Stellenausschreibung ohne Bewerbungsfrist (Allgemeines)

Hilde, Friday, 09.12.2022, 11:32 (vor 498 Tagen)

Hallo in die Runde,

in meinem Unternehmen kommt es jetzt immer öfter vor, dass Stellenausschreibungen
ohne Angabe der Bewerbungsfrist ausgeschrieben werden. Das Problem, der Arbeitgeber führt ab der ersten Bewerbung Vorstellungsgespräche. Das heißt, wenn sich noch kein SB oder Gleichgestellter beworben hat, dann ohne Beteiligung der SBV. Ich bin der Meinung, dass der AG mich sofort mit ins Boot nehmen muss, da ja die nächste Bewerbung ein SB oder G sein könnte, oder die dritte oder vierte usw. Wie seht ihr das?

Stellenausschreibung ohne Bewerbungsfrist

Cebulon, Friday, 09.12.2022, 14:30 (vor 498 Tagen) @ Hilde

Hallo Hilde,

das ist m.E. schlicht Rechtsbruch und durchsichtige Umgebung des Gesetzes, also illegal bzw. diskriminierend. Aber hier besteht kein Anspruch sbM auf Vorstellungsgespräch, da ja nicht öff. Dienst.

Gruß,
Cebulon

Stellenausschreibung ohne Bewerbungsfrist

Hendrik1, Niedersachsen, Monday, 12.12.2022, 11:42 (vor 495 Tagen) @ Cebulon

Moin Moin Cebulon,

auch bei uns gibt es Dauerausschreibungen, allerdings nur in Mangelberufen wie der Pflege.
Da es hier in der Regel zu Einstellungen kommt, sehen wir dieses als unkritisch an. Wenn sich Menschen mit einer Schwerbehinderung bewerben, werden wir darüber informiert und beteiligt. Aufgrund der Einstellungen, da es in diesen Bereichen immer freie Stellen gibt, ist ein Vergleich mit anderen Bewerbungen aus unserer Sicht nicht nötig.

Bei normalen Ausschreibungen ohne Bewerbungsfrist würde ich als SBV mit der Personalvertretung dahingehend aktiv werden, dass wenn sich Schwerbehinderte beworben haben, die SBV ein Recht auf Beteiligung nach § 178,2 SGB IX hat, d.h. der Arbeitgeber muss informieren, die SBV anhören und kann erst danach entscheiden. Wenn er schon Gespräche beginnt, ohne das Bewerbungsverfahren abzuwarten, ist aus meiner Sicht die umfassende Informationspflicht nicht erfüllt. Da es möglich ist, dass sich noch Menschen mit einer Behinderung auf diese Stellen bewerben, würde ich die Beteiligung einfordern.

Man kann aber auch noch anders argumentieren. Wenn der Arbeitgeber keinen Bewerbungsschluss setzt, kann er auch vor Gericht nicht angeben, dass Bewerbungen zu spät eingegangen sind.
Dieses kann für ihn nachteilig sein, wenn jemand wegen des Bewerbungsverfahrens klagt. Dieses könnte man auch gegenüber dem Arbeitgeber vorbringen, um eine Änderung der Verfahrensweise herbeizuführen.

Liebe Grüße

Hendrik

Stellenausschreibung ohne Bewerbungsfrist

WoBi, Wednesday, 21.12.2022, 21:07 (vor 486 Tagen) @ Cebulon

Hallo Cebulon,

gibt es dafür eine belastbare Rechtsprechung oder ist dies eine Rechtsauslegung?

Es soll bei der Arbeitgeberin als schnelle "Ausnahme" eingeführt werden. Befürchte aber, dass dieser Pfad für derzeitige Mangel an Beschäftigte später zu einer Autobahn und damit zum Dauer-/Normalzustand werden könnte. Wehret den Anfängen.

Wie kann die SBV sich dagegenstellen?

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Gruß
Wolfgang

Stellenausschreibung ohne Bewerbungsfrist

Cebulon, Wednesday, 21.12.2022, 21:33 (vor 486 Tagen) @ WoBi

Wie kann die SBV sich dagegenstellen?

Hallo,

davon ausgehend, dass vorsätzliche Behinderung der SBV i.S.d. § 179 Abs. 2 SGB IX durch Umgehung des § 165 SGB IX, kann im ÖD Klage beim ArbG eingelegt werden nach einer vorherigen „Abmahnung“ des Arbeitgebers bzw. seines Inklusionsbeauftragten.

Gruß,
Cebulon

Stellenausschreibung ohne Bewerbungsfrist

WoBi, Wednesday, 21.12.2022, 22:10 (vor 486 Tagen) @ Cebulon

Danke Cebulon für die Antwort.

Habe mich zwischenzeitlich mit dem Beschluss des Hessisches LAG, vom 17.03.2016 - 9 TaBV 128/15 auseinander gesetzt.

Nach dem 1. Leitsatz kann eine Entscheidung erst nach Ablauf der Bewerbungsfrist getroffen werden. Folglich ohne Bewerbungsfrist kein Ende für Bewerbungen.

Habe keine BAG-Entscheidung gefunden, dass gegen diese Auffassung des LAG Hessen spricht.

--
Gruß
Wolfgang

Stellenausschreibung ohne Bewerbungsfrist

albarracin, Baden-Württemberg, Monday, 12.12.2022, 13:48 (vor 495 Tagen) @ Hilde

Hallo,

das Recht der SBV auf Beteiligung am Auswahlverfahren gem. § 164 Abs. 1 Satz 4 und 6 iVm 178 Abs. 2 Satz 4 SGB IX kann nicht dadurch ausgehebelt werden, daß der AG vorab bereits Personalgespräche führt.

Geht eine Bewerbung eines schwerbehinderten/gleichgestellten Menschen ein, kann die SBV das gesamte Verfahren auf "0" stellen. das bedeutet nicht nur die Einsichtnahme in die Unterlagen, sondern auch die Wiederholung bereits stattgefundener Vorstellungsgespräche.
Dies solltest Du Deinem AG klarmachen und natürlich mußt Du das ggfs. auch durchsetzen.

Außerdem solltest Du auch dem BR/PR klarmachen, daß er das Verfahren insgesamt regeln muß.

--
&Tschüß

Wolfgang

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