Doppelmandat (Kirche)

Leon, Thursday, 26.04.2007, 18:01 (vor 6203 Tagen)

Hallo zusammen,
als Schwerbehindertenvertreter einer Einrichtung wurde ich zum Gesamtschwerbehindertenvertreter von 60 Einrichtuingen gewählt.
Mein Arbeitgeber besteht nun auf eine Trennung der Mandate.
d.h. solange ich mich in der ersten Einrichtung befinde bin ich Schwerbehindertenvertreter ansonsten Gesamtschwerbehindertenvertreter.
Ich bin der Meinung, dass das "übergeortnete" Mandat auch in der ersten Einrichtung seinen Anspruch hat.
Oder muss ich nun zwei unterschiedliche Briefköpfe verwenden>

Zweite Frage:
In unseren Einrichtungen kommt die MAVO zum Einsatz.
Mein Vorgesetzter stellt die MAVO (deren Aussage) über das SGB IX.
Diese Meinung vertrete ich nicht. Die MAVO ist nach meiner Auffassung dem SGB IX unterzuordnen. Liege ich Richtig>

Gruß
Jürgen

Doppelmandat

Wolfgang H., Friday, 27.04.2007, 07:16 (vor 6203 Tagen) @ Leon

Guten Morgen Leon,

zunächst bist Du Schwerbehindertenvertretung (VPS)) für Deine Einrichtung.
Wenn in einer anderen Einrichtung keine eigene VPS gewählt wurde, bist Du dort als gewählte Gesamt-VPS gleichzeitig VPS in dieser Einrichtung. In Einrichtungen die eine eigenständige VPS haben, bist Du für örtliche Angelegenheiten nicht zuständig. Hier wirst Du als G-VPS nur gefordert, wenn es um Angelegenheiten geht, die alle Einrichtungen gleichzeitig treffen. So z.B. Mitwirken bei Betriebsvereinbarungen für die der GBR zustädig ist, Abschluss einer Integrationsvereinbarung, Teilnahme an WA-Sitzungen, Teilnahme an Monatsgesprächen mit der GL usw.
Was MAVO bedeutet, weiß ich nicht - hört sich so nach Verordnung an. Wenn das so ist, geht das Gesetz immer vor, nach dem Motto Ober schlägt Unter.

Doppelmandat

Ede vom Bayerwald, Friday, 27.04.2007, 07:49 (vor 6203 Tagen) @ Leon

Hallo Jürgen,

also eine Mitarbeiterverordnung (=laut Google MAVO) einer Kirche kann niemals über einem Bundesgesetz stehen. Zumindest ist das die Meinung eines Bundesbürgers, der sein GG ein wenig kennt.

Warum Mandat trennen> Es geht ganz klar, dass du beide MAndate in einer Person erfüllst.

Allerdings ist es auch eindeutig, dass du immer und überall, klarstellen mußt, in welcher Funktion du gerade redest, handelst, schreibst. Insofern ist es richtig, was der AG verlangt. Allerdings bist du ja auch für deine "erste" Einrichtung nicht nur örtliche, sondern auch Gesamtvertrauensperson!

Ob hierzu ein Briefkopf genügt oder du zwei haben solltest, ist für mich eigentlich keine Frage. Ich würde je nach anfallender Aufgabe einen für die örtliche Vertretung und einen für die Gesamtvertretung verwenden. Vermutlich würde ich mir auch einen vorbereiten, wo beide Ämter drauf stehen, z.B. für Schriftverkehr allgemeiner Art mit dem oder den Integrationsämtern im Bereich deiner Gesamtvertretung.

Aber eine andere Frage. Wieviele Schwerbehinderte Menschen und ihnen Gleichgestellte vertritts du denn> Wie weit liegen die Einrichtungen auseinander> (Fahrzeiten).
Bist du nicht schon, wenn ich so viele Einrichtungen höre, mit mindestens 200 Schwerbehinderten/gleichgestellten Menschen befasst, für sie zuständig (gilt auch, oder gerade für Gesamtvertretungen, selbst wenn in den einzelnen Einrichtungen auch örtliche SBv'en bestehen sollten)>
Dann spätestens kannst du dich zu 100% frei stellen lassen und Freistellung bedeutet nun endgültig, dass dir der AG nicht mehr in deine Amtsführung hineinschnabeln darf.

Doppelmandat

Leon, Monday, 30.04.2007, 10:55 (vor 6200 Tagen) @ Ede vom Bayerwald

Hallo Ede vom Bayerwald,
für kirchliche Einrichtungen gilt zum Teil ein Sonderrecht zB. Tarifrecht.
Die Mitarbeitervertretungsortnung ist nicht immer konform mit dem allgemeinen Recht.So werden die Rechte einer Schwerbehindertenvertretung "scheinbar" eingeschränkt. Ein möglicher Grund könnte die Nichtbeteiligung der Schwerbehindertenvertretung bei der Gestaltung der MAVO sein.

Bei der nächsten Frage ist das Problem nicht nur der Briefkopf sondern auch Büronutzung, Telefonnutzung, KM usw. (Kostenaufteilung, Zeitaufteilung.


Betreut werden von mir 2700 Mitarbeiter davon 127 Mitarbeiter mit Behinderung.
Gesamtkilometer ca. 600 km (wenn ich alle Einrichtungen am Stück abfahre).
Es gibt noch einen Schwerbehindertenvertreter einer Einrichtung.

Gruß und Danke
Jürgen

Doppelmandat

Ede vom Bayerwald, Wednesday, 02.05.2007, 08:54 (vor 6198 Tagen) @ Leon

Hallo Jürgen,

» für kirchliche Einrichtungen gilt zum Teil ein Sonderrecht zB. Tarifrecht.
» Die Mitarbeitervertretungsortnung ist nicht immer konform mit dem
» allgemeinen Recht.So werden die Rechte einer Schwerbehindertenvertretung
» "scheinbar" eingeschränkt. Ein möglicher Grund könnte die Nichtbeteiligung
» der Schwerbehindertenvertretung bei der Gestaltung der MAVO sein.

Das ist schon richtig, dass im kirchlichen Bereich ein anders ausformuliertes Recht gilt, als im "säkularen" Bereich dieser deutschen Welt, aber deutsche Gesetze können trotz allem nicht so einfach durch interne Regelungen gebrochen werden. Weder durch Verwaltungsvorschriften in der staatlichen Verwaltung noch durch interne Vorschriften innerhalb kirchlicher Einrichtungen.
Eine andere Frage ist es für mich, ob man als Betroffener sein Recht immer und überall rechtlich auch durchsetzen will.

Und natürlich kann der AG mit seinen internen Vorschriften und im Zuge von Dienstvereinbarungen die Gesetze und Tarifverträge im positiven Sinn (für den AN) jederzeit toppen.

» Bei der nächsten Frage ist das Problem nicht nur der Briefkopf sondern
» auch Büronutzung, Telefonnutzung, KM usw. (Kostenaufteilung,
» Zeitaufteilung.

Der Briefkopf als Kennzeichen der Tätigkeit nach außen ist schon wichtig (habe selber zwei solche Mandate). Sehe allerdings, dass der AG für beide Aufgaben und alle, nach besten Wissen und Gewissen entstehenden Kosten aufkommen muss.
Meine Arbeitszeitaufschreibung trennt zwischen örtlicher und BezirksSbv. Weitere Trennung kostet doch mehr Verwaltungskosten, als es dem AG bringt> oder irre ich mich>

Mußt du als Gesamtvertrauensperson ein anderes Büro benutzen und ein anderes Telephon, als als örtliche SBV>>>
Und wenn du zwei Mandate ausfüllst, so spart der AG doch auch Kosten für z.B. zweimal Gesetz mit Kommentar, zweimal Schulung zum gleichen Thema, zweimal...! Wie will der denn das dann aufteilen, Haushaltsrechtlich, was du ihm ersparst durch dies Doppelmandat>

Oder verstehe ich dich ganz falsch>

» Betreut werden von mir 2700 Mitarbeiter davon 127 Mitarbeiter mit Behinderung.
» Gesamtkilometer ca. 600 km (wenn ich alle Einrichtungen am Stück abfahre).
» Es gibt noch einen Schwerbehindertenvertreter einer Einrichtung.

Da würde ich mal Aufzeichnungen machen, was du machst, als Gesamtvertrauensperson. Alleine wegen der vielen Kilometer dürftest du nach Modellberechnungen des notwendigen Arbeitsaufwandes ja auf eine deutlich mehr als 45 Stdundenwoche kommen, schon gar, wenn du wirklich bei allen Personalratssitzungen teilnehmen willst, die an den Dienststellen vor Ort durchgeführt werden, wo es auch sbKollegen gibt, aber keine örtliche SBV.

Kirchliches Selbstbestimmungsrecht und Schwerbehindertenvertretung

Wolfgang E., Sunday, 13.05.2007, 17:55 (vor 6186 Tagen) @ Ede vom Bayerwald

» Also eine Mitarbeiterverordnung (=laut Google MAVO) einer Kirche kann niemals über einem Bundesgesetz stehen. Zumindest ist das die Meinung eines Bundesbürgers, der sein GG ein wenig kennt.

Wegen der Weimarer Verfassung, die in einigen Bestimmungen auch heute noch gültig ist, besteht im kirchlichen Bereich die Befugnis, speziell bestimmte Regelungen zur Schwerbehindertenvertretung in den §§ 93 ff SGB IX für nicht anwendbar zu erklären, auszuschließen bzw. einzuschränken wegen des verfassungsrechtlich geschützten kirchlichen Selbstbestimmungsrechts (Art. 140 Grundgesetz).

Nähere Infos dazu mit zahlreichen weiterführenden Links unter
www.schwbv.de/forum/board_entry.php>id=1987#p1997
www.schwbv.de/kirche.html

Kontextlink:
Kein Anspruch der MAV auf Vorlage des Verzeichnisses der Schwerbehinderten
Übersicht Mitarbeitervertretungsverordnung (MAVO) bundesweit

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