§ 164 Abs.4 S.1/S.4 - Betrifft das auch den fachlichen Arbeitsumfang ?? (Allgemeines)

zimmi2000, Wednesday, 29.12.2021, 09:19 (vor 847 Tagen)

Moin,

folgende Problematik :
Eine Kollegin ist mit dem fachlichen Umfang ihrer Tätigkeit überfordert, d.h. aufgrund von gesundheitlichen Einschränkungen ist die Merkfähigkeit vermindert und die vielen Aufgaben in ihrer Komplexibilität nicht in vollem Umfang ohne Fehler bearbeitbar.
Lt. Führungskraft "muss" die Kollegin aber alle fachlichen Arbeitsbereiche der Tatigkeit, wie jede andere Kollegin auch, erfüllen. So der Wunsch/Ansage der Führungskraft.

§ 164 Abs.4 S.1 bzw. S.4 :

Die Integration schwerbehinderten Menschen in einen Betrieb bedarf besonderer Maßnahmen. Daher haben sie gegenüber ihrem Arbeitgeber Anspruch auf

1. Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können,
4. behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten einschließlich der Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte sowie der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfeldes, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit, unter besonderer Berücksichtigung der Unfallgefahr,

Aus den genannten Paragraphen ergibt sich für mich die Frage, inwieweit die Kollegin "entsprechend" ihrer gesundheitlich leistbaren "Fähigkeiten" so eingesetzt werden kann, so dass es bei ihr nicht mehr zu einer Überlastung kommen kann. Passt da auch der Satz 4 "Gestaltung der Arbeitsorganisation" ??
Dies würde aus meiner Sicht bedeuten, dass einzelne fachliche Bestandteile der Arbeit nicht mehr erledigt werden müssten, dafür aber die, wo die Fähigkeiten und Kenntnisse voll verwertet werden können, dann im größeren Umfang.

Würde das der §164 Abs.4 S.1 bzw S.4 abdecken ??

Ich hoffe, ich habe mich verständlich ausgedrückt und meine Problematik ist zu erkennen ... ;-)

§ 164 Abs.4 S.1/S.4 - Betrifft das auch den fachlichen Arbeitsumfang ??

albarracin, Baden-Württemberg, Wednesday, 29.12.2021, 10:33 (vor 847 Tagen) @ zimmi2000

Hallo,

da § 164 Abs. 4 SGB IX im Gesetzestext selbst keine Einschränkungen hat, bezieht sich die Vorschrift auf alle Arten von Behinderungen und alle behinderungsbedingte Einschränkungen. Da gibt es auch in der Fachkommentierung keine zwei Meinungen.

Bei der geschulderten Konfliktsituation sind ja wohl die Voraussetzungen des § 167 Abs. 1 SGB IX deutlich erfüllt, so daß das Mittel der Wahl jetzt ein Präventionsverfahren wäre.

--
&Tschüß

Wolfgang

§ 164 Abs.4 S.1/S.4 - Betrifft das auch den fachlichen Arbeitsumfang ??

zimmi2000, Wednesday, 29.12.2021, 10:37 (vor 847 Tagen) @ albarracin

Ein BEM läuft schon, aber auch da ist das "geforderte" Ziel der Führungskraft am Ende des Präventionsverfahrens die Erfüllung aller Tätigkeiten durch die Kollegin.

§ 164 Abs.4 S.1/S.4 - Betrifft das auch den fachlichen Arbeitsumfang ??

albarracin, Baden-Württemberg, Wednesday, 29.12.2021, 11:20 (vor 847 Tagen) @ zimmi2000

Hallo,

BEM gem. § 167 Abs. 2 SGB IX und Präventionsverfahren gem. § 167 Abs. 1 SGB IX sind nicht dasselbe. da solltest Du Dich selber noch mal ganz schnell schlau machen - zB mit einem vertieften Blick in die Kommentierung.

--
&Tschüß

Wolfgang

§ 164 Abs.4 S.1/S.4 - Betrifft das auch den fachlichen Arbeitsumfang ??

zimmi2000, Wednesday, 29.12.2021, 11:31 (vor 847 Tagen) @ albarracin

Na, da habe ich mich wohl etwas verkehrt ausgedrückt. Es läuft ein BEM nicht aufgrund von über 6 Wochen Krankheit sondern initiativ von der Kollegin eingefordert als Prävention. Damit möchte sie einer bevorstehenden Überlastung, die sie selbst bereits wahrnimmt, frühzeitig vorbeugen.
Meine Frage war eben jetzt, ob im Rahmen dieses präventiven BEM der komplexe Tätigkeitsumfang der Kollegin reduziert werden kann und dies unter Zuhilfenahme des §164 Abs. 4 S.1 / S.4 ???

§ 164 Abs.4 S.1/S.4 - Betrifft das auch den fachlichen Arbeitsumfang ??

garda, Berlin, Monday, 03.01.2022, 08:51 (vor 842 Tagen) @ zimmi2000

Na, da habe ich mich wohl etwas verkehrt ausgedrückt. Es läuft ein BEM nicht aufgrund von über 6 Wochen Krankheit sondern initiativ von der Kollegin eingefordert als Prävention. Damit möchte sie einer bevorstehenden Überlastung, die sie selbst bereits wahrnimmt, frühzeitig vorbeugen.
Meine Frage war eben jetzt, ob im Rahmen dieses präventiven BEM der komplexe Tätigkeitsumfang der Kollegin reduziert werden kann und dies unter Zuhilfenahme des §164 Abs. 4 S.1 / S.4 ???

Hallo,

auch ein präventives BEM ist ein BEM, kein Präventionsverfahren nach dem Abschnitt davor:

§ 167 Prävention, SGB IX
(1) Der Arbeitgeber schaltet bei Eintreten von personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Schwierigkeiten im Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnis, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können, möglichst frühzeitig die Schwerbehindertenvertretung und die in § 176 genannten Vertretungen sowie das Integrationsamt ein, um mit ihnen alle Möglichkeiten und alle zur Verfügung stehenden Hilfen zur Beratung und mögliche finanzielle Leistungen zu erörtern, mit denen die Schwierigkeiten beseitigt werden können und das Arbeits- oder sonstige Beschäftigungsverhältnis möglichst dauerhaft fortgesetzt werden kann.

Während in einem BEM nicht zwingend das Integrationsamt im Boot ist, hier muss es sein. Je nach Regelung im einzelnen Bundesland kann hier auch der Integrationsfachdienst eingeschaltet werden. Hier geht es auch nicht "nur" um die Erkrankung die zu Fehlzeiten geführt hat, wie im Absatz 2, sondern auch um dauerhafte Lösungen ggf. unter Einbeziehung der Rehaträger.

Beide Verfahren können gut miteinander kombiniert werden.

--
Mit freundlichen Grüßen

Michael

§ 164 Abs.4 S.1/S.4 - Betrifft das auch den fachlichen Arbeitsumfang ??

Georgina, Saturday, 01.01.2022, 13:10 (vor 844 Tagen) @ zimmi2000

Ich denke dass hier zu prüfen wäre, ob wirklich alle Einzeltätigkeiten durch eine Person gemacht werden müssen, oder ob man das im Team so umverteilen kann, dass sowohl der Arbeitsplatz des MmB gesichert ist und das "Gesamtoutcome" trotzdem gegeben ist.

Im Arbeitsvertrag ist ja nur vage umschrieben, als was man eingestellt ist - eine Stellenbeschreibung zeigt das Tätigkeitsprofil auf. In meinen Augen muss man nicht alle Tätigkeiten anbieten können, so lange man den beschriebenen Arbeitsplatz auch mit anderen Tätigkeiten aus- und erfüllen kann und es durch andere Teammitglieder zu kompensieren ist....hier greift das Direktionsrecht des AG.

Ich nehme wahr, dass Leitungen häufig dem Missverständnis auferlegen sind, dass jeder dasselbe machen muss. Und Kollegen ohne Behinderung berufen sich fälschlicherweise auf "Gleichbehandlung" und fordern, dass auch der Mensch mit SB exakt dasselbe Pensum und dieselben Tätigkeiten ausführt ;-)

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