Bewerbungsgespräche (Einstellung)

Hansmann, Niedersachsen, Monday, 02.11.2020, 15:56 (vor 1270 Tagen)

Hallo Zusammen,

am Mittwoch stehen Vorstellungsgespräche an. Unter den Bewerbern befindet sich auch eine Person mit einer Schwerbehinderung. Bewerbungsunterlagen sind der SBV zugegangen.

Mein Geschäftsführer trat heute an mich heran und teile mir die Auffassung mit, die SBV hätte im Bewerbungsverfahren nicht das Recht, an den Bewerbungsgesprächen der Bewerber ohne Behinderung, teilzunehmen.
Aus §178 geht es für mich nicht so eindeutig hervor ( Recht auf Einsicht in die entscheidungsrelevanten Teile der Bewerbungsunterlagen und Teilnahme an Vorstellungsgesprächen).
Dann gibt es ja noch das Urteil LAG Hessen 17.03.2016 - 9 TaBV 128/15
Ich bin erst 2 Jahre im Amt und habe wenig Erfahrung mit solchen Auseinandersetzungen. Was wäre der sinnvollste Weg?

Viele Grüße Hansmann

Bewerbungsgespräche

albarracin, Baden-Württemberg, Monday, 02.11.2020, 20:49 (vor 1270 Tagen) @ Hansmann

Hallo,

das geht sogar aus dem Gesetzestext eindeutig hervor, da es im Text keine Einschränkung auf die Teilnahme nur an den Bewerbergesprächen mit schwerbehinderten/gleichgestellten Bewerbern gibt. Wenn es diese Einschränkung gäbe, müßte diese ausdrücklich im Gesetzestext drinstehen.
Und wenn Du einen Kommentar zu § 178 Abs. 2 Satz 5 SGB IX herangezogen hättest, hättest Du deinem AG diesen unter die Nase reiben können, da es zu diesem Beteiligungsrecht in der Literatur auch keine zwei Meinungen gibt.

--
&Tschüß

Wolfgang

Bewerbungsgespräche

Hansmann, Niedersachsen, Tuesday, 03.11.2020, 08:25 (vor 1269 Tagen) @ albarracin

Guten Morgen und vielen Dank für die Antworten.

Ich versuche mir einen Reim darauf zu machen, warum jetzt auf einmal die Kernkompetenzen einer SBV in Frage gestellt werden.
Natürlich habe ich auf §178 SGB9 verwiesen, hatte aber schon den Anspruch, das die betreffenden Sätze eigenständig von der Geschäftsführung gesucht und gelesen werden. Wahrscheinlich wird ausgetestet, wie mit der SBV umgegangen werden kann.
Die Corona-Situation wurde auch noch ins Spiel gebracht, dass es doch besser wäre wenn nicht so viele Personen beteiligt wären usw.
Die Geschäftsführung möchte jetzt detailliert die Paragraphen aus dem SGB9 von der SBV zugesandt bekommen.
Also werde ich reagieren.

Viele Grüße Hansmann

Bewerbungsgespräche

Hansmann, Niedersachsen, Tuesday, 03.11.2020, 14:17 (vor 1269 Tagen) @ Hansmann

Hallo nochmal,

die Geschäftsführung ließ sich nicht überzeugen und möchte nun durch einen Rechtsbeistand die Sachlage prüfen lassen. Bis ein Ergebnis vorliegt, wird der SBV die Teilnahme an Vorstellungsgesprächen mit Bewerber ohne Schwerbehinderung bei gleichzeitigem vorhanden sein von Bewerbern mit Schwerbehinderung, verwehrt.
Wenn nun der Rechtsbeistand zur gleichen Auffassung wie die der Geschäftsführung gelangt, was bleiben dann für Möglichkeiten?

Gruß Hansmann

Bewerbungsgespräche

Hotte, Stuttgart, Tuesday, 03.11.2020, 18:47 (vor 1269 Tagen) @ Hansmann

Hallo nochmal,

die Geschäftsführung ließ sich nicht überzeugen und möchte nun durch einen Rechtsbeistand die Sachlage prüfen lassen. Bis ein Ergebnis vorliegt, wird der SBV die Teilnahme an Vorstellungsgesprächen mit Bewerber ohne Schwerbehinderung bei gleichzeitigem vorhanden sein von Bewerbern mit Schwerbehinderung, verwehrt.
Wenn nun der Rechtsbeistand zur gleichen Auffassung wie die der Geschäftsführung gelangt, was bleiben dann für Möglichkeiten?

Gruß Hansmann

Hey
sofort das Integrationsamt einbeziehen und den AG auf Mandatsbehinderung hinweisen
VG
Hotte

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Richard v. Weizsäcker:
"Nicht Behindert zusein,ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jeder Zeit genommen werden kann."

Bewerbungsgespräche

WoBi, Tuesday, 03.11.2020, 20:53 (vor 1269 Tagen) @ Hansmann

Hallo Hansmann,

Vorstellungsgespräche sind im letzten Drittel eines Stellenbesetzungsprozesses. Blick einfach mal als Erstes auf den Anfang des § 164 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und dies in Verbindung mit § 164 Abs. 1 Satz 6 SGB IX.
Fordere also die Beteiligung an der Prüfung vor Stellenausschreibung durch den Arbeitgeber, ob bereits schwerbehinderte Beschäftigte den freien, freiwerdenden oder neuen Arbeitsplatz besetzen können, durch die SBV ein.

Im zweiten Schritt ist danach die frühzeitige Information insbesondere der Agentur für Arbeit. "frühzeitig" bedeutet ein mehrtägiger Vorlauf mit der Beauftragung, dass die Bundesagentur für Arbeit nach § 187 Abs. 5 SGB IX tätig werden können und geeignete arbeitssuchende / arbeitslose schwerbehinderte Menschen zu vermitteln.

Falls der Arbeitgeber dieses nicht beachtet hat, kann z.B. der BR die Zustimmung im Rahmen der Mitbestimmung verweigern, da rechtliche Regelungen nicht beachtet worden sind. Dies gilt auch für die Verhinderung zum Vergleich der Kandidaten und der Kontrolle einer benachteiligungsfreien Bewerberauswahl durch die SBV, weil die Teilnahme an Vorstellungsgespräche vereitelt worden ist.

Tipps zur Suche: Vorprüfung, Prüfpflicht
z.B. https://www.schwbv.de/forum/index.php?id=27317

Der Arbeitgeber handelt m.E. hier wider besseren Wissens bei eindeutiger Rechtslage. Zeig als SBV mögliche Schritte dagegen auf. Eine wirksame Methode im Sinne der Territion ;-)

Wer allerdings die Lippen spitzt, muss auch bereit sein zu pfeifen.

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Gruß
Wolfgang

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