Keine BEM-Umsetzung seitens des AG (BEM)

muelju, Bielefeld (NRW), Monday, 31.01.2011, 19:46 (vor 4856 Tagen)

Hallo an Alle,

in meiner Funktion als GSBV, habe ich auf der letzten GBR-Sitzung von der
Personalchefin zu dem Thema BEM und meiner voraufgegangenen Frage, wie man
nun damit umgehen möchte, folgende Antwort erhalten:

Dies ist bei uns (ca. 2000 MA) nicht umsetzbar. Wir müßten ja bestimmt extra dafür noch 3-4 Leute einstellen, die sich um nichts anderes kümmern....

Ja, ich weiß nach einem Urteil des BAG, dass somit wenigstens kein erkrankter MA krnakheitsbedingt gekündigt werden kann. Aber das BEM ist ja nunmal insbesondere für die Prävention gedacht und dies bliebe dann auch auf der Strecke. Die Verpflichtung aus dem SGB IX, scheint dem AG hier völlig egal.

Was kann ich - muß ich tun - bin auf Eure hilfreichen Antworten gespannt und danke Euch im voraus.

Schöne Grüße Muelju

Keine BEM-Umsetzung seitens des AG

Doris, Monday, 31.01.2011, 20:09 (vor 4856 Tagen) @ muelju

Hallo Jürgen,

Infos zu den Vorteilen für Unternehmen gibt’s hier zum Nachlesen. Ein professionelles Personalmanagement wird daher von sich aus das BEM aufgreifen schon im ureigensten betrieblichen Interesse. Alles andere wäre geradezu geschäftsschädigend.

--
Viele Grüße
Doris

Keine BEM-Umsetzung seitens des AG

hackenberger, Monday, 31.01.2011, 20:12 (vor 4856 Tagen) @ muelju

Hallo Jürgen,

der § 84 Abs. 2 SGB IX ist KEIN wünsch Dir was vom AG. Es besteht eine Pflicht des AG dieses anzuwenden/ umzusetzen. Eine Weigerung/ Nichtanwendung dieses wäre nicht nur ein Verstoß gegen § 84 Abs. 2 SGB IX (trifft auf alle AN zu) es wäre auch ein berechtigtes Indiz für einen Verstoß gegen § 1 AGG.

Hier einmal ein Satz aus einem BAG Urteil "Allerdings stünden seit August 2006 alle behinderten Menschen unter dem Schutz des AGG. " BAG, Urteil vom 27.01.2011 - 8 AZR 580/09. Hier ist auch wichtig, das AGG sieht den Begriff "Behinderung", weitergehend als das SGB IX im § 2. Bedeutet, es muss kein Mindest GdB von 50 oder Gleichstellung vorliegen.

Doch nach meinem Wissenstand liegt beim EuGH eine Anfrage zur Klärung vor, "was versteht der EuGH unter dem Begriff Behinderung genau>"

Aber gleich auch den Hinweis, dieses Urteil ist nicht einfach zu lesen und zu verstehen.

Grund: Klagen auf Einhaltung des SGB IX können nur Schwerbehinderte oder Gleichgestellte. Dieses war auch bei diesem Urteil das entscheidende warum die Klägerin auch vor dem BAG erfolglos blieb. "Die Klägerin habe sich jedoch ausschließlich auf die Verletzung von Vorschriften des SGB IX berufen und keine Tatsachen vorgetragen, die die Vermutung für eine Benachteiligung im Sinne des AGG auslösten. " Sie hätte also auf Verletzung des AGG klagen müssen.

Fazit: Man muss recht, besonders als Nichtjurist nicht immer gleich verstehen, gelten tut es trotzdem. Auch ich muss den Text mehrfach lesen bis ich ihn wirklich verstand ;-)

Hier müsste also ein betroffener AN klagen.

Bei Schwerbehinderten und Gleichgestellten ist die Rechtslage eine ganz andere. Der kann auch auf Stufenweise Wiedereingiederung (Hamburger Modell) klagen (Grundlage § 81 Abs. 4 SGB IX). Der "normale" AN leider nicht.

Grundsätzlich gilt: Nach der Rechtsprechung konkretisiert jedoch § 84 Abs. 2 SGB IX das dem Kündigungsrecht ohnehin innewohnende Ultima-Ratio-Prinzip insofern, als über diese Vorschrift dem Arbeitgeber das Maß an Prüfung vorgegeben wird, die er zur Verhinderung der krankheitsbedingten Kündigung vornehmen muss (vgl. BAG, Urteil vom 12.07.2007 - 2 AZR 716/06 -).

Kontextlinks:
Betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 Sozialgesetzbuch 9 (SGB IX) – BEM

Übersicht: Wichtige Eckpunkte des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM)

Newsletterbeitrag zum Thema, Seite 11

Der BR sollte hier seine Möglichkeiten gem. § 87 BetrVG voll ausschöpfen.
Letztlich kann man den AG auch einmal auf die Wirkung einer solchen Aussage in den Medien ansprechen.

Keine BEM-Umsetzung seitens des AG

muelju, Bielefeld (NRW), Monday, 31.01.2011, 20:41 (vor 4856 Tagen) @ Doris

Hallo Doris,

danke für Deine Antwort. Der Grund liegt wohl in dem, wo Du davon ausgehst, dass man es hat und dem nicht so ist: ein professionales Personalmanagement.
Eine weitere Info gebe ich bei der Antwort auf Bernhard`s Mitteilung.

DANKE

Gruß Jürgen

Keine BEM-Umsetzung seitens des AG

muelju, Bielefeld (NRW), Monday, 31.01.2011, 20:48 (vor 4856 Tagen) @ hackenberger

» Hallo Bernhard,

zunächst danke für Deine gewohnt schnelle und umfangreiche Antwort!

ich habe in der letzten besagten Sitzung es zunächst nur aufgenommen.
In der nächsten GBR-Sitzung (bin mittlerweile für die nächsten 4 Jahre als GSBV wieder gewählt) werde ich dies mit anderen Punkten nochmals zur Sprache bringen. Es muß hier ein wenig langsamer von statten gehen, weil es von 6 NL ganze 4 gibt, die eben überhaupt keine SBV kennen. Zudem die meisten noch recht jung in der BR Tätigkeit sind...

Aber, ich arbeite an Aufklärung;-)

Sehr interessant finde ich die Erklärung mit dem AGG.
Weil es hier für mich die Frage gibt ob der Gesetzgeber hier vielleicht eine Gruppe vergessen hat: schlicht weg: die kranken!

Ein eben auch interessanter Bereich, das AGG - aber eine andere Baustelle...

Ich werd Euch hierzu (BEM) auf dem laufenden halten.

Viele Grüße
Jürgen

Keine BEM-Umsetzung seitens des AG

hackenberger, Monday, 31.01.2011, 20:59 (vor 4856 Tagen) @ muelju

Hallo Jüregen,

» zunächst danke für Deine gewohnt schnelle und umfangreiche Antwort!
Bitte ;-)

» In der nächsten GBR-Sitzung (bin mittlerweile für die nächsten 4 Jahre als
» GSBV wieder gewählt) werde ich dies mit anderen Punkten nochmals zur
» Sprache bringen.
Glückwunsch zur Wahl/Wiederwahl

» es von 6 NL ganze 4 gibt, die eben überhaupt keine SBV kennen.
Dort hats Du ja als GSchwbV lt. § 97 SGB IX das örtl. Mandat, mit ALLEN Rechten und Pflichten. Also auch das Recht an allen BR-Sitzungen/ Gremien teilzunehmen. Der BR muss dich einladen.

Du hast aber dort auch die Hauptpflicht, sofern eine Wahl der SchwbV möglich ist, also 5 Wahlberechtigte gegeben sind dort die Wahl einzuleiten.

» Aber, ich arbeite an Aufklärung;-)
Gut so ;-)

» Sehr interessant finde ich die Erklärung mit dem AGG.
» Weil es hier für mich die Frage gibt ob der Gesetzgeber hier vielleicht
» eine Gruppe vergessen hat: schlicht weg: die kranken!
Nein, da gibt es doch den § 1 AGG und dort den Begriff "einer Behinderung". Behinderung ist siehe § 2 Satz 1 SGB IX Es bedarf aber keines Mindest-GdB wie bei Schwerbehinderung

RSS-Feed dieser Diskussion