Stellenausschreibung ausschließlich für SB - AGG-konform ?? (Allgemeines)

zimmi2000, Tuesday, 24.05.2022, 14:31 (vor 675 Tagen)

Hallo,

ist die Ausschreibung einer Stelle ausschließlich für schwerbehinderte / gleichgestellte Bewerber AGG-konform.

Ich bin der Meinung, dies mal so gelesen zu haben und dass man damit nicht gegen das AGG verstößt. Leider habe ich die Quelle dazu nicht mehr gefunden.

Kann mir jemand helfen ??

Stellenausschreibung ausschließlich für SB - AGG-konform ??

WoBi, Tuesday, 24.05.2022, 14:56 (vor 675 Tagen) @ zimmi2000

Hallo zimmi2000,

wenn die weiteren Merkmale des AGG § 1 nicht verletzt werden:
"Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen."

"Nichtbehinderung" steht nicht als ein "verbotenes Merkmal" im AGG § 1.

Es kann sich um eine positive Maßnahme nach AGG §5 handeln. (Schwer-)behinderte Menschen ist z.B. bei der Vermittlung der Agentur für Arbeit laut Arbeitsmarktbericht der Bundesagentur für Arbeit deutlich benachteiligt.
Dies zeigt deutlich der Arbeitsmarktbericht für behinderte Menschen auf.

--
Gruß
Wolfgang

Stellenausschreibung ausschließlich für SB - AGG-konform ??

WoBi, Tuesday, 24.05.2022, 16:37 (vor 675 Tagen) @ WoBi

Wie in einer Stellenanzeige versteckt gegen das AGG verstoßen werden kann, ist mir gerade bei folgender Stellenanforderung aufgefallen:

"Auf diese Kompetenzen kommt es uns an:

  • Physische Belastbarkeit (Heben und Tragen bis zu 40 kg)
  • Hohe Flexibilität (Dienstbeginn um 04:30 Uhr)
  • Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit"

Auszug aus einer Stellenanzeige als "Mitarbeiter/-in (m/w/d)* für die Registratur"

Physische Belastbarkeit kann für behinderte Menschen bereits eine Einschränkung der Bewerbungsmöglichkeit sein.
Doch die Anforderung "Heben und Tragen bis zu 40 kg" stellt möglicherweise auch eine verdeckte Benachteiligung wegen dem Geschlechts und dem Alter dar.
Wobei aus der Stellenanzeige nicht hervorgeht, ob es ich hier um ein gelegentliches oder häufiges Heben und Tragen handelt. Die sogenannte "Hettinger-Tabelle" der Lastenhandhabungsverordnung unterscheidet zwischen der Art der Anforderung, dem Geschlecht und dem Alter.
Danach könnten Frauen als Mitarbeiterin für die Registratur bzw. ältere Männer als geeignete Bewerber in dieser Stellenausschreibung durch ein scheinbar sachliches Kriterium benachteiligt werden.

Dies in Ergänzung zu möglichen Benachteiligungen nach dem AGG bei Stellenausschreibungen.

--
Gruß
Wolfgang

Stellenausschreibung ausschließlich für SB - AGG-konform ??

Almut, Tuesday, 24.05.2022, 23:11 (vor 675 Tagen) @ WoBi

Oh, vielleicht sollte ich mich bewerben? ;-) gleich doppelte Diskriminierung... Für behinderte Menschen aber auch für Frauen gibt es Hilfsmittel um die körperliche Belastung zu reduzieren.

Stellenausschreibung ausschließlich für SB - AGG-konform ??

Cebulon, Tuesday, 24.05.2022, 16:41 (vor 675 Tagen) @ zimmi2000

ist die Ausschreibung einer Stelle ausschließlich für schwerbehinderte / gleichgestellte Bewerber AGG-konform?

Zur Zulässigkeit beschränkter Ausschreibungen vergl. sinngemäß LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 18.03.2015, 3 Sa 371/14. Das BAG hat Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen. Positive Maßnahmen im Sinne des § 5 AGG sind zulässig.

Gruß,
Cebulon

Stellenausschreibung ausschließlich für SB - AGG-konform ??

albarracin, Baden-Württemberg, Thursday, 26.05.2022, 12:50 (vor 673 Tagen) @ zimmi2000

Hallo zimmi2000,

sog "positive Maßnahmen" sind gem. § 5 AGG
https://www.gesetze-im-internet.de/agg/__5.html
zum Ausgleich von Nachteilen zulässig.

So schreibt die Fachkommentierung zB in Bezug auf behinderte Menschen:
"Dabei sind positive Maßnahmen zugunsten Behinderter in weiterem Umf. zulässig als zugunsten anderer Gruppen gem. § 1, da sich "Nichtbehinderte" nicht auf bes. Diskriminierungsverbote berufen können ..." (ErfK, Schlachter, § 5 AGG Rn 5).

Deswegen sehe ich eine separate erste Ausschreibung nur für behinderte Menschen als völlig vereinbar mit § 5 AGG an.

Zum Aspekt von WoBi ist allerdings noch anzumerken, daß eine Ungleichbehandlung mit sachlichem Grund grundsätzlich zulässig ist gem. § 8 AGG:
https://www.gesetze-im-internet.de/agg/__8.html
Bei körperlichen Merkmalen stellt sich dann regelmäßig die Frage, ob diese wirklich "wesentlich und entscheidend" für die geforderte Tätigkeit sind und ob sich evtl. Einschränkungen der Leistungsfähigkeit nicht durch Hilfsmittel kompensieren lassen.

--
&Tschüß

Wolfgang

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