Definition einer neu geschaffenen Stelle? (Lektüre / Gesetze)

Phönix, NRW, Wednesday, 03.03.2021, 15:52 (vor 1149 Tagen)

Hallo zusammen,

seit zwei Jahren bin ich SBV bei einem Wohlfahrtsverband der katholischen Kirche
und vertrete ca. 50 Mitarbeitende mit Schwerbehinderung oder Gleichstellung.

Nachdem meine Recherche im Internet und im Schrifttum ohne Ergebnis verlaufen ist,
möchte ich hier folgende Frage stellen:

Gibt es eine (rechts) verbindliche Definition für eine neu geschaffene Stelle?

Hintergrund:

Wir haben eine Organisationseinheit mit 20 Kollegen, geführt von einem Bereichsleiter
mit Personalverantwortung. Aus diesem Pulk der 20 Kollegen gab es immer eine fest
benannte Stellvertretung für den Bereichsleiter.

Der Stellvertreter hat nun eine Anpassung der Dienstbezüge erhalten, welche
mit der Übernahme der Personalverantwortung für diesen Bereich begründet wird.
Weiterhin wurde der Stellvertreter im Organigramm dieser Organisationeinheit
hervorgehoben und als Abteilungsleiter ausgewiesen.

Nach meinem Rechtsempfinden ist dies eine neu geschaffene Stelle und daher habe
ich die versäumten Konsultations- und Prüfpflichten aus § 164 SGB IX moniert.
Der Dienstgeber verweist nun darauf, es habe nur eine Aufgabenverschiebung
zwischen dem Bereichsleiter und seinem Stellvertreter gegeben. Weiterhin würde
man nun eine neue Bezeichnung so wählen, dass nicht der Eindruck entsteht,
man habe eine neue Stelle geschaffen.

Im Moment sehe ich die Gefahr, dass man zukünftig auch weitere Leitungspositionen
über eine solche Aufgabenverschiebung schafft und besetzt.

Liege ich mit meiner Vermutung richtig, dass es eine neu geschaffene Stelle ist?

Gruß
Phönix

Definition einer neu geschaffenen Stelle?

albarracin, Baden-Württemberg, Wednesday, 03.03.2021, 18:07 (vor 1149 Tagen) @ Phönix

Hallo zusammen,

Hallo,


Liege ich mit meiner Vermutung richtig, dass es eine neu geschaffene Stelle ist?

mE nein, denn hier wird ja kein zusätzlicher Beschäftigter benötigt.


Gruß
Phönix

--
&Tschüß

Wolfgang

Definition einer neu geschaffenen Stelle?

garda, Berlin, Thursday, 04.03.2021, 07:57 (vor 1148 Tagen) @ Phönix

Nachdem meine Recherche im Internet und im Schrifttum ohne Ergebnis verlaufen ist,
möchte ich hier folgende Frage stellen:
Gibt es eine (rechts) verbindliche Definition für eine neu geschaffene Stelle?

Hallo Phönix,

hast du Wikipedia ausgespart? Hier liest du:

Eine Planstelle ist in Deutschland im Stellenplan eines Haushaltsplanes des jeweiligen Verwaltungsträgers nach Amt und Besoldungsgruppe ausgewiesen für eine natürliche Person in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis (Beamten, Soldaten oder Richter). Für eine auf diese Weise ausgewiesene Planstelle werden Haushaltsmittel zur Zahlung der Dienstbezüge bereitgestellt. Der Planstelle entspricht die „Stelle“ für Arbeitnehmer bei öffentlichen Arbeitgebern.

Die Rechtsquellen findest du im Artikel. Grundsätzlich werden im öffentlichen Dienst Angestellte in dieser Beziehung gleich behandelt, es existiert keine weitere Rechtsgrundlage für Tarifbeschäftigte. Das ist prinzipiell bei Kirchens nicht anderes, im Detail dann teilweise schon.

Wir haben eine Organisationseinheit mit 20 Kollegen, geführt von einem Bereichsleiter mit
Personalverantwortung. Aus diesem Pulk der 20 Kollegen gab es immer eine fest
benannte Stellvertretung für den Bereichsleiter.
Der Stellvertreter hat nun eine Anpassung der Dienstbezüge erhalten, welche
mit der Übernahme der Personalverantwortung für diesen Bereich begründet wird.
Weiterhin wurde der Stellvertreter im Organigramm dieser Organisationeinheit
hervorgehoben und als Abteilungsleiter ausgewiesen.

Bestehen die weiteren Pflichten aus der ursprünglichen Tätigkeit (ggf. im Umfang gemindert) fort? Wie kann ich mir die Anpassung der Dienstbezüge vorstellen? Neubewertung mit einer anderen Vergütungsgruppe oder eine Zulage?

Nach meinem Rechtsempfinden ist dies eine neu geschaffene Stelle und daher habe
ich die versäumten Konsultations- und Prüfpflichten aus § 164 SGB IX moniert.
Der Dienstgeber verweist nun darauf, es habe nur eine Aufgabenverschiebung
zwischen dem Bereichsleiter und seinem Stellvertreter gegeben. Weiterhin würde
man nun eine neue Bezeichnung so wählen, dass nicht der Eindruck entsteht,
man habe eine neue Stelle geschaffen.

Möglicherweise trügt dich dein Rechtsempfinden aber das werden wir erst sehen wenn du meine Fragen beantwortest.

Im Moment sehe ich die Gefahr, dass man zukünftig auch weitere Leitungspositionen
über eine solche Aufgabenverschiebung schafft und besetzt.

Das ist durchaus möglich. Die Frage ist hier aber eher ob solche Aufgabenverschiebungen bei euch gesetzlich bzw. tariflich abgedeckt sind und ob das nicht der Beteiligung der MAV unterliegt.

Liege ich mit meiner Vermutung richtig, dass es eine neu geschaffene Stelle ist?

Ganz ehrlich? Vermutlich nicht aber die Sache ist höchstwahrscheinlich beteiligungspflichtig und es stellt sich hier die Frage der Auswahlentscheidung.

--
Mit freundlichen Grüßen

Michael

Definition einer neu geschaffenen Stelle?

bifavi, Hessen, Thursday, 04.03.2021, 09:01 (vor 1148 Tagen) @ garda

Moinsen,

also ich würde sagen, dass es keine neue Stelle ist.
Das Kirchenrecht ist mir aber nicht so geläufig.
Nach deiner Schilderung, wäre es im BetrVG als eine Versetzung zu behandeln.
Da ich davon ausgehe, dass die neuen Tätigkeiten über einen Zeitraum von 4 Wochen ausgeübt wird.

Beispiele für eine Versetzung
Nicht abschließend:

der Arbeitnehmer erhält eine völlig neue Aufgabe bzw. neuen Tätigkeitsbereich,
"kommissarische" Versetzung,
beim Entzug oder Übertragung von wesentlichen Teilfunktionen, die das Tätigkeitsbild wesentlich verändern, 20 % und mehr,
Stellentausch mit Veränderung der Aufgaben.

Hier vielleicht mal schauen:
https://gesundheit-soziales-nrw.verdi.de/++file++58be80c224ac066adfbf8ebc/download/verdi_Kirchliche-Mitbestimmung-Brosch.pdf

unter:
Beteiligung bei Versetzungen

Gruß
bifavi

Definition einer neu geschaffenen Stelle?

Phönix, NRW, Thursday, 04.03.2021, 17:24 (vor 1148 Tagen) @ bifavi

Lieben Dank für die Antworten!

Zur Rechtsform folgende Ergänzung, es handelt sich um einen e.V. in Trägerschaft der Kirche, die rechtlichen Vorgaben für den öffentlichen Dienstes finden hier leider keine Anwendung, da wir nicht dazu gehören. Wir haben ca. 1.000 Mitarbeiter, auch verteilt auf ganz viele kleine Teilbereiche. Die von mir benannte Organisationseinheit von 20 Kollegen verteilt sich auf ein Dutzend dieser Teilbereiche, die auch räumlich in einem Umkreis von 40 Km verortet sind. Den Überblick zu behalten, ist nicht einfach.

Im letzten Jahr wurde eine neue Stelle der Organisationseinheit zugefügt und durch eine Versetzung aus einem anderen Tätigkeitsbereich intern besetzt (ohne meine Kenntnis). Im zweiten Halbjahr hat diese Stelle einen großen Teil der Pflichten übernommen, welche der Stellvertreter hatte. Man hat praktisch den Stellvertreter entlastet, damit dieser dann die neuen Aufgaben eines Abteilungsleiters nach und nach wahrnehmen kann. Gleichwohl bleiben aber Teilpflichten aus der alten Tätigkeit erhalten. In welchem Umfang, kann ich nicht wirklich beurteilen. Der Bereichsleiter wird in absehbarere Zeit verrentet und man bereitet offensichtlich die Nachfolge vor, die dann (vermutlich) schleichend vollzogen werden soll.

Die Anpassung der Dienstbezüge erfolgt durch eine Höhergruppierung. Eine solche Veränderung unterliegt der Zustimmungspflicht durch die MAV, welche diese auch zwischenzeitlich erteilt hat (die Frage nach der freien Stelle hat für die MAV keine Relevanz), die Maßnahme ist damit vollzogen und wird von mir nicht beanstandet. Mir geht es darum, eine solche Konstellation einzuschätzen, um zukünftig damit umgehen zu können.

Gruß
Phönix

Definition einer neu geschaffenen Stelle?

Phönix, NRW, Friday, 23.04.2021, 08:47 (vor 1098 Tagen) @ Phönix

Hallo zusammen,

an dieser Stelle möchte ich das Thema nochmals aufgreifen,
um die Situation nach einer Rechtsberatung darzustellen.

Eine neue Stelle kann nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ
entstehen. Im Einzelfall ist dann zu betrachten, welche Inhalte
man gravierend verändert. In dem von mir beschrieben Fall,
gab es die Erhöhung der Dienstbezüge, das Übertragen
von Personalverantwortung und die Bezeichnung Abteilungsleiter.

Meine Rechtsauffassung, dass es sich um eine neue geschaffene
Stelle handelt, wurde von meiner Rechtsberatung geteilt.

Im Ergebnis wurde, wie bereits angekündigt, die Bezeichnung
Abteilungsleiter zurückgenommen. Wir haben wieder eine
stellvertretene Bereichsleitung, nun mit Personalverantwortung
und höheren Bezügen.

Viel wichtiger ist aber, dass man zwischenzeitlich eine weitere Stelle
als Abteilungsleiter in einem anderen Teilbereich geschaffen hat, bei
der die Konsultations- und Prüfpflichten aus § 164 SGB IX im vollen
Umfang beachtet wurden.

Gruß
Phönix

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