Wahlen der SBV in Coronazeiten (Wahlen)

Apfelsaft, München/ Bayern, Tuesday, 11.01.2022, 07:30 (vor 834 Tagen)

Wer weiß, wie das mit dem vereinfachten Wahlverfahren abläuft, in Coronazeiten? Es ist nicht genügend Platz, um alle Wahlberechtigten in einem Raum mit allen Abstandsregeln unterzubringen, Wie führe ich dann das vereinfachte Wahlverfahren durch?
Danke
Helmut

Wahlen der SBV in Coronazeiten

Hendrik1, Niedersachsen, Tuesday, 11.01.2022, 08:42 (vor 834 Tagen) @ Apfelsaft

Moin Moin Helmut,

hier ein Link.

https://www.gesetze-im-internet.de/schwbwo/BJNR019650975.html

Zu beachten ist, dass im § 28 SCHWBVWO eine Videokonferenz als Wahlversammlung zulässig ist und für die Stimmabgabe auch im vereinfachten Wahlverfahren dann diese schriftlich erfolgen muss (z.B. Briefwahl). Als Enddatum ist leider der März 2022 vorgesehen, ich hoffe, dieses wird auf die normale Wahlperiode ausgedehnt.

Liebe Grüße

Hendrik

Wahlen der SBV in Coronazeiten

WoBi, Tuesday, 11.01.2022, 12:56 (vor 834 Tagen) @ Hendrik1

Hallo,

ja die Regelungen sind schnell in die SchwVWO aufgenommen worden. Ein typischer politischer Schnellschuss in Anlehnung an die Betriebsratswahl ohne Berücksichtigung oder gar Unkenntnis der besonderen Wahlregelungen für Schwerbehindertenvertretungen.

Ablauf einer Wahlversammlung im vereinfachten Verfahren zur Wahl einer SBV und Nachbildung der Präsensveranstaltung mittels Videokonferenztechnik und schriftlicher Stimmabgabe per Briefwahl.

  • Einladung zur Wahlversammlung -> Terminplanung im Videokonferenzsystem und Versand der Einladungs-/Zugangsdaten an die (bekannten) Wahlberechtigten.
  • Aushang für „unbekannte“ Wahlberechtigte -> Zugangsdaten Videokonferenz veröffentlichen ist kritisch?
  • Wahl einer Wahlleitung -> Sprechfreigabe für alle Videokonferenzteilnehmer
  • Kontrolle der Teilnahmeberechtigung an der Versammlung -> Hier unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsrechtes durch Vorzeigen des Ausweises oder des Gleichstellungsbescheides wahren, indem nur die jeweilige Person mit der Wahlleitung verbunden ist und das Bild der zu überprüfenden Person sehen kann? Dabei späteres An-, Ab- und Wiederanmelden ggf. Doppelanmeldungen und unberechtigte Zuhörer berücksichtigen.
  • Erstellung der Liste der Wahlberechtigten durch den Wahlleiter
  • Festlegen der Anzahl der stellvertretenden Mitglieder -> Sprechfreigabe für alle Videokonferenzteilnehmer
  • Zur Vorschläge von Personen für die Wahl als Vertrauensperson auffordern -> Sprechfreigabe für alle Videokonferenzteilnehmer
  • Erfassung der vorgeschlagenen Personen durch den Wahlleiter und Erstellung des ersten Stimmzettels, Vervielfältigung des Stimmzettels, Erstellung Versand- und Rücksendeumschlags, Erklärung des Wahlberechtigten, Handlungsanweisung und Versand der ersten Briefwahlunterlagen.
  • Unterbrechung der Wahlversammlung bis zum Zeitpunkt des vereinbarten spätesten Postrücklaufes bei unterschiedlichen Brieflaufzeiten. (1 – 2 Wochen?)
  • Erneute Videokonferenz der Wahlberechtigten oder der Teilnehmer der (letzten) Wahlversammlung (gezielte Einladung?) zum Öffnen der rückgesendeten Briefwahlumschläge. Nochmalige Kontrolle der Teilnahmeberechtigung. Kontrolle der Erklärungen und Entnahme des Wahlumschlages zum Einlegen in den Behälter / die Urne. Öffnen der Wahlumschläge und Entnahme der Stimmzettel. Auszahlen der Stimmzettel und Feststellung der Gewählten. Bekanntgabe der Stimmenanzahl der Kandidaten. Benachrichtigung der Person. Annahme oder Ablehnung der Wahl abklären (- 3 Tage Bedenkzeit) und die endgültige gewählte Vertrauensperson bekanntgeben.
  • Zu Vorschläge für die Wahl der stellvertretenden Mitglieder auffordern –> Sprechfreigabe für alle Videokonferenzteilnehmer.
  • Erfassung der vorgeschlagenen Personen durch den Wahlleiter und Erstellung des zweiten Stimmzettels, Vervielfältigung des Stimmzettels, Erstellung Versand- und Rücksendeumschlags, Erklärung des Wahlberechtigten, Handlungsanweisung und Versand der zweiten Briefwahlunterlagen.
  • Unterbrechung der Wahlversammlung bis zum vereinbarten/beschlossenen Zeitpunkt des Postrücklaufes bei unterschiedlichen Brieflaufzeiten. (1 – 2 Wochen?)
  • Erneute Videokonferenz der Wahlberechtigten oder nur der Teilnehmer der (letzten?) Wahlversammlung zum Öffnen der rückgesendeten Briefwahlumschläge. Kontrolle der Teilnahmeberechtigung durch den Wahlleiter. Kontrolle der Erklärungen und Entnahme des Wahlumschlages zum Einlegen in den Behälter / die Urne. Öffnen der Wahlumschläge und Entnahme der Stimmzettel. Auszählen der Stimmzettel und Feststellung der Gewählten. Bekanntgabe der Stimmenanzahl der Kandidaten für die stellvertretenden Mitglieder und Benachrichtigung der Personen. Annahme oder Ablehnung der Wahl abklären (- 3 Tage Bedenkzeit) und die gewählten Personen in der endgültige Reihung der stellvertretenden Mitglieder bekanntgeben.
  • Es wird eine fortlaufende Niederschrift dringlich empfohlen. Übergabe der Unterlagen an die Vertrauensperson zur Aufbewahrung während der Wahlperiode durch den Wahlleiter.

Es wurden in dieser Abhandlung noch keine Besonderheiten wie passiv / nicht aktiv Wahlberechtigte als Wahlleiter/Kandidat berücksichtigt. Haben alle Teilnahmeberechtigten die erforderliche technische Ausstattung und Sachkenntnis in der Bedienung der eingesetzten Technik. Ist diese Technik barrierefrei?

Es sind mindesten 3 unabhängige Videokonferenzen erforderlich, bei möglichst gleichbleibender Zusammensetzung der Teilnehmer wegen den Unterbrechungszeiten für die Postlaufzeiten. Denn Vertrauensperson und stellvertretende(s) Mitglied(er) müssen beim vereinfachten Verfahren in zwei getrennte Wahlvorgänge auf zwei getrennte Stimmzettel gewählt werden. Mit der Vorlaufzeit für die Ankündigung der Wahlversammlung von 3 Wochen ist somit mit 1,5-2 Monate zu rechnen.

--
Gruß
Wolfgang

Wahlen der SBV in Coronazeiten

Cebulon, Tuesday, 11.01.2022, 15:16 (vor 834 Tagen) @ WoBi

Aushang für „unbekannte“ Wahlberechtigte

Hallo WoBi, das alleine reicht nicht, da z.B. die Wahlberechtigten im coronabedingten Homeoffice davon gar nichts mitkriegen würden. Diese sollten per Post an ihre Privatanschriften informiert werden. Nach jüngsten Angaben des Münchner Ifo-Instituts waren laut einer Unternehmensumfrage im Dezember des vergangenen Jahres 27,9 Prozent der Beschäftigten zumindest zeitweise im Homeoffice tätig.

Erstellung der Liste der Wahlberechtigten durch den Wahlleiter.

Das allein wäre zu spät und unzureichend: Denn der Einladende muss die Wahlberechtigung schon vor der Wahl der Wahlleitung überprüfen (können) laut Schrifttum, sonst angreifbar.

Erneute Videokonferenz der Wahlberechtigten

Nein – ein solcher Bürokratismus lässt sich m.E. nicht zwingend aus § 28 SchwbVWO herleiten! Das kann dem Verordnungsgeber nicht unterstellt werden.

Erneute Videokonferenz der Wahlberechtigten oder nur der Teilnehmer der (letzten?) Wahlversammlung zum Öffnen der rückgesendeten Briefwahlumschläge.

Nein - Freiumschläge werden in öffentlicher Präsensveranstaltung geöffnet und ausgezählt (nicht per Videokonferenz) – nicht anders als_bei förmlicher SBV-Wahl.

Es sind mindesten 3 unabhängige Videokonferenzen erforderlich, bei möglichst gleichbleibender Zusammensetzung der Teilnehmer wegen den Unterbrechungszeiten für die Postlaufzeiten.

Nein - nur eine Videokonferenz nötig (nicht mindestens drei).

Denn Vertrauensperson und stellvertretende(s) Mitglied(er) müssen beim vereinfachten Verfahren in zwei getrennte Wahlvorgänge auf zwei getrennte Stimmzettel gewählt werden.

Naja – für generelle Briefwahl gilt das hier nicht 1:1, sondern beide Stimmzettel auf einem Schriftstück laut LAG München, 25.10.2007, 4 TaBV 38/07, II 2 b bb: „wird das Wahlrecht jedoch zwingend auf einem einzigen Stimmzettel ausgeübt, auf dem die Bewerber für das Amt der Schwerbehindertenvertretung und als stellvertretende Mitglieder getrennt aufgeführt sind (§ 9 Absatz 2 SchwbVWO)“ für förmliche SBV-Wahlen.

Mit der Vorlaufzeit für die Ankündigung der Wahlversammlung von 3 Wochen ist somit mit 1,5 - 2 Monate zu rechnen.

Nein - weil genau eine digitale Wahlversammlung nötig und völlig ausreichend. Vier bis fünf Wochen sollten da locker ausreichen. Vgl. auch diesen Beitrag mit Verweis auf Dr. Sachadae, LPK-SGB IX, 6. Auflage, zu § 28 SchwbVWO grundlegend. Äußerst schwach und vollkommen inkonsequent, dass dieser Verordnungsgeber keine digitale Versammlung für die Fälle nach § 1 Abs. 2 SchwbVWO vorgesehen hat, obwohl i.d.R. ja mehr Wahlberechtigte als bei vereinfachter Wahl.

Gruß,
Cebulon

Wahlen der SBV in Coronazeiten

WoBi, Thursday, 13.01.2022, 13:56 (vor 832 Tagen) @ Cebulon

Hallo Cebulon,

der „Aushang für unbekannte Wahlberechtigte“ ist ein Merkposten zur Erinnerung der Aushangpflicht (Zugänglich, Lesbarkeit, keine Anmerkungen,..) und weiterer/zusätzlicher Veröffentlichungsarten z.B. Intranet. Nur zur rechtlichen Sicherstellung, dass zur Wahlversammlung ordnungsgemäß geladen worden ist und theoretisch die praktische Möglichkeit der Kenntnisnahme bestanden hat.

Im vereinfachten Wahlverfahren gibt es kein Aufruf für Wahlvorschläge, Vorgaben für Stützunterschriften, Vorlage der Zustimmungserklärung und Regelungen für eine Doppelkandidatur. Ein geprüftes und gepflegtes Wählerverzeichnis gibt es wegen fehlendem Wahlvorstand nicht.
Kann der in der Wahlversammlung gewählte Wahlleiter generelle Briefwahl beschließen? Wohl nicht!

Im förmlichen Wahlverfahren kann ein Bogen/Blatt Papier für die beiden getrennten Wahlvorgänge genutzt werden, wenn eine optische Trennung für die zwei unabhängigen Stimmabgaben und deren jeweiligen maximalen Stimmanzahl für den jeweiligen Wahlvorgang erfolgt. Die Kandidaten stehen durch den Aufruf zur stichtagsbezogenen Einreichung von Wahlvorschlägen fest und die Stimmzettel können vorab vorbereitet werden. Ebenso die Bestandteile für den späteren Versand der Briefwahlunterlagen.

Im vereinfachten Verfahren sind ebenfalls zwingend zwei Wahlvorgänge vorgegeben. Nur die Kandidatenerfassung erfolgt hintereinander / sequenziell für den jeweiligen anstehenden Wahlvorgang. Dies wäre bei dem genannten Vorgehen mit nur einer Briefwahlunterlage und der Benennung der Kandidaten für die Vertrauensperson und für die stellvertretenden Mitglieder auf nur einer Wahlversammlung ohne dazwischenliegendem Wahlvorgang nicht möglich. Hier müsste die Möglichkeit der sofortigen Doppelkandidaturen geschaffen werden.

Meine Pandemielösung wäre die temporäre Aufhebung des zwingenden Erfordernis zur Durchführung im vereinfachten Verfahren für den Bereich bis 50 schwerbehinderte und gleichgestellte Beschäftigte. Sinngemäß in dieser Art für § 28 Abs. 3 SchwbVWO:
Wahlen für die Schwerbehindertenvertretung können wegen der epidemischen Lage bis zum xx.xx.2023 in Betrieben / Dienststellen bis 50 Wahlberechtigte auch nach den Regelungen für das förmlichen Wahlverfahren im ersten und zweiten Abschnitt durchgeführt werden.

Mit diesem Ansatz wären die aufgezeigten Probleme gelöst und es könnte auch unter 50 (schwer-)behinderte Beschäftigte ein Wahlvorstand bestellt werden und die Wahl nach bekannten Regelungen durchgeführt werden, ohne technische Experimente und unbekannten Rechtsunsicherheiten.

Aber warum Einfach, wenn es kompliziert geht.

--
Gruß
Wolfgang

Wahlen der SBV in Coronazeiten

Cebulon, Thursday, 13.01.2022, 14:08 (vor 832 Tagen) @ WoBi

Kann der in der Wahlversammlung gewählte Wahlleiter generelle Briefwahl beschließen? Wohl nicht!

Klar, das darf und sollte er unbedingt zur Klarstellung in entsprechender Anwendung des § 11 Abs. 2 SchwbVWO laut der Verweisung in § 28 Abs. 2 SchwbVWO „beschließen“. Im Übrigen bin ich der Ansicht, dass so oder so ausschließlich generelle Briefwahl von Rechts wegen in Frage kommt.

Erneute Videokonferenz der Wahlberechtigten oder nur der Teilnehmer der (letzten?) Wahlversammlung zum Öffnen der rückgesendeten Briefwahlumschläge.

Nein, Öffnung sowie Auszählung erfolgt in „öffentlicher Sitzung“ (so auch ausdrücklich Sachadae, LPK-SGB IX, 6. Aufl., § 28 SchwbVWO Rn. 46), und zwar in Präsenzsitzung - die zuvor angekündigt werden muss auch durch Aushang.

Gruß,
Cebulon

Wahlen der SBV in Coronazeiten

Cebulon, Tuesday, 11.01.2022, 14:08 (vor 834 Tagen) @ Hendrik1

(z.B. Briefwahl)

Hallo
das mit der Briefwahl ist absolut und ausschließlich (nicht beispielhaft). Was anderes als Briefwahl gibts nicht, da der § 28 Abs. 2 SchwbVWO einzig und allein auf die Briefwahl nach § 11 verweist.

Ich würde aber in jedem Fall einen Ersatz für die Wahlleitung wählen (lassen). Denn sollte Wahlleitung ausfallen, könnte die Wahl im Falle eines Falles ggf. platzen. Dann wäre außer Spesen nichts gewesen. Auch daran hat der Verordnungsgeber bzw. zuletzt die „Ampel“ bei ihren lückenhaften Schnellschüssen nicht gedacht.

Gruß,
Cebulon

RSS-Feed dieser Diskussion