bevorzugte Berücksichtigung (Einstellung)

Vertigo, Saarland, Wednesday, 18.09.2019, 12:11 (vor 1675 Tagen)

Hallo in die Runde,

ich suche mir mal wieder die Finger wund.
In welchem Paragraphen steht denn, dass schwerbehinderte Bewerber bei gleicher Eignung bevorzugt zu berücksichtigen sind?
Weiß das jemand?

Habe auch schon im AGG geschaut und nix gefunden.
Im Voraus schon mal Danke für eure Antworten.
Ich werde bei der Suche immer auf §164 SGB XI verwiesen. (Prüfpflicht der Arbeitgeber)

Liebe Grüße

--
Gruß
Vertigo

bevorzugte Berücksichtigung

albarracin, Baden-Württemberg, Wednesday, 18.09.2019, 12:45 (vor 1675 Tagen) @ Vertigo

Hallo,

es wurde hier schon mehr als genug darüber gepostet, daß die entsprechenden Formulierungen in Stellenausschreibungen nicht mehr sind als juristische Lyrik ohne jegliche Verpflichtung sind.

--
&Tschüß

Wolfgang

bevorzugte Berücksichtigung

WoBi, Wednesday, 18.09.2019, 12:47 (vor 1675 Tagen) @ Vertigo

Hallo Vertigo,

in § 205 SGB IX. Die Lektüre eines Kommentars dazu wird empfohlen. Die Überschrift verspricht mehr als der Inhalt. :-(
"§ 205 Vorrang der schwerbehinderten Menschen
Verpflichtungen zur bevorzugten Einstellung und Beschäftigung bestimmter Personenkreise nach anderen Gesetzen entbinden den Arbeitgeber nicht von der Verpflichtung zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nach den besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen."

Zusätzliches in den Fürsorge-, Teilhabe-, Integrations-, oder Inklusionsrichtlinien /-erlasse der öffentlichen Arbeitgeber, in der jeweiligen landesspezifischen Ausprägung.

Wie klar war der § 1 im "Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter" in der Erstversion vom 06.04.1920 geschrieben:
"Jeder Arbeitgeber, der einen Arbeitsplatz besetzen will, ist verpflichtet, einen Schwerbeschädigten, der für diesen Arbeitsplatz geeignet ist, anderen Bewerbern vorzuziehen."

Wurde bereits zum 01.01.1923 eingeschränkt mit:
"Jeder Arbeitgeber, der einen Arbeitsplatz besetzen will, ist verpflichtet, einen Schwerbeschädigten, der für diesen Arbeitsplatz geeignet ist, anderen Bewerbern nach Maßgabe der folgenden Vorschriften vorzuziehen."

--
Gruß
Wolfgang

bevorzugte Berücksichtigung

Vertigo, Saarland, Friday, 27.09.2019, 10:24 (vor 1667 Tagen) @ WoBi

Hallo Lieber Wolfgang,

vielen Dank für deine Antwort.
Zwischenzeitlich war ich auf einem Seminar und bekam auf Nachfrage die Antwort, dass dies in der Landesinklusionsvereinbarung stehen würde.
Da habe ich jetzt noch nicht nachgeschaut.
In unserer hausinternen Inklusionsvereinbarung habe ich ebenfalls nachgeschaut und da ist es glücklicherweise auch mit dem Arbeitgeber vereinbart.
Ich suchte aber einen gesetzlichen § wo dies drin steht, dass schwerbehinderte oder Gleichgestellte Menschen im Bewerbungsverfahren bei "gleicher Eignung" bevorzugt zu berücksichtigen sind.
Leider gibt es wieder scheinbar einen solchen festgeschriebenen § und man muss mit Vereinbarungen und Kommentaren argumentieren.
Es ist schwierig, eine Einstellung durchzusetzen, wenn der Arbeitgeber einen nicht schwerbehinderten Bewerber als noch besser betrachtet, weil er noch mehr mitbringt, als im Stellenprofil gefordert wurde, obwohl der schwerbehinderte Bewerber alles mitgebracht hat, was das Stellenprofil verlangt.
So was ärgert mich immer!!!
Diese "gleiche Eignung" müsste in eine "ausreichende Eignung" umgewandelt werden, denn von den nicht schwerbehinderten Bewerbern hat oft einer noch eine Qualifikation (auch wenn sie nicht benötigt wird) über das Geforderte, so dass der Schwerbehinderte, der ebenfalls geeignet gewesen wäre, aus dem Rennen ist. :-(

Liebe Grüße und ein schönes Wochenende

--
Gruß
Vertigo

bevorzugte Berücksichtigung

WoBi, Friday, 27.09.2019, 12:31 (vor 1666 Tagen) @ Vertigo

Hallo Vertigo,

"Diese "gleiche Eignung" müsste in eine "ausreichende Eignung" umgewandelt werden, denn von den nicht schwerbehinderten Bewerbern hat oft einer noch eine Qualifikation (auch wenn sie nicht benötigt wird) über das Geforderte, so dass der Schwerbehinderte, der ebenfalls geeignet gewesen wäre, aus dem Rennen ist."

Deshalb steht häufig "Bewerber/-innen mit Schwerbehinderung werden bei im Wesentlichen gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt." in Stellenausschreibungen und Inklusionsvereinbarungen

"Es ist schwierig, eine Einstellung durchzusetzen, wenn der Arbeitgeber einen nicht schwerbehinderten Bewerber als noch besser betrachtet, weil er noch mehr mitbringt, als im Stellenprofil gefordert wurde, obwohl der schwerbehinderte Bewerber alles mitgebracht hat, was das Stellenprofil verlangt."

So einfach ist es nicht zusätzliche Auswahlkriterien einzubringen oder eine Verschärfung der Auswahlkriterien durchzuführen für einen öffentlichen Arbeitgeber.
Auszug aus BAG 8 AZR 188/12 vom 24.01.2013 – Randnummer 46/47:

"Mit der Bestimmung eines Anforderungsprofils für die zu vergebende Stelle legt der Dienstherr die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest; an ihm werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber gemessen (vgl. BVerfG 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 - BVerfGK 12, 284). Der öffentliche Arbeitgeber hat im Anforderungsprofil die formalen Voraussetzungen, fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie außerfachlichen Kompetenzen zu beschreiben, die ein Bewerber für eine erfolgreiche Bewältigung der künftigen Tätigkeit benötigt und die dementsprechend der leistungsbezogenen Auswahl zugrunde zu legen sind (BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - BVerwGE 139, 135). Aufgrund des Anforderungsprofils sollen einerseits geeignete Bewerber gefunden, andererseits ungeeignete Bewerber schon im Vorfeld der eigentlichen Auswahlentscheidung aus dem Kreis der in das engere Auswahlverfahren einzubeziehenden Bewerber ausgeschlossen werden. Mit der Festlegung des Anforderungsprofils wird ein wesentlicher Teil der Auswahlentscheidung vorweggenommen. Zugleich bestimmt der öffentliche Arbeitgeber mit dem Anforderungsprofil den Umfang seiner der eigentlichen Auswahlentscheidung vorgelagerten verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX (BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - aaO)
Für die Dauer des Auswahlverfahrens bleibt der Arbeitgeber an das in der veröffentlichten Stellenbeschreibung bekanntgegebene Anforderungsprofil gebunden (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX §82Nr. 1 = EzA SGB IX §82 Nr. 1)."

Ein öffentlicher Arbeitgeber hat Artikel 33 Abs. 2 GG zu beachten. Hierzu ein Auszug aus Randnummer 44 aus derBAG Entscheidung:

"Art. 33 Abs. 2 GG begründet ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und auf deren Durchführung anhand der in der Regelung - hier der Stellenausschreibung - genannten Auswahlkriterien (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch; BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG .15 Nr. 6 = EzA AGG .15 Nr. 13)"

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Gruß
Wolfgang

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