Umfang einer Stellungnahme (Allgemeines)

Simone24, Friday, 13.09.2019, 08:05 (vor 1686 Tagen)

Hallo ihr Lieben,

ich habe folgende Frage:

In einer Disziplinarangelegenheit wurde ich zuvor angehört und um Stellungnahme gebeten.
In meiner Stellungnahme habe ich die Rechtslage nochmal geprüft und bin zu dem Schluss gekommen, dass die Verhängung einer Disziplinarstrafe nicht verhältnismäßig wäre.
Ich habe also die einschlägigen Gesetze und Urteile zitiert, die nichts mit dem SGB IX zu tun haben und habe dahingehend geprüft, ob die Verhängung der Disziplinarstrafe gerechtfertigt ist oder eben nicht.
Ich habe nun über ein paar Ecken gehört, dass sich daran gestört wird, dass ich die rechtliche Seite eingehend geprüft habe und dass dies ja nicht meine Aufgabe sei.
Ich stelle mir nun die Frage, was ich denn in eine solche Stellungnahme schreiben soll?
Ich kann ja irgendwie nachvollziehen, dass ich nicht für die Prüfung (disziplinar- und beamten-)rechtlicher Fragen zuständig bin, bin aber gleichzeitig überfragt, zu was ich denn statt dessen Stellung nehmen soll (in diesem Fall ging es um einen trockenen Alkoholiker und eine Trunkenheitsfahrt (die Suchterkrankung ist auch die Schwerbehinderung)).
Ich hoffe, ihr versteht, was ich meine und könnt mir ein paar Tipps geben. :-)

Liebe Grüße
Simone

Umfang einer Stellungnahme

mietze_katz, Oberbayern, Friday, 13.09.2019, 10:11 (vor 1686 Tagen) @ Simone24

Hallo,

"trocknen Alkoholiker" und "Trunkenheitsfahrt" sind schon sehr widersprüchliche Aussagen.
Fand denn die Trunkenheitsfahrt im einem dienstlichen Zusammenhang statt? Oder privat erwischt worden?

Bei solchen Stellungsnahmen würde ich als SBV nicht die Rechtssituation oder die Verhältnismäßigkeit prüfen (dieses kann nur vor Gericht erfolgen, und wenn der AG gegen den AN vorgehen will, interessiert ihn Deine Meinung nur sekundär).
Führe in Deiner Stellungsnahme den positiven Verlauf (wenn vorhanden), die zeitliche Schiene des "trockenen Alkoholikers" dar. Die Trunkenheitsfahrt sei nach Deinen Kenntnisstand ein "einmaliger Ausrutscher" gewesen, evtl. wodurch es dazu gekommen ist (Streit Lebenspartner o.ä.).

Präventionsverfahren nach SGB IX !

Weitere Handlungsmöglichkeiten sehe ich nicht. Man kann die Tatsachen nicht ungeschehen machen.

VG

Umfang einer Stellungnahme

Simone24, Friday, 13.09.2019, 14:44 (vor 1686 Tagen) @ mietze_katz

Hallo mieze_katz,
vielen Dank für deine Antwort. Du hast vollkommen Recht! "Trockener Alkoholiker" und "Trunkenheitsfahrt" ist tatsächlich ein Widerspruch in sich. Wenn man so in einem Fall drin steckt, kann das mal passieren... ;)

Es handelte sich tatsächlich um einen einmaligen Ausrutscher und auch das habe ich in die Stellungnahme geschrieben. :)

Dank dir auch für den Hinweis mit dem Präventionsverfahren!

Viele Grüße
Mo

Umfang einer Stellungnahme

SFliege, Friday, 13.09.2019, 15:18 (vor 1686 Tagen) @ Simone24

Die SBV trifft weder eine Personalentscheidung noch erstellt sie ein Rechtsgutachten :-)

Ich denke, hier wäre besser:
- Vorhandene Situation aus Sicht der Vertrauensperson schildern.
- Was bisher in der Dienststelle passiert ist und durch welche Maßnahmen die Situation verbessert oder stabilisiert werden konnte.
- Besonderen betrieblichen Unterstützungsbedarf thematisieren, der sich aus der vorhandenen Behinderung ergibt.
- Evtl. weitere Maßnahmen nennen, die noch notwendig oder hilfreich wären.
- Optimistische Zukunftsprognose

Umfang einer Stellungnahme

albarracin, Baden-Württemberg, Friday, 13.09.2019, 16:59 (vor 1686 Tagen) @ SFliege

Hallo

es geht nicht um ein

Rechtsgutachten :-)

sondern darum, daß die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme genauso wie die Angemessenheit eine AG-Maßnahme sehr wohl von einer SBV geprüft werden können und ggfs. dann eben auch dazu Stellung genommen wird.
Wenn eine SBV sich das zutraut, sehe ich keinen Grund, warum die SBV sich nicht dazu äußern sollte.

Das Sonstige von Dir genannte gehört natürlich auch zu einer Stellungnahme dazu

- Vorhandene Situation aus Sicht der Vertrauensperson schildern.
- Was bisher in der Dienststelle passiert ist und durch welche Maßnahmen die Situation verbessert oder stabilisiert werden konnte.
- Besonderen betrieblichen Unterstützungsbedarf thematisieren, der sich aus der vorhandenen Behinderung ergibt.
- Evtl. weitere Maßnahmen nennen, die noch notwendig oder hilfreich wären.
- Optimistische Zukunftsprognose

--
&Tschüß

Wolfgang

Umfang einer Stellungnahme

Hendrik1, Niedersachsen, Saturday, 14.09.2019, 14:13 (vor 1685 Tagen) @ albarracin

Moin Moin

ich werde auch mal ein paar besipiele geben, wie man gegen eine Personalmaßnahme, hier ging es um eine Kündigung, anargumentieren kann.
Aus 2 Vorfällen, Falschdokumentation, wurde eine Ermahnung. Nach der Ermahnung gab es keine weiteren Vorfälle derart, es wurden aber 8 weitere Fälle, die zeitlich bis zu 1,5 Jahre vor der Ermahnung lagen, geltend gemacht, weswegen das Arbeitsverhältnis gekündigt werden sollte.

1. Argument, Ereignisse, die zunächst vom Arbeitgeber nur als ermahnungs, nicht abmahnungswürdig eingestuft werden, können aus Sicht der SBV nicht ohne eine Abmahnung gekündigt werden.
2. Argument: Eine Personalmaßnahme soll der Verhaltensänderung liegen, da in mehr als 6 Monaten kein derartiges Fehlverhalten aufgetreten ist, sieht die SBV diese auch als erfolgt an, was ebenfalls gegen eine Kündigung spricht.
3. Argument: Der Arbeitgeber schrieb in seiner Einlassung an das Integrationsamt, dass ein Zusammenhang mit der Behinderung nicht vorliegt. Dagegen wurde argumentiert, dass der Arbeitgeber die Behinderung nicht kenn und lediglich angeben hötte dürfen, dass ihm ein solcher Zusammenhang nicht bekannt sei, weil alles andere eine Mutmaßung ist, die aus unserer Sicht das Integrationsamt unzulässig beeinflussen soll, weil es dann nur ein eingeschränktes Ermessen hat.
4. Argument: Dem Arbeitgeber war zumindestens eine psychische Beeinträchtung bekannt, weil die Kollegin in der Anhörung angegeben hatte, dass sie nie gelernt hat, mit Kritik und eigenen Fehlern umzugehen und deshalb in einer Therapie wäre. Da psychische Beeinträchtungen auch oft mit Konzentrationsstörungen und Tagesmüdigkeit einhergehen, ist dieser Zusammenhang durchaus nachvollziehbar und möglich.
Daher kann man nach dieser Einlassung einen behinderungsbedingten Zusammenhang nicht ausschließen.

Folge: Der Arbeitgeber ist bei seiner Sicht geblieben, aber das Integrationsamt hat sich uns angeschlossen und die Zustimmung verweigert, der Arbeitgeber klagt jetzt gegen die Entscheidung des Integrationsamts.

Auch ich habe schon Gerichtsurteile o.ä. angeführt, wenn dieses der Einlassung dienlich war. Eine Rechtssicht, wie in diesem Fall, das auf eine Ermahnung nicht gleich eine Kündigung folgen kann, kann man auch als SBV durchaus äußern.

Liebe Grüße

Hendrik

Umfang einer Stellungnahme

Luculus, Sunday, 15.09.2019, 08:55 (vor 1684 Tagen) @ Hendrik1

Auch ich unterstreiche, dass wir SBVen durchaus in einer Stellungsnahme rechtliche Einschätzungen geben können und sollen. Wenn Verstöße z.B. gegen das SGB IX, Arbeitsgesetze oder das Personalvertretungsgesetz vorliegen benenne ich diese. Rechtliche Stellungnahmen des Arbeitgebers sind ja auch nicht fehlerfrei bzw. unterliegen einer rechtlichen Fehleinschätzung :-P ansonsten würden ja nicht so viele Arbeitgebermaßnahmen vor Gerichten korrigiert.
In einigen Gesetzen kenn ich mich auch besser aus weil ich viel mehr Urteile lese und konkret täglich mit den Gesetzen arbeite.

Umfang einer Stellungnahme

Simone24, Monday, 16.09.2019, 15:49 (vor 1683 Tagen) @ Luculus

Hallo zusammen,

ich danke nochmal allen für die tollen Antworten. Ihr habt mir sehr weitergeholfen bzw. auch meine Sicht der Dinge bestärkt. :)

LG
Simone

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