Einsichtnahme der SBV in Protokolle des BR (Umgang mit BR / PR)

mietze_katz, Oberbayern, Tuesday, 08.02.2022, 10:40 (vor 779 Tagen)

Servus beinand,

jetzt habe ich auf der Seite viel gesucht und alle möglichen Konstellationen gefunden, aber nicht die mir vorliegende.

Sachlage:
1. Betriebsrat, also BetrVG (nicht PersVG)
2. Einsichtnahme, also nicht Aushändigung einer Abschrift oder Fotokopie


Ich (SBV) habe den Verdacht, dass eine Äußerung meinerseits während der BR-Sitzung im Protokoll nicht richtig protokolliert wurde. Mein Antrag auf Einsichtnahme wurde mittels Gremiumsbeschluss abgelehnt. Mir ist bewusst, dass ich im Regelfall keinen Einfluss auf das Protokoll habe, aber die Möglichkeit einer Einwendung ist doch gegeben.

Im Handkommentar Fitting finde ich folgendes:
§34 Rn 35: Das Gesetz gesteht nur den BR-Mitgliedern das Einsichtsrecht zu, nicht dagegen den übrigen Personen, die berechtigt sind, ..... an BRSitzungen teilzunehmen, z.B. u.a. SchwbVertr.
§34 Rn 24: Die übrigen TN an der BR Sitzung - wie z.B. das Mitglied der SBV usw., haben keinen Anspruch auf Aushändigung einer Abschrift. - aber ich ja nur Einsichtnahme
§34 Rn 29: Die Berechtigung, solche Einwendungen zu erheben, ist nicht .... beschränkt, sondern steht jedem zu, der an der Sitzung teilgenommen ...... hat. Wie soll ein TN Einwendungen erheben, wenn er nicht nachsehen darf, wie es im Protokoll steht.

Ich möchte keinesfalls die ggf. falsche Aussage unkommentiert im Protokoll stehen lassen. Wie verhalte ich mich? Verfasse ich eine "Verdachts-Einwendung"?
Oder kennt noch jemand andere Ansatzpunkte?

VG

Einsichtnahme der SBV in Protokolle des BR

Cebulon, Tuesday, 08.02.2022, 12:11 (vor 779 Tagen) @ mietze_katz

 Im Handkommentar Fitting finde ich folgendes: § 34 Rn. 35: Das Gesetz gesteht nur den BR-Mitgliedern das Einsichtsrecht zu, nicht dagegen den übrigen Personen, die berechtigt sind, ..... an BR-Sitzungen teilzunehmen, z.B. u.a. SchwbVertr. Wie verhalte ich mich?

Eine solche am Wortlaut klebende Auslegung führt in die Irre, weil_Auslegung unvereinbar mit Bundes- sowie Unionsrecht:

Das ist dummes Zeug was im Fitting steht und was der Betriebsrat unkritisch nachplappert: Daher beim Arbeitsgericht gegen BRV und Betriebsrat klagen auf Überlassung einer Kopie und dabei sinngemäß auf Düwell in ZTR 12/2020, Seite 681-684, verweisen, und höchst hilfsweise auf unzensierte Zugänglichkeit und komplette Einsicht ins Protokoll (Niederschrift) klagen im Beschlusverfahren mit Verweisung bspw. auf die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Inklusionsämter, wie nachfolgend zitiert:

ZB Ratgeber 2021 auf Seite 97 („Das beinhaltet das Protokoll der Sitzung, auch wenn sie nicht teilnehmen kann“)

ZB Spezial 2018, auf Seite 21 („Das Protokoll einer Sitzung ist der Schwerbehindertenvertretung zugänglich zu machen“) und Seite 96 („Die SBV erhält wie alle anderen Mitglieder ein Protokoll“).

Das ist Krampf, was dieser Betriebsrat von sich gibt. Das würde ich niemals so akzeptieren. Das ist „Kindergarten“, was der veranstaltet und natürlich (offensichtlicher) schwerer Rechtsbruch. Dies ist reine Willkür bzw. grober Amtsmissbrauch. Der Beschluss ist nichtig.

Für in einzelnen Kommentaren zu § 34 BetrVG verbreitete pauschale Theorie, dass in der Sitzung des Betriebsrats verteilte Protokolle aus datenschutzrechtlichen Gründen wieder eingesammelt werden müssen („Werden zu Beginn der Sitzung Kopien des Protokolls verteilt, müssen sie_am Ende der Sitzung wieder eingesammelt werden“), gibt‘s keine Rechtsgrundlage. Das ist m.E. alles nur ein haltloser juristischer Müll entgegen schon seit vielen Jahren bundesweit bewährter Praxis bei Betriebs- und Personalräten aller Ebenen. Das ist Denkfehler.

Rechtsvergleiche
Dieses Recht auf Kopie besteht z.B. auch dann, wenn eine SBV an der Teilnahme einer Sitzung verhindert sein sollte – entgegen dem insoweit viel zu eng und zu pauschal gefassten Art. 41 Abs. 2 Satz 2 BayPVG lt. BIH sowie Prof. Düwell, Vorsitzender Richter am BAG a.D. Inhaltlich übereinstimmende Regelungen sind für die folgenden Bundesländer getroffen: Brandenburg in § 41 Absatz 2 PersVG BB, Mecklenburg-Vorpommern in § 32 Absatz 2 PersVG M-V, Saarland § 40 Absatz 2 SPersVG, Sachsen-Anhalt in § 39 Abs. 2 Satz 2 PersVG LSA, Sachsen in § 42 Abs. 2 SächsPersVG, Schleswig-Holstein in § 32 Abs. 3 MBG Schl.-H. sowie Thüringen in § 41 Absatz 2 ThürPersVG. Lediglich das Land Rheinland-Pfalz räumt klar und eindeutig im Wortlaut seines § 37 Abs. 2 Satz 1 LPersVG den Mitgliedern des Personalrats und der SBV ein von der persönlichen Teilnahme unabhängiges Einsichtsrecht in die Niederschrift des PR ein: „Die Mitglieder des Personalrats ... sowie die Schwerbehindertenvertretung haben das Recht, zur Wahrnehmung der ihnen in dieser Funktion obliegenden Aufgaben Sitzungsunterlagen und Niederschriften einzusehen“. Die Klarstellung gilt grundsätzlich auch für (alle) BR-Sitzungen und PR-Sitzungen anderer Bundesländer nach SGB IX bzw. EU-Recht für die SBV. Das ist identische Interessenlage.

Gruß,
Cebulon

Einsichtnahme der SBV in Protokolle des BR

mietze_katz, Oberbayern, Wednesday, 09.02.2022, 22:30 (vor 778 Tagen) @ Cebulon

Hallo Cebulon,

herzlichen Dank für Deine ausführliche Antwort mit den jeweiligen Verweisen. Wie kommt man an die ZTR 12 2020?
Nachdem ein derartiges Vorgehen mir noch nicht so wirklich bekannt ist, werde ich mich jetzt mit dem Wissen an die für uns zuständige Verwaltungsstelle der Gewerkschaft wenden. Ich will ja nun keinen Formfehler machen.

VG

Mietzekatz

Einsichtnahme der SBV in Protokolle des BR

Cebulon, Wednesday, 09.02.2022, 23:14 (vor 778 Tagen) @ mietze_katz

Wie kommt man an die ZTR 12/2020?

Hallo,
wenn diese Gewerkschaft was taugt, sollte sie diesen grundlegenden Aufsatz problemlos beschaffen können, sofern sie ihn nicht ohnehin bereits hat (z.B. digital). Hier geht es zur Zeitschriftendatenbank (zdb) der_Deutsche Nationalbibliothek mit zdb-katalog.

Gruß,
Cebulon

Einsichtnahme der SBV in Protokolle des BR

bifavi, Hessen, Tuesday, 08.02.2022, 12:51 (vor 779 Tagen) @ mietze_katz

Hallo Mietze-Katz

§34 Rn 35: Das Gesetz gesteht nur den BR-Mitgliedern das Einsichtsrecht zu, nicht dagegen den übrigen Personen, die berechtigt sind, ..... an BRSitzungen teilzunehmen, z.B. u.a. SchwbVertr.

Diese Zitierung bezieht sich meiner Auffassung nach auf alle Unterlagen des BR und nicht auf die alleinige Sitzungsniederschrift. Somit hättest Du kein Recht auf Einsichtnahme in die Unterlagen und Schriftverkehr, welche im Vorfeld einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit oder im ähnlichen erfolgt sind.

§34 Rn 24: Die übrigen TN an der BR Sitzung - wie z.B. das Mitglied der SBV usw., haben keinen Anspruch auf Aushändigung einer Abschrift. - aber ich ja nur Einsichtnahme

Das ist die Ableitung zur Einsichtnahme, ein Recht zur Aushändigung hast Du leider nicht.

§34 Rn 29: Die Berechtigung, solche Einwendungen zu erheben, ist nicht .... beschränkt, sondern steht jedem zu, der an der Sitzung teilgenommen ...... hat. Wie soll ein TN Einwendungen erheben, wenn er nicht nachsehen darf, wie es im Protokoll steht.

Jupp, das ist so. Du darfst schriftliche Einwendungen zur Sitzungsniederschrift einreichen.
Lass Dir die Einreichung der Einwendung schriftlich bestätigen, am besten auf einem Duplikat.

Eventuell gerichtlich klären lassen. Oder den BR mal auf eine grobe Pflichtverletzung nach § 23 BetrVG und dessen Folgen hinweisen.
Das könnte zu Unmut führen, aber man muss teilweise mit alteingesessenen BR mal Klartext reden und alte Bärte abschneiden.
Auf die schriftliche Begründung des BR wäre ich gespannt, warum die das ablehnen.

LG
Bifavi

Einsichtnahme der SBV in Protokolle des BR

Cebulon, Tuesday, 08.02.2022, 13:13 (vor 779 Tagen) @ bifavi

Das ist die Ableitung zur Einsichtnahme, ein Recht zur Aushändigung hast Du leider nicht.

Hallo, das mag so pauschal in diesem „Fitting“ stehen. Das ist jedoch klar falsch bspw. nach Prof. Düwell (mit fundierter Begründung) und den BIH-Broschüren.

Rechtsvergleiche
Dieses Recht auf Kopie besteht z.B. auch dann, wenn eine SBV an der Teilnahme einer Sitzung verhindert sein sollte – entgegen dem insoweit viel zu eng und zu pauschal gefassten Art. 41 Abs. 2 Satz 2 BayPVG lt. BIH sowie Prof. Düwell, Vorsitzender Richter am BAG a.D. Inhaltlich übereinstimmende Regelungen sind für die folgenden Bundesländer getroffen: Brandenburg in § 41 Absatz 2 PersVG BB, Mecklenburg-Vorpommern in § 32 Absatz 2 PersVG M-V, Saarland § 40 Absatz 2 SPersVG, Sachsen-Anhalt in § 39 Abs. 2 Satz 2 PersVG LSA, Sachsen in § 42 Abs. 2 SächsPersVG, Schleswig-Holstein in § 32 Abs. 3 MBG Schl.-H. sowie Thüringen in § 41 Absatz 2 ThürPersVG. Lediglich das Land Rheinland-Pfalz räumt klar und eindeutig im Wortlaut seines § 37 Abs. 2 Satz 1 LPersVG den Mitgliedern des Personalrats und der SBV ein von der persönlichen Teilnahme unabhängiges Einsichtsrecht in die Niederschrift des PR ein: „Die Mitglieder des Personalrats ... sowie die Schwerbehindertenvertretung haben das Recht, zur Wahrnehmung der ihnen in dieser Funktion obliegenden Aufgaben Sitzungsunterlagen und Niederschriften einzusehen“. Diese Klarstellung gilt grundsätzlich auch für (alle) BR-Sitzungen und PR-Sitzungen anderer Bundesländer nach SGB IX bzw. EU-Recht für die SBV nach Düwell.

Das BMI hat sich bei der Novellierung des BPersVG 2021 leider dazu ausgeschwiegen – und die Akteure erneut „im Regen stehen lassen“ trotz insoweit gebotenem Klarstellungsbedarf. Das ist unzureichend.

Gruß,
Cebulon

Einsichtnahme der SBV in Protokolle des BR

bifavi, Hessen, Tuesday, 08.02.2022, 13:45 (vor 779 Tagen) @ Cebulon

Hallo Cebulon,

Hallo, das mag so pauschal in diesem „Fitting“ stehen. Das ist jedoch klar falsch bspw. nach Prof. Düwell und den BIH-Broschüren.

Nicht, dass wir uns wegen Kleinigkeiten auseinander dividieren.

Aushändigung zur Einsichtnahme ja.
Aushändigung zur eigenen Herstellung einer Kopie (Abschrift) ja.
Aushändigung einer durch den BR angefertigten Kopie des Protokolls würde ich sagen nein.

Mann will ja den BR mit der Kopierei auch nicht überbeanspruchen.
Ist doch wie bei den Lohn- und Gehaltslisten.
Einsichtnahme ja, Kopie nein, aber Abschrift musst bei Einsichtnahme selber machen.

LG
Bifavi

Einsichtnahme der SBV in Protokolle des BR

Cebulon, Tuesday, 08.02.2022, 14:25 (vor 779 Tagen) @ bifavi

Aushändigung einer durch den BR angefertigten Kopie des Protokolls würde ich sagen nein. Mann will ja den BR mit der Kopierei auch nicht überbeanspruchen.

Naja – ein verständiger Betriebsrat stellt die Niederschrift heutzutage z.B. elektronisch zur Verfügung statt zu drucken oder zu kopieren, zu falten, zu tackern, zu kuvertieren, zu adressieren und zu versenden. Ich kenn es gar nicht anders. Dann ist niemand zeitlich überfordert – wenn sich das Büro des BR / PR halbwegs digital organisiert i.S gegenseitiger Unterstützung und enger Zusammenarbeit laut gesetzlichem Gebot in § 182 SGB IX. In Großbetrieben macht das ohnehin die Bürokraft.

Gruß,
Cebulon

Einsichtnahme der SBV in Protokolle des BR

Hendrik1, Niedersachsen, Tuesday, 08.02.2022, 12:58 (vor 779 Tagen) @ mietze_katz

Moin Moin Mietze,

also Du hast ein Recht auf die Unterlagen zur Betriebsratsitzung und zur Sitzung gehört - so ist es zumindestens bei uns - auch die Genehmigung des Protokolls der letzten Sitzung ..... und schon hast Du die Einsichtnahme .....

Liebe Grüße

Hendrik

Einsichtnahme der SBV in Protokolle des BR

bifavi, Hessen, Tuesday, 08.02.2022, 13:18 (vor 779 Tagen) @ Hendrik1

Moin Hendrik,

also Du hast ein Recht auf die Unterlagen zur Betriebsratsitzung und zur Sitzung gehört - so ist es zumindestens bei uns - auch die Genehmigung des Protokolls der letzten Sitzung ..... und schon hast Du die Einsichtnahme .....

Meines Erachtens werden Protokolle nicht durch Beschlussfassung genehmigt.
Es ist nicht erforderlich, dass das Protokoll durch irgendjemanden, z. B. dem Betriebsrat auf der nächsten Sitzung, genehmigt wird. Die Richtigkeit des Protokolls bezeugen die Unterzeichner mit ihren Unterschriften.Es kann aber sinnvoll sein, zu Beginn einer Sitzung zu fragen, ob Fehler im Protokoll enthalten oder Ergänzungen notwendig sind, bevor das Protokoll ausgefertigt und unterschrieben wird.
Wenn jemand Einwände hat, kann er sie schriftlich erheben und zu Protokoll geben (§ 34 Abs. 2 BetrVG).

Bei uns wird das Protokoll allen die an der Sitzung teilgenommen haben zur Verfügung gestellt und übermittelt.

LG
Bifavi

Einsichtnahme der SBV in Protokolle des BR

albarracin, Baden-Württemberg, Sunday, 13.02.2022, 11:26 (vor 774 Tagen) @ mietze_katz

Hallo,

meine Vorposter haben ja dargelegt, wie Herr Düwell sehr aufwendig gegen den ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes
(§ 34 BetrVG) argumentiert hat, der eigentlich keine Interpretationsspielräume zugunsten der SBV läßt.
Um so bemerkenswerter ist, daß Düwell in der auf diesen Aufsatz folgenden 6. Auflage des LPK-SGB IX das Thema noch nicht einmal in einem Nebensatz anreisst, obwohl er sonst bei der Kommentierung des § 178 Abs. 4 SGB IX sehr in die Details geht.

Es wäre nicht das erste Mal, daß der sehr meinungsstarke Prof. Düwell eine Position "räumt", wenn er merkt, daß ihm niemand in der Fachkommentierung folgt. Und in Bezug auf § 34 BetrVG steht er nun mal gegen die gesamte Standardkommentierung des BetrVG, ganz egal, ob es sich um Fitting, ErfK, DKKW oder Richardi/Thüsing handelt.

Grundsätzlich hilft auch bei arbeitsrechtlichen Fragen wie zB dem BetrVG der Verweis auf die BIH-Meinung ohne Gegencheck in der Fachliteratur nicht weiter, da im BIH-Lexikon immer mal wieder Meinungen zur Auslegung sehr exklusiv vertreten werden.

Allerdings stellt sich auch hier die Frage nach dem Verhältnis von SBV und BR, denn die erwähnte Fachliteratur zum BetrVG ist sich weitestgehend einig, daß ein Betriebsratsvorsitzender zwar der SBV keine Einsicht in das BR-Protokoll geben muß, es aber sehr wohl darf.

--
&Tschüß

Wolfgang

Einsichtnahme der SBV in Protokolle des BR

Cebulon, Sunday, 13.02.2022, 14:15 (vor 774 Tagen) @ albarracin

… daß ein Betriebsratsvorsitzender zwar der SBV keine Einsicht in das BR-Protokoll geben muß, es aber sehr wohl darf.

Hallo, vgl. dazu sinngemäß auch den allgemeinen Rechtssatz des VG Düsseldorf, 10.6.1999, 34 K 2286/99.PVL: „So bleibt es jedem Mitglied unbenommen und entspricht seinem guten Recht, Akteneinsicht in die entsprechenden Unterlagen, also auch die Protokolle der vergangenen Personalratssitzung, zu nehmen und sich Ablichtungen zu fertigen.“

Dieser Rechtssatz gilt m.E. für die SBV entsprechend. Auch die SBV hat z.B. das Recht, Einwendungen gegen die Niederschrift zu erheben, sei es, weil sie z.B. grob rechtswidrig oder aus purer Schlampigkeit nicht geladen wurde, dass sie verhindert war oder falsch zitiert wurde oder sonst. Dies darf vom BR/PR nicht vereitelt werden wie hier („Und dass zur Teilnahme natürlich auch die Einsichtnahme in alle Sitzungsunterlagen gehören sollte, ist ebenfalls unter Berücksichtigung des § 99 SGB IX unstrittig“) Wie sollte sich z.B. eine SBV sonst einen Überblick über die Gesamttätigkeit des BR oder PR in solchen Fällen verschaffen?

Es wäre geradezu grob rechtsmissbräuchlich bzw Amtsmissbrauch, die SBV vorsätzlich nicht zu laden und ihr dann auch noch die Niederschrift vorzuenthalten – und so bspw. ihr Aussetzungsrecht nach dem § 178 Absatz 4 Satz 2 SGB IX zu hintertreiben. Den Zusammenhang haben Fitting, ErfK, DKKW und Richardi komplett ausgeblendet bei ihrer rein wörtlichen Auslegung und nicht über den BetrVG-Tellerrand geschaut speziell in‘s SGB IX sowie in die EU-DSGVO seit Wirksamwerden am 28.05.2018.

Gruß,
Cebulon

Einsichtnahme der SBV in Protokolle des BR

albarracin, Baden-Württemberg, Monday, 14.02.2022, 08:56 (vor 773 Tagen) @ Cebulon

Hallo,

… daß ein Betriebsratsvorsitzender zwar der SBV keine Einsicht in das BR-Protokoll geben muß, es aber sehr wohl darf.

Hallo, vgl. dazu sinngemäß auch den allgemeinen Rechtssatz des VG Düsseldorf, 10.6.1999, 34 K 2286/99.PVL: „So bleibt es jedem Mitglied unbenommen und entspricht seinem guten Recht, Akteneinsicht in die entsprechenden Unterlagen, also auch die Protokolle der vergangenen Personalratssitzung, zu nehmen und sich Ablichtungen zu fertigen.“

Abgesehen davon, daß sich das VG nur zu den Rechten eines PR-Mitglieds äußert, ist es ziemlich nutzlos, ein VG-Urteil zu zitieren, wenn es um das BetrVG geht.


Dieser Rechtssatz gilt m.E. für die SBV entsprechend.

Dein Erachten steht nun mal in ausdrücklichem Gegensatz zum Wortlaut des BetrVG. Das kann man mit einigem Recht schlecht finden, ändert aber nichts an der derzeitigen Gesetzeslage.

Auch die SBV hat z.B. das Recht, Einwendungen gegen die Niederschrift zu erheben, sei es, weil sie z.B. grob rechtswidrig oder aus purer Schlampigkeit nicht geladen wurde, dass sie verhindert war oder falsch zitiert wurde oder sonst. Dies darf vom BR/PR nicht vereitelt werden wie hier („Und dass zur Teilnahme natürlich auch die Einsichtnahme in alle Sitzungsunterlagen gehören sollte, ist ebenfalls unter Berücksichtigung des § 99 SGB IX unstrittig“)

Schön, daß Du mich zitierst. Allerdings gibt es nun mal einen Unterschied zwischen Sitzungsunterlagen und Protokoll.

Wie sollte sich z.B. eine SBV sonst einen Überblick über die Gesamttätigkeit des BR oder PR in solchen Fällen verschaffen?

Durch Zusammenarbeit?


Es wäre geradezu grob rechtsmissbräuchlich bzw Amtsmissbrauch, die SBV vorsätzlich nicht zu laden

Äpfel

und ihr dann auch noch die Niederschrift vorzuenthalten

Birnen

– und so bspw. ihr Aussetzungsrecht nach dem § 178 Absatz 4 Satz 2 SGB IX zu hintertreiben.

Wenn eine SBV mit der Aussetzung erst wartet, bis ein Protokoll vorliegt, ist die Frist zur Aussetzung idR schon zu großen Teilen oder vollständig abgelaufen. Was da "hintertrieben" werden soll, erschließt sich nicht.

Den Zusammenhang haben Fitting, ErfK, DKKW und Richardi komplett ausgeblendet bei ihrer rein wörtlichen Auslegung

Einen eindeutigen Gesetzestext kann man nun mal nicht so ohne Weiteres "umdeuten". Das hat ja auch das BVerfG dem BAG am Beispiel des TzBfG deutlich gemacht.

und nicht über den BetrVG-Tellerrand geschaut speziell in‘s SGB IX sowie in die EU-DSGVO seit Wirksamwerden am 28.05.2018.

Und was bitte sehr sagt die DSGVO zu konkreten Rechten der SBV aus?

Sorry, aber es ist die Grundkonstruktion der SBV-Rechte aus dem SGB IX, daß sich insbesondere die Informationsrechte regelmäßig gegen den Arbeitgeber richten und nicht gegen BR/PR.


Gruß,
Cebulon

--
&Tschüß

Wolfgang

Einsichtnahme der SBV in Protokolle des BR

Cebulon, Monday, 14.02.2022, 11:49 (vor 773 Tagen) @ albarracin

Auch der dbb (gewerkschaftlicher Dachverband von Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und des privaten Dienstleistungssektors mit vierzig Mitgliedsgewerkschaften) sieht das zu Recht so, wonach ein unbedingtes Einsichtsrecht einer SBV, auch wenn das z.B. so nicht explizit im Text des Gesetzes steht:

So u.a. auch die Bundesleitung des dbb zum „Einsichtsrecht“ einer SBV gemäß dem BPersVG, Stand: 2008, bezüglich der SBV: „Die übrigen an Personalratssitzungen berechtigterweise teilnehmenden Personen haben ein Recht auf Einsicht in den jeweiligen Teil der Niederschrift.“

Das steht zwar nirgends so drinnen im reinen Text des BPersVG, aber dennoch wird auch dort das Recht auf Einsicht angenommen. Das ist dieselbe Interessenlage wie beim BR. Aber zu eng gefasst für die SBV - weil z.B. selbstverständlich auch Recht auf Einsicht für die SBV, wenn diese etwa vorsätzlich und rechtswidrig nicht geladen wird von einem rechtsbrechenden Vorsitzenden. Eindeutig zu eng und durch nichts zu rechtfertigen daher auch § 38 Abs. 3 Satz 1 LPVG Baden-Württemberg, dass die SBV nur in die Niederschrift „über den Teil der Sitzung Einsicht nehmen“ könne, „an dem sie teilgenommen“ habe.

Präzise, klar und eindeutig hingegen im Wortlaut des § 37 Abs. 2 Satz 1 LPersVG Rheinland-Pfalz ein von persönlicher Teilnahme unabhängiges Einsichtsrecht in die Niederschriften: „Die Mitglieder des Personalrats ... sowie die SBV haben das Recht, zur Wahrnehmung der ihnen in dieser Funktion obliegenden Aufgaben Sitzungsunterlagen und Niederschriften einzusehen“. Nur eine solche Normierung wird dem bundesrechtlichen Zusammenhang mit § 178 SGB IX und § 182 SGB IX (Gebot der engen Zusammenarbeit) hinreichend gerecht. Ist die SBV laut § 178 Abs. 4 SGB IX zu allen Sitzungen des BR gemäß § 29 Absatz 2 Satz 4 BetrVG unter Mitteilung der Tagesordnung zu laden, so muss sie auch in der Lage sein, sich über den Gang der Beratungen im Betriebsrat durch Einsichtnahme in die Unterlagen und Niederschriften ein eigenes Bild zu verschaffen. Sonst könnte sie nicht ihre gesetzliche Aufgabe erfüllen. Das haben Fitting & Co. verkannt und nicht gecheckt, obwohl naheliegend, weil SBV bekanntlich generelles Teilnahmerecht hat – im Gegensatz zum Arbeitgeber und zur Gewerkschaft.

Gruß,
Cebulon

Einsichtnahme der SBV in Protokolle des BR

Cebulon, Tuesday, 15.02.2022, 16:18 (vor 772 Tagen) @ albarracin

Wenn eine SBV mit der Aussetzung erst wartet, bis ein Protokoll vorliegt, ist die Frist zur Aussetzung idR schon zu großen Teilen oder vollständig abgelaufen. Was da "hintertrieben" werden soll, erschließt sich nicht.

So plump kann Aussetzungsrecht nicht ausgehebelt werden, wenn SBV nicht geladen wird oder bspw. an Sitzungsteilnahme verhindert war und erstmals davon erfährt per BR-Protokoll, oder etwa nicht?

Und was bitte sehr sagt die DSGVO zu konkreten Rechten der SBV aus?

Naja, erst mal den Abschnitt 5.5 der zitierten ZTR 12-2020 lesen anstatt hier nur zu fabulieren.

Sorry, aber es ist die Grundkonstruktion der SBV-Rechte aus dem SGB IX, daß sich insbesondere die Informationsrechte regelmäßig gegen den Arbeitgeber richten und nicht gegen BR/PR.

Was hat das denn nun mit der konkreten Ausgangsfrage und mit dem og Betreff des Fragestellers zur Einsichtnahme zu tun? Wenn‘s um konkrete Protokollierung der BR-Sitzung geht, dann ist regelmäßig der Arbeitgeber mitnichten der richtige Ansprechpartner – sondern die falscheste Stelle überhaupt.

Gruß,
Cebulon

Einsichtnahme der SBV in Protokolle des BR

mietze_katz, Oberbayern, Monday, 14.02.2022, 20:47 (vor 773 Tagen) @ albarracin

Hallo,

mir ist natürlich der Grundsatz " vor Gericht und auf hoher See...." hinreichend bekannt.


Es wäre nicht das erste Mal, daß der sehr meinungsstarke Prof. Düwell eine Position "räumt", wenn er merkt, daß ihm niemand in der Fachkommentierung folgt. Und in Bezug auf § 34 BetrVG steht er nun mal gegen die gesamte Standardkommentierung des BetrVG, ganz egal, ob es sich um Fitting, ErfK, DKKW oder Richardi/Thüsing handelt.

Mir scheint aber es durchaus so zu sein, dass die Kommentierung im Fitting nicht nur einfach "Mist" ist, da anscheinend nicht wenige Kommentare, wie aufgezählt, dieselbe Position beziehen.


Grundsätzlich hilft auch bei arbeitsrechtlichen Fragen wie zB dem BetrVG der Verweis auf die BIH-Meinung ohne Gegencheck in der Fachliteratur nicht weiter, da im BIH-Lexikon immer mal wieder Meinungen zur Auslegung sehr exklusiv vertreten werden.

Also zählt das BIH- Lexikon bei weiten nicht soviel!


Allerdings stellt sich auch hier die Frage nach dem Verhältnis von SBV und BR, denn die erwähnte Fachliteratur zum BetrVG ist sich weitestgehend einig, daß ein Betriebsratsvorsitzender zwar der SBV keine Einsicht in das BR-Protokoll geben muß, es aber sehr wohl darf.

Verhältnis habe ich ja beschrieben, Beschluss zur Verweigerung der Einsichtnahme steht - dann bedarf es keiner weiteren Schilderung zum (momentanen) Verhältnis. Dürfen täte er, aber wollen tut er nicht.

Ich muss nicht gegen Windmühlen kämpfen!

Einsichtnahme der SBV in Protokolle des BR

Cebulon, Saturday, 19.02.2022, 22:17 (vor 768 Tagen) @ mietze_katz

Hallo, albarracin „eiert nur rum“ und schreibt mal so („Sie müssen aber für die SBV einsehbar sein“) und mal so („der SBV keine Einsicht in das BR-Protokoll geben muß“) – also widersprüchlich mit dem genauen Gegenteil.

Und in dem von ihm erwähnten „Lexikon“ steht ja zu dieser Frage ohnehin nichts drinnen, oder etwa doch? Auch da hat albarracin nicht sauber zitiert mit genauer Fundstelle zum Thema Einsicht. Alles sehr merkwürdig sowie pauschal. Habe dort jedenfalls dazu nichts gefunden in den 500 Seiten …

Gruß,
Cebulon

Einsichtnahme der SBV in Protokolle des BR

albarracin, Baden-Württemberg, Thursday, 24.02.2022, 17:06 (vor 763 Tagen) @ Cebulon

Hallo,

ich habe mir nun mal erlaubt

Hallo, albarracin „eiert nur rum“ und schreibt mal so („Sie müssen aber für die SBV einsehbar sein“) und mal so („der SBV keine Einsicht in das BR-Protokoll geben muß“) – also widersprüchlich mit dem genauen Gegenteil.

meine Meinung kritisch zu überprüfen. Machst Du das nie?


Und in dem von ihm erwähnten „Lexikon“ steht ja zu dieser Frage ohnehin nichts drinnen, oder etwa doch? Auch da hat albarracin nicht sauber zitiert mit genauer Fundstelle zum Thema Einsicht. Alles sehr merkwürdig sowie pauschal. Habe dort jedenfalls dazu nichts gefunden in den 500 Seiten …

Du warst es doch, der auf die BIH verwiesen hast - nach wie vor keine sehr solide Grundlage bei arbeitsrechtlichen Fragen.

--
&Tschüß

Wolfgang

Einsichtnahme der SBV in Protokolle des BR

Cebulon, Friday, 22.04.2022, 15:12 (vor 706 Tagen) @ albarracin

Grundsätzlich hilft auch bei arbeitsrechtlichen Fragen wie zB dem BetrVG der Verweis auf die BIH-Meinung ohne Gegencheck in der Fachliteratur nicht weiter, da im BIH-Lexikon immer mal wieder Meinungen zur Auslegung sehr exklusiv vertreten werden.

Hallo albarracin,
wer einen solchen Unfug verbreitet und wer sich auf derart geschwätzige Referenten solcher „Seminare“ beruft, sollte nicht unbedingt von sich auf andere schließen und nicht anderen ihr Amt verleiden: Im Stil sowie im Ton völlig deplatziert und schnippisch ohne jede Empathie gegenüber Anfängerinnen im Wahlrecht. Wie kann man nur auf „Neugewählte“ so rumtrampeln und diese demotivieren, wenn man selbst schon mit den elementarsten Regeln juristischer Auslegung derart überfordert ist und damit wie Du so offensichtlich auf Kriegsfuß steht? Solche “Seminare“ bringen doch nur Verdruss. Wer dort hingeht, der ist selber schuld. Bei professionellen Schulungsträgern wird solcher Krampf nicht erzählt.

Gruß,
Cebulon

Einsichtnahme der SBV in Protokolle des BR

albarracin, Baden-Württemberg, Saturday, 23.04.2022, 16:37 (vor 705 Tagen) @ Cebulon


Gruß,
Cebulon

Oh Mann,

da mußt Du ja wirklich Langeweile gehabt haben, um den Thread nochmal aufwärmen zu können.

Um das nochmal klar zustellen: ja, ich mache Fehler und dann stehe ich dazu.

Wer aber juristische Standardliteratur im Betriebsverfassungsrecht wie den Fitting ohne weiteren Beleg als "dummes Zeug" abtut oder auch den ErfK in arbeitsrechtlichen Fragen nicht als Quelle akzeptiert, wenn das Ergebnis einem nicht in den Kram passt, sollte aus seinem Glashaus nicht mit allzu viel Steinen werfen.

Und wo ich bitteschön jemanden demotiviere, wenn ich eine eigene Meinung - mit Quelle - zur Diskussion stelle, wird auch Dein Geheimnis bleiben.

Du wirst Dich halt damit abfinden müssen, daß es Menschen gibt, die Dir widersprechen. Damit scheinst Du ganz erhebliche Probleme zu haben.

--
&Tschüß

Wolfgang

Einsichtnahme der SBV in Protokolle des BR

Cebulon, Saturday, 23.04.2022, 18:20 (vor 705 Tagen) @ albarracin

albarracin: Um das nochmal klarzustellen: ja, ich mache Fehler und dann stehe ich dazu.

Naja, ganz offenbar nicht: Sonst würdest Du Gegenansicht nicht so locker abtun wie z.B. hier mit „gedanklicher Volte“ - bloß weil Dir die gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung sowie einhellige herrschende Meinung nicht passt - angefangen von BIH über BMAS bis Oberbundesanwalt und viele andere, und Du bis heute völlig uneinsichtig bzw. beratungsresistent auf‘s genaue Gegenteil beharrst – trotz längst geklärter Rechtslage durch Rechtsprechung und die Lehre. Ich glaube, Du hast es immer noch nicht gecheckt. Gehts Dir nicht gut ???

Gruß,
Cebulon

RSS-Feed dieser Diskussion