 13:40 (vor 2018 Tagen) @ Jimmy Bondi

Wenn der AG beweisen kann, dass keine Diskriminierung nach dem AGG vorliegt?

Hallo, kann er nicht! Wie sollte denn Arbeitgeber das beweisen? Beweislage ist, dass nichts von weiteren zwingenden Voraussetzungen in der Stellenausschreibung stand. Das ist urkundlich belegt durch die Stellenausschreibung. Das sollte allemal reichen. Nur das zählt nach ständiger BAG-Rechtspr. zur Verfahrensdiskriminierung nach § 81 Abs. 2 SGB IX a.F. Weiterer Gründe bedarf es nicht. Siehe auch die BAG-Rechtspr. zum § 82 SGB IX a.F.

Gruß,
Cebulon

Offenes Wort zu Deinem Thread

Hendrik1, Niedersachsen, Tuesday, 16.10.2018, 15:40 (vor 2018 Tagen) @ Jimmy Bondi

Moin Moin Jimmy,

genau dieses von Dir verlinkte höchstrichterliche Urteil bestätigt die Meinung und Rechtsprechung, die wir alle hier zitiert haben.
Warum beharrst Du darauf, dass es andere Gründe geben kann, um eine/n Schwerbehinderte/n nicht einzuladen.
In dem von Dir verlinkten Urteil handelt es sich genau um die höchstrichterliche Entscheidung, dass beim öffentlichen Arbeitgeber ein Schwerbehinderte/r einzuladen ist, wenn die Eignung nicht offensichtlich fehlt. Es bestätigt die Verurteilung zu einem Schmerzensgeld von 2700 Euro.
Was also willst Du mit dem Thread erreichen?
Suchst Du für den Arbeitgeber Gründe, nicht einzuladen, ohne sich rechtlich angreifbar zu machen, oder bist Du eine SBV, die ihre Rechte für die Beschäftigten geltend machen will und suchst dafür Hilfestellung?
Oder bist Du gar kein Interessenvertreter, sondern ein Arbeitgebervertreter, der hier Argumente für seine Meinung sucht?
Da Du auf unsere Beiträge gar nicht eingehst, sondern immer wieder nebulös von anderen Urteilen sprichst, dass der Arbeitgeber, wenn er nachweisen kann, dass er den Schwerbehinderten nicht diskriminiert hat, nicht einladen muss, obwohl hier laut Deiner Schilderung der Schwerbehinderte die Ausschreibungskriterien erfüllt und Prof. Düwell, ehemaliger Richter am Bundessozialgericht, der diesen Teil des Nomos Kommentars geschrieben hat, in seinen Einlassungen deutlich unsere Meinung bestätigt, dass dann einzuladen ist und somit eine Diskriminierung vorliegt, was auch das von Dir zitierte Gerichtsurteil bestätigt, regt sich bei mir der Verdacht, dass Du nach Hilfestellungen suchst, die der Arbeitgebersicht Rechnung tragen.

Damit kam bei mir auch die Frage auf, ob Du ggf. ein Arbeitgebervertreter bist.

Sollte ich Dir Unrecht tun, bitte ich um Entschuldigung.

Liebe Grüße

Hendrik

PS:
Wenn der Fall vorliegt, dass die Ausschreibungskriterien erfüllt sind, muss der Arbeitgeber im öffentlichen Dienst einladen und kann sich mit keinem Urteil herausreden.

Offenes Wort zu Deinem Thread

Jimmy Bondi, Tuesday, 16.10.2018, 17:04 (vor 2018 Tagen) @ Hendrik1

Hallo,

tut mir Leid, ich wollte keinen falschen Verdacht aufkommen lassen.

Ich wollte einfach nur nochmal nachfragen, ob das von mir gemeinte Urteil eben so eins ist, was das bestätigt!

Ich bin auf keinen Fall ein AG-Vertreter!!!

Grüße

JB

gut oder böse?

SFliege, Wednesday, 17.10.2018, 17:09 (vor 2017 Tagen) @ Jimmy Bondi

Es wäre jetzt nichts verwerfliches daran ein AG-Vertreter zu sein und es wäre auch nicht kriminell sich hier als ein solcher zu informieren. :-)

Im Endeffekt sind es allein die Arbeitgeber, die mit ihren Ideen und ihrer Geschäftstüchtigkeit die Arbeitsplätze und somit auch potentielle Beschäftigungsmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen schaffen, selbst wenn da meist rein egoistische Interessen zugrunde liegen mögen
Der Staat regelt zwar recht gerne die sozialen Verpflichtungen von Bürgern und Arbeitgebern, aber für sich selbst als Arbeitgeber macht er dann ja auch gerne Ausnahmen, z.B. zahlt er für seine Beamten nicht in die Sozialkassen ein, einfach weil es ihm viel günstiger kommt dies nicht zu tun, oder sucht wie in diesem Thread ebenfalls nach für ihn einfachen Wegen.
Somit ist es doch für die Privatwirtschaft auch legitim ihre soziale Verantwortung und den ganzen damit verbundenen bürokratischen Aufwand möglichst auf ein Mindestmaß zu reduzieren!

gut oder böse?

Jimmy Bondi, Thursday, 18.10.2018, 05:40 (vor 2016 Tagen) @ SFliege

Interessanter Ansatz!

Ich habe inzwischen mal nach passenden Urteilen gesucht, z. B. auf dejure, aber keine gefunden. Vielleicht gibt es tatsächlich noch kein solches Urteil, was diessm fiktiven Fall entspricht!?

Was mir aber in den gefundenen Urteilen aufgefallen ist, dass es wohl bei der Zahlung der Entschädigungszahlungen auf den Schweregrad/Verschuldungsgrad des Arbeitgebers ankommt. Leicht wäre z. B. ein Bruttogehalt, drei schwer. Aber wie definiert man leicht und schwer? Und wer definiert das überhaupt? Ich habe ein paar Fälle gefunden, da wurde in dem einen Fall ein Brutto zugesprochen und in einem anderen Fall zwei Brutto, obwohl die Fälle, zumindest für mich sehr gleich waren. Wobei ich natürlich dazu sagen muss, dass ich kein Jurist bin und vielleicht ist mir was entgangen auf den ja doch sehr vielen Seiten mit sehr viel Text solcher Urteile!? Der Arbeitgeber könnte ja immer sagen, dass es doch nur ein leichter/kleiner Fehler gewesen ist. Aber wie könnte und müsste im vorliegenden fiktiven Fall der Arbeitnehmer argumentieren, um auf einen schwereren Fehler hinweisen zu können, als nur leicht?

Leicht wäre z. B., wie ich jetzt gelesen und für mich verstanden habe, wenn man erst eine Absage erteilt, dann den Fehler bemerkt und dann nachträglich einlädt.

Mind. miittelschwer bis schwer müsste es ja dann aber sein, wenn gegen ein BAG-Urteil verstoßen wurde. Es keine Einladung gab, weil man sich nicht an die eigene Stellenanzeige gehalten hat und nur die eingeladen hat, die man einladen wollte, aber nicht musste!?

Gibt es eine Skala bzgl. dieser "Verschuldungsskala"?

Oder kennt ihr doch bitte solche passenden Urteile oder zumindest ähnliche?

Danke.

Grüße

gut oder böse?

WoBi, Thursday, 18.10.2018, 08:03 (vor 2016 Tagen) @ Jimmy Bondi

Hallo,
dies liegt in der richterlichen Unabhängigkeit der entscheidenden Kammer und den gesetzlichen Vorgaben. Wobei weder 2 noch 3 Bruttogehälter eine wirksame Abschreckung für öffentliche Arbeitgeber darstellen. Aber gerne Argumentiert wird, dass es sich hier um Steuergelder handelt und deshalb das Strafmaß im unteren Bereich, wenn überhaupt, anzusetzen sei.
Hier muss zwischen Entschädigung und Schadensersatz zusätzlich unterschieden werden.

--
Gruß
Wolfgang

gut oder böse?

Jimmy Bondi, Thursday, 18.10.2018, 10:13 (vor 2016 Tagen) @ WoBi

Hallo,

sind es denn überhaupt Steuergelder? Wenn nein, was denn?

Wo liegen denn Unterschiede zwischen Entschädigung und Schadenersatz?

Grüße

gut oder böse?

WoBi, Thursday, 18.10.2018, 15:44 (vor 2016 Tagen) @ Jimmy Bondi

Hallo,
im Absatz 1 zu Absatz 2 im Paragraph 15 AGG und den Voraussetzungen bzw. rechtlichen Anforderungen. Die Begrenzung auf 3 Bruttomonatsgehälter gilt nur, wenn der Nachweis einer Einstellung nicht möglich ist. Schadensersatz ist nicht begrenzt.
Auch eine AGG-Klage kann für Arbeitgeber teuer Geld kosten.

--
Gruß
Wolfgang

gut oder böse?

Jimmy Bondi, Thursday, 18.10.2018, 16:44 (vor 2016 Tagen) @ WoBi

Hallo,

wie ist "wenn der Nachweis einer Einstellung nicht möglich ist" genau zu verstehen?

Kann der schwerbehinderte NICHT beweisen, dass der AG diesen eingestellt hätte, dann max. 3 und wenn er beweisen kann, dass der AG diesen eingestellt hätte, dann mehr als 3?

Letzteres ist doch unmöglich, oder!?

Grüße

gut oder böse?

Thomas-SBV, Friday, 19.10.2018, 07:57 (vor 2015 Tagen) @ Jimmy Bondi

Hallo,

ohnmöglich ist immer Möglich. Dein Arbeitgeber scheint etwas komisch aufgestellt zu sein. Zum Glück müssen solche AGs mit Überraschungen rechnen. Dein AG will es ja wohl nicht anders, daher wünsche ich den Bewerber viel Glück, insbesondere wenn er auf seine Rechte aufmerksam macht.

Tschüss

gut oder böse?

WoBi, Friday, 19.10.2018, 08:53 (vor 2015 Tagen) @ Jimmy Bondi

Hallo,
genau so ist das AGG zu lesen und wird so angewendet. In Verbindung mit Artikel 33 GG kann dann sogar ein Einstellungsanspruch ggf. durchgesetzt werden. Unkenntnis der Gesetzlage schützt nicht vor Strafe. Die Handlung seiner Beschäftigten hat sich der Dienstherr anrechnen zu lassen.

--
Gruß
Wolfgang

Offenes Wort zu Deinem Thread

Mister M, Bayern (Franken), Thursday, 18.10.2018, 07:04 (vor 2016 Tagen) @ Jimmy Bondi

Der Verdacht, dass Du die Interessen des AG so vertrittst kommt mir auch so auf, erst recht seit Deinem letzten Beitrag. Bitte vervollständige Dein Profil! Denn das Forum steht eigentlich den SBV'en zur Verfügung!

Bist Du eine SBV? Ja oder Nein würde uns reichen.

--
Grüße aus dem schönen Franken!

Michael

AGG kann so umgangen werden?

Katharina Schwarzenborn, Friday, 02.11.2018, 13:58 (vor 2001 Tagen) @ Jimmy Bondi

Hallo JB,

ich antworte Dir mal direkt und hoffe, dass andere auch meinen Kommentar lesen und bitte vielleicht auch antworten.

Wenn ich richtig verstanden habe:

- Stellenausschreibung
- Bewerbung durch Schwerbehinderten
- Anforderungen aus der Anzeige vollumfänglich erfüllt
- dennoch keine Einladung zu einem VG
- AG sagt, dass die Nichteinladung NICHT aufgrund der Schwerbehinderung erfolgt ist, sondern weil der schwerbehinderte Bewerber "heimliche" Anforderungen, die nicht in der Anzeige standen, nicht erfüllt hat

Hier steige ich mal ein. ;-)

Meinem Verständnis nach, kann der Schwerbehinderte keine Entschädigungszahlung vor dem Arbeitsgericht einklagen, da eben der AG belegen kann, dass es nicht an der Schwerbehinderung lag, sondern an "heimlichen" nicht erfüllten Anforderungen, sondern er kann Schadensersatz einklagen. Richtig? Aber auf welcher Rechtsgrundlage und vor welchem Gericht?

LG

AGG kann so umgangen werden?

Cebulon, Friday, 02.11.2018, 15:00 (vor 2001 Tagen) @ Katharina Schwarzenborn

Meinem Verständnis nach, kann der Schwerbehinderte keine Entschädigungszahlung vor dem Arbeitsgericht einklagen, da eben der AG belegen kann, dass es nicht an der Schwerbehinderung lag, sondern an "heimlichen" nicht erfüllten Anforderungen ... Richtig?

Hallo, nicht richtig, sondern intransparent bzw. diskriminierend. Denn die Dienststelle muss sich nach ständiger Rechtsprechung an ihrer eigenen Stellenausschreibung festhalten lassen, was dort steht. Daran ist sie dann gebunden. Sie darf nicht nachträglich irgendwelche neue Anforderungen aus dem Hut zaubern und diese nachschieben. Das hätte sie sich früher einfallen lassen müssen. Damit kann sie sich nicht "rausschummeln" beim Arbeitsgericht. Und die Arbeitsrichter werden da deutliche Worte finden für solche Rechtsbrüche und für seine Schutzbehauptung. Sollte er zudem die SBV und Personalrat nicht unterrichtet haben, dann würde das Arbeitsgericht über eine deutlich höhere Entschädigung nachzudenken haben von maximal bis zu drei Monatsgehälter.

Gruß,
Cebulon

AGG kann so umgangen werden?

Katharina Schwarzenborn, Friday, 02.11.2018, 16:40 (vor 2001 Tagen) @ Cebulon

Hallo,

danke. Man lernt nie aus! ;-)

Gibt es denn Urteile, bei denen es genau um solche Fälle ging (heimliche Anforderungen ...) und der nichteingeladene Schwerbehinderte (deutlich) mehr, als 3 Monatsgehälter erhalten hat?

Bzgl. PR und SBV heißt das aber, der nichteingeladene schwerbehinderte Bewerber müsste beweisen können, dass diese Organe nicht konkret seiner Person unterrichtet worden sind? Wie stellt dieser das an? Solche Anfragen laufen doch ins Leere, da diese Organe ja "innere Organe" sind und Externen auch keine Auskünfte geben müssen. Der Arbeitsrichter müsste also auf Hinweis vom Bewerber Personen dieser Organe vorladen?

LG

AGG kann so umgangen werden?

Hendrik1, Niedersachsen, Saturday, 03.11.2018, 12:20 (vor 2000 Tagen) @ Katharina Schwarzenborn

Moin Moin Katharina,

umgeschuht wird eine Kehre daraus.
Nicht der Bewerber, sondern der Arbeitgeber ist in der Beweispflicht. Der Arbeitgeber muss laut Gesetz die Schwerbehindertenvertretung unverzüglich nach Eingang über die Bewerbung eines Schwerbehinderten informieren.

Dieses gilt auch unabhängig davon, ob er diese/n für geeignet hält, oder nicht, weil das Wort geeignet in diesem § fehlt.

Daher muss er auch dem Gericht beweisen, dass er seine Pflicht der Beteiligung der SBV erfüllt hat. Dem Gericht steht es selbstverständlich frei, dieses zu verifizieren, wenn der Arbeitgeber z.B. dieses nicht schriftlich belegen kann und behauptet der Informationspflicht mündlich nachgekommen zu sein.

Liebe Grüße

Hendrik

AGG kann so umgangen werden?

Katharina Schwarzenborn, Saturday, 03.11.2018, 13:24 (vor 2000 Tagen) @ Hendrik1

Moin Moin Hendrik,

hast natürlich Recht. ;-)

Was ich selbst noch nicht so ganz verstanden habe, wenn man nach dem AGG ja 3 Bruttomonatsgehälter einklagen kann, darüber hinaus aber auch eine deutlich höhere Summe an Schadenersatz, aufgrund welcher Rechtgrundlage denn? Hab da im AGG oder SGB und den Protokollerklärungen und Randziffern bisher nichts gefunden.

LG

AGG kann so umgangen werden?

Cebulon, Sunday, 04.11.2018, 12:41 (vor 1999 Tagen) @ Katharina Schwarzenborn

Gibt es denn Urteile, bei denen es genau um solche Fälle ging (heimliche Anforderungen ...) und der nichteingeladene Schwerbehinderte (deutlich) mehr als 3 Monatsgehälter erhalten hat?

Hallo, habe hier nichts von "mehr als drei Monate" Entschädigung geschrieben, vielmehr bis zu drei Monatsgehälter. Sofern es jedoch hier um einen Schadensersatz geht, sieht die Sache anders aus. ABER: Da ist wohl u.a. Grundvoraussetzung, dass die sb Bewerberin den vollen Nachweis erbringt, dass sie die Bestgeeignete ist nach Eignung und Befähigung und fachlicher Leistung. Ein solcher Beweis wird ihr in aller Regel kaum gelingen.

Aber selbst dann, wenn im Einzelfall ein solcher Nachweis mal gelingen sollte, so heißt das nicht automatisch Schadensersatz. Denn wenn ein sb Bewerber etwa schon einen gleich hoch dotierten Dauerarbeitsplatz hat, entsteht ihm ja nicht ohne Weiteres ein finanzieller Schaden.

Solche Anfragen laufen doch ins Leere, da diese Organe "innere Organe" sind und Externen auch keine Auskünfte geben müssen.

So ganz pauschal kann man das auch nicht sagen, da "externe" Bewerber ja als Beschäftigte gelten in gewisser Weise. Ich meine, das in diesem Forum mal gelesen zu haben.

Gruß,
Cebulon

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