Fehler im Bewerbungsverfahren (Einstellung)

Holz_116, Tuesday, 09.06.2020, 14:03 (vor 1415 Tagen)

Ich brauche Rat.

Bewerbungen waren eingegangen, die Vorstellungsgespräche wurden durch geführt.
Die Stelle war in Voll- und Teilzeit ausgeschrieben mit dem üblichen Satz bei gleicher Eignung werden Schwerbehindertete bevorzugt eingestellt.

Man entschied sich für eine nicht Schwerbehinderte Bewerberin, weil diese Vollzeit arbeiten möchte.
Die Schwerbehinderten wollten nur Teilzeit arbeiten.

Da die SBV an den Gesprächen nicht beteiligt wurde, habe ich den AG darauf hingewiesen, dass wenn jemand der Schwerbehinderten aufgrund des AGG`s klagt, zahlt der Arbeitgeber 3 Monate Gehalt.
Habe das Angebot des Arbeitsgebers auf Wiederholung der Vorstellungsgespräche abgelehnt.

War dies so korrekt oder hätte ich anders handeln müssen?

Fehler im Bewerbungsverfahren

garda, Berlin, Tuesday, 09.06.2020, 15:29 (vor 1415 Tagen) @ Holz_116

Bewerbungen waren eingegangen, die Vorstellungsgespräche wurden durch geführt.
Die Stelle war in Voll- und Teilzeit ausgeschrieben mit dem üblichen Satz bei gleicher Eignung werden Schwerbehindertete bevorzugt eingestellt.

War das vollkommen gleichwertig genannt oder mit der Einschränkung "wenn es sich in passender Weise beim Stellenbesetzungsverfahren ergibt" oder so ähnlich, ist im Öffentlichen Dienst nicht so selten.

Man entschied sich für eine nicht Schwerbehinderte Bewerberin, weil diese Vollzeit arbeiten möchte.
Die Schwerbehinderten wollten nur Teilzeit arbeiten.

Das ist dann kein geeignetes Entscheidungskriterium, wenn beides gleichwertig angegeben wurde. Was sagt der Personalrat dazu? Bei Auswahlkriterien ist der ja in der Mitbestimmung.

Da die SBV an den Gesprächen nicht beteiligt wurde, habe ich den AG darauf hingewiesen, dass wenn jemand der Schwerbehinderten aufgrund des AGG`s klagt, zahlt der Arbeitgeber 3 Monate Gehalt.
Habe das Angebot des Arbeitsgebers auf Wiederholung der Vorstellungsgespräche abgelehnt.

Warum warst du nicht dabei? Kommt das öfter vor, dann wirst du dein Recht wohl einklagen müssen.
Warum hast du die Wiederholungsrunde abgelehnt?

--
Mit freundlichen Grüßen

Michael

Fehler im Bewerbungsverfahren

Holz_116, Wednesday, 10.06.2020, 06:58 (vor 1414 Tagen) @ garda

War das vollkommen gleichwertig genannt oder mit der Einschränkung "wenn es sich in passender Weise beim Stellenbesetzungsverfahren ergibt" oder so ähnlich, ist im Öffentlichen Dienst nicht so selten.

Nein, bei gleicher Eignung werden SB bevorzugt eingestellt.

Das ist dann kein geeignetes Entscheidungskriterium, wenn beides gleichwertig angegeben wurde. Was sagt der Personalrat dazu? Bei Auswahlkriterien ist der ja in der Mitbestimmung.

Der BR hat heute in der Sitzung eine Erörterung mit dem Personalleiter und der Leitung der Stelle.

Da die SBV an den Gesprächen nicht beteiligt wurde, habe ich den AG darauf hingewiesen, dass wenn jemand der Schwerbehinderten aufgrund des AGG`s klagt, zahlt der Arbeitgeber 3 Monate Gehalt.
Habe das Angebot des Arbeitsgebers auf Wiederholung der Vorstellungsgespräche abgelehnt.


Warum warst du nicht dabei? Kommt das öfter vor, dann wirst du dein Recht wohl einklagen müssen.

Man hat es schlicht vergessen. Das Sekretariat der Stelle hat gewechselt und die neue Kollegin weiß es nicht. Die Leitung hat wohl keinen Zugang zu dem Bewerberprogramm. Ein entsprechender Support seitens der Personalabteilung fehlt.

Warum hast du die Wiederholungsrunde abgelehnt?

Zum einen, weil ich für mich nicht die Chance gesehen habe, die Leitung anders zu überzeugen.
Zum anderen aufgrund der aktuellen Situation als angehöriger der Risikogruppe bin ich im Homeoffice, meine 1 Stelli war Krank und die 2 Stelli gehört ebenfalls zur Risikogruppe.

Fehler im Bewerbungsverfahren

WoBi, Wednesday, 10.06.2020, 10:33 (vor 1414 Tagen) @ Holz_116

Hallo Holz_116,

zuerst ist einmal das Datum über den Eingang der Bewerbung des behinderten Bewerbers zu ermitteln. Denn der Arbeitgeber ist verpflichtet unmittelbar nach Eingang die SBV und den PR zu unterrichten. Wenn dies nicht innerhalb weniger Tage erfolgt ist, stell dies Verstöße gegen die gesetzlichen Bestimmungen in § 164 Abs. 1 Satz 4 SGB IX und § 178 Abs. 2 Satz 4 SGB IX dar. Beides ist eine Ordnungswidrigkeit nach § 238 Abs. 1 Nummer 7,8 SGB IX.
Dass die "neue" Kollegin es nicht gewusst hat, spielt keine Rolle. Der oberste Dienstherr und der Inklusionsbeauftragte nach § 181 SGB IX haften persönlich als Arbeitgebervertreter für das Handeln bzw. Nichthandeln der "Erfüllungsgehilfen".
Der Arbeitgeber trägt die Organisationsverantwortung und ist für die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen verantwortlich. Die SBV (nur zu Gunsten) und der Inklusionsbeauftragte haben die Einhaltung zu überwachen.
Eine nicht, nicht rechtzeitige Unterrichtung über den Eingang einer Bewerbung stellt bereits ein Indiz für eine mögliche Benachteiligung wegen Behinderung nach dem AGG dar.

Das der behinderte Bewerber nur Teilzeit arbeiten kann, liegt ggf. in der anerkannten Behinderung begründet. Vielleicht bezieht der behinderte Bewerber eine Erwerbsminderungsrente (EM-Rente, früher EU-Rente genannt). Wenn die Teilzeit der Grund für die Bevorzugung des gleichwertigen Nichtbehinderten ist, nur weil dieser Vollzeit arbeiten kann, stellt dies eine Benachteiligung wegen Behinderung dar. Der öffentliche Arbeitgeber ist seinen Verpflichtungen nach Art. 33 Abs. 2. GG nicht nachgekommen. So sieht dann die praktische Umsetzung des Art. 20 Abs. 1 GG aus.

Der PR kann im Rahmen seiner Mitbestimmung die Zustimmung zur Einstellung verweigern, wenn der PR nicht, nicht rechtzeitig über den Eingang der Bewerbung nach § 164 Abs. 1 Satz 4 SGB IX unterrichtet worden ist. Denn der PR ist eine in § 176 SGB IX genannte Vertretung.
Rechtsgrundlage im BayPVG ist Art. 75 Abs. 2 Nr. 1 wegen den Verstößen gegen das SGB IX.
Oder/und BayPVG Art. 75 Abs.2 Nr. 2 wenn der behinderte Bewerber wegen der Teilzeit nicht berücksichtigt worden ist. und dadurch benachteiligt worden ist.
Es reicht nicht aus, wenn der PR nur den Gesetzestext zitiert, er hat die Verweigerung der Zustimmung zu begründen!

--
Gruß
Wolfgang

Fehler im Bewerbungsverfahren

albarracin, Baden-Württemberg, Wednesday, 10.06.2020, 19:09 (vor 1414 Tagen) @ WoBi

Hallo,

und die SBV hätte natürlich die Möglichkeit gehabt, das ganze Verfahren auszusetzen und einen "Neustart" zu verlangen gem. § 178 Abs. 2 Satz 2 SGB IX.
Warum der UP das nicht gemacht hat, jetzt die Wiederholung ablehnt und erst hier nachfragt, bleibt sein Geheimnis.

--
&Tschüß

Wolfgang

Fehler im Bewerbungsverfahren

Remhagen, NRW, Thursday, 11.06.2020, 17:59 (vor 1413 Tagen) @ albarracin

Auch ich hatte vor vielen Jahren mit dem Dienstgeber Schwierigkeiten bezüglich der Einhaltung der Beteiligungsrechte der SBV.
Habe dann einige Entscheidungen ausgesetzt, den Dienstgeber hat das nicht interessiert.

Dann habe ich beim hiesigen Arbeitsgericht eine Einstweilige Verfügung beantragt und es ist binnen 5 Tagen zu einem Termin gekommen. Da ich mir sicher war, dass Rechtsschutz für die SBV besteht, habe ich einen RA beauftragt, mit mir zum Termin zu erscheinen.

Der Prozessbevollmächtigte des Dienstgebers fragte gleich zu Anfang den Vorsitzenden, ob überhaupt Rechtsschutz besteht, was der Vorsitzende bejaht hat.

Beim Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Dienstgeber die Entscheidung ausgesetzt, schriftlich der SBV sein Vorhaben mitgeteilt und ich hatte innerhalb einer Woche Zeit, zum Sachverhalt Stellung zu nehmen.

Meinen Rechtsanwalt hat der Dienstgeber auch bezahlt.

Seit diesen Zeitpunkt wird die SBV regelmäßig vor einer Entscheidung des Dienstgebers angehört.

MfG

Remhagen

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