Verschiebung SBV-Wahlen (Allgemeines)

Tomson, Friday, 04.11.2022, 07:47 (vor 533 Tagen)

Unsere Vertrauensperson hat versäumt die SBV-Wahl rechtzeitig einzuleiten, da sie phasenweise krank
war. Leider hat sie auch mich nicht damit betraut, das für Sie zu erledigen.
In der Vergangenheit wurde das förmliche Wahlverfahren mit Briefwahl angewendet.
Jetzt können die gesetzten Fristen schon nicht mehr eingehalten werden.

Wir sind im Unternehmen unter 50 Schwerbehinderte. Unsere Betriebsstätten liegen
maximal 38 km vom Hauptbetrieb entfernt. Es stellt sich daher die Frage, ob nicht
ein vereinfachtes Wahlverfahren mit Einberugung einer Wahlversammlung zum Tragen kommt.
Der Begriff "räumliche Nähe" ist leider nirgendwo konkret definiert.

Wenn das förmliche Wahlverfahrenzum Tragen kommt, kann es dann überhaupt noch durchgeführt werden,
aufgrund der Fristversäumung?

Wie ist in einem solchen Fall korrekt zu verfahren.

Danke für sachdienliche Informationen und Hinweise.
Tom

Verschiebung SBV-Wahlen

Apfelsaft, München/ Bayern, Friday, 04.11.2022, 08:36 (vor 533 Tagen) @ Tomson

unter 50 Wahlberechtigte geht doch das vereinfachte Wahlverfahren. Ihr seid auch unter der Grenze von 60 km bzw. wenniger als 1,5 Std. Fahrzeit mit den öffentlichen verkehrsmittel.
Helmut

Verschiebung SBV-Wahlen?

Cebulon, Friday, 04.11.2022, 14:38 (vor 533 Tagen) @ Apfelsaft

… weniger als 1,5 Std. Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Hallo Helmut,

mit so einer (pauschalen) Aussage wäre ich vorsichtig. Bei Fahrzeiten über 1 Stunde mit ÖPNV dürfte vereinfachte Wahl in aller Regel völlig ausgeschlossen sein (BAG 07.04.2004, 7 ABR 42/03). Wahlvorstände können bis zum letzten Tag der Amtszeit der bisherigen SBV bestellt werden, falls hier noch nicht bestellt. So würde halt außerplanmäßig gewählt nach dem 30. Nov. 2022.

Das BAG hat eine „räumliche Nähe“ bspw. bereits bei 11 km ver­neint­­ bei schlechter öffentlicher Verkehrsanbin­dung­: Auch ein nur 11 km entfernter Betriebsteil kann „räumlich weit entfernt“ sein (BAG, 17.05.2017 - 7 ABR 21/15). Maßgeblich ist da immer der Einzelfall. Dazu gibt es massenhaft Rechtsprechung. Neben reiner Fahrzeit ist zudem noch der „Fußweg“ als „Wegezeit“ regelmäßig zu berücksichtigen laut BAG.

Gruß,
Cebulon

Verschiebung SBV-Wahlen

albarracin, Baden-Württemberg, Friday, 04.11.2022, 11:46 (vor 533 Tagen) @ Tomson

Hallo,

bist Du Stellvertreter?
Falls ja, wieso hast Du nicht schon die Wahl rechtzeitig eingeleitet?
Wie lange geht die Amtszeit der SBV?

--
&Tschüß

Wolfgang

Verschiebung SBV-Wahlen?

Cebulon, Saturday, 05.11.2022, 21:16 (vor 531 Tagen) @ Tomson

Leider hat sie auch mich nicht damit betraut, das für sie zu erledigen.

Hallo Tom,

für eine Verhinderungsvertretung der Stellvertretung muss diese nicht gesondert von der Vertrauensperson betraut werden. Das erfolgt kraft Gesetzes lt. § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und nicht per Beauftragung. Nachzulesen in wohl jedem „Standardkommentar“ zum SGB IX. Zum Verschieben gibts da gar nichts, da klarer Befehl in der Wahlordnung.

Wie ist in einem solchen Fall korrekt zu verfahren?

Sofort einen Wahlvorstand bestellen - sofern noch im Amt! Ansonsten nach § 1 Abs. 2 SchwbVWO verfahren zur Wahl eines Wahlvorstands, wenn SBV-Mandat schon erloschen sein sollte.

Es stellt sich daher die Frage, ob nicht ein vereinfachtes Wahlverfahren mit Einberufung einer Wahlversammlung zum Tragen kommt.

Diese Frage würde sich allenfalls dann stellen, wenn sich der ÖPNV seit den letzten Wahlen gravierend zwischen den Betriebsstätten (wie viele davon gibt es – und wie weit sind diese jeweils voneinander entfernt?) verbessert haben sollte. Allein darauf, wie weit die Betriebsstätten vom Hauptbetrieb entfernt sind, kommt es ohnehin nicht an. Hier ist auf die Entfernung von sämtlichen Betriebsstätten untereinander jeweils zwingend abzustellen. Auch darauf, ob hier alle sbM bspw. in einem bestimmten Betriebsteil arbeiten oder z.B. weit verstreut, kommt es nicht an. Auch auf die Erreichbarkeit des Hauptbetriebs etwa „per Post, Telefon oder mithilfe moderner Kommunikationsmittel“ ist unerheblich für die Frage der räumlichen Nähe, sagt BAG. Maßgeblich ist folglich die Lage aller Betriebsteile zueinander. Vgl. zuletzt auch BAG, 16.03.2022 - 7 ABR 29/20, zur „räumlich weiten Entfernung“ m.w.N.

Die folgende nicht belegte These der BIH in ZB Spezial 2022 in Kapitel 4.1.2 halte ich hingegen für falsch und für nicht nachvollziehbar sowie für unvereinbar mit dem Gesetzeswortlaut in § 177 Abs. 6 Satz 3 SGB IX und ständiger Rspr. BIH: „Auch die immer weiter fortschreitende Digitalisierung ist zu berücksichtigen.“ Davon steht - nichts - in § 18 SchwbVWO und auch nichts in der gesetzlichen Grundnorm in § 177 Abs. 6 Satz 3 SGB IX – folglich auch kein Tatbestandsmerkmal nach gängiger juristischer Auslegung.

Gruß,
Cebulon

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