Frage zum Urteil: Kündigung der SBV (Lektüre / Gesetze)

Ironie, Friday, 09.09.2011, 07:51 (vor 4585 Tagen)

Guten Morgen,

bei dem folgenden Urteil komme ich ins Schleudern:

Kündigung der SBV

Die außerordentliche Kündigung des Mitglieds einer Schwerbehindertenvertretung
bedarf laut LAG Hamm der Zustimmung der Schwerbehindertenvertretung und nicht
der des Betriebsrates.
Es um eine Frau (GdB von 50), die als Helferin in einem Seniorenzentrum
arbeitete. Sie war als Vertrauensperson Mitglied in der
Schwerbehindertenvertretung und gehörte zusätzlich dem Betriebsrat an.
Nachdem sie in den Verdacht geraten war, Waren auf Kosten einer Bewohnerin
für ihren eigenen Gebrauch beschafft zu haben, beantragte der Arbeitgeber
beim Integrationsamt die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung, die
erteilt wurde. Ebenso beantragte er beim Betriebsrat die Zustimmung zur
außerordentlichen Kündigung, was dieser aber verweigerte. Das Arbeitsgericht
gab dem Arbeitgeber Recht, woraufhin Betriebsrat und Arbeitnehmerin
Beschwerde einlegten.

Das LAG gab der Beschwerde statt – hier müsse anstatt des Betriebsrats die
Schwerbehindertenvertretung beteiligt werden. Diese sei als eigenständige
Repräsentantin der schwerbehinderten Menschen in ihrer amtlichen Funktion
unmittelbar in ihrer Zusammensetzung betroffen. Vertrauenspersonen der
schwerbehinderten Menschen besitzen gegenüber dem Arbeitgeber die gleiche
persönliche Rechtsstellung, namentlich was den Kündigungsschutz angeht, wie
Mitglieder des Betriebs- oder Personalrates. Wenn solchen außerordentlich
gekündigt werden soll, müsse auch das Gremium, dem sie angehören, die
Zustimmung erteilen. Dafür spreche entscheidend auch der Sinn und Zweck des
im BetrVG aufgestellten Zustimmungserfordernisses bei einer außerordentlichen
Kündigung.
Neben dem Schutz des jeweils betroffenen Amtsträgers soll verhindert
werden, dass ein demokratisch gewähltes Gremium durch den Verlust einzelner
Mitglieder in seiner Funktionsfähigkeit und in der Kontinuität der
Amtsführung beeinträchtigt wird. Dieses Ziel ist nach Auffassung des LAG nur
dann (effektiv) zu erreichen, wenn das jeweils betroffene Gremium selbst über
die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung entscheidet, hier also die
Schwerbehindertenvertretung.

LAG Hamm, Beschluss vom 21.01.2011, Az: 13 TaBV 72/10

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Immer wieder wird betont, dass es sich bei der Schwerbehindertenvertretung um
ein Ein-Personen-Mandat handelt, die Stellvertretung jedoch ein ruhendes
Mandat inne hat, demnach also auch nichts entscheiden kann.
Hier aber wird mehrfach von der Schwerbehindertenvertretung als Gremium
geschrieben.

Quo vadis>

Danke und lieber Gruß

Ironie


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