Meine Ausführungen - wie lang hab ich Zeit dafür (Allgemeines)

Dani, Wednesday, 08.03.2023, 19:51 (vor 386 Tagen)

Hallo zusammen,

ich arbeite seit 1997 in einer Einrichtung der Behindertenhilfe (kirchlicher Träger), seit 2007 bin ich die gewählte SBV. Wir beschäftigen ca. 60 sb- & gleichgestellte Kollegen.

Die Zusammenarbeit war nie perfekt & traumhaft, aber beide Seiten (AG + ich) konnten damit leben. Aktuelle Probleme wurden besprochen, und damit waren die Themen "erledigt".
Leider wurde innerhalb der letzten 4 Wochen 2x massiv gegen das Schwerbehindertenrecht verstoßen das ich eine Entscheidung des AG (2 Abmahnungen gegen ein sb Kollegin) aussetzen ließ!

Morgen hab ich deswegen ein Gespräch mit meinem Chef - er persönlich hat die Abmahnungen ausgesprochen.
Er wird meine Beteiligung nachholen und mich über die Gründe der Abmahnung informieren. Nun meine Frage - wie lange hab ich Zeit um meine Bedenken gegen die Abmahnungen zu äußern?
Muss ich das gleich im Anschluss an das Gespräch machen? Gibts für solche Fälle eine Frist? (Wenn ja - so steht das?)

Ich hoffe irgendwer kann mir weiterhelfen.

grüße,
dani

Meine Ausführungen - wie lang hab ich Zeit dafür

Thomas-SBV, Thursday, 09.03.2023, 10:27 (vor 386 Tagen) @ Dani

Hallo Dani,

deine Frage ist ziemlich Knifflich und individuell.

Abmahnungen haben heufig eine steuernde Aufgabe, um schlimmeres zu Verhindern. Der Abgemahnte hat also gelegenheit sein Verhalten zu ändern.

Ist die Abmahnung für dich nicht Nachvollziehbar kann dein Kollege eine Gegenäußerung schreiben und darum bitten diese seiner Personalakte hinzu zu fügen.

Da kommst du nun ins Spiel, weil du deinen Kollegen hilfestellungen gibst. Sprich: Ihr verfasst die Gegenäußerung zusammen.

Von einer Frist habe ich noch nichts gehört.

Nach zwei- drei Jaahren kann dann das Entfernen der Abmahnung aus der Personalakte beantragt werden.

Übrigens: Alles gute Gründe um in eine Gewerkschaft einzutreten.

Tschüss

Thomas

Meine Ausführungen - wie lang hab ich Zeit dafür

Hotte, Stuttgart, Thursday, 09.03.2023, 10:58 (vor 386 Tagen) @ Dani

Hey Dani,
meine Erfahrung mit Abmahnungen
Abmahnung wird ohne Beteiligung des SBV ausgesprochen
Beschwerde SBV
Abmahnungen werden zurückgenommen
SBV wird jetzt beteiligt
Abmahnungen werden erneut ausgesprochen ohne irgendwelche Berücksichtigungen der SBV Stellungnahme
VG
Hotte

--
Richard v. Weizsäcker:
"Nicht Behindert zusein,ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jeder Zeit genommen werden kann."

Meine Ausführungen - wie lang hab ich Zeit dafür

WoBi, Thursday, 09.03.2023, 12:14 (vor 386 Tagen) @ Dani

Hallo Dani,

eine Abmahnung ist ein Warnhinweis für die Nichterfüllung einer Vertragsverpflichtung und im Wiederholungsfall eine kündigungsvorbereitende Maßnahme. Der abgemahnte Fehler sollte nicht wieder begangen werden, es gibt viele andere Möglichkeiten für andere Fehler. Es kann aber auch eine gezielte Maßnahme sein, um Personen zur Kündigung oder zu einem Aufhebungsvertrag zu "bewegen". Insbesondere wenn sich Abmahnungen in kurzer Zeit häufen, weil sich der Arbeitgeber auf diese Person "eingeschossen" hat.

Eine Abmahnung kann im arbeitsgerichtlichen Verfahren angegriffen werden. Ich halte dies aus diversen Gründen für weniger sinnvoll. Hier sei z.B. genannt, dass der Arbeitgeber die Abmahnung aus der Personalakte auf gerichtliche Anordnung entfernt, aber dafür das Urteil in die Personalakte einheftet. Was ist dadurch gewonnen?
Doch dies ist eine persönliche Entscheidung des Abgemahnten und sollte durch eine vernünftige Rechtsberatung geklärt werden.

Vielmehr kann der Arbeitgeber durch Gespräche, Gegendarstellung und Stellungnahme seine Beweiskette absichern. Der Arbeitgeber ist im Falle einer Kündigung in der Beweispflicht. Jegliche Einlassungen / Richtigstellung zum Vorwurf kann die Zielsetzung dabei unterstützen. "Ich habe nicht den goldenen Löffel entwendet, sondern den Silbernen ausgeliehen" verschlimmert nur die Situation und die Chancen ggf. bei einer Kündigungsschutzklage.

Es ist schwierig, insbesondere bei ungerechtfertigten Anschuldigungen, sich nicht um "Kopf und Kragen" zu reden bzw. zu schreiben.

Dies sollte die SBV bei einer Stellungnahme berücksichtigen. Die SBV ist nicht die "Ermittlungsbehörde" für den Arbeitgeber. Hier Fakten (Wann, soll, was geschehen sein) nennen und ggf. die fehlerhafte / unvollständige Unterrichtung der SBV herausstellen.

Bezüglich einer Frist für eine Stellungnahme sollte sich die SBV an den Zeiten für BR (7 Tage) / PR (bis zu 14 Tage) orientieren.

--
Gruß
Wolfgang

Meine Ausführungen - wie lang hab ich Zeit dafür

Dani, Thursday, 09.03.2023, 20:23 (vor 385 Tagen) @ WoBi

Servus,
die Situation ist etwas verfahren, ich versuche es zu erklären.

Die abgemahnte Person ist zeitgleich 2. SBV.

Mein AG hat mir im heutigen Gespräch mitgeteilt das er überhaupt keinen Grund sieht die SBV zu informieren, da die Abmahnung aus "nicht behinderungsbedingten Gründen" ergangen ist, und hat mir gleich ein Urteil des LAG aus BaWü von 2017 vorgelegt.
Wie ich mir gedacht hab ist das Mumpitz (wurde mir so von den Kollegen der MAV & einer Mitarbeiterin des ZBFS mitgeteilt) - morgen werd ich ihm die Gegen-Urteile weiterleiten.

Das Hauptproblem liegt eher im Grund der Abmahnung - er ist im (leider) Recht, ich finde allerdings das "er mit Kanonen auf Spatzen schießt". Der AG bestreitet dies, da es seiner Aussage nach "schon länger Probleme mit der Arbeitsleistung der Abgemahnten gibt", woraufhin ich ihm den § 167 (Präventionsverfahren) nahegelegt habe.
>>> Gleiche Antwort wie vorher: Braucht er nicht da die Probleme nicht auf der Behinderung der Abgemahnten beruhen (auch das ist Mumpitz, aber das bekommt er ja morgen mit)

Mein Problem ist nun eher wie ich die "ich bin nicht mit der Abmahnung einverstanden da die ergriffenen Maßnahmen unverhältnismäßig hoch sind" formuliere....

Ich will keinen Krieg mit meinem AG - ich will eigentlich nur das die Abmahnungen verschwinden und es in Zukunft wieder besser läuft.... wie bekomme ich das hin?!?

grüße,
dani

Meine Ausführungen - wie lang hab ich Zeit dafür

Cebulon, Thursday, 09.03.2023, 20:53 (vor 385 Tagen) @ Dani

… und hat mir gleich ein Urteil des LAG aus BaWü von 2017 vorgelegt.

Geht das bitte mit Datum und Aktenzeichen?

Gruß,
Cebulon

Meine Ausführungen - wie lang hab ich Zeit dafür

bifavi, Hessen, Friday, 10.03.2023, 09:29 (vor 385 Tagen) @ Cebulon

Moinsen,
ich vermute mal, Dein AG meint LAG Stuttgart, 07.04.2017, 7 TaBV 1/17, NZA-RR 2017, 639 Rn. 10.
Das bezieht sich auf die Unterrichtung bei Abmahnung.
Ob er da recht hat oder nicht, lasse ich mal so stehen.
Auf alle Fälle, meine Rechtsmeinung, hat er das Präventionsverfahren einzuleiten.
Ist doch beschrieben, wann der AG das einzuleiten hat.
Und da steht nichts in meinen Kommentaren, ob die Gefährdung des Arbeitsverhältnisses etwas mit Behinderung zu tun hat.
Sollte er die Arbeitsleistung rügen, sollte er belegen, ob Leistung mehr als ein Drittel hinter der betrieblichen Leistung und vergleichbarer Arbeitnehmer zurückbleibt.
In diesem Fall könnte ein Antrag nach §27 SchwbAV helfen, den Arbeitsplatz sicherzumachen.
Weiterhin ist daran zu denken, den Arbeitsplatz entsprechend anzupassen, damit der Kollege seine vertragliche Arbeitsleistung erbringt.
Es kann auch sein, dass die Verminderung der Arbeitsleistung betriebliche Gründe hat (z.B. Änderung von Arbeitsabläufen, etc.)

Mein Spruch zur Arbeitsleitung:
Jeder muss so schnell arbeiten wie er kann, nicht wie er soll.

LG
Bifavi

Meine Ausführungen - wie lang hab ich Zeit dafür

albarracin, Baden-Württemberg, Friday, 10.03.2023, 11:17 (vor 385 Tagen) @ bifavi

Hallo,

aus der Formulierung von § 167 Abs. 1 SGB IX geht klar hervor, daß auch Ursachen, die nicht in der Behinderung begründet sind ("verhaltens- oder betriebsbedingte Schwierigkeiten"), den AG zum Einleiten eines Präventionsverfahrens verpflichten.

Im Übrigen dürften einer Führungskraft die notwendigen medizinischen Kenntnisse fehlen, um abschließend beurteilen zu können, ob "Schwierigkeiten" in Zusammenhang mit Behinderung stehen oder nicht.

--
&Tschüß

Wolfgang

Meine Ausführungen - wie lang hab ich Zeit dafür

Dani, Sunday, 12.03.2023, 16:53 (vor 383 Tagen) @ bifavi

Genau, das ist das Urteil auf das er sich bezieht.

LAG BaWü (Beschluss vom 7.4.2017 - 7TaBV1/17)

Ich hoffe ich hab morgen noch Gegenurteile vom ZBFS bekommen - und dann muss ich mir noch überlegen wie ich mein triumphales "ich hab doch Recht!!" neutral mitteile.

Es ist zum kotzen.

Grüße!

Beteiligung der SBV bei Abmahnung?

Cebulon, Sunday, 12.03.2023, 19:10 (vor 383 Tagen) @ Dani

LAG BaWü vom 07.04.2017 - 7 TaBV 1/17

Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen vom
BAG, 22.11.2017, 7 ABN 54/17

Gruß,
Cebulon

Beteiligung der SBV bei Abmahnung?

Cebulon, Tuesday, 14.03.2023, 12:51 (vor 381 Tagen) @ Dani

LAG BaWü (Beschluss vom 7.4.2017 - 7TaBV1/17)
1. Die Beschwerden des Betriebsrats und der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 03.09.2010 - 30 BV 107/10 - werden zurückgewiesen.

Der wirre Beschluss (Tenor) des LAG BaWü ist allerdings extrem unsinnig sowie in sich widersprüchlich. Denn die Arbeitgeberin hat ja „Zurückweisung der Beschwerde“ beantragt (Rn. 8) und der Betriebsrat war überhaupt nicht beteiligt. Da hat LAG wohl doppelt „geschlampt“.

Wenn Zusammenhang mit festgestellter Behinderung per Feststellungsbescheid des Versorgungsamts aber nachweisbar, ist jedoch SBV m.E. stets zu beteiligen.

Gruß,
Cebulon

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