Als einzig vorhandene SBV eine KSBV mit örtlichem Mandat? (Gesamt-Konzern-SBV)

JS, Land Brandenburg, Saturday, 18.07.2015, 04:33 (vor 3218 Tagen)

Hallo,

ich habe eine Frage zu einem Sachverhalt, zu dem ich trotz intensiver Literaturrecherche und der Suchfunktion dieses Forums keine einigermaßen eindeutige Antwort gefunden habe.

Vielleicht kann mir jemand helfen:

In einem Konzernbetrieb mit nur einer gewählten örtlichen SBV, welche ebenfalls i.S. des §97 Abs. 1 Satz 2 SGB IX die Aufgaben einer GSBV hat, kann diese als einzig gewählte SBV und GSBV dann eine KSBV sein und darüber hinaus auch die örtlichen Mandate einer SBV der anderen zum Konzern gehörigen Unternehmen ausfüllen??? Oder existiert genau hier eine gesetzlich noch ungeregelte „Lücke“ und bedarf deshalb der Rechtsklärung (vgl. BAG v. 14.08.2013 – 7 ABN 37/13)?

Gäbe es jedoch im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber (ggf. auch mit Einverständnis des Integrationsamtes) hier eine ausreichende gesetzliche Grundlage, dass die SBV in der Funktion als GSBV dann ohne Wahl als KSBV tätig werden darf, um einerseits Interessen auf Konzernebene aber auch individuell Mitarbeiter in den anderen Konzernteilen i. R. des örtlichen Mandates als SBV rechtlich zu vertreten? Wie gesagt: wenn der AG ausdrücklich sein Einverständnis erklärt und das IA zustimmt??

Mit freundlichen Grüßen

Als einzig vorhandene SBV eine KSBV mit örtlichem Mandat?

Cebulon, Saturday, 18.07.2015, 14:05 (vor 3218 Tagen) @ JS

Hallo JS,

eine höchstrichterliche Entscheidung zur Rechtsfrage der Ersatzvertretung, wenn konzernweit nur eine einzige örtliche SBV existiert, gibt es nicht, soll aber endlich im November 2015 zur Entscheidung beim BAG anstehen. Die Rechtsbeschwerde wurde vom BAG mit Beschluss vom 14.08.2013 zu Recht zugelassen unter dem Aktenzeichen 7 ABR 62/13 (LAG Hamburg, Beschluss vom 07.02.2013, 7 TaBV 10/12).

Der 7. Senat des BAG hat den Fall eines Konzerns aus Hamburg leider extrem lange unbearbeitet liegen gelassen über die Wahlperiode hinaus! Das ist sehr ärgerlich. Die Instanzenrechtsprechung in Hamburg ist bei dieser Rechtsfrage für den Öffentlichen Dienst und die Privatwirtschaft uneins.

Wie gesagt: wenn der AG ausdrücklich sein Einverständnis erklärt und das IA zustimmt??

Nein, so geht das nicht! Darauf, ob der Arbeitgeber bzw. der Konzern sein "Einverständnis" erklärt und das Integrationsamt "zustimmt", kommt's bei dieser Rechtsfrage nach § 97 SGB IX definitiv nicht an.


Gruß,
Cebulon

Als einzig vorhandene SBV eine KSBV mit örtlichem Mandat?

Thomas_EKSM ⌂, Schmalkalden, Wednesday, 18.11.2015, 16:23 (vor 3094 Tagen) @ Cebulon

Nach meiner Info (telefonisch vom BAG) wurde die Klage abgewiesen....

heißt das nun, wenn innerhalb eines Konzernunternehmens nur 1 SBV existiert, diese keine KSBV wählen darf....?
Das würde ja bedeuten, dass die Schwerbehinderten keine Vertretung haben....
Aus dem Verfahren vom LAG hatte ich herausgelesen, dass die lokale SBV §97 Abs.1 analog auf Abs. 2 anwenden wollte, also Mandat der KSBV ohne Wahl... oder habe ich das falsch verstanden...?

Als einzig vorhandene SBV eine KSBV mit örtlichem Mandat?

Cebulon, Wednesday, 18.11.2015, 18:43 (vor 3094 Tagen) @ Thomas_EKSM

Man kann zu diesem Punkt momentan nur spekulieren, solange die Begründung nicht vorliegt. Auch darüber, ob die einzige GSBV eines Konzerns automatisch zur KSBV wird, wenn es in keinem anderen Unternehmen des Konzerns eine SchwbV gibt. Ich fürchte, es ist eher kein gutes Vorzeichen, dass sich das BAG so lange Zeit gelassen hat...

Gruß,
Cebulon

Als einzig vorhandene SBV eine KSBV mit örtlichem Mandat?

Thomas_EKSM ⌂, Schmalkalden, Thursday, 19.11.2015, 04:27 (vor 3094 Tagen) @ Cebulon

ja ... es scheint als ob eine Vertretung nicht erwünscht / gewollt ist...
hier geht ja auch die Meinung von Gericht und Integrationsamt (die auch die Wahl/Benennung der KSBV bei nur einer gewählten lokalen SBV im Konzern als möglich und notwendig ansehen...)

Wie kommt man an das Urteil: Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 19. Juni 2012 – 21 BV 3/12 ...? Finde leider nur das: LAG Hamburg, Beschluss vom 07.02.2013, Aktenzeichen: 7 TaBV 10/12 ....

LG

Als einzig vorhandene SBV eine KSBV mit örtlichem Mandat?

Heinrich, Saturday, 18.07.2015, 14:25 (vor 3218 Tagen) @ JS

Hallo,

der Gesetzgeber will ganz ausdrücklich wenn nur irgend möglich keine vertretungsfreie Betriebe. Soweit der Grundsatz.

Wenn es nun im Konzern nur eine gewählte SBV gibt, nimmt diese lt. SGB IX die Aufgaben der GSBV wahr. Zu den Rechten und Pflichten lt. SGB IX gehört auch die Pflicht der Wahl der KSBV sofern es einen KBR gibt. Diese einzige SBV hat somit das Wahlrecht wie eine GSBV.

Es bedeutet, dass nur sie das aktive Wahlrecht hat. Dieses bedeutet ja NICHT, dass nur sie das passive Wahlrecht hat. Sie kann dann jeden Wählbaren zur KSBV wählen (bestimmen).

Was sie aber auch MUSS, ist immer zu prüfen, ist in einem weiteren Betrieb des Konzerns eine SBV Wahl möglich, also gibt es dort 5 Wahlberechtigte. Oder, gibt es ggf im Rahmen einer Zusammenfassung von Betrieben ein örtl. Wahlmöglichkeit. Wenn ja, muss se diese einleiten.

Also würde ich entsprechend handeln und wenn der AG Probleme macht, sofort Beschlussverfahren einleiten und auch dem AG klarmachen, dass sein Verhalten für JEDEN betroffenen Schwerbehinderten einen Grund der Klage wegen Verstoß gegen das AGG wegen Diskriminierung darstellt. Diskriminierung, weil er ja verhindert, dass diese Schwerbehinderten ihr Recht auf Vertretung durch eine gewählte SBV vorenthalten wird und bestimmte Rechte dieser eben ausschließlich durch eine SBV umgesetzt werden können.

Als einzig vorhandene SBV eine KSBV mit örtlichem Mandat?

JS, Land Brandenburg, Saturday, 18.07.2015, 15:16 (vor 3218 Tagen) @ Heinrich

Hallo,

vielen Dank für die Antworten.

Es gibt keinen amtierenden KBR.

Ist damit doch eine "Vertretungslücke" vorhanden, ich meine entsprechend meinem geschilderten Sachverhalt kann dann die SBV als GSBV ohne Bestehen eines KBR keine KSBV sein und auch kein örtliches Mandat in den anderen Konzernbereichen wahrnehmen?

Leider bestehen meiner Kenntnis nach auch nicht die notwendigen Voraussetzungen, um eine örtliche SBV zu installieren.(keine 5 MA mit aktivem Wahlrecht)

Könnte die SBV dann nur in den bestehendenen einzelnen gewählten BRs ggf. zu einer Sitzung eingeladen werden, um als "Gast" dann auf die Hinwirkung zur Wahl einer örtlichen SBV TIPS zu geben (z.B. 5 MA mit aktivem Wahlrecht)?

Bestehen doch noch weitere Möglichkeiten, ...oder notwendigerweise auf die höchstrichterliche Klärung warten?

MFG

Als einzig vorhandene SBV eine KSBV mit örtlichem Mandat?

albarracin, Baden-Württemberg, Saturday, 18.07.2015, 15:30 (vor 3218 Tagen) @ JS

hallo,

wenn es keinen KBR gibt, gibt es auch keine KSBV, da die SBV den BR-Strukturen zwingend nachfolgt.

Im Gegensatz zur Bildung eines GBR ist die Bildung eines KBR auch keine Pflicht. § 54 Abs. 1 BetrVG schreibt lediglich, das ein KBR errichtet werden "kann".

--
&Tschüß

Wolfgang

Als einzig vorhandene SBV eine KSBV mit örtlichem Mandat?

JS, Land Brandenburg, Tuesday, 08.09.2015, 02:17 (vor 3166 Tagen) @ albarracin

Hallo,

vielen Dank für die Antworten. Ich habe hierzu noch 2 konkrete Fragen.

Da die SBV ein eigenständiges Organ ist, kann diese unabhängig von einem bestehenden Betriebsrat oder Gesamtbetriebsrat bestehen.
Die SBV übernimmt in den nicht gewählten Betrieben als GSBV das Mandat der örtlichen SBV (vgl. § 97 Abs. 1 Satz 2 SGB IX) "Erstreckungsprinzip/Dreifachamt"(Quelle; Sozialgesetzbuch IX Dau, Düwell, Joussen 4. Auflage S. 552 u. 553).


Frage 1)
Wird in dem anhängigen Verfahren (BAG, 14.08.2013 – 7 ABN 37/13) auch das Erstreckungsprinzip bis zur KSBV (ohne bestehenden KBR) verhandelt, sprich: wäre es analog zu den gesetzlichen Bestimmungen SBV-GSBV bei positivem Ausgang des Verfahrens auch denkbar, dass die einzig örtliche SBV dann als GSBV auch das KSBV-Amt inne hätte (nach dem Erstreckungsprinzig/Vierfachamt?).

Quelle; Sozialgesetzbuch IX Dau, Düwell, Joussen 4. Auflage S. 552, 553

Frage 2)
Oder gilt anzunehmender Weise bereits das Erstreckungsprinzip bis auf die Konzernebene, da noch keine weitere gesetzliche Regelung hierzu getroffen wurde, und doch jeder schwerbehinderte MA nicht vertrtetungslos bleiben solle i.S. der Quellenangabe?

Gilt hier das Erstreckungsprinzip oder besteht diese Zuständigkeit ausdrücklich noch nicht, oder wird diese Relelung auch unabhängig v. Ausgang des Verfahrens ungeklärt bleiben?

Als einzig vorhandene SBV eine KSBV mit örtlichem Mandat?

Heinrich, Tuesday, 08.09.2015, 12:39 (vor 3166 Tagen) @ JS

Hallo,

Ich bin der Meinung 2 x JA! Es sei das BAG entscheidet anders.

Doch ohne abschließende obergerichtliche Entscheidung besteht Rechtsunsicherheit und es gibt untetschiedliche rechtliche Sichten und deren Folgen.

Entscheidet das BAG aber in unserem Sinne und der AG oder ggf BR haben anders gehandelt, haben sie Rechtsverstöße mit den dann möglichen rechtlichen Folgen begangen.

Ich würde daher sofern AG und/ oder BR so handeln heute darauf hinweisen, dass ich mir vorsorglich das Klagerecht vorbehalte und dann den Rechtsweg beschreiten würde. Dieses ggf dann heute auch do durch einen Anwalt diesen mitteilen lassen, damit hier Klarheit über das Handeln herscht.

Auch jetzt schon via Anwalt und Beschlussverfahren mir meine Rechte einfordern, da man nicht auf das Urteil warten kann, da dann die Maßnahmen ja gelaufen sind. So auch die Begründung im Beschlussverfahren.

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