Schönen guten Tag,

in unserer Körperschaft des öffentlichen Rechts soll bei Vorstellungsgesprächen zur Rekrutierung von Azubis ein multimodales Interview (MMO) eingeführt werden, um Fehleinstellungen und damit Verwaltungskosten einzusparen. Bis dato gab es einen Gesprächsleitfaden, der zum Einsatz kam. Antworten auf vorgefertigte Fragen wurden notiert und in einem zweiten Schritt ausgewertet und bewertet. Dies führte dann zu einer Zu- oder Absage.

Das MMO hat im großen und ganzen gleiche oder ähnliche Fragen, doch eine sehr starre Struktur, von der nicht abgewichen werden soll. Das geht so weit, das die Ausbilder die vorgefertigten Fragen Wort für Wort dem Bewerber vorlesen und nicht von den Formulierungen abweichen sollen. Danach werden die Antworten und/oder Beobachtungen, z.B. zu Mimik, Gestik, Blickkontakt, Höflichkeit etc. mit Punkten von Null bis 2 versehen und in einer Gesamtschau bewertet.

Bewerber mit Behinderung, die aufgrund ihrer Beeinträchtigung nicht die Möglichkeit haben, Blickkontakt aufzubauen, z.B. weil sie erblindet sind oder deren Mimik aufgrund z.B. von Asperger eingeschränkt oder nicht vorhanden ist, werden in diesen Fällen mit Null bepunktet.

Meine Sorge gilt bei Einführung dieses MMO einer dadurch eingeschränkten Chancengleichheit und Diversität, mangelnder Barrierefreiheit, eines standardisierten Menschenbildes und evtl. Diskriminierung.

Nach § 155 (2) SGB IX soll ein angemessener Anteil der Azubi-Stellen mit Menschen mit Behinderung besetzt werden. Diesen Anspruch sehe ich als gefährdet an.

Ich befinde mich derzeit in der Anhörung und habe meine Stellungnahme verfasst, aber noch nicht abgegeben. Ich erhoffe mir hier von Ihnen Argumente, um eine Modifikation des MMO zur Erlangung von Chancengleichheit, Barrierefreiheit etc. zu erwirken oder mir weitere Hinweise zu geben.

Ich danke Ihnen und wünsche Ihnen einen angenehmen Tag.

Viele liebe Grüße
pudicam