Rechtliche Möglichkeiten zur Begrenzung der Arbeitszeit (Allgemeines)

Georgina, Sunday, 27.01.2019, 12:54 (vor 1887 Tagen)

Hallo,
ich habe mal eine Frage….es geht um einen vollzeitbeschäftigten (39 Stunden) schwerbehinderten Menschen, der in einer Pflegeschule arbeitet. Es ist keine allgemeinbildende oder berufliche Schule unter dem BBiG und Aufsicht des Kultusministeriums, sondern eine Abteilung unter Trägerschaft eines Klinikums. Bewertet wird niht nach Lehrdeputat, sondern nach Arbeitszeit….es muss gestempelt werden. Aufgrund der Art der Behinderung (neurologische Erkrankung im Sinne einer Bewegungsstörung) wirken sich Überlastung und Stress direkt auf die Symptomatik aus und verschlechtern diese situativ sowie am Folgetag.

Da die Arbeitsdichte langsam zunimmt, soll eine Möglichkeit gefunden werden, diesen vor Überbeanspruchung zu schützen. Der § 207 SGB IX gibt ja grundsätzlich die Möglichkeit, vor Mehrarbeit zu schützen …ausgenommen sind aber eben besondere Fälle nach § 14 ArbzG., unter die auch Lehre und Forschung fallen. Man könnte also nicht wirksam Mehrarbeit (alles über 8 Stunden) ablehnen, da Lehre ja einen dieser Sonderfälle darstellt und Mehrarbeit eben auch mit Schwerbehinderung geleistet werden muss.

Nun bin ich am überlegen, ob man den § 164.4 SGB IX nutzen könnte, um die Höchstarbeitszeit auf 8 Stunden täglich fest zu legen. Ferner ist zu überlegen, in diesem Rahmen auch gleich auf eine 5 Tage Woche zu beschränken, um Überstunden (also der 6. Werktag) wirksam auszuschliessen und den Rahmen auf maximal 40 Stunden fest zu legen.

In welchen Fällen könnte der Arbeitgeber mit Unzumutbarkeit argumentieren? Wenn die Arbeit nur durch kontinuierliche Mehrarbeit zu leisten ist, und der Schwerbehinderte als einziger davon ausgenommen wäre (im Gegensatz zu den Kollegen), würde dieses schon die Grenzen des Zumutbaren überschreiten?

LG, Georgina

Rechtliche Möglichkeiten zur Begrenzung der Arbeitszeit

WoBi, Sunday, 27.01.2019, 13:19 (vor 1887 Tagen) @ Georgina

Hallo,
wie wäre es mit einer Überlegung durch die Änderungen im Teilzeit- und Befristungsgesetz zum 1.1.2019. Es wurde der § 9a TzBfG eingefügt.
Es kann für einen Zeitraum von 1 bis 5 Jahre die Arbeitszeit verringert werden? Damit kann auch die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage festgelegt werden.

--
Gruß
Wolfgang

Rechtliche Möglichkeiten zur Begrenzung der Arbeitszeit

Georgina, Sunday, 27.01.2019, 13:39 (vor 1887 Tagen) @ WoBi

Moin,
grundsätzlich eine gute Idee, allerdings schützt das TzBG nicht wirksam vor Überstunden und Mehrarbeit ;-) Die Situation wäre also dieselbe....
Die Verteilung der Lage der Arbeitszeit ist auch immer abhängig von den betrieblichen Erfordernissen sowie den berechtigten Belangen der anderen AN. Es gibt keinen Rechtsanspruch darauf, nur an bestimmten Tagen oder zu bestimmten Zeiten eingesetzt zu werden. das gilt übrigens auch für Mütter ....der Rechtsanspruch bezieht sich auf den Kitaplatz, nicht aber auf die passenden Arbeitszeiten dazu ;-)

Ein schärferes Schwert was die Begrenzung angeht wäre der § 164.5 ....also behinderungsbedingte Teilzeit. Hier wäre es nicht möglich, über diese "Kappungsgrenze" hinaus Mehrarbeit oder ÜS zu leisten. :-D
Diese Überlegung hatte ich auch schon. Eine Reduktion auf 90 % wären 35 Wochenstunden ...das in Kombination mit einer 5 Tage Woche (164.4). :-P

In der Lehre ist halt das Problem, das die Vorbereitungen nicht in die Freizeit fallen sollen ;-) Da muss man wohl wirklich mit der Behinderung argumentieren, oder?

LG, Georgina

Rechtliche Möglichkeiten zur Begrenzung der Arbeitszeit

Klaus SBV, Ludwigsburg, Monday, 28.01.2019, 11:55 (vor 1886 Tagen) @ Georgina

Besteht Anspruch auf BEM? In ähnlichem Fall, wurde es bei uns über ein BEM geregelt. IA wurde mit an den Tisch geholt. Antrag auf Leistungen der Ausgleichsabgabe, für den Mehraufwand des AG bei der Organisation der Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen, zum leidensgerechten Arbeiten des SB Mitarbeiters, wurde gestellt und bewilligt. Und alle sind zufrieden damit.

Rechtliche Möglichkeiten zur Begrenzung der Arbeitszeit

Georgina, Monday, 28.01.2019, 14:30 (vor 1886 Tagen) @ Klaus SBV

Hallo Klaus,
nein es liegen aktuell keine relevanten Fehlzeiten vor und zum jetzigen Zeitpunkt ist die Arbeit wohl auch (noch) ohne großartige Mehrarbeit leistbar ….dieses wird sich aber wohl in naher Zukunft ändern und daher suche ich nach Möglichkeiten, dieses zu limitieren. Da Lehre als Sonderfall im ArbZG gilt, kann hier (zumindest wie ich es verstanden habe) nicht wirksam von § 207 SGB IX gebrauch gemacht werden. Also wenn Kollegen ausfallen, die Arbeitsdichte durch Sonderaufgaben etc. zunimmt fallen dann plötzlich massiv Mehrarbeits- und Überstunden an....Allerdings ist auch diese Schulform ein Sonderfall, da es kein Lehrdeputat gibt sondern die Mitarbeiter Stempelzeiten und eine 38,5 Stunden Woche haben.
Es geht im Prinzip darum, in Zeiten von Personalengpässen davor zu schützen, plötzlich noch "bis Mitternacht" einen Unterricht ausarbeiten zu müssen, der ad hoc benötigt wird.

Rechtliche Möglichkeiten zur Begrenzung der Arbeitszeit

Klaus SBV, Ludwigsburg, Friday, 01.02.2019, 08:01 (vor 1882 Tagen) @ Georgina

Also wenn Kollegen ausfallen, die Arbeitsdichte durch Sonderaufgaben etc. zunimmt fallen dann plötzlich massiv Mehrarbeits- und Überstunden an....Allerdings ist auch diese Schulform ein Sonderfall, da es kein Lehrdeputat gibt sondern die Mitarbeiter Stempelzeiten und eine 38,5 Stunden Woche haben.

Die Kollegen haben ja schon viel geschrieben, Ich gehe davon aus das der TvÖD gilt. BV zu Arbeitszeitregelung gibt's da was? Inklusionvereinbarung ? Werden die Mehrstunden angeordnet ? Was sagt BA dazu und was der BR.
Arbeitsschutz/Gesundheitsschutz sind gute Argumente um Mehrarbeit auch ohne Gesetz zu verhindern. Ein kranker Mitarbeiter kostet Geld dies gilt es abzuwenden zum Wohle des/der Mitarbeiter und des Unternehmens. Man braucht nicht immer das Gesetzbuch, gesunder Menschenverstand (geht meist beim AG über das Geld) ist gefragt.

Rechtliche Möglichkeiten zur Begrenzung der Arbeitszeit

Georgina, Friday, 01.02.2019, 12:27 (vor 1882 Tagen) @ Klaus SBV

Arbeitsschutz/Gesundheitsschutz sind gute Argumente um Mehrarbeit auch ohne Gesetz zu verhindern. Ein kranker Mitarbeiter kostet Geld dies gilt es abzuwenden zum Wohle des/der Mitarbeiter und des Unternehmens. Man braucht nicht immer das Gesetzbuch, gesunder Menschenverstand (geht meist beim AG über das Geld) ist gefragt.

Stimmt :-)
Das ist eigentlich logisch....und krank nützt der MA ja noch viel weniger. Da entstehen schnell "Domino-Effekte", dass dann ein anderer das Liegen gebliebene auch noch kompensieren muss und dann auch ausfällt wegen Krankheit etc.

Rechtliche Möglichkeiten zur Begrenzung der Arbeitszeit

albarracin, Baden-Württemberg, Monday, 28.01.2019, 12:33 (vor 1886 Tagen) @ Georgina

Hallo,

bei einem schwerbehinderten Menschen sind bei Fragen der Teilzeitarbeit weder das ArbZG und erst nicht das TzBfG relevant.
Die Anspruchsgrundlage (als höherrangige "Lex specialis") ist § 164 Abs. 5 SGB IX. Diese Vorschrift beinhaltet bei entsprechender behinderungsbedingter Notwendigkeit einen einklagbaren Rechtsanspruch auf Teilzeit.

Er kann auch analog iVm Abs. 4 zur wirksamen Begrenzung von täglichen/wöchentlichen Arbeitszeiten oder Arbeitstagen herangezogen werden, die noch unterhalb der "Schwelle" des § 207 liegen.

Im Gegensatz zum TzBfG kennt der Anspruch nach § 164 Abs. 5 auch keine festgelegten Fristen zum "Vorlauf", sondern er gilt "unmittelbar bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen" ( Düwell in LPK-SGB IX, § 164 Rn 207 - mit Verweis auf mehrere BAG-Entscheidungen).

--
&Tschüß

Wolfgang

Rechtliche Möglichkeiten zur Begrenzung der Arbeitszeit

Georgina, Monday, 28.01.2019, 14:23 (vor 1886 Tagen) @ albarracin

Danke,
ich überlege, ob man den 164.4 nutzen kann, um die tägliche Arbeitszeit auf 8 Stunden zu begrenzen und eine 5 Tage Woche festzulegen ...dann wäre eine Vollzeitstelle mit "Limit" nach oben gegeben. Wäre so etwas rechtlich durchsetzbar? Das wäre ja ein "elegantes umschiffen" des § 14 ArbzG im Sonderfall Lehre ;-)

Rechtliche Möglichkeiten zur Begrenzung der Arbeitszeit

albarracin, Baden-Württemberg, Tuesday, 29.01.2019, 15:22 (vor 1885 Tagen) @ Georgina

Hallo,

wenn du so auf § 14 ArbZG rumreitest, dann solltest Du auch mal eine Kommentierung dazu lesen.
Dann wirst Du feststellen, daß § 14 ArbZG zwar´- wie andere Öffnungsklauseln im ArbZG auch - dem AG Ausnahmen zubilligt, sich daraus aber noch keine konkrete (Arbeits-)Verpflichtung des AN ergibt. Denn wie bei allen anderen Arbeitszeitfragen auch unterliegt auch die "Notfallplanung" des AG der vollen Mitbestimmung von BR/PR.

Und jede AN-Vertretung ist gut beraten, zu prüfen, ob es sich wirklich um Notfälle handelt oder nicht nur schlechte Arbeitsorganisation und/oder Personalunterbesetzung vorliegt. In den allermeisten Fällen dient die Begründung "Notfall" nur dazu, die Bequemlichkeit bzw. den Geiz des AG zu kaschieren.

--
&Tschüß

Wolfgang

Rechtliche Möglichkeiten zur Begrenzung der Arbeitszeit

Georgina, Tuesday, 29.01.2019, 07:06 (vor 1886 Tagen) @ albarracin

< Die Anspruchsgrundlage (als höherrangige "Lex specialis") ist § 164 Abs. 5 SGB IX. Diese Vorschrift beinhaltet bei entsprechender behinderungsbedingter Notwendigkeit einen einklagbaren Rechtsanspruch auf Teilzeit.Er kann auch analog iVm Abs. 4 zur wirksamen Begrenzung von täglichen/wöchentlichen Arbeitszeiten oder Arbeitstagen herangezogen werden, die noch unterhalb der "Schwelle" des § 207 liegen.
Im Gegensatz zum TzBfG kennt der Anspruch nach § 164 Abs. 5 auch keine festgelegten Fristen zum "Vorlauf", sondern er gilt "unmittelbar bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen" ( Düwell in LPK-SGB IX, § 164 Rn 207 - mit Verweis auf mehrere BAG-Entscheidungen).

Ich entnehme dem § 164 aber auch, dass die Grenze in der Zumutbarkeit liegt. Dieser Begriff ist ja nun relativ "dehnbar" ;-)
Nehmen wir mal an, die Arbeitszeit wird behinderungsbedingt auf 90% festgelegt (35 Stunden). Dann darf ja wirksam alles abgelehnt werden, was diesen "Zeitrahmen sprengen würde" und nach meinem Verständnis inkludiert dieses auch alle anfallenden Arbeiten wie Unterrichtsvorbereitung, Korrekturarbeiten etc.
Für die Kollegen des schwerbehinderten Menschen bedeutet das dann aber, das diese ÜS und Mehrarbeit machen und dann natürlich auch ein größeres Pensum zu bewältigen haben.

Das bedeutet auch, dass diese mehr leisten (Unterrichtsstunden und alle anfallenden Dinge) was ja lediglich durch Mehrarbeit zu schaffen ist. Kann man dem behinderten Menschen aus dieser Konstellation heraus eine Leistungsminderung unterstellen? Es ist nicht festlegt, was mit welchem Stellenumfang geschafft werden muss...

Rechtliche Möglichkeiten zur Begrenzung der Arbeitszeit

garda, Berlin, Tuesday, 29.01.2019, 12:16 (vor 1885 Tagen) @ Georgina

Das bedeutet auch, dass diese mehr leisten (Unterrichtsstunden und alle anfallenden Dinge) was ja lediglich durch Mehrarbeit zu schaffen ist. Kann man dem behinderten Menschen aus dieser Konstellation heraus eine Leistungsminderung unterstellen? Es ist nicht festlegt, was mit welchem Stellenumfang geschafft werden muss...

Hallo Georgina,

hier bist du selbst auf den Schlüssel gekommen.

Der AG hat also selbst keine Ahnung was tatsächlich im Rahmen der Sollarbeitszeit geschafft werden muss. Hiermit bist du genau da wo es für den AG zum Glatteis wird. Ich empfehle dir dringend ein "Minderleisterseminar", denn dabei wird genau dieses Thema betrachtet und es werden Hilfestellungen gegeben, wo es leider keine perfekten Musterlösungen gibt.

Überall da wo ich mit technischen oder anderen Methoden Leistung direkt messen kann gibt es keine Probleme Arbeitsleistung in das korrekte Verhältnis zur Arbeitszeit zu setzen. Wo das nicht geht, da beginnen die bisher auch nicht wirklich gelösten Probleme zum Beispiel Minderleistung zu definieren und auch gegenüber dem Integrationsamt geltend zu machen.

Vor dem Hintergrund dieser Probleme kann dann aber der AG eben nicht einfach selbst definieren was er gerne hätte. Man ist in einem Vertrag In diesem Vertrag sind i.d.R. Arbeitszeit und deren Vergütung geregelt und meist recht pauschal "als was man denn so tätig ist", kaum aber näheres zu den Arbeitsinhalten. Also ist Arbeit "mittlerer Art und Güte" vereinbart, nicht aber "es muss alles geschafft werden".

Merkst du jetzt wo es hingeht? Die Position des AG ist schwächer als man meist denkt!

--
Mit freundlichen Grüßen

Michael

Rechtliche Möglichkeiten zur Begrenzung der Arbeitszeit

Georgina, Tuesday, 29.01.2019, 13:05 (vor 1885 Tagen) @ garda

hier bist du selbst auf den Schlüssel gekommen.
Der AG hat also selbst keine Ahnung was tatsächlich im Rahmen der Sollarbeitszeit geschafft werden muss. Hiermit bist du genau da wo es für den AG zum Glatteis wird.
Überall da wo ich mit technischen oder anderen Methoden Leistung direkt messen kann gibt es keine Probleme Arbeitsleistung in das korrekte Verhältnis zur Arbeitszeit zu setzen. Wo das nicht geht, da beginnen die bisher auch nicht wirklich gelösten Probleme zum Beispiel Minderleistung zu definieren und auch gegenüber dem Integrationsamt geltend zu machen.
Vor dem Hintergrund dieser Probleme kann dann aber der AG eben nicht einfach selbst definieren was er gerne hätte. Man ist in einem Vertrag In diesem Vertrag sind i.d.R. Arbeitszeit und deren Vergütung geregelt und meist recht pauschal "als was man denn so tätig ist", kaum aber näheres zu den Arbeitsinhalten. Also ist Arbeit "mittlerer Art und Güte" vereinbart, nicht aber "es muss alles geschafft werden".


Danke Garda!
Also muss man erstmal erstellen, was realistisch erwartet werden darf in der vereinbarten Zeit.....einmal vor Ort und dann eben noch die Wegezeiten zu den anderen Einsatzorten ;-) Das dann immer gemessen am Stellenumfang. gerade in der Lehre gerät man nämlich sehr schnell in die Falle, dass Vor- und Nachbereitung sowie die ganzen administrativen Dinge nicht gesehen und berechnet werden. :-)
Wo ist die Grenze für Minderleistung...30 %?

Merkst du jetzt wo es hingeht? Die Position des AG ist schwächer als man meist denkt!

Ich habe schon Respekt vor dem AG ...bin mir aber nicht mal sicher, ob dieser sich überhaupt soooo dezidiert mit den Feinheiten des § 207 SGB IX auskennt.
Mir geht es darum, im Zweifel "einen Schritt voraus zu sein".

Rechtliche Möglichkeiten zur Begrenzung der Arbeitszeit

garda, Berlin, Tuesday, 29.01.2019, 15:36 (vor 1885 Tagen) @ Georgina

Also muss man erstmal erstellen, was realistisch erwartet werden darf in der vereinbarten Zeit.....einmal vor Ort und dann eben noch die Wegezeiten zu den anderen Einsatzorten ;-) Das dann immer gemessen am Stellenumfang. gerade in der Lehre gerät man nämlich sehr schnell in die Falle, dass Vor- und Nachbereitung sowie die ganzen administrativen Dinge nicht gesehen und berechnet werden. :-)

Ganz genau! Korrekturarbeiten werden dabei oft ebenso vergessen wie Prüfungsaufsicht oder die von dir erwähnten Wegstrecken, Besprechungen/Konferenzen, Einzelberatung von Schülern/Teilnehmern kommen auch dazu. Je welche Schulform wir hier betrachten auch gerne noch mehr!

Wo ist die Grenze für Minderleistung...30 %?

Ja, das ist bei 30 %, darunter muss das der AG hinnehmen.

Ich habe schon Respekt vor dem AG ...bin mir aber nicht mal sicher, ob dieser sich überhaupt soooo dezidiert mit den Feinheiten des § 207 SGB IX auskennt.
Mir geht es darum, im Zweifel "einen Schritt voraus zu sein".

Recht so und vom AG nicht einschüchtern lassen, die kochen auch nur mit Wasser, was manchmal auch verdünnt ist. ;-)

--
Mit freundlichen Grüßen

Michael

Rechtliche Möglichkeiten zur Begrenzung der Arbeitszeit

Georgina, Wednesday, 30.01.2019, 06:50 (vor 1885 Tagen) @ garda

Ganz genau! Korrekturarbeiten werden dabei oft ebenso vergessen wie Prüfungsaufsicht oder die von dir erwähnten Wegstrecken, Besprechungen/Konferenzen, Einzelberatung von Schülern/Teilnehmern kommen auch dazu. Je welche Schulform wir hier betrachten auch gerne noch mehr!

Genau - es liegen in dieser Schulform ja im Prinzip "Mischtätigkeiten" vor und nicht nur die reine Lehre wie an berufsbildenden Schulen. Anders als an "normalen Schulen" haben die Lehrer hier auch Stempelzeiten...innerhalb dieser werden (zumindest bis zum jetzigen Zeitpunkt) alle Arbeiten incl. Vorbereitung erledigt. Es stehen - eben anders als an "normalen Schulen" Büroarbeitsplätze zur Verfügung. Was in welchem Umfang anfällt, unterscheidet sich auch von Woche zu Woche ...Die Regelarbeitszeit wird an 5 Tagen "vor Ort" erbracht und man hat Anwesenheitspflicht (also in der Schule oder an anderen Einsatzorten). Ein Home-Office ist weder vorgesehen noch erlaubt/erwünscht.... das Mitarbeiter abends noch zu Hause am Schreibtisch sitzen oder gar Samstags in die Schule kommen war wohl all die Jahre nicht üblich. Die Mitarbeitenden werden strukturell der Verwaltung zugerechnet, weswegen Stempelzeiten sind auch nur innerhalb eines definierten Zeitkorridors möglich (7 bis 18 Uhr) sind.

Es ist also schon komplex und es wäre natürlich auch spannend, ob man "bewiesen" kriegen würde das es sich nicht um eine reine Lehrtätigkeit handelt und somit de § 207 SGB IX doch greifen würde. Dann könnte man das ohne viel Aufwand dem AG erklären und damit wäre es dann "gut" ....;-)



Ja, das ist bei 30 %, darunter muss das der AG hinnehmen.

Wie würde das berechnet werden, wenn z.B. von einigen Dingen aufgrund der Behinderung zwar weniger erbracht wird, dieses aber durch Zusatzaufgaben (für die spezielle Qualifikationen vorliegen) kompensiert wird? Hier müsste sogar für den Einzelnen ein Profil erstellt werden....

Kann man hier den § 164 "Beschäftigung nach Fähigkeiten und Kenntnissen" einbringen?
Wenn der Betroffene zB. aufgrund seiner Behinderung nicht so viel Reisetätigkeit macht (weil er weniger belastbar ist) , dafür aber vor Ort Beratungsgespräche, für welche eine spezielle Zusatzqualifikation erworben wurde?
Dann kompensiert eine Spezialfähigkeit (mit Alleinstellungsfaktor) andere Einschränkungen...hätte der einen Anspruch darauf, dass das Anforderungsprofil so definiert wird?

Rechtliche Möglichkeiten zur Begrenzung der Arbeitszeit

MatthiasNRW, Wednesday, 30.01.2019, 11:36 (vor 1884 Tagen) @ Georgina

Hallo,

< Die Anspruchsgrundlage (als höherrangige "Lex specialis") ist § 164 Abs. 5 SGB IX. Diese Vorschrift beinhaltet bei entsprechender behinderungsbedingter Notwendigkeit einen einklagbaren Rechtsanspruch auf Teilzeit.Er kann auch analog iVm Abs. 4 zur wirksamen Begrenzung von täglichen/wöchentlichen Arbeitszeiten oder Arbeitstagen herangezogen werden, die noch unterhalb der "Schwelle" des § 207 liegen.
Im Gegensatz zum TzBfG kennt der Anspruch nach § 164 Abs. 5 auch keine festgelegten Fristen zum "Vorlauf", sondern er gilt "unmittelbar bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen" ( Düwell in LPK-SGB IX, § 164 Rn 207 - mit Verweis auf mehrere BAG-Entscheidungen).

Ich entnehme dem § 164 aber auch, dass die Grenze in der Zumutbarkeit liegt. Dieser Begriff ist ja nun relativ "dehnbar" ;-)

Der Begriff ist in erster Linie unbestimmt, aber aufgrund der Privilegierung des TZ-Anspruches im SGB IX nicht unbegrenzt dehnbar. Die Unzumutbarkeit muss daher durch besonders gewichtige Gründe nachgewiesen werden.

Nehmen wir mal an, die Arbeitszeit wird behinderungsbedingt auf 90% festgelegt (35 Stunden). Dann darf ja wirksam alles abgelehnt werden, was diesen "Zeitrahmen sprengen würde" und nach meinem Verständnis inkludiert dieses auch alle anfallenden Arbeiten wie Unterrichtsvorbereitung, Korrekturarbeiten etc.

Das ist meines Erachtens etwas kurz geschlussfolgert. Auch innerhalb einer behinderungsbedingt dauerhaft erforderlichen Teilzeittätigkeit ist vorübergehende Mehrarbeit grundsätzlich möglich. Hier bedarf es dann des Nachweises, dass auch dies wegen Art und Schwere der Behinderung selbst in einzelnen Ausnahmefällen nicht machbar ist.

Für die Kollegen des schwerbehinderten Menschen bedeutet das dann aber, das diese ÜS und Mehrarbeit machen und dann natürlich auch ein größeres Pensum zu bewältigen haben.

Das bedeutet auch, dass diese mehr leisten (Unterrichtsstunden und alle anfallenden Dinge) was ja lediglich durch Mehrarbeit zu schaffen ist. Kann man dem behinderten Menschen aus dieser Konstellation heraus eine Leistungsminderung unterstellen? Es ist nicht festlegt, was mit welchem Stellenumfang geschafft werden muss...

Eine Leistungsminderung wird sich niemals damit begründen lassen, dass eine TZ-Kraft weniger leistet als eine VZ-Kraft.

Und weil es später noch zur Sprache kommt: Die Änderung eines Stellenprofils dahingehend, dass bestimmte (aufgrund Art und Schwere der Behinderung in Vollzeit nicht leistbare) Tätigkeiten wegfallen und diese im gleichen Umfang mit behinderungsgerechten Tätigkeiten ersetzt werden, führt unter Umständen zu einem Wegfall des TZ-Anspruches (dieser kausale Zusammenhang von Tätigkeitsinalt und Art und Schwere der Behinderung wird allerdings kontrovers gesehen).

--
Gruß
Matthias

Rechtliche Möglichkeiten zur Begrenzung der Arbeitszeit

Georgina, Wednesday, 30.01.2019, 12:02 (vor 1884 Tagen) @ MatthiasNRW

Das ist meines Erachtens etwas kurz geschlussfolgert. Auch innerhalb einer behinderungsbedingt dauerhaft erforderlichen Teilzeittätigkeit ist vorübergehende Mehrarbeit grundsätzlich möglich. Hier bedarf es dann des Nachweises, dass auch dies wegen Art und Schwere der Behinderung selbst in einzelnen Ausnahmefällen nicht machbar ist.


Noch mal für mein Verständnis: eine Reduktion auf 35 Stunden zielt auf die wöchentliche Höchstarbeitszeit ab. Mehrarbeit beginnt dort, wo 8 Stunden am Tag überschritten werden.

Ohne diese Reduktion kann ein Arbeitnehmer grundsätzlich 48 Wochenstunden bzw. 6 Tage pro Woche beschäftigt werden. Eine Reduktion auf 35 Stunden würde also in erster Linie eine "Kappungsgrenze" in Bezug auf Überstunden darstellen.
Bedeutet aber doch auch: selbst wenn man 3 Tage lang Mehrarbeit leisten würde (3x10 Stunden), dann blieben für den Rest der Woche noch 5 Stunden zur Verteilung übrig ;-) Wenn also der Betroffene am Donnerstag und Freitag noch unterrichten soll, dann muss er ja an den ersten drei Wochentagen pünktlich Schluss machen...das widerum bringt den AG doch in die Position, dafür Sorge zu tragen dass das Arbeitspensum passt. :-D


Und weil es später noch zur Sprache kommt: Die Änderung eines Stellenprofils dahingehend, dass bestimmte (aufgrund Art und Schwere der Behinderung in Vollzeit nicht leistbare) Tätigkeiten wegfallen und diese im gleichen Umfang mit behinderungsgerechten Tätigkeiten ersetzt werden, führt unter Umständen zu einem Wegfall des TZ-Anspruches (dieser kausale Zusammenhang von Tätigkeitsinalt und Art und Schwere der Behinderung wird allerdings kontrovers gesehen).

OK, das ist Interessant. Ich hätte jetzt Dauer und Inhalt getrennt betrachtet.
Inhaltliche Änderungen der Tätigkeit begründen sich aus der Art der Behinderung und die Auswirkung dieser darauf....der zeitliche Umfang ist ja eher das quantitative Leistungsvermögen. :-|
Tricky ....

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