GdB bei Covid (Allgemeines)

Thomas-SBV, Wednesday, 02.02.2022, 16:31 (vor 811 Tagen)

Hallo zusammen,

hat schon jemand von euch Erfahrung mit dem Thema GdB bei Long-Covid-Erkrankungen? Ich denke viele hiervon sind in ihren Beruf stark beeinträchtigt und auch die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist massiv Eingeschränkt.
Habe hierzu einen Antrag laufen, der jedoch noch nicht beschieden ist.

Ich freue mich bereits auf den Austausch hierüber mit euch.

LG Thomas

GdB bei Covid

bifavi, Hessen, Thursday, 03.02.2022, 08:24 (vor 810 Tagen) @ Thomas-SBV

Hallo Thomas-SBV

hat schon jemand von euch Erfahrung mit dem Thema GdB bei Long-Covid-Erkrankungen? Ich denke viele hiervon sind in ihren Beruf stark beeinträchtigt und auch die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist massiv Eingeschränkt.
Habe hierzu einen Antrag laufen, der jedoch noch nicht beschieden ist.

Naturgemäß ist für Long-COVID kein gesonderter GdB in der Versorgungsmedizinverordnung enthalten. Vielmehr sind bei der Vielschichtigkeit der Long-COVID Erkrankungen die einzelnen gesundheitlichen Einschränkungen und deren Schwere zu betrachten. So können die Lungenfunktionseinschränkungen geringen Grades zu einem GdB von 20 – 40 führen und schweren Grades zu einem GdB von 80 – 100. Psychische Traumen ( google mal Second Victim Phänomen), welche gerade nach Erlebnissen auf Intensivstationen vorkommen, sind ebenfalls ihrer Schwer nach zu beurteilen. So führen leichte psychische Störungen zu einem GdB von 0 – 20 und schwere psychische Störungen mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten zu einem GdB von 80 – 100. Entsprechend wird anhand der medizinischen Unterlagen und Begutachtung auch jede andere Krankheit und deren Schwere individuell geprüft.
Sofern die Ansteckung nachweislich im Rahmen des Arbeitsverhältnisses erfolgt ist, kommen Leistungen der Berufsgenossenschaft in Betracht, wie Verletztengeld und in Einzelfällen auch eine Rente von der Berufsgenossenschaft. Das Gleiche gilt, wenn es sich nachweislich um eine Ansteckung auf den Weg von oder zur Arbeit handelt. In diesem Fall würde ein sogenannter Wegeunfall vorliegen. Da die Leistungen der Unfallversicherung höher sind als die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, lohnt sich eine entsprechende Antragstellung bei der Berufsgenossenschaft.
Verschiedene Unfallkassen (DGUV, UKH,etc) haben auch diesbezüglich Merkblätter veröffentlicht.

Gruß Bifavi

GdB bei Covid

garda, Berlin, Thursday, 03.02.2022, 09:16 (vor 810 Tagen) @ bifavi

Hallo Bifavi,

vielen Dank für deine ausführliche Antwort.

Ergänzen möchte ich noch, das nach meiner Erfahrung aus Berlin und Brandenburg die Anerkennung psychischer Erkrankungen ohne zeitnahe bzw. laufende fachärztliche Behandlung sehr schwierig ist, was ganz genauso für Psychotherapien gilt für die bereits eine Indikation gestellt wurde. Da Psychotherapien derzeit kaum zeitnah begonnen werden können, ist es dringend nötig die Bemühungen gut zu dokumentieren. Das dies wiederum gerade ein psychisch kranker Mensch oft kaum leisten kann, dürfte uns allen klar sein.

Ein möglicher Ausweg kann darin liegen, dass der Verlauf einer medizinischen Reha abgewartet wird und der ausführliche Rehabericht mitgeschickt wird. Hier sollte man sich wenn ein GdB beantragt werden soll, besser nicht auf eine Mutter/Vater-Kind-Kur verweisen lassen, da es dort keinen ausführlichen Bericht sondern nur einen Arztbrief ohne sozialmedizinische Beurteilung gibt.

--
Mit freundlichen Grüßen

Michael

GdB bei Covid

Hendrik1, Niedersachsen, Thursday, 03.02.2022, 10:31 (vor 810 Tagen) @ Thomas-SBV

Moin Moin Thomas,

ich mache es so, wie bei anderen Erkrankungen, für die kein GdB festgesetzt ist, dass ich Analogien bilde. Z.B. bei Gehfähigkeit von maximal 200 Meter aufgrund von Parkinson orientiere ich mich am GdB für PAVK, der beschrieben ist und verwiese auf diesen im Begleitschreiben zum Antrag.

Wichtig ist, dass der Zustand leider bleibend ist, sehen die Ärzte Verbesserungspotential und geben dieses an, wird entweder ein niedrigerer GdB festgesetzt, als derzeit möglich, oder der Antrag abgelehnt mit der Begründung, diesen einzureichen, wenn dieses feststeht.

Zudem bitte alle Störungen wie z.B. Lungenfunktionseinschränkungen nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen beschreiben, damit es zu einer möglichst korrketen Einstufung kommt.

Liebe Grüße

Hendrik

GdB bei Covid

Thomas-SBV, Thursday, 03.02.2022, 16:16 (vor 810 Tagen) @ Hendrik1

Hallo zusammen,

vielen Dank für eure Antworten. Das Suchen von Analogien hilft mir bereits gut. Ich überlege nun noch wie die neurologischen Auswirkungen wie z.B. massive Erschöpfung geschildert werden kann.

Wie gesagt: Vielen Dank!

LG Thomas

GdB bei Covid

albarracin, Baden-Württemberg, Thursday, 03.02.2022, 17:05 (vor 810 Tagen) @ Thomas-SBV

Hallo,

chronische Erschöpfung im Sinne eines CFS ist lt. einem Urteil des Bayerischen LSG von 2014
https://versorgungsmedizinische-grundsaetze.de/Urteile/Urteile%20Chronic-Fatigue-Syndrom%20-%20CFS.html
am ehesten nach den Maßstäben einer psychovegetativen Störung der Nr. B 3.7 VersmedV zu bewerten.

Allerdings gibt es daran relativ viel Kritik. Je nach Diagnosestellung und Gesamtzusammenhang kommt auch die Bewertung als Autoimmunerkrankung oder aber auch als "Hirnschaden" in Frage.

--
&Tschüß

Wolfgang

GdB bei Covid

Thomas-SBV, Friday, 04.02.2022, 10:29 (vor 809 Tagen) @ albarracin

Hallo Wolfgang,

Dankeschön! Das Urteil bringt mich Weiter. Ich denke der Vergleich mit ME IFS ist bei Long-Covid realistisch. Als Fazit bedeutet es wohl: Long-Covid kann eine Behinderung zur Folge haben, jedoch keine Schwerbehinderung.

Tschüss

Thomas

GdB bei Covid

Hendrik1, Niedersachsen, Sunday, 06.02.2022, 23:15 (vor 807 Tagen) @ Thomas-SBV

Moin Moin Thomas,

dem muss ich widersprechen, wenn das Long Covid Syndrom ausgeprägt ist, kann es sehr wohl auch eine Schwerbehinderung bedingen.
Ich habe gerade jemand in Beratung, die nicht einmal eine Treppe steiegn kann 12 Monate nach Covid, auch bei kleinen Belastungen nach Lust ringt. Dann kann dieses alleine einen GdB von 50 ausmachen, wenn die Ärzte dieses als Dauerzusatnd definieren sollten. Ansonten kann man auch Erbsen zäglen. GdB 15 bringt GeruchsundGeschmacksverlust, GdB x für die Luingenfunktionseinschränkung, GdB x für die kognitiven und seelischen Einschränkungen usw... je nachdem was in welcher Ausprägung vorliegt.
Und aus diesen Einzel-GdB ist dann ein Gesamt-GdB zu bilden.

Liebe Grü0e

Hendrik

GdB bei Covid

Thomas-SBV, Monday, 07.02.2022, 09:23 (vor 806 Tagen) @ Hendrik1

Moin Hendrik,

danke für dein Widerspruch - genau solche Hinweise wollte ich erhalten. Prima das du mich etwas ermutigst hast. Dein Beispiel ist natürlich heftig, schreib doch mal irgendwann wie der GdB schlussendlich beschieden wurde. Bisher habe ich noch keine Kenntnis von einem GdB bei Long-Covid. Hat von euch anderen da schon einer mehr erfahren?

Die Klinik in der ich tätig bin forscht auch im Gebiet Long-Covid und hat bereits 200 Symptome ermittelt. Eine entsprechende Reha-Maßnahme ist nur ansatzweise gefunden. Die Abschlussberichte dürften dann sehr interessant werden, da eine Einrichtung natürlich darlegen will, dass ihre Reha etwas gutes ist und geholfen hat. Sprich: Dem Rehabilitanten geht es jetzt Besser.

Freu mich schon auf weitere, ruhig auch kritische Anmerkungen.

Tschüss

Thomas

GdB bei Covid

albarracin, Baden-Württemberg, Monday, 07.02.2022, 12:13 (vor 806 Tagen) @ Thomas-SBV

Hallo,

Du solltest Dich nicht auf das Ergebnis versteifen, daß ich Dir verlinkt habe. Auch der Maßstab der Nr. B 3.7 VG kann bei entsprechender Schwere des CFS durchaus einen GdB von 50 oder mehr ergeben.

--
&Tschüß

Wolfgang

GdB bei Covid

Hendrik1, Niedersachsen, Monday, 07.02.2022, 12:35 (vor 806 Tagen) @ Thomas-SBV

Moin Moin Thomas,

ich habe diese Kollegin erst noch mit der Fragestellung, ob und in welchem Zeitraum Besserungen zu erwarten sind, zu den Ärzten geschickt.
Danach geht der Antrag raus.

Liebe Grüße

Hendrik

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