Fahrkosten erstattung während der Wiedereingliederung (Hamburgermodell) (Antragstellung / Widerspruch)

Avalon, Wednesday, 29.01.2020, 15:22 (vor 1521 Tagen)

Hallo, ich wollte euch mal fragen, ob jemand von euch damit bereits Erfahrung gemacht hat. Im Zuge eines Seminars in meiner Funktion als Schwerbehindertenvertretung habe ich erfahren,
dass das Sozialgericht Neuruppin am 26.01.2017 S 22 R 127/14 ein Urteil verkündet hat:
„Fahrten zur Arbeitsstätte während der Wiedereingliederung (Hamburgermodell) werden von der Krankenkasse erstattet.“
Ich habe dies für mich bei der KK beantrag und ohne weiteres die Fahrtkosten während meiner Eingliederung erstattet bekommen. Zu dem Antrag hatte ich eine Kopie des Wiedereingliederungsplanes und die Kilometer von zu Hause zur Arbeit über Google zugefügt.
Nun war für mich klar, super da können meine Kollegen ja auch davon profitieren. Denn wir brauchen uns ja nichts vormachen, mit dem Krankengeld, zum Beispiel mit dem Gehalt im Einzelhandel, macht man keine großen Sprünge mehr...… vor allem wenn dann auch noch eine längere Anfahrt besteht.
Nun haben 6 meiner betroffenen Kollegen mit unserer Hilfe den Antrag bei ihrer KK gestellt, alle 6 wurden abgelehnt.
Alle haben Widerspruch eingelegt und nur einer hat die Kosten auch erstattet bekommen. Soweit mir bekannt ist kann nach Ablehnung des Widerspruches nur noch über das Sozialgericht Klage eingereicht werden. Dazu sind meine Kollegen nicht bereit und nehmen dies einfach hin...…. Ich bin nun etwas ratlos und wende mich deshalb an euch.
Wäre echt toll wenn jemand da bereits Erfahrung gesammelt hat.
Vielen Dank im Voraus.

Fahrkosten während stufenweiser Wiedereingliederung (Hamburger Modell)

Cebulon, Wednesday, 29.01.2020, 17:23 (vor 1521 Tagen) @ Avalon

Hallo, ich wollte mal fragen, ob jemand damit bereits Erfahrung gemacht hat.

Hallo, zB diese Rechtsanwältin und Fachanwältin für Sozialrecht in Kiel hat Erfahrungen mit solchen unwilligen Krankenkassen – und hat Erstattungsanspruch auf Fahrgeld gerichtlich durchgesetzt ;-) Und auch der Dipl.-Psych. und Fachberater Manfred Becker vom Integrationsfachdienst Köln u.a. mit IKK Classic. Da diese Träger anscheinend ihre Versicherten noch immer nicht umfassend über ihre Rechte aufklären, ist die SBV besonders gefordert.

Im Zuge eines Seminars in meiner Funktion als SBV habe ich erfahren, dass das SG Neuruppin am 26.01.2017, S 22 R 127/14, ein Urteil verkündet hat

Dazu gibt es mittlerweile schon drei weitere veröffentlichte Urteile vom SG Düsseldorf (2016), SG Kiel (2016) sowie SG Berlin (2018), die ersten beiden von 2016 bereits rechtskräftig. Berufung gegen SG Düsseldorf hat Krankenkasse wieder zurückgezogen beim LSG NRW - wohl mangels Argumente.

Dazu sind meine Kollegen nicht bereit und nehmen dies hin ...

Naja - des Menschen Wille ist sein Himmelreich! Ich würde evtl. diesen Kollegen noch folgenden Link schicken mit Urteilen und Rechtsgutachten einer renommierten Expertin, die ein früheres Fehlurteil des SG Kassel „zerpflückte“. Dann sollte es aber auch gut sein mit der SBV-Beratung. Dass sich viele Betroffene scheuen beim Sozialgericht zu klagen dürfte genau die Strategie solcher Reha-Träger sein. Ist eine beliebte Masche mancher Versicherungen wie Krankenversicherung und Rentenversicherung. Das zitierte Urteil des SG Neuruppin betraf zwar DRV, gilt aber genauso für alle GKV. Beim Sozialgericht besteht kein Anwaltszwang. Gerichtsgebühren fallen nicht an. Die verlinkten Urteile und LPK-SGB IX, § 44 Rn. 27, sollten jedenfalls für die Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Menschen locker als Begründung reichen.

Mich würde da aber auch mal interessieren, mit welcher „kreativen“ Begründung bei den Fahrtkosten jeweils abgewimmelt wurde und welche Kranken- oder Ersatzkassen „blockten“ auf Kosten der Versicherten. Bitte möglichst deren Begründungen posten; wohl haltlose Textbausteine (an der ständigen Rechtsprechung vorbei) etwa so wie hier und hier und hier, dass StW keine Leistung med. Rehabilitation sei?

Soweit bekannt ist, kann nach Ablehnung des Widerspruches nur noch über das Sozialgericht Klage eingereicht werden.

Man könnte z.B. aber auch daneben Aufsichtsbeschwerde beim Landessozialministerium machen in NRW bzw. sich auch an den Petitionsausschuss des Landtages wenden oder NRW-Landes-Behindertenbeauftragte.

Viel Erfolg mit den vier Gerichtsurteilen (ebenso Prof. Dr. Luik, Richter am Bundessozialgericht, LPK-SGB IX § 44 Rn. 7/27, wonach Anspruch; ebenso auch Becker von den rheinischen Integrationsfachdiensten, welcher der DRV-Bund „energisch“ widersprach.

Gruß,
Cebulon

Fahrkosten während stufenweiser Wiedereingliederung (Hamburger Modell)

Avalon, Friday, 31.01.2020, 07:49 (vor 1519 Tagen) @ Cebulon

Hallo,
erstmal vielen Dank für deine Antwort, und die nützlichen Infos zu noch neueren Urteilen.
Die Ablehnungsgründe, kann ich im Moment nur aus dem Gedächtnis sagen. Ich werde versuchen die Originale zu bekommen.
Die KK die abgelehnt haben sind unter anderem die TK (die bei mir anstandslos gezahlt hat) und die AOK
die Gründe waren zum einen, das der Antragsteller keinen Anspruch hat :-( weil die Wiedereingliederung keine Reha-Maßnahme ist.....(die Sachbearbeiter können, wollen offensichtlich nicht richtig lesen, siehe Gerichtsurteil)
der andere Grund war, hierfür sei die KK nicht zuständig...…..

Fahrkosten während stufenweiser Wiedereingliederung (Hamburger Modell)

Cebulon, Friday, 31.01.2020, 13:21 (vor 1519 Tagen) @ Avalon

weil die Wiedereingliederung keine Reha-Maßnahme ist ...

Hallo, halte das so für reine Willkür. Das widerspricht eklatant der ständigen „höchstrichterlichen“ Rspr. des Bundessozialgerichts: „Die stufenweise Wiedereingliederung zählt zum Katalog der medizinischen Reha-Leistungen“, und u.a. auch der amtlichen „Homepage“ des Bundessozialministeriums: „Die stufenweise Wiedereingliederung ist eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation.“ Betroffene sollten sich gegen diese m.E. grobe „Behördenwillkür“ wehren; m.E. vorgeschobenes „ewiggestriges Argument“ der GKV, weil schon vor zwölf Jahren vom BSG 2008, Rn. 20 - als völlig abwegig verworfen (wie bereits zuvor von der Vorinstanz 2007). Dieses sog. „Argument“ dieser Krankenkassen halte ich eher für eine gezielte Irreführung. (vgl. auch Nebe, FKS-SGB IX, § 44 Rn. 32a; Neumann/Pahlen, SGB IX, § 44 Rn. 3/11; jurisPK-SGB IX, § 44 Rn. 45 / 45.1; Schell, SGB IX, § 44 Rz. 4a; LPK-SGB IX § 44 Rn. 7 / 27) Scheint wohl alles nur abzuprallen, ohne dass sich KK damit auseinandersetzen.

die Sachbearbeiter können offensichtlich nicht richtig lesen

Ironie: Wer lesen kann ist klar im Vorteil. Setzt halt voraus, dass etwas gelesen, verstanden und dann auch begriffen wird. Gehe davon aus, dass nach Klagen schnell gezahlt wird, da GKV wohl nicht an weiteren Verurteilungen interessiert sind und schon gar nicht an einem obergerichtlichen Urteil, um so weitermachen zu können wie bisher, seitdem es das SGB IX gibt. Dieses ist keine Ermessensleistung, sondern vielmehr Rechtsanspruch nach der einhelligen Rspr. seit 2016 und herrschenden Lehrmeinung.

der andere Grund war, hierfür sei die KK nicht zuständig ...

Halte dieses Versagen für skandalös: Denn dann hätte ja dieser Antrag natürlich spät. binnen zwei Wochen an den aus Sicht der Krankenkasse zuständigen Reha-Träger „von Gesetzes wegen“ weitergeleitet werden müssen laut § 14 SGB IX. Hat sie das nicht getan oder ist sie dem nicht fristgerecht nachgekommen, so wäre sie dennoch kraft Gesetzes umfassend zuständig (geworden) wg. Fristversäumnis! Mit Buchbinder-Wanninger-Methoden kann sich diese Versicherung wohl nicht einfach „vom Acker machen“ Und den § 14 SGB IX a.F. zur Zuständigkeitsklärung gab’s schon seit 2001, welcher gern mal „übersehen“ bzw. ignoriert wurde. Diese Krankenkasse hat weiterzuleiten (mit Gründen) statt abzulehnen! Dem Antragsteller ist Weiterleitung schriftlich mitzuteilen lt. BAR-Broschüre 2019, Seite 30. Eine „Zuständigkeit“ der DRV könnte bspw. vorliegen nach vorheriger „stationären Maßnahme“, auch wenn diese im Einzelfall bereits einige Monate zurückliegt. (LSG Stuttgart, 11.12.2013 - L 2 R 1706/11). Wer ist denn nun nach deren Ansicht zuständig für Fahrtkosten?

Zahlreiche Gerichtsverfahren zu § 14 SGB IX belegen, wie schwer sich manche Reha-Träger mit der Zuständigkeitsklärung tun: Wer nicht weiterleitet trotz Unzuständigkeit, wird originär zuständig und bleibt u.U. auf den Kosten sitzen. Dabei hat schon manch säumiger Reha-Träger viel „Lehrgeld“ zahlen müssen, wie von Bundesrichter Dr. Alexander Gagel schon 2008 eingängig geschildert.

Gruß,
Cebulon

Fahrkosten während stufenweiser Wiedereingliederung (Hamburger Modell)

Cebulon, Sunday, 14.03.2021, 14:26 (vor 1111 Tagen) @ Avalon

Die KK die abgelehnt haben sind unter anderem die TK (die bei mir anstandslos gezahlt hat) und die AOK. Die Gründe waren zum einen, das der Antragsteller keinen Anspruch hat :-( weil die Wiedereingliederung keine Reha-Maßnahme ist ...(die Sachbearbeiter können, wollen offensichtlich nicht richtig lesen, siehe Gerichtsurteil), der andere Grund war, hierfür sei die KK nicht zuständig ...

Eine Übersicht beliebter bzw. „schräger“ Standard-Einlassungen von Reha-Trägern, um Fahrkosten abzuwimmeln, sämtlich bereits von Sozialgerichten als nicht stichhaltig zurückgewiesen – gibt es bei Wikipedia.

Gruß,
Cebulon

Fahrkosten erstattung während der Wiedereingliederung (Hamburgermodell)

albarracin, Baden-Württemberg, Friday, 31.01.2020, 09:23 (vor 1519 Tagen) @ Avalon

Hallo,

hier noch eine weitere ausführliche (zustimmende) Besprechung des Urteils des SG Neuruppin:

https://www.apk-ev.de/fileadmin/downloads/181002_Reha-Recht_Nebe-Fahrtkosten-StW.pdf

Auch die Fachliteratur sieht das so. Luik in LPK-SGB IX, § 44 Rn 7 beschreibt die StWE ausdrücklich als "eigenständge medizinische Reha-Leistung", für die dann natürlich auch gem. § 64 Abs. 1 Nr. 5 SGB IX "Leistungen zum Erreichen des Arbeitsplatzes" (a.a.O., Rn 23) von den Kostenträgern zu erbringen sind.

--
&Tschüß

Wolfgang

Fahrkostenerstattung bei Wiedereingliederungen?

Cebulon, Tuesday, 08.09.2020, 18:03 (vor 1298 Tagen) @ Avalon

... und hier noch ein hochinteressantes obergerichtliches Urteil des LSG Mecklenburg-Vorpommern in Neustrelitz vom 28.05.2020, L 6 KR 100/15 (rechtskräftig!) mit nachfolgenden Leitsätzen zu den Reisekosten bzw. den Fahrkosten bei Aussteuerung, zur Verjährung und Nichtzulassung der Revision zum Bundessozialgericht:

• Die Übersendung eines Wiedereingliederungsplans im Sinne des sog. Hamburger Modells an einen Rehabilitationsträger ist im Zweifel als Antrag auf sämtliche im Zusammenhang mit dieser Wiedereingliederungsmaßnahme in Betracht kommende Leistungen auszulegen.

• Die stufenweise Wiedereingliederung nach § 28 SGB IX a.F. gehört zu den medizinischen Rehabilitationsleistungen, für die nach §§ 6, 5 SGB IX die gesetzliche Krankenversicherung zuständig sein kann.

• Als ergänzende Leistung zur stufenweisen Wiedereingliederung kommt ein Anspruch auf Fahrkostenerstattung auch dann in Betracht, wenn während der Maßnahme weder ein Anspruch auf Krankengeld noch auf Übergangsgeld besteht.

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Schwerin vom 13.11.2015 sowie der Bescheid der beklagten Krankenkasse vom 29. Oktober 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2014 wurden „abgeändert“ sowie komplett aufgehoben bezüglich den Fahrkosten. Trotz einer Untätigkeitsklage hat es nahezu acht Jahre
gedauert, bis der Kläger endlich Recht bekam. Beantragt wurde:

„Die einfache Entfernung von seinem Wohnort zu seinem Arbeitsort betrage 52 km. Die Wiedereingliederung sei an 65 Arbeitstagen erfolgt. Die Mehraufwendungen beliefen sich demnach auf 1.352,00 € (65 Tage x 52 km x 0,20 € = 1.352,00 €).“
Bewilligt wurde: „Bei Benutzung eines eigenen PKW wird eine Wegstreckenentschädigung in Höhe von 20 Cent je Kilometer zurückgelegter Strecke gewährt (§ 53 Abs. 4 S. 1 SGB IX i.V.m. § 5 Abs. 1 Bundesreisekostengesetz).“

Diese Krankenkasse wurde verurteilt, dem sbM für die stufenweise Wiedereingliederung vom 01. Juli 2012 bis zum 30.September 2012 Reisekosten zu gewähren. Revision zum Bundessozialgericht wurde nicht zugelassen nach § 160 SGG. Darüber sollte jede SBV etwa in ihrer nächsten Schwerbehindertenversammlung berichten bzw. per Rundschreiben! Die KK erzählte m.E. „wirres Zeug“, und beim SG Schwerin ist das auch nicht viel besser. Etwas „abseitig“ auch vom Berufungsgericht, das „Versorgungsamt“ beizuziehen, weil völlig überflüssig.

Gruß,
Cebulon

Fahrkosten bei Stufenweiser Wiedereingliederung (Hamburger Modell)

Cebulon, Thursday, 06.05.2021, 17:42 (vor 1058 Tagen) @ Avalon

Hallo Avalon,

hier noch eine hochinteressante Diskussion zum Anspruch auf Fahrkosten bei StW mit dem erfahrenen Experten und Dozenten Manfred Becker zu dieser Rechtsfrage.

Auch Landessozialgericht NRW geht offenbar von einem klaren Rechtsanspruch auf Fahrkosten von behinderten Rehabilitanden gegen gesetzliche Krankenversicherung bei StW aus: Die KK hat nach richterlichen Hinweisen den Anspruch auf die Fahrkosten im Berufungsverfahren akzeptiert per Anerkenntnis nach § 101 SGG. Damit ist das grobe Fehlurteil des SG Köln vom 24.01.2020, S 36 KR 667/19, vom Tisch nach § 101 Abs. 2 SGG, wonach die StW vorgeblich keine medizinische Rehabilitation sei.

Das Anerkenntnis 2021 der IKK classic umfasste,
1. dass Anspruch der Klägerin unter Aufhebung des Bescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids anerkannt wird,
2. dass Fahrkosten für die StW in der beantragten Höhe von der Krankenkasse erstattet werden, und
3. dass auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten von der IKK classic übernommen werden. Diese Bescheide wurden nicht durch Urteil, sondern per Anerkenntnis aufgehoben.

Gruß,
Cebulon

Fahrkosten bei Stufenweiser Wiedereingliederung (Hamburger Modell)

Karin73, Schleswig-Holstein, Wednesday, 28.07.2021, 13:19 (vor 975 Tagen) @ Cebulon

Hallo zusammen,
Die Einträge sind hier ja nun schon etwas älter und ich wollte mal nach Eueren Erfahrungen mit den Krankenkassen betreffend der Fahrkosten bei der Stufenweise Wiedereingliederung fragen?

Wie wird der Antrag auf Übernahme der Fahrkosten gestellt?Gleich mit der Übersendung des Unterschriebenen Stuffenplan? Oder erst später? Nach erfolgreicher Wiedereingliederung?
Langt ein zusätzlicher Formloser Antrag mit Angabe der Kilometer?

Über die Mitteilung Euer Erfahrungen wäre ich sehr dankbar.

Viele Grüße Karin

Fahrkosten bei Stufenweiser Wiedereingliederung (Hamburger Modell)

Cebulon, Wednesday, 28.07.2021, 18:40 (vor 975 Tagen) @ Karin73

Wie wird der Antrag auf Übernahme der Fahrkosten gestellt?

Hallo Karin,
ein formloser Antrag ist völlig ausreichend laut Rechtsprechung, nachdem die Krankenkassen wohl noch immer keine „Formulare“ zur Kostenerstattung für die StW bereitstellen. Sofern behindert (auch bei < GdB 30), sollte auch der GdB angegeben werden.

Zur Begründung würde ich z.B. Prof. Dr. Luik, Richter am BSG, LPK-SGB IX, Rn. 7 sowie 27, zitieren, wonach die StW als eine eigenständige Hauptleistung med. Reha anzusehen ist (so schon LSG NRW, 5.02.2007, L 3 R 39/06, LEITSATZ 2: „Die stufenweise Wiedereingliederung ist eine eigenständige Leistung der med. Rehabilitation und nicht eine ergänzende Leistung.“) – und per Kurzlink auf ständige Rspr. der Sozialgerichtsbarkeit hinweisen zu_Fahrkosten während der stufenweisen Wiedereingliederung
www.tinyurl.com/StW-Urteile-Fahrkosten

Langt ein zusätzlicher formloser Antrag mit Angabe der Km?

Wenn ÖPNV, müssen die Fahrkosten lückenlos belegt werden per Fahrkarten im Original. Wenn eigener PKW, so ist die Entfernung in km anzugeben (km der jeweils kürzesten Route zur Betriebsstätte, z.B. Google-Maps beifügen), und Wegstreckenentschädigung zu beantragen. Außerdem ggf. angeben, dass der Arbeitgeber keinen (freiwilligen) Fahrtkostenzuschuss zahlt bzw. in welcher Höhe. Falls Ablehnung kommt – fristgerecht Widerspruch bzw. Klage zum SG.

Üblicherweise wird versucht, die Antragsteller abzuwimmeln ohne Rechtsbehelfsbelehrung bzw. eine Rücknahme „aufzuschwätzen“ tel. oder schriftlich mit Freiumschlag. Rechtskräftige veröffentlichte Urteile, wonach bei StW kein Anspruch auf Fahrkosten gegen eine KK als zuständiger Rehaträger zustünde, gibt es nicht. Vereinzelt ignorieren BKK die Rspr. – und behaupten das Gegenteil im Web, dass kein Anspruch bestünde, bspw. die BKK-Audi und die BKK-Freudenberg. Ich meine, das ist dreist und amtl. Fake-News, um Versicherte im Vorfeld durch „Desinformation“ von den Anträgen abzuhalten. Auch laut dem Glossar der DVfR stehen Fahrkosten bei_StW zu. Um welche Krankenkasse handelt es sich dort?

Immerhin erstattet z. B. die AOK Rheinland / Hamburg mittlerweile auf Antrag anstandslos die Fahrkosten bei der StW. Und folgender Fachbeitrag 2020 dazu könnte noch als Anlage beigefügt werden. Derzeit ist noch eine Berufung der „prozessfreudigen“ AOK Plus, welche vom SG Dresden verurteilt wurde, bei dem LSG Sachsen anhängig – L 1 KR 365/20 – wegen Wegstreckenentschädigung. Bei_Ablehnungen sind KK sehr schnell, lehnen teils in 3 Tagen per Textbaustein ab. Spätestens bei Berufungen rudern sie aber zurück wie z.B. beim LSG NRW 2016 (Rücknahme) und LSG NRW 2021 (Anerkenntnis) oder sie werden rechtskräftig verurteilt wie LSG MV 2020. Das LSG MV hat wohl die „Faxen dick“ – und hat Zulassung der Revision zum BSG abgelehnt. Einzelne Ersatzkassen (wie z.B. „Barmer“) lehnen weiterhin regelmäßig ab – obwohl bereits schon 2016 vom SG Kiel verurteilt – rechtskräftig! Vermutlich haben die Sachbearbeiter „Anweisung“, solche Anträge erstmal abzulehnen trotz entgegenstehender obergerichtlicher Rspr.

Gruß,
Cebulon

Fahrkosten bei Stufenweiser Wiedereingliederung (Hamburger Modell)

Cebulon, Sunday, 17.10.2021, 20:03 (vor 894 Tagen) @ Karin73

Erfahrungen mit den Krankenkassen betreffend der Fahrkosten bei der Stufenweise Wiedereingliederung?

Hallo Karin,

zur Begründung des Antrags, von Widerspruch bzw Klage einfach auf Siegfried Wurm in Haufe, SGB IX § 73 Rz. 84, verweisen, und druckfrisch Thomas Asmalsky in Dau/Düwell/Joussen/Luik (LPK-SGB IX), 6. Aufl. 2021, § 73 Rn. 14, „Wegstreckenentschädigung“ bei PKW-Fahrten. Das sollte zur Begründung locker reichen, und spätestens vom Sozialgericht berücksichtigt werden. Die Autoren sind beide hochkarätige Experten des Sozialversicherungsrechts.

Tipp: Zur Verfahrensbeschleunigung in Coronazeiten bei Gericht Entscheidung durch Berichterstatter anregen und auf mündliche Verhandlung verzichten, da Sozial- und Landessozialgerichte die Rechtslage zwischenzeitlich für eindeutig und geklärt halten zum Anspruch auf Fahrkosten.

Außerdem nicht vom Bescheid und dem Widerspruchsbescheid abschrecken lassen: Da werden teils Quellen aufgetischt, die mit den Fahrkosten rein gar nichts zu tun haben – und die den Leser wohl nur verwirren, „schwindlig“ machen bzw abwimmeln sollen, weil maximal unverständlich. Besonders dreist und schräg die Behauptung, wonach Fahrtkosten „Privatsache“ seien, obwohl selbstverständlich Mehraufwendung während StW.

Gruß,
Cebulon

Fahrkosten-Erstattung während stufenweiser Wiedereingliederung

Cebulon, Friday, 29.04.2022, 22:48 (vor 700 Tagen) @ Avalon

Wäre echt toll wenn jemand da bereits Erfahrung gesammelt hat.

Derzeit begründen Krankenversicherungen ihre Ablehnung von Fahrkosten teils mit SG Leipzig, 08.09.2021, S 22 KR 100/21. Es wird verschleiert, dass dieses schräge sowie skurrile Fehlurteil mit Berufung angegriffen wurde, also nicht rechtskräftig ist, anhängig beim LSG Sachsen – Aktenzeichen: L 1 KR 340/21.

Diese GKV hat dreist behauptet, dass die StW eine Maßnahme zur „Teilhabe am Arbeitsleben“ sei entgegen BSG, 20. Oktober 2009, B 5 R 44/08 R – wonach StW zu den „Leistungen zur medizinischen Rehabilitation“ gehört nach § 5 Nr. 1 SGB IX. Online-Kommentar zum Anspruch auf Fahrkosten von Siegfried Wurm, SGB IX, § 73 Reisekosten, Rz. 84, und DVfR-Glossar zur StW und ständ. RSpr. von ca. ½ Dutzend Sozialgerichten. Ebenso Landessozialgericht MV, 28.05.2020, L 6 KR 100/15, und seit 15 Jahren LSG NRW, 05.02.2007, L 3 R 39/06 – Leitsatz 2, und LSG NRW – L 10 KR 370/20, wegen Wegstreckenentschädigung bei StW. Das alles wurde vom SG Leipzig „übersehen“ bzw. komplett ignoriert. Hintergrund: Für die „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ gemäß § 5 Nr. 2 SGB IX wäre die GKV als rein med. Rehaträger niemals zuständig. Ist ziemlich „durchsichtige“ und konstruierte These zur Leistungsgruppe in diesem Widerspruchsbescheid.

Im Übrigen geht der zitierte Prof. Dr. Welti (Gründe 1 b aa), ein ehrenamtlicher Richter am BSG, vom Er­stat­tungs­an­spruch auf Fahrkosten als Mehr­auf­wen­dun­g aus bei StW (Welti, in Soziale Sicherheit, 11/2018, Seite 449, 466, in Fußnote 227 m.w.N. zu Fahrkosten mit Verweis auf Nebe in: Feldes/ Kohte/ Stevens-Bartol (Hrsg.), § 28 SGB IX, Rn 32a; SG Neuruppin, Urteil vom 26.1.2017 – S 22 R 127/14 Rn 22 ff.) – also gerade nicht vom Gegenteil – worüber sich dieses völlig haltlose sowie abwegige Fehlurteil des SG Leipzig jedoch ausschweigt.

SG Leipzig (Gründe 1 b bb): „Die Krankenkasse gewährt, abgesehen von der durch fortbestehende Arbeitsunfähigkeit bedingten Krankengeldzahlung, dabei gerade keine eigene Leistung (vgl. Sichert, in Becker/Kingreen, SGB V, 7. Auflage, § 74 Rz. 27, mit Darstellung des Streitstandes).

Das ist nur unsinnige Unterstellung laut ständ. RSpr.

Die Auslegung des SG Leipzig und die Darstellung von Sichert ist aus der Luft gegriffene Behauptung ins Blaue hinein: Denn zB den Wiedereingliederungsplan erstellen Vertragsärzte bekanntlich nicht für „Gotteslohn“, sondern vielmehr ausweislich des verbindlichen amtlichen KBV-Formulars, Muster 20, wie folgt: „Für die Erstellung des ärztlichen Wiedereingliederungsplanes ist die Nr. 01622 EBM berechnungsfähig." Ein einziger gezielter Blick in die beigezogene Verwaltungsakte, in welcher der Stufenplan abgeheftet sein sollte, hätte genügt, damit auch dieser Sozialrichter das gecheckt hätte. Laienrichter gab’s wohl keine, da „Entscheidung ohne mündliche Verhandlung“ erfolgte mit Zustimmung der Beteiligten. Das kann zwar solche Verfahren (wie hier) ungemein beschleunigen, aber schon mal zu Justizirrtum führen per Einzelrichterentscheidung durch Berichterstatter wie hier: SG Leipzig hat sich da über ober- und_höchstrichterliche Rspr. locker hinwegsetzt, ohne diese zu erwähnen, geschweige denn sich damit auseinanderzusetzen – und_hat Thesen von Sichert völlig unkritisch übernommen.

Intransparent auch der vom SG Leipzig im „Tatbestand“ zitierte „Be­schluss des Thüringer Landes­so­zial­ge­richts vom 01.08.2013, Az. L 6 KR 299/13 NZB“, da nirgends veröffentlicht und da mit keinem Wort erwähnt, was da drinnen steht.

Gruß,
Cebulon

Fahrkosten erstattung während der Wiedereingliederung (Hamburger Modell)

Cebulon, Thursday, 30.06.2022, 08:32 (vor 638 Tagen) @ Avalon

Hallo zusammen,

ausführliche Anmerkung A5-2022 soeben erschienen zu Fehlurteilen des SG Leipzig und zum haarsträubenden Fehlbeschluss des LSG Thüringen, 1.8.2013, (L 6 KR 299/13 NZB), mit vernichtender Kritik auf reha-recht (Abschnitt V.1.b und V.2.b der DVfR-Anmerkungen vom 24.06.2022 von Linda Albersmann).

Gruß,
Cebulon

Fahrkosten erstattung während der Wiedereingliederung (Hamburger Modell)

bifavi, Hessen, Thursday, 30.06.2022, 10:25 (vor 638 Tagen) @ Cebulon

Hallo an alle,
das mit den GKV ist schon ein greul.
Mal so mal so. Habe aber trotzdem einige durchgeboxt.

Besonders arg ist das Verhalten der RV'en.
Im Entlassbericht wird die Stufenweise angeraten und gibt Plan.
Mitarbeiter macht diese innerhalb von 4 Wochen nach Rehaentlassung.
Antrag auf Fahrtkosten wird abgelehnt.
Selbst Hinweise auf die Urteile bringen nix.
Die gehen dann halt vor SG.
Habe ich aber noch keine Rückmeldungen wie das ausgegangen ist.

LG
Bifavi

Fahrkosten erstattung während der Wiedereingliederung (Hamburger Modell)

Cebulon, Thursday, 30.06.2022, 10:52 (vor 638 Tagen) @ bifavi

Mal so mal so. Habe aber trotzdem einige durchgeboxt.

Klasse gemacht! Um welche Krankenkassen handelt es sich da jeweils genau? Mit welcher konkreten Begründung wurde zunächst abgelehnt? Jeweils mit GdB ab 20 behindert oder nichtbehindert?

Besonders arg ist das Verhalten der RV'en. Antrag auf Fahrtkosten wird abgelehnt. Die gehen dann halt vor SG.

Gut so! Diese sollten alle evtl. auf diesen 10-seitigen Fachbeitrag der Uni Halle-Wittenberg vom 24.06.2022 verweisen, besonders Abschnitt I und V: Den Rehasport mit StW zu vergleichen und gleichzusetzen ist einfach nur abenteuerlich und abwegig. Bitte Ergebnisse mit AZ der Gerichte hier posten. Danke!

DRV haben teils „große Klappe“ und rudern dann jedoch spätestens im Berufungsverfahren geräuschlos zurück, z.B. LSG BB – L 4 R 19/19 oder sie „kneifen“ (SG Neuruppin) und sehen von Berufung ab – trotz ausdrücklicher Berufungszulassung: Das ist alles sehr inkonsequent bzw. widersprüchliches Verhalten.

Selbst Hinweise auf die Urteile bringen nix.

Das ist auch von den Krankenkassen bekannt: Die verweisen lapidar auf SG Leipzig, obwohl nicht rechtskräftig. Teilweise wird sogar eine illegale Selbstbeteiligung von 10 Euro pro Fahrt verlangt – also 20 Euro täglich. Das ist m.E. nur dreist und reine Willkür, Versicherte so abzuwimmeln! Begründungen für Ablehnungen sind teils völlig wirr. Entgegen der DRV Bund und SG Leipzig geht ja selbst das BMAS davon aus, dass die StW eine medizinische Rehaleistung ist: „Die stufenweise Wiedereingliederung ist eine Leistung der medizinischen Rehabilitation …“ Bei der DRV soll es wohl „Weisung“ geben, solche Fahrkosten zunächst mal abzulehnen in der Hoffnung, dass nur die Wenigsten beim Sozialgericht klagen …

Gruß,
Cebulon

Fahrkosten erstattung während der Wiedereingliederung (Hamburger Modell)

bifavi, Hessen, Friday, 01.07.2022, 10:31 (vor 637 Tagen) @ Cebulon

Hallo Cebulon,

Mal so mal so. Habe aber trotzdem einige durchgeboxt.

Klasse gemacht! Um welche Krankenkassen handelt es sich da jeweils genau? Mit welcher konkreten Begründung wurde zunächst abgelehnt? Jeweils mit GdB ab 20 behindert oder nichtbehindert?

Ich nenne hier keine Namen von GKV, aber es waren, sagen wir mal so, doch die GKV mit einer hohen Mitgliederzahl, welche auch nach Widerspruch stur bleiben. Die hocken halt auf dem Geld, weil es denen so schlecht geht.Bei kleineren KK gab es bisher nie Probleme, ich habe da jedenfalls keine andere Rückmeldung von meinen Leuten erhalten.
Ablehnungsgründe waren meist das zitierte negative Urteil.
Deine Frage ob mit oder ohne GdB kann ich so nicht beantworten.
Die machen da keine Unterschiede bei der Ablehnung.

Besonders arg ist das Verhalten der RV'en. Antrag auf Fahrtkosten wird abgelehnt. Die gehen dann halt vor SG.

Gut so! Diese sollten alle evtl. auf diesen 10-seitigen Fachbeitrag der Uni Halle-Wittenberg vom 24.06.2022 verweisen, besonders Abschnitt I und V: Den Rehasport mit StW zu vergleichen und gleichzusetzen ist einfach nur abenteuerlich und abwegig. Bitte Ergebnisse mit AZ der Gerichte hier posten. Danke!

AZ kann ich Dir keine geben.
Ich sage meine Leuten das ich gerne eine Rückmeldung hätte.
Aber wie es so ist, kommt oft nur Danke für die Hilfe und ich hab das Geld bekommen.

LG
bifavi

Fahrtkosten­erstattung während der Wiedereingliederung (Hamburger Modell)

Cebulon, Saturday, 12.08.2023, 13:38 (vor 230 Tagen) @ Avalon

Krankenkassen von Aufsicht abgemahnt
Krankenkassen verpflichten per Arbeitsanweisung ihre Mitarbeiter, bei Widersprüchen von Kassenpatienten „fragwürdige Methoden anzuwenden.“

Wie Krankenkassen systematisch Versicherte abwimmeln in Widerspruchsverfahren

Revision anhängig beim BSG – B 1 KR 7/23 R
Fahrkosten Stufenweise Wiedereingliederung

Auch AOK-Gesundheitsmagazin 2022 stellt klar, dass StW „als Maßnahme der medizinischen Rehabilitation eingeleitet“ wird.

Gruß,
Cebulon

Fahrtkosten­erstattung während Wiedereingliederung (Hamburger Modell)

Cebulon, Tuesday, 12.09.2023, 15:05 (vor 199 Tagen) @ Avalon

Hallo zusammen,

fundierter kritischer Aufsatz zum Fehlurteil des LSG Sachsen, 21.09.2022 – L 1 KR 365/20, veröffentlicht von Prof. Dr. Nebe/Albersmann in RP Reha 3/2023, wonach im Grundsatz Anspruch auf Fahrkosten bei Stufenweise­r Wiedereingliederung zum Betrieb als Rehaort. Revision ist anhängig gegen dieses höchst fragwürdige LSG-Urteil beim BSG – B 1 KR 7/23 R

Gruß,
Cebulon

Fahrtkosten­erstattung während Wiedereingliederung (Hamburger Modell)

Cebulon, Thursday, 09.11.2023, 21:30 (vor 141 Tagen) @ Avalon

Die Sozialgerichtsbarkeit (SGb)

NEU Rechtsgutachten zum Anspruch auf Fahrkosten während „Stufenweiser Wiedereingliederung“ gegen Krankenkassen in der Fachzeitschrift SGb 11/2023, Seite 649-658 (Abschnitt VI.) veröffentlicht.

Gruß,
Cebulon

Fahrtkosten­erstattung während Wiedereingliederung (Hamburger Modell)

Cebulon, Monday, 13.11.2023, 22:42 (vor 137 Tagen) @ Avalon

Auch die DRV Bund wurde verurteilt zu Fahrkosten durch SG Bremen, 26.10.2023, S 14 R 125/19 (StW: eigenständige Leistung med. Reha); dazu Nellissen, jurisPK-SGB IX, 4. Auflage 2023, § 44 SGB IX. Dem groben Fehlbeschluss des LSG Thüringen sowie dem groben Fehlurteil des SG Kassel, 20.05.2014 - S 9 R 19/13, ist das SG Bremen zu Recht nicht gefolgt.

Diese Stufenweise Wiedereingliederung erfolgte im unmittelbaren Anschluss an eine von DRV erbrachte (andere) Leistung zur medizinischen Rehabilitation, demnach Gesamtmaßnahme laut BSG.

Gruß,
Cebulon

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