Muss ab GdB von 50% Schwerbeh.eigenschaft angegeben werden? (Offenbarung des GdB bzw. Fragerecht des AG)

mrymen, Wednesday, 14.11.2007, 12:54 (vor 6015 Tagen)

Hallo zusammen,

wir haben hier ein großes Problem.
Uns war immer bekannt, dass man die Schwerbehinderung bei der Einstellung/Vorstellungsgespräch nur angeben muß, wenn man danach
gefragt wird bzw. wenn es im Personalbogen gefragt wird.
Nun haben wir die Info, dass man bei einer Schwerbehinderung ab 50%
dem AG immer davon erzählen muß!
Wir sind uns hier nicht sicher,was stimmt.

Wer kann uns sagen, was richtig ist>

danke
anja mit Team

Muss ab GdB von 50% Schwerbeh.eigenschaft angegeben werden?

hackenberger, Wednesday, 14.11.2007, 22:36 (vor 6015 Tagen) @ mrymen

Hallo Anja mit Team,

man muss sich dem AG nicht offenbaren, es sei denn, die Behinderung stellt im Beruf eine Gefährdung für sich oder andere dar, z.B. Gleichgewichtsprobleme im Hochbau.

Es gibt nun eine neue/geänderte Rechtsauffassung. Es gibt aber zu dieser, nun wieder neuen, geänderten Rechtsauffassung noch kein Urteil/ keine Rechtssprechung des BAG. Weiteres zu diesem Thema siehe hier! (unten im Beitrag)

Hier ein Auszug zu diesem Thema (Frage nach Schwerbehinderung), den gesamten Beitrag zu diesem Auszug findest Du hier!

....Es wurde unter anderem festgestellt, dass zur Auslegung des § 81 Abs. 2 SGB IX die zu § 611 a BGB entwickelten Grundsätze heranzuziehen sind. Die Frage nach der bestehenden Schwerbehinderung ist folglich grundsätzlich unzulässig. Daraus folgt, dass der Bewerber eine ihm bezüglich der Schwerbehinderung gestellte Frage nicht mehr wahrheitsgemäß beantworten muss. Er kann zulässigerweise Schweigen oder sein "Recht zur Lüge" ausüben. Stellt der Arbeitgeber trotzdem die Frage und erhält vom Bewerber eine unwahre Antwort, so ist er nicht mehr berechtigt, den Arbeitsvertrag gem. § 123 BGB anzufechten.

Fragestellung; Regressanspruch des AG bei Verschweigen der Schwerbehinderung bzw. Lüge bei der Frage nach der Schwerbehinderung bei der Einstellung.

Es ist bisher auch durch das BAG noch nicht geurteilt, ob der AG den AN in Regress nehmen kann sofern er eine vorliegende Schwerbehinderung nicht dem AG offengelegt. Hintergrund ist, der AG könnte eine Fehlbelegungsabgabe sparen, sofern er die Pflichtquote noch nicht erfüllt hat und ggf. Mittel aus der SchwbAV in Anspruch nehmen. Hier müsste dann das BAG entscheiden, wo das höhere Rechtsgut ggf. liegt.

Aber, es gibt auch diese Rechtsmeinung, welche so auch vertretbar ist.

Auch unter Beachtung des AGG kann die Frage nach einer Schwerbehinderung zulässig sein. Nämlich dann, wenn der AG geziehlt u.a. auch wegen der Erfüllung der gesetzl. Pflicht gem. § 71 diese stellt.

Siehe hierzu:
Kommentar zum § 11 AGG in der Anwendung Knittel Professionell

AGG § 11 Ausschreibung

Rn 25
Grundsätzlich unzulässig ist auch die Frage nach der Schwerbehinderung , soweit sie nicht der Förderung Schwerbehinderter dient (hierzu eingehend Joussen NZA 2007, 174 ; Düwell BB 2006, 1741 [1742 f.]). Letzteres ist dann der Fall, wenn der Arbeitgeber mit der Frage das Ziel der Eingliederung von Behinderten oder der Steigerung des Ist-Satzes der Beschäftigungspflicht nach § 71 SGB IX verfolgt. Dies gilt als zulässige Ungleichbehandlung in Form einer positiven Maßnahme nach § 5 AGG (Kania / Merten ZIP 2007, 7 [12], Düwell a. a. O.). Ein Indiz für die entsprechende Zielsetzung der Frage kann insbesondere eine vorliegende Integrationsvereinbarung im Betrieb sein (Joussen a. a. O. S. 178).

Dieses, die beabsichtigte, gezielte Einstellung schwerbehinderter/ gleichgestellter AN, müsste dann aber vom AG entsprechend erklärt werden oder sich aus der Stellenauschreibung ergeben.

PS: Einfach einmal hin und wieder A-Z und schen nutzen, man findet dann oftmals eine Antwort!;-)

Muss ab GdB von 50 Schwerbehinderung angegeben werden?

Wolfgang E., Thursday, 15.11.2007, 16:15 (vor 6014 Tagen) @ mrymen

» Nun haben wir die Info, dass man bei einer Schwerbehinderung ab 50 % dem AG immer davon erzählen muß!

Bernhard ist ja schon auf die wesentlichen Gesichtspunkte eingegangen. Die Ausgleichsabgabe wird erhoben von Arbeitgebern, die ihrer Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nicht oder nicht ausreichend nachkommen und dadurch Vorteile haben gegenüber Arbeitgebern, die ihrer Beschäftigungspflicht nachkommen und deshalb etwa finanziell durch den gesetzlichen Zusatzurlaub belastet werden.

Die Ausgleichsabgabe soll also, wie der Name schon sagt, etwas ausgleichen. Da es bei schwerbehinderten Beschäftigten, die sich nicht outen und dadurch beispielsweise auf den Zusatzurlaub, auf ihre Rechte nach § 124 SGB IX und weitere SGB IX-Nachteilsausgleiche verzichten, nichts auszugleichen gibt, kommt m.E. schon aus diesem Grunde kein Schadensersatz, kein Regress bzw. keine Anfechtung des Arbeitsvertrags in Frage.

Die tätigkeitsneutrale Frage nach einer Schwerbehinderung ist durch Rechtsänderung [link=http://www.schwbv.de/forum/board_entry.php>id=4874#p4879]bereis seit 2001[/link] gemäß § 81 Abs. 2 SGB IX nach rechtskräftiger obergerichtlicher Rechtsprechung regelmäßig unzulässig. Mich würde interessieren, von wem die gegenteilige "Info" stammt und wie diese pauschale Behauptung begründet wird>

Ausführliche Infos dazu in der Zeitschrift "Behindertenrecht" 2008, Seite 45 bis 47.

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