Zählt erster oder zweiter Bewerbungseingang? Hätte die SBV informiert werde (AGG)

kraemerchen, Frankfurt, Sunday, 08.11.2020, 10:50 (vor 1237 Tagen)

Hallo,

eine schwerbehinderte Bewerberin hat sich bei uns an einem Tag auf ein und dieselbe Stelle innerhalb weniger Minuten zwei Mal per E-Mail beworben. Die beigefügten Unterlagen sind fast identisch. Nur, dass in dem Anschreiben der zweiten Bewerbung noch der Zusatz steht, dass sie schwerbehindert ist. Für die zweite E-Mail hat sie eine Lesebestätigung angefordert, die sie auch vom Personaler erhalten hat.

Der Personaler hatte ihr eine Absage erteilt.

Offensichtlich ungeeignet ist sie nicht.

Eine Einladung hätte also erfolgen müssen.

Die Bewerberin hat inzwischen eine Entschädigung gefordert.

Diese wurde abgelehnt, da sie in der ersten Bewerbung keine Angabe über die Schwerbehinderung gemacht hat.
Man bezieht sich also nur auf den ersten Bewerbungseingang, obwohl man für den zweiten eine Lesebestätigung gesendet hat.

Hat die Bewerberin schlicht und ergreifend Pech gehabt oder hätte der Personaler die zweite Mail bzw. deren Anlage nochmal genau lesen müssen?

Und wie verhält es sich in einem solchen Fall mit der Informationspflicht gegenüber mir der SBV? Ich fühle mich da auch übergangen mit dieser fadenscheinigen Ausrede, dass man bei der zweiten Bewerbung davon ausgegangen ist, dass da dasselbe drinsteht, wie in der ersten. Aber das darf der Personaler doch gar nicht, oder!?

Dankeschön.

GLG

Zählt erster oder zweiter Bewerbungseingang? Hätte die SBV informiert werde

albarracin, Baden-Württemberg, Sunday, 08.11.2020, 11:23 (vor 1237 Tagen) @ kraemerchen

Hallo,

das ist eine formale Frage, die letztendlich durch die Bewerberin vor Gericht geklärt werden müßte. Da wird hier niemand eine letztgültige Antwort haben.

--
&Tschüß

Wolfgang

Zählt erster oder zweiter Bewerbungseingang? Hätte die SBV informiert werde

kraemerchen, Frankfurt, Sunday, 08.11.2020, 13:07 (vor 1237 Tagen) @ albarracin

Hallo,

danke schonmal.

Gab es einen solchen Fall evtl. schonmal?

Nochmals lieben Dank.

LG

Zählt erster oder zweiter Bewerbungseingang? Hätte die SBV informiert werde

WoBi, Monday, 09.11.2020, 08:09 (vor 1236 Tagen) @ kraemerchen

Hallo kraemerchen,

der Arbeitgeber hat jede Bewerbung mit sorgfältig zu prüfen und bei Hinweisen auf eine Schwerbehinderten-/Gleichstellungseigenschaft im Anschreiben oder an vorgehobener Stelle im Lebenslauf vollständig
zur Kenntnis zu nehmen. Denn bei einem solchen Bewerbungseingang hat der Arbeitgeber gesetzliche Verpflichtungen nach § 164 Abs. 1 SGB IX i.V.m. § 178 Abs. 2 SGB IX, bei öffentlichen Arbeitgebern zusätzlich § 165 SGB IX zu erfüllen.

Die Suchfunkton nutzen, hier kommt dann z.B.
https://www.schwbv.de/forum/index.php?id=27706

--
Gruß
Wolfgang

Zählt erster oder zweiter Bewerbungseingang? Hätte die SBV informiert werde

kraemerchen, Frankfurt, Monday, 09.11.2020, 18:28 (vor 1236 Tagen) @ WoBi

Hallo Wolfgang,

danke Dir, auch für den anderen thread.

Was dieses "an vorgebobener Stelle im Lebenslauf betrifft", gibts dazu eigentlich eine "Liste", aus der hervorgeht, wie das aussehen muss? Müssen solche Wörter, wie "Schwerbehinderung", "schwerbehindert", "Behinderung" erwähnt sein oder reichen auch Abkürzungen, wie z. B. "GdB", die man ja eigentlich kennen sollte?

Wäre sowas, wie z. B.

"GdB (als Überschrift)

50"

im Lebenslauf ausreichend?

LG

Zählt erster oder zweiter Bewerbungseingang? Hätte die SBV informiert werde

WoBi, Monday, 09.11.2020, 20:50 (vor 1235 Tagen) @ kraemerchen

Hallo kraemerchen,

ich bin keine Kammer, die derartige Fragen klärt. Es sei auf die ausführlichen Text im BAG Urteil 8 AZR 650/12 vom 26.09.2013 verwiesen.

Dort kann dieses in der Randnummer 30 nachgelesen werden:
"Soweit die Schwerbehinderteneigenschaft dem Arbeitgeber nicht nachweislich schon bekannt ist oder – etwa bei einem Vorstellungsgespräch – eine körperliche Behinderung offensichtlich bekannt wird, zB im Falle fehlender Gliedmaßen oder der Notwendigkeit, einen Rollstuhl zu benutzen, muss der Bewerber den Arbeitgeber über seine Schwerbehinderteneigenschaft informieren. Dies hat regelmäßig im Bewerbungsschreiben selbst unter Angabe des GdB, gegebenenfalls einer Gleichstellung zu geschehen, da der Arbeitgeber jedenfalls gehalten ist, bei jeder Bewerbung das eigentliche Bewerbungsschreiben zur Kenntnis zu nehmen (vgl. BAG 16. September 2008 – 9 AZR 791/07 – Rn. 39, BAGE 127, 367). Sofern auf eine anderweitige Behinderung, die nicht unter das SGB IX fällt oder anerkannt ist, hingewiesen werden soll, ist die Behinderung iSd. AGG näher zu umschreiben. Wird die Information im Lebenslauf gegeben, so hat dies an hervorgehobener Stelle und deutlich, etwa durch eine besondere Überschrift hervorgehoben, zu geschehen. Im Falle einer Behinderung oder Schwerbehinderung wird ein Bewerbermerkmal mitgeteilt, über das nicht jede Bewerberin / jeder Bewerber verfügt. Durch den Hinweis sollen besondere Förderpflichten des Arbeitgebers ausgelöst werden. Wegen der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen und Rechte des Vertragspartners (§ 241 Abs. 2 BGB iVm. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) ist auch bei einer Bewerbung der Arbeitgeber über die besondere Situation des Bewerbers klar und eindeutig zu informieren. Daher sind „eingestreute“ oder unauffällige Informationen, indirekte Hinweise in beigefügten amtlichen Dokumenten, eine in den weiteren Bewerbungsunterlagen befindliche Kopie des Schwerbehindertenausweises etc. keine ordnungsgemäße Information des angestrebten Vertragspartners."

Tipp:
Ausnahmen und Besonderheiten sind immer etwas schwierig. Der Normalfall der Information im Anschreiben ist ein sicherer Weg für den Bewerber. Vielleicht ist dies ein Grund, warum in Bewerbungsportalen gerne durch den Arbeitgeber auf ein Bewerbungsschreiben verzichtet wird.

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Gruß
Wolfgang

Zählt erster oder zweiter Bewerbungseingang? Hätte die SBV informiert werde

kraemerchen, Frankfurt, Wednesday, 11.11.2020, 07:52 (vor 1234 Tagen) @ WoBi

Hallo Wolfgang,

nochmals danke.

LG

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