Beteiligungsrechte (Allgemeines)

Luculus, Wednesday, 02.03.2022, 00:30 (vor 779 Tagen)

Eine SBV im öffentlichen Dienst wird von einer Führungskraft bei der Umgestaltung/Umorganisation von Arbeitsplätzen/Arbeit fast immer außen vor gelassen. Oft erfährt sie lange Zeit (Jahre) danach von diesen Maßnahmen. Arbeitsplatzbegehungen finden nicht statt, ob Gefährdungsbeurteilungen erstellt wurden/angepasst wurden versucht sie grade heraus zu bekommen. Die SBV hat einen arbeitsintensiven Bereich und kann nicht ständig allem hinterherlaufen. Beteiligung ist ja auch keine Holschuld, oder? Der Personalrat wird an solchen Maßnahmen von dieser Führungskraft auch nicht beteiligt. Das ist aber ja nun kein Trost.
Was kann die SBV nun wirklich tun? Die Zeit für freundliche Gespräche ist nun irgendwie vorbei :-( und auch der Punkt mit der Faust auf dem Tisch ist überschritten.

Beteiligungsrechte

Phönix, NRW, Wednesday, 02.03.2022, 05:39 (vor 779 Tagen) @ Luculus

Mir stellt sich gerade die Frage, mit welcher Person die freundlichen Gespräche geführt wurden?

Deinen Ausführungen würde ich entnehmen, dass die von dir beschriebene Führungskraft nicht Ansprechpartner der SBV auf Dienstgeberseite ist.

Und mir stellt sich gerade die Frage, warum es von den Mitarbeitenden mit Schwerbehinderung oder Gleichstellung keine zeitnahen Rückmeldungen über die geplanten / durchgeführten Umgestaltungen / Umorganisationen von Arbeitsplätzen / Arbeiten an die SBV gibt?

Das du erst nach langer Zeit (Jahren) von den durchgeführten Maßnahmen erfährst, könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Kommunikation auf der Ebene gehemmt ist.

Die Antworten auf beide Fragen geben die weitere Strategie vor.

LG
Phönix

Beteiligungsrechte

Luculus, Wednesday, 02.03.2022, 07:23 (vor 779 Tagen) @ Phönix

>>Mir stellt sich gerade die Frage, mit welcher Person die freundlichen Gespräche geführt wurden?<<
Die Gespräche wurden mit der Führungskraft und einmal auch schon mit der Führungskraft darüber geführt.

>>Deinen Ausführungen würde ich entnehmen, dass die von dir beschriebene Führungskraft nicht Ansprechpartner der SBV auf Dienstgeberseite ist.<<
Es gibt relativ viele Führungskräfte auf dieser Ebene der Hierarchie. Die Verantwortung liegt aber dort.

>>Und mir stellt sich gerade die Frage, warum es von den Mitarbeitenden mit Schwerbehinderung oder Gleichstellung keine zeitnahen Rückmeldungen über die geplanten / durchgeführten Umgestaltungen / Umorganisationen von Arbeitsplätzen / Arbeiten an die SBV gibt? <<
Es gibt ein Klima der latenten Angst außerdem wird sowas irgendwie akut wenn es um Abmahnungen etc geht. Manche Behinderungen entwickeln sich erst und der seelische Druck wächst. Dann fällt das auf.

>>Das du erst nach langer Zeit (Jahren) von den durchgeführten Maßnahmen erfährst, könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Kommunikation auf der Ebene gehemmt ist.<<
Die Führungskraft macht einfach und entscheidet da gibt es kein Nachdenken über Beteiligung "weil man ich ja Chef!"

Beteiligungsrechte

albarracin, Baden-Württemberg, Wednesday, 02.03.2022, 08:38 (vor 779 Tagen) @ Luculus

Hallo,

es wäre jetzt mE notwendig, bisherige und ggfs. alle künftigen Verstösse sauber zu dokumentieren.

Mit dieser Dokumentation sollte dann der AG direkt angesprochen werden mit der Aufforderung, für die Einhaltung der Rechte der SBV durch sein Führungspersonal zu sorgen und gleichzeitig auf Deine rechtlichen Möglichkeiten zur Durchsetzung Deiner Rechte hinweisen.
Du hast ggü. dem AG das Mittel einer Aussetzung der Maßnahme gem. § 178 Abs. 2 Satz 2 SGB IX, wenn die Maßnahme noch nicht vollzogen ist.
Eine derartige Aussetzung solltest Du aktiv als Mittel verwenden, wobei diese nicht nur ggü. irgendeiner Führungskraft ausgesprochen werden sollte, sondern auch immer gegenüber dem AG (Geschäftsführung, Vorstand etc.) als juristische Person. Die Einhaltung dieser Aussetzung kann ggfs. vor dem ArbG durch eine einstweilige Verfügung erzwungen werden.

Allgemein hast Du bei fortgehender Mißachtung Dener Rechte die Möglichkeit, vor dem ArbG vom AG die Einhaltung generell zu verlangen. Das ArbG kann dies auch mit einer Bußgelddrohung für künftige Verstösse bewehren.

--
&Tschüß

Wolfgang

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WoBi, Wednesday, 02.03.2022, 09:27 (vor 779 Tagen) @ Luculus

Hallo Luculus,

es gibt zwei "bedeutende" Personen auf der öffentlichen Arbeitgeberseite. Die eine Person ist der oberste Dienstherr und die andere Person ist der Inklusionsbeauftragter nach § 181 SGB IX.

Beide Personen sind nachweislich über die Unterrichtungs-, Anhörungsverpflichtung gegenüber der SBV im Sinne des § 178 Abs. 2 Satz 2 SGB IX "rechtsaufklären". Zu dieser "Rechteausklärung" gehört auch ein Hinweis auf § 238 Abs. 1 Ziffer 8 SGB IX.

Nach der "Rechteaufklärung" sind Maßnahmen entsprechend § 178 Abs. 2 Satz 2 gezielt auszusetzen und die Informationen einzufordern. Hier immer den obersten Dienstherrn und der Inklusionsbeauftragte als Hauptempfänger angeben.

Wenn ein Reihe aktueller Verstöße nach der "Rechtaufklärung" vorliegen, kann "bedauerlicherweise" mit der Stellung von Ordnungswidrigkeitsanzeigen vorbereitet werden. Dazu, weil keine Erfahrungen in der SBV vorliegen, wird erstmal ein Beschluss gefasst, die SBV durch einen Rechtsvertreter beraten zu lassen. Um eine mögliche Entscheidung zur Stellung von Ordnungswidrigkeitsanzeigen rechtlich und fundiert entscheiden zu können.
Der Beschluss zur Rechtsberatung geht an den obersten Dienstherrn und an den Inklusionsbeauftragten.

Nach der Beratung kann der Beschluss zur Beauftragung des Rechtsvertreters erfolgen, um die Ordnungswidrigkeitsverfahren einzuleiten. Der beauftragte Rechtsvertreter soll dies schön in Verbindung mit der Kostenübernahme dem obersten Dienstherrn mitteilen.

Der kleine mündliche Einwand, dass Geldstrafen aus der "privaten Tasche" zu bezahlen sind und es sich hier um Geldstrafen bis zu 10.000,- € pro Fall handeln kann, ist manchmal hilfreich. Das selbstverständlich Geldstrafen nicht durch das Amt / die Behörde in irgendeiner Weise erstattet werden dürfen, weil dies eine strafbare Strafvereitelung wäre, kann ein Umdenken und eine Änderung der Abläufe bewirken.

Da es sich beim obersten Dienstherr und beim Inklusionsbeauftragten häufig um Beamte handelt, kann über das Dienstrecht zusätzlich herangezogen werden, da die Personen gesetzliche Vorgaben nicht umsetzen bzw. missachten.

Hinweis: Wer so den Mund spitzt, der muss auch bereit sein zu pfeifen.
Es ist ein Weg der "Territion".
Die Gegenwehr wird heftig ausfallen und es steht ein eingespielter Behördenapparat gegen dich als "Einpersonenvertretung" zur Verfügung.
Aber Behörden sind zur Rechtsanwendung verpflichtet.

--
Gruß
Wolfgang

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bifavi, Hessen, Wednesday, 02.03.2022, 11:16 (vor 778 Tagen) @ WoBi

Hallo Luculus,
Folgende Ergänzung möchte ich noch dazu beitragen:

Bundesteilhabegesetz vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I, 3234) mit Wirkung ab 30. Dezember 2016
„Mit der Einfügung werden die Rechtsfolgen einer unterlassenen Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung geregelt. Grundsätzlich gilt hier: Wenn die Schwerbehindertenvertretung entgegen § 178 Absatz 2 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) vom Arbeitgeber nicht beteiligt wird, ist die Durchführung oder Vollziehung der Maßnahme auszusetzen; die Beteiligung ist innerhalb von sieben Tagen nachzuholen, sodann ist endgültig zu entscheiden (§ 178 Absatz 2 Satz 2 SGB IX). Zur Durchsetzung dieses Beteiligungsanspruchs kann die Schwerbehindertenvertretung das Arbeitsgericht anrufen (vergleiche § 2 a Absatz 1 Nummer 3a Arbeitsgerichtsgesetz). Dort kann sie – gegebenenfalls im Wege der einstweiligen Verfügung – geltend machen, die Durchführung oder Vollziehung der Entscheidung auszusetzen, bis die Beteiligung nachgeholt ist. Ein entsprechender Beschluss des Arbeitsgerichts kann Grundlage für eine gerichtliche Vollstreckung sein. Zuwiderhandlungen seitens des Arbeitgebers können Ordnungsgelder von bis zu 250 000 Euro nach sich ziehen (§ 85 Absatz 1 Arbeitsgerichtsgesetz in Verbindung mit § 890 Absatz 1 Zivilprozessordnung).

Aus Erfahrung weiß ich, dass dies ein weitaus schärferes Schwert ist wie der § 238 SGB IX.
Hab selber mal ein Verfahren nach § 238 durchgezogen, mit Androhung des §2a.3a Arbeitsgerichtsgesetz.
Es wurde die entsprechende Person, nach §238, verdonnert.
Leider bekommt man ja nicht mit, was die entsprechende Person entrichten musste.
Wenn manche trotzdem Beratungsresidenz sind, frage ich immer, ob ich bei der Verteilung der privaten Mittel helfen soll.
Dann Fragen die immer wieso. Ich verweise dann auf die §§ und die Augen werden groß.

LG
Bifavi

Danke an Alle - Beteiligungsrechte

Luculus, Wednesday, 02.03.2022, 22:08 (vor 778 Tagen) @ bifavi

Vielen lieben Dank für eure Unterstützung. Leider bekommt man in größeren Betrieben ja nicht alles mit. Vor allem wenn es um Bereiche geht die zugangsbeschränkt sind. Außerdem hat Corona dafür gesorgt dass man Kollegen nicht so häufig gesehen/gesprochen hat und das für 2 Jahre...
Dann werde ich wohl erstmal den Leiter der Dienststelle sprechen und meine Zeit nicht in Scharmützeln mit dem Vorgesetzen verschwenden. Diese Schritte macht man ja nicht gern zumal im Allgemeinen eine gute vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Verwaltung herrscht. Aber da müssen wir alle dann wohl mal durch. Ich habe den Totalausfall-Vorgesetzen ja nicht zu verantworten.
Vielen Dank nochmal :-)

Danke an Alle - Beteiligungsrechte

garda, Berlin, Thursday, 03.03.2022, 07:54 (vor 778 Tagen) @ Luculus

Vielen lieben Dank für eure Unterstützung. Leider bekommt man in größeren Betrieben ja nicht alles mit. Vor allem wenn es um Bereiche geht die zugangsbeschränkt sind. Außerdem hat Corona dafür gesorgt dass man Kollegen nicht so häufig gesehen/gesprochen hat und das für 2 Jahre...

Noch ein dezenter Hinweis: eine solche Zugangsbeschränkung ist für dich kein Hindernis dort aufzutauchen und die Arbeitsplätze der SB zu besichtigen. Du benötigst dafür auch keine Zustimmung des Dienstherren wie manche Personalräte, denn eine solche Regelung steht nicht im SGB IX. Selbstverständlich musst du auf deinen Eigenschutz achten und dich ggf. anmelden und begleiten lassen.

Ob das der Führungskraft gefällt oder nicht ist unerheblich. Hindert er dich, ist das eine Behinderung in deinem Amt und der nächste Grund gegen den Arbeitgeber, nicht die Führungskraft vorzugehen.

--
Mit freundlichen Grüßen

Michael

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