Strafe gegen Geschäftsführer wegen Behinderung (Umgang mit Arbeitgeber)

WoBi, Thursday, 02.09.2021, 14:34 (vor 966 Tagen)

Laut dem Artikel auf der Webseite Recht und Gewerkschaft bzw. dem Artikel in der IGM-Zeitung hat das Amtsgericht Lebach einen Geschäftsführer eines saarländischen Logistikdienstleisters wegen Behinderung des Betriebsrats zu 80 Tagessätze Strafe nach § 119 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) verurteilt.

Jetzt stell sich mir die Frage, ob dies auch für die SBV anwendbar ist? Denn nach § 179 Abs. 3 SGB IX hat die Vertrauensperson die gleiche persönliche Rechtsstellung wie ein Mitglied des Betriebsrats.

Im LPK ist zum Abs. 3 leider nur die kleine Randnummer 33 ausgeführt und sagt dazu nicht viel aus. Fällt § 119 BetrVG unter die gleiche persönliche Rechtsstellung, weil durch ", insbesondere den gleichen Kündigungs-, Versetzungs- und Abordnungsschutz, " nur Teile der Rechtsstellung besonders hervorgehoben werden?

Hintergrund ist die fristlose Kündigung einer Vertrauensperson bei einer Kreisklinik mit meiner Meinung nach vorgeschobenen Gründen vor knapp einem Jahr. Auch die SBV wird von Arbeitgebern in ihrer Amtsführung behindert.

--
Gruß
Wolfgang

Strafe gegen Geschäftsführer wegen Behinderung

albarracin, Baden-Württemberg, Thursday, 02.09.2021, 15:57 (vor 966 Tagen) @ WoBi

Hallo,

die persönliche Rechtsstellung der SBV hat nichts mit einem Straftatbestand zu tun, der eine andere Person treffen würden.

Im Strafrecht gilt der sehr eng auszulegende Grundsatz, das keine Strafe ohne Gesetz verhängt werden darf ("nulla poena sine lege"). Dieser Grundsatz verbietet es, zB durch Analogieschlüsse eine Strafbarkeit zu konstruieren.

Da es für die Verletzung der Rechte der SBV keine Strafvorschrift gibt, sondern bestimmte Verstösse ausdrücklich nur als Ordnungswidrigkeit (§ 238 SGB IX) bezeichnet sind, kann es daher auch keine Straftat geben, sondern nur ordnungswidriges Handeln.

An diesem Punkt ist der Gesetzgeber seit Jahrzehnten regelmäßig vor der Arbeitgeberlobby eingeknickt.

--
&Tschüß

Wolfgang

Strafe gegen Geschäftsführer wegen Behinderung?

Cebulon, Thursday, 02.09.2021, 17:31 (vor 966 Tagen) @ WoBi

Laut dem Artikel auf der Webseite Recht und Gewerkschaft bzw. dem Artikel in der IGM-Zeitung hat das Amtsgericht Lebach einen Geschäftsführer eines saarländischen Logistikdienstleisters wegen Behinderung des Betriebsrats zu 80 Tagessätze Strafe nach § 119 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) verurteilt.

Leider hat dieser „dusselige“ Staatsanwalt diesem „kriminellen“ Geschäftsführer den Einspruch ausgeredet geg. den Strafbefehl - daher gibt‘s kein Strafurteil. Die IG Metall hätte Einstellung wohl nicht akzeptieren müssen, weil Verhandlung ja schon eröffnet war über den Einspruch. Jetzt gilt dieser Täter mit den gerade mal 80 Tagessätzen noch nicht mal als vorbestraft trotz der erheblichen „fortlaufenden“ kriminellen Energie. Zur Rspr. siehe auch hier.

Jetzt stell sich mir die Frage, ob dies auch für die SBV anwendbar ist? Denn nach § 179 Abs. 3 SGB IX hat die Vertrauensperson die gleiche persönliche Rechtsstellung wie ein Mitglied des Betriebsrats.

Hallo, im Abschnitt 5.3 Schutz der Wahl der BIH-Wahlbroschüre steht da zwar etwas anderes: „Die Behinderung oder unzulässige Beeinflussung der Wahl kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet werden (§ 177 Absatz 6 Satz 2 SGB IX, § 119 Absatz 1 Nummer 1 BetrVG).“

Das ist aber verfassungsrechtlich natürlich nicht haltbar, wie schon geschrieben, soweit SBV-Wahl. Da blockt bzw. mauert das BMAS seit jeher und eiert nur rum bei Eingaben.

Gruß,
Cebulon

Strafe gegen Geschäftsführer wegen Behinderung?

WoBi, Monday, 06.09.2021, 12:36 (vor 962 Tagen) @ Cebulon

Hallo,
was nutzt das Betriebsrätemodernisierungsgesetz und Diskussion zum verbesserten Schutz von Betriebsräte, wenn andere Interessensvertretungen schutzlos sind? Die SBV vertritt die Interessen von behinderten Beschäftigten und werden in gleicher Weise wie Betriebsräte durch Arbeitgeber "bekämpft". Nur die SBV ist kein Gremium, sondern eine Einpersonenvertretung. Dies macht es Arbeitgebern einfacher aktive und engagierte Vertrauenspersonen aus dem Ehrenamt zu entfernen. Eine einzelne Person kann viel leichter abgekapselt, ausgegrenzt und kaum widerlegbare Vorwurfe überzogen werden.

Das Ordnungswidrigkeitsverfahren nach § 238 SGB IX ist ohne jegliche Wirkung, wenn die Bundesagentur für Arbeit den Anzeigen nicht nachkommt. Zumal "Union Busting" dort nicht mal aufgelistet wird. Dies sollte analog § 119 BetrVG in § 237x SGB IX aufgenommen werden und zwar als Offizialdelikt.

https://www.youtube.com/watch?v=ahrF4wveiwI
https://www.youtube.com/watch?v=sawzQ-mYN6c

--
Gruß
Wolfgang

Strafe gegen Geschäftsführer wegen Behinderung?

PolWol, Saturday, 18.09.2021, 14:35 (vor 950 Tagen) @ WoBi

Hallo,
wenn kein Schutz im SGB IX als Vertrauensperson gegeben ist, hilft ein Doppelmandat als Betriebsrat weiter.
Hier besteht dann wenigstens ein besserer Schutz gegen willkürliche Kündigungen und die Möglichkeit diese Behindung in der ehrenamtlichen Tätigkeit zur Anzeige zu bringen.
"union basting" gibt es nicht nur bei Betriebsräte. Auch die SBV braucht einen wirksamen Schutz vor Arbeitgeber.

RSS-Feed dieser Diskussion