Gestuftes Auswahlverfahren - Möglichkeiten als SBV? Als Bewerber so hinnehm (AGG)

maiklewa, Monday, 20.04.2020, 09:50 (vor 1467 Tagen)

Hallo,

"unsere" große Bundesbehörde hat mehreren schwerbehinderten nicht offensichtlich ungeeigneten BewerberInnen aufgrund deren Nachfrage, warum diese nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sind, folgendes mitgeteilt:

"Es handelte sich seinerzeit um ein gestuftes Ausschreibungsverfahren, bei dem die Stelle sowohl intern, als auch extern ausgeschrieben war.

Auf die Ausschreibung hatten sich intern mehrere MitarbeiterInnen und extern mehrere BewerberInnen beworben.

Da wir die ausgeschriebene Stelle dann mit einem/r internen MitarbeiterIn besetzt haben, sind daher sämtliche externe BewerberInnen nicht mehr in die eingere Auswahl genommen und auch nicht zu einem Vorstellungsgespräch genommen worden.

Gem. § 165 SGB IX bestand für uns keine Verpflichtung, die externen BewerberInnen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen.

Wir verweisen sehr gerne auf das Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 18.12.2018, Az. 1 Sa 26 öD/18. Durch die Neufassung des § 82 S 1 SGB IX, jetzt § 165 S 1 SGB IX, wurde klargestellt, dass bei einem erfolgreichen Besetzungsverfahren keine Meldepflicht für den öffentlichen Arbeitgeber besteht. Darüber hinaus werde durch die Bezugnahme in Satz 2, wonach schwerbehinderte Menschen, die sich "um einen solchen Arbeitsplatz" - also einen nicht intern besetzten - beworben haben, eingeladen werden müssen, klargestellt, dass bei einer internen Besetzung einer Stelle die Einladungspflicht für externe schwerbehinderte Bewerber entfällt."

Ich dachte eigentlich, dass unsere Behörde auch bei einem gestuften Ausschreibungsverfahren alle offensichtlich nicht ungeeigneten schwerbehinderten BewerberInnen einladen muss.

Ich blättere auch grad wie wil in der 5. Auflage NomosKommentar zum SGB IX, nur habe ich noch nichts gefunden, aus dem das Gegenteil hervorgeht. Vielleicht irre ich mich auch!? Aber vielleicht habt ihr bitte die Seite, wo das Gegenteil zu finden ist? ;-) Danke.

Für mich kommen jetzt zwei Fragen auf:

- was kann und sollte man als SBV tun, falls es nicht so ist, wie unsere Behörde den externen BewerberInnen mitgeteilt hat
- was würde vielleicht ich machen, wenn ich in der Lage eines externen Bewerbers wäre, da ich mich vielleicht auch mal bei anderen Behörden umgucken möchte

Ich freue mich auf Eure Antworten.

Danke schonmal.

VG

Gestuftes Auswahlverfahren - Möglichkeiten als SBV? Als Bewerber so hinnehm

Hotte, Stuttgart, Monday, 20.04.2020, 11:27 (vor 1466 Tagen) @ maiklewa

Hey,
hast du dir das Urteil mal im Text angeschaut?

Es heist bei den Leitsätze:
****
2. Bewirbt sich bei einem gestuften Ausschreibungsverfahren ein schwerbehinderter Mensch als externer Bewerber auf eine Ausschreibung und können die freien Stellen alle mit internen Bewerbern besetzt werden, ist der öffentliche Arbeitgeber nicht gemäß § 165 S. 3 SGB IX zur Einladung des externen schwerbehinderten Bewerbers zu einem Vorstellungsgespräch verpflichtet.
****

hier komplett nachzulesen:

http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/jportal/portal/t/2o3m/page/bsshoprod.psml;jsessionid=C7DDBE0C3F649416A2D2BE582B113E12.jp14?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=...

VG
Hotte

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Richard v. Weizsäcker:
"Nicht Behindert zusein,ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jeder Zeit genommen werden kann."

Gestuftes Auswahlverfahren - Möglichkeiten als SBV? Als Bewerber so hinnehm

maiklewa, Monday, 20.04.2020, 11:30 (vor 1466 Tagen) @ Hotte

Ja, das habe ich getan! ;-)

Aber das ist ja "nur" ein Urteil. Ich war mir so sicher, bin es eigentlich noch immer, dass es da anderslautende Gerichtsurteile gibt. :-/

Gestuftes Auswahlverfahren - Möglichkeiten als SBV? Als Bewerber so hinnehm

garda, Berlin, Monday, 20.04.2020, 13:18 (vor 1466 Tagen) @ maiklewa

Hallo Maiklewa,

ein Urteil ist ein Urteil, kein Gesetz, denn wir haben kein britisches Case Law. Ob ein anderes Gericht - und selbst dasselbe Gericht! - ein anderes Verfahren genau so sieht, kann nur festgestellt werden, wenn tatsächlich geklagt wird.

Bei deinem Fall gibt es gleich drei Ebenen:

Dienstrecht/Arbeitsrecht, hier wäre eine Konkurrentenklage zur prüfen, die ist aber nur sinnvoll, wenn der Dienstposten noch nicht besetzt wurde, daher ist einstweiliger Rechtsschutz zwingend, sonst kann man es sich gleich schenken,
Schwerbehindertenrecht, hier halte ich das bereits angeführte Urteil für zumindest fragwürdig,
AGG, hier wäre ggf. ein AGG-Verfahren zu prüfen, wenn die Frist nicht abgelaufen ist.

Besteht Rechtsschutz über Versicherung oder Gewerkschaft? Dann beraten lassen.

Als SBV hast du kaum Möglichkeiten, du kannst dich nur hinter Gleib/Personalrat klemmen, denn die haben Durchsetzungsrechte. Das 7 Tage aussetzen bringt hier meist gar nichts.

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Mit freundlichen Grüßen

Michael

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