Rechtsstellung Integrationsvereinbarung

Weinhage @, Thursday, 22.07.2004, 09:48 (vor 7190 Tagen)

Hallo Leuts,

ich bin gerade dabei mit dem AB eine
Integrationsvereinbarung abzuschließen. Dabei wurde
mir mitgeteilt, dass es sich bei der IV um eine
freiwillige Betriebsvereinbarung handelt. Desweiteren
erhielt ich vom AG eine Kopie v. SGB-Kommentar zur IV
in dem steht, dass die IV zwar abgeschlossen werden
muss, aber nicht erzwungen werden kann. Das ist für
mich an Paradoxon.

Welche Rechtstellung hat denn eine IV. Kann gegen den
AG geklagt werden, wenn er gegen die IV verstößt oder
nicht. Habe ich weiterhin Anspruch auf eine
Einigungsstelle, wenn AG und SBV sich bei dem
Abschluss der IV nich einigen können>

LG Weinhage

Re: Rechtsstellung Integrationsvereinbarung

hackenberger, Thursday, 22.07.2004, 11:53 (vor 7190 Tagen) @ Weinhage

Hallo,

die Frage nach der Rechststellung ist wirklich auch
huete noch nicht ganz zur Zufriedenheit geklärt, es
gibt hier bisher noch keine Rechtssprechung dazu. Der
Knackpunkt ist die Tatsache, dass das Gesetz hier
keine Folgemaßnahme vorsieht, wie Einigungsstelle,
wenn der AG hier nicht bis zum Abschluß verhandelt
bzw. die Verhandlung ggf. über Jahre in die Länge
zieht.

Es ist aber auch so, dass viele Punkte welche in einer
Integrationsvereinbarung verhandelt werden
sollen/können auch lt. BetrVG/PersVG dort im Rahmen
einer erzwingbaren (mit der Möglichkeit ggf. eine
Einigungsstelle einzuberufen) Betriesvereinbarung
geregelt werden können. Daher ist hier die
Unterstützung des BR/PerR sehr wichtig. Er könnte ggf.
hier dem AG die Fakten klarstellen und ggf. auf den
Abschluss einer BV erzwingbaren hinweisen.

Ich füge aber auch noch einmal einen Auszug aus dem
Gesetz und Kommentar hierzu bei:

§ 83 Integrationsvereinbarung.
(1) 1 Die Arbeitgeber treffen mit der
Schwerbehindertenvertretung und den in § 93 genannten
Vertretungen in Zusammenarbeit mit dem Beauftragten
des Arbeitgebers (§ 98) eine verbindliche
Integrationsvereinbarung. 2 Auf Antrag der
Schwerbehindertenvertretung wird unter Beteiligung der
in § 93 genannten Vertretungen hierüber verhandelt. 3
Ist eine Schwerbehindertenvertretung nicht vorhanden,
steht das Antragsrecht den in § 93 genannten
Vertretungen zu. 4 Der Arbeitgeber oder die
Schwerbehindertenvertretung können das Integrationsamt
einladen, sich an den Verhandlungen über die
Integrationsvereinbarung zu beteiligen. 5 Der Agentur
für Arbeit und dem Integrationsamt, die für den Sitz
des Arbeitgebers zuständig sind, wird die Vereinbarung
übermittelt.
(2) 1 Die Vereinbarung enthält Regelungen im
Zusammenhang mit der Eingliederung schwerbehinderter
Menschen, insbesondere zur Personalplanung,
Arbeitsplatzgestaltung, Gestaltung des Arbeitsumfelds,
Arbeitsorganisation, Arbeitszeit sowie Regelungen über
die Durchführung in den Betrieben und Dienststellen. 2
Bei der Personalplanung werden besondere Regelungen
zur Beschäftigung eines angemessenen Anteils von
schwerbehinderten Frauen vorgesehen.
(2a) In der Vereinbarung können insbesondere auch
Regelungen getroffen werden1. zur angemessenen
Berücksichtigung schwerbehinderter Menschen bei der
Besetzung freier, frei werdender oder neuer Stellen,
2. zu einer anzustrebenden Beschäftigungsquote,
einschließlich eines angemessenen Anteils
schwerbehinderter Frauen,
3. zu Teilzeitarbeit,
4. zur Ausbildung behinderter Jugendlicher,
5. zur Durchführung der betrieblichen Prävention
(betriebliches Eingliederungsmanagement) und zur
Gesundheitsförderung,
6. über die Hinzuziehung des Werks- oder
Betriebsarztes auch für Beratungen über Leistungen zur
Teilhabe sowie über besondere Hilfen im Arbeitsleben.

(3) In den Versammlungen schwerbehinderter Menschen
berichtet der Arbeitgeber über alle Angelegenheiten im
Zusammenhang mit der Eingliederung schwerbehinderter
Menschen.


ERLÄUTERUNGEN
I. Bedeutung der Vorschrift
Sie verpflichtet die Arbeitgeber, mit der
Schwerbehindertenvertretung und dem Betriebs- bzw.
Personalrat in Zusammenarbeit mit den Beauftragten des
Arbeitgebers eine verbindliche
Integrationsvereinbarung zu treffen (Abs. 1 Satz 1).
Hierbei handelt es sich um ein neues und noch nicht
erprobtes Planungs- und Steuerungsinstrument zur
Ausgestaltung einer auf Integration zielenden
Personalpolitik und zur Steuerung und Gestaltung
betrieblicher Integrations- und
Rehabilitationsprozesse (Basiskommentar Rdnr. 7 zu §
14b SchwbG). Integrationsvereinbarungen sollen dabei
nach dem Prinzip von Zielvereinbarungen funktionieren:
Die Festlegung von Zielen wird als Steuerungsgröße
eingesetzt, um bestimmte Ergebnisse und Leistungen zu
vereinbaren und zu erreichen. 1
Integrationsvereinbarungen können die
Einflussmöglichkeiten der Interessenvertretungen auf
die Personalpolitik und das Beschäftigungsverhalten
der Unternehmen erweitern. Zum einen hat der
Arbeitgeber die Pflicht zum Abschluss von
Vereinbarungen. Andererseits erhält die
Schwerbehindertenvertretung ein eigenständiges Antrags-
bzw. Initiativrecht (Abs. 1 Satz 2). Sie wird eine
gleichberechtigte und verhandlungsführende
Vertragspartei (Basiskommentar Rdnr. 13 zu § 14b
SchwbG). 2
Die Vereinbarung soll Regelungen im Zusammenhang mit
der Eingliederung schwerbehinderter Menschen
enthalten. Dies betrifft insbesondere die
Personalplanung, Arbeitsplatzgestaltung, Gestaltung
des Arbeitsumfeldes, Arbeitsorganisation, Arbeitszeit
sowie Regelung über die Durchführung in den Betrieben
und Dienststellen (Abs. 2 Satz 1). Die Beschäftigung
eines angemessenen Anteils von schwerbehinderten
Frauen ist bei der Personalplanung durch besondere
Regelungen vorzusehen (Abs. 2 Satz 2). 3
Der Arbeitgeber ist zur Berichterstattung in der
Schwerbehindertenversammlung gem. § 95 Abs. 6 SGB IX
über alle Angelegenheiten in Zusammenhang mit der
Eingliederung schwerbehinderter Menschen verpflichtet
(Abs. 3). Bisher hatte er ein Rederecht in der
Schwerbehindertenversammlung. Dieses Recht zur
Berichterstattung ist nunmehr in Bezug auf die
Schwerbehindertenversammlung zu einer Pflicht
umgestaltet worden (Basiskommentar Rdnr. 17 zu § 14b
SchwbG). 4

II. Fassung
Die Vorschrift wurde inhaltlich unverändert aus dem
Regierungsentwurf (BT-Drucks. 14/5531 i. V. m.
14/5074) übernommen. Der Begriff der
Hauptfürsorgestelle wurde durch die
Bezeichnung „Integrationsamt“ ersetzt. 5
Die Regelung wurde erst durch das Gesetz zur
Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter
(SchwbAG) vom 29. September 2000 (BGBl. I S. 1394) in
das Gesetz eingefügt. Ergänzend wurde die Übermittlung
der Integrationsvereinbarung auch an das
Integrationsamt geregelt, damit durch eine
Verbesserung der Information des Integrationsamts die
Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt verbessert werden
kann.


Es ist u.U. auch sehr von Vorteil, wenn man bei einem
AG welcher hier blockt, die lt. Gesetz möglichen
externen Stelle (Integrationsamt) und ggf.
Betriebsarzt hinzuzuladen. Dann überlegt sich der AG
ggf. seine ablehnende Haltung.

PS: Es zeigt auch mal wieder, das es für SchwbV sehr
wichtig ist sich auch im BetrVG/PerVG auszukennen um
ggf. bessere Argumente gegenüber dem AG zu haben.

Schaue bitte auch mal im entsprechenden Bereich des
Forums nach, dort findest Du viele gute Anregungen für
eine Integrationsvereinbarung.

Bernhard

Re: Rechtsstellung Integrationsvereinbarung

traute @, Wednesday, 28.07.2004, 15:02 (vor 7184 Tagen) @ Weinhage

die IV hat keine rechtsstellung. das gesetz gibt zwar
vor, eine IV abzuschließen, aber zwingen kannst den
AG dazu nicht.

meine ist jetze endlich nach 2 jahren unterzeichnet
worden.

im grunde ist es eine farce, da nicht einklagbar.
tg

Re: Rechtsstellung Integrationsvereinbarung

hackenberger, Wednesday, 28.07.2004, 16:11 (vor 7184 Tagen) @ Weinhage

Hallo nochmals,

also, das Gesetz sagt:
§83,1 Die Arbeitgeber treffen mit der
Schwerbehindertenvertretung und den in § 93 genannten
Vertretungen in Zusammenarbeit mit dem Beauftragten
des Arbeitgebers (§ 98) eine verbindliche
Integrationsvereinbarung.

Was bedeutet dieses, kann dieses bedeuten: Es gibt im
Grunde vor, dass auf Antrag eine
Integrationsvereinbarung zu verhandeln. Auf Grund der
Neuerungen im § 83 2a (genauere Beschreibung möglicher
Inahlte) kann man auch eine Verpüflichtung des AG zum
Abschluß unterstellen. Nur da im Gesetz keine
Rechtsfolgen beschrieben sind und auch der § 156 (Buß-
/Ordnunggeld) hier nicht anwendbar ist, müßte hier
ggf. mal ein Gericht bemüht werden. Hier könnte daher
möglicherweise nur Richterrecht uns weiterhelfen. Wir
müssen also mal abwarten, ob es hier mal eine
entsprechende Klage gibt.

Doch nochmals der Hinweis: Die meisten möglichen
Themen einer Integrationsvereinbarung können auch
durch BR als Einigungstellungsfähige
Betriebsvereinbarungen abgeschlossen werden. Hier kann
der AG dann sich nicht sperren oder auf Zeit spielen.
Es zeigt aber auch, dass BR und SchwbV auf einander
angewiesen sind. Nur gute und vertrauensvolle
Zusammenarbeit dieser beiden Mitarbeitervertretungen
hilft die Interessen unserer Kollegen
(MitarbeiterInnen) sinnvoll umzusetzen.

Bernhard

PS: BR haben ja bei leitenden Angestellten so gut wie
keine itbestimmungs-/Beteiligungsrechte, da das BetrVG
hier diese Grundlage nicht hergibt. Das SGB IX kennt
aber nur Beschäftigte/Arbeitnehmer. Unter die
Regelungen des SGB IX fallen daher auch leitende Ang.
SO sind wir die SchwbV z.B. auch anders als BR bei der
Besetzung freier Arbeitsposten der leitenden Ang. mit
im Boot. Hier könnten wir daher den BR aushelfen.

Re: Rechtsstellung Integrationsvereinbarung

Weinhage, Thursday, 29.07.2004, 09:26 (vor 7183 Tagen) @ Weinhage

Bloß wenn die IV und deren Inhalte nicht einklagbar
sind, was hat sie dann für einen Sinn>

Ich ärgere mich schon seit über einem Jahr mit der IV
rum. Jetzt liegt sie dem AG vor und dann wird der
Ärger weiter gehen..

LG Dana WEinhage

Re: Rechtsstellung Integrationsvereinbarung

hackenberger, Thursday, 29.07.2004, 11:14 (vor 7183 Tagen) @ Weinhage

Hallo Diana,

der Sinn ist ein ganz wichtiger, es ist ein Anfang die
Rechte der Schwbs zu verbessern. Wir, die
Interessensvertretungen der Schwbs sollten an die
politisch Verantwortlichen appellieren, diesen § 83
noch auszubauen.

Hier hilft dann ggf. auch ein alter Spruch "gut Ding
will Weile haben".

Doch nochmals der Hinweis auf die Möglichkeiten mit
dem BR Betriebsvereinbarungen anzustreben.

Bernhard

Re: Rechtsstellung Integrationsvereinbarung

Weinhage, Thursday, 29.07.2004, 15:14 (vor 7183 Tagen) @ Weinhage

Lieber Bernhard,

mit der Thematik der Betriebsvereinbarung (BV)habe
ich mich auch schon befasst. Es bestehen ja zwei
Möglichkeiten, 1. eine BV gem. § 77 BEtrVG oder 2.
eine freiwillige BV gem. § 88 BEtrVG. Die erste
Möglichkeit kommt eigentlich nicht in Betracht, da
diese Regelungstatbestände des § 87 BetrVG behandelt.
Und das tut eine IV nicht. Oder>

Bei der freiwilligen BV habe ich nun wieder das
gleiche Problem mit der Bindung. Soweit ich informiert
bin, ist der Inhalt der IV/freiw. BV zwar rechtlich
bindend und muss von beiden Seiten eingehalten werden.
Jedoch sind Verstöße nicht strafbar oder
bußgeldbewährt.

Tut mir leid, wenn ich immer wieder nachhake. Aber
meine arbeitgeberseitige Verhandlungspartnerin ist
unsere Personalchefin - eine Juristin. Die hat die
Gesetze und deren Auslegung um einiges besser im Griff
als ich. Deshalb versuche ich mich in meiner
Argumentation immer gut vorzubereiten und freue mich
über jeden hilfreichen Paragrafen.

Re: Rechtsstellung Integrationsvereinbarung

hackenberger, Thursday, 29.07.2004, 16:43 (vor 7183 Tagen) @ Weinhage

Hallo,

ja nur die Punkte welche man unter den § 87 BetrVG
fassen kann sind erzwingbar. Weiter aber auch die
Dinge welche z.B. unter § 91 BetrVG. Weiter gibt es
aber auch noch den §§ 92 ff.

Es gibt von Seiten des BR auch noch die Möglichkeit
die allgemein unter dem Begriff
>>>„Zebra/Zebratechnik“ <<< bekannt ist. Diese
beinhaltet die Möglichkeit, dass der AG von BR etwas
möchtet (also Dinge in denen der BR ein
Mutbestimmungsrecht hat). Hier kann der BR dann durch
aus sagen, du AG bekommst das eine nur
im „Doppelpack“. Es bedeutet man verbindet eine
mitbestimmungspflichtige Angelegenheit mit einer Sache
in der dieses Recht so nicht gegeben ist. Eine solche
Handlungsweise ist von BAG als statthaft anerkannt.
Hier unter fallen dann z.B. auch die Dinge des BetrVG
§ 88.

Solche Vorgehensweise haben wir im BR und GBR schon
des öfteren erfolgreich umgesetzt.

Weiter, ja, die Integrationsvereinbarung und der § 83
kennt grundsätzlich keine Sanktionsmaßnahmen. Es kommt
nun aber wieder darauf an, was man dort wie regelt>
Man kann z.B. auch Sanktionsmaßnahmen mit aufnehmen
und es können durchaus auch Sachverhalte geregelt
werden, welche bei Verstößen auch in den
Regelungsbereich des § 156 SGB IX fallen.

Es zeigt also mal wieder, wir kommen nur gemeinsam
weiter und zum Ziel! Beide, BR und SchwbV müssen auf
ihren „Klavieren“ der Mitbestimmungs-
/Beteiligungsrechten nur die richtigen Tasten bedienen
also gemeinsam die richtige Melodie!

Bernhard

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